Obwohl sich in vielen europäischen und westlichen Ländern eine Erosion von Ehe und Familie vollzogen hat, orientiert sich der italienische Sozialstaat weiterhin an der Institution der Familie als zentraler Lebensform. Im Gegensatz zu anderen Ländern wuchs die Bedeutung von neuen Lebensformen in Italien nur marginal. Alleinerziehende, rekonstituierte Familien und Single-Haushalte sind wenig verbreitet. Das Modell der Kernfamilie, bestehend aus einem Ehepaar mit Kindern, ist in der italienischen Gesellschaft noch immer das Leitbild einer typischen Familie. Dennoch vollzog sich in den vergangenen Jahrzehnten ein Wandel. Binnen weniger Jahre entwickelte sich Italien von der kinderreichsten Nation Europas zu einem der geburtenärmsten Staaten weltweit. 1996 verzeichnete die Apenninhalbinsel die geringste Geburtenrate auf der ganzen Erde und erreichte damit die niedrigste nationale Rate, die jemals in der menschlichen Geschichte registriert wurde. Italien zählte jedoch schon zuvor zu den Ländern mit einer lowest-low-fertility. Gleichzeitig treten die italienischen Frauen immer später in die Familienphase ein, d.h. sie heiraten später und bekommen ihr erstes Kind ebenfalls später. In Italien finden wir also – was die Familie betrifft – zwei konträre Entwicklungen: Auf der einen Seite die Familie an sich, die sich noch immer an traditionellen Vorstellungen orientiert. Auf der anderen Seite finden wir neue Formen des Fertilitätsverhaltens, die sich vor allem in sinkenden Geburtenraten manifestieren. Während der Einbruch der Fertilitätsziffern durchaus dem Verlaufsmuster des Zweiten Demographischen Übergangs entspricht, trifft dies nicht für das Festhalten an traditionellen Lebensformen zu. Wir erleben in Italien keine Abnahme der Bedeutung von Kindern, noch erleben wir eine Pluralisierung von Lebensformen.
Die Frage, die sich hier stellt, lautet: Was determiniert in Italien – einem Land, das auf Familie fokussiert ist – das generative Verhalten und die Familiengründung? Und wie bewirken diese Einflussfaktoren die unterschiedliche Entwicklung in beiden Bereichen?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffsklärung
- Theoretische Vorüberlegungen
- Die ökonomische Theorie der Familie
- Der Einfluss kultureller Normen auf das Fertilitätsverhalten
- Zusammenfassung
- Kultureller Hintergrund
- Das Land und seine Besonderheiten
- Die Politik des Landes
- Der Gang der Gesetzgebung
- Die Familienpolitik im Spannungsfeld der politischen Landschaft
- Der italienische Wohlfahrtsstaat und seine Familienpolitik
- Entstehung und Entwicklung des italienischen Wohlfahrtsstaates
- Die "opere pie"
- Die Anfänge italienischer Sozialgesetzgebung
- Einflüsse aus der Zeit des Faschismus
- Qualitative und Quantitative Expansion während des „miracolo economico“
- Das Anwachsen der Staatsschulden am Ende der 70er Jahre
- Der Zusammenbruch der „Ersten Republik“ und die Konsolidierungspolitik der 90er Jahre
- Familienpolitische Rahmenbedingungen
- Das Familienbild in der italienischen Gesellschaft
- Strukturen und Akteure der Familienpolitik
- Familienpolitische Leistungen
- Maßnahmen zum Ausgleich der Familienlasten
- Vereinbarkeit von Familie und Beruf
- Familienrecht
- Charakterisierung des italienischen Wohlfahrtsstaates
- Warum ein vierter Wohlfahrtstyp?
- Das „Southern Model of Welfare in Social Europe“ bei Maurizio Ferrera
- Die Familie im italienischen Wohlfahrtsstaat aus feministischer Sicht
- Zusammenfassung
- Entstehung und Entwicklung des italienischen Wohlfahrtsstaates
- Entwicklungslinien
- Die zögernde Pluralisierung der Lebensformen
- Die Verlängerung der Jugendphase
- Ehe vs. nichteheliches Zusammenleben
- Das Entstehen neuer Familientypen
- Die Einpersonenhaushalte
- Alleinerziehende
- Paare mit Kindern vs. Paare ohne Kinder
- Rekonstituierte Familien
- Ehetrennungen und Ehescheidungen
- Fertilitätsentwicklung
- Geburtenzeitpunkt und Geburtenziffern
- Die Verzahnung von Ehe und Geburt
- Kinderlosigkeit
- Frauenerwerbstätigkeit und Fertilität
- Regionale Differenzen
- Kontrazeption und Schwangerschaftsabbrüche
- Zusammenfassung
- Die zögernde Pluralisierung der Lebensformen
- Der Einfluss des italienischen Wohlfahrtsstaates auf die Familienentwicklung
- Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit untersucht die Familienpolitik und Familienentwicklung in Italien, insbesondere die Entscheidungsfindung und deren Konsequenzen für Frauen. Die Arbeit analysiert den Einfluss des italienischen Wohlfahrtsstaates auf die Entwicklung von Familienstrukturen und Fertilitätsraten.
- Entwicklung des italienischen Wohlfahrtsstaates und seiner Familienpolitik
- Einfluss kultureller Normen auf Familienstrukturen und Fertilitätsverhalten
- Wandel der italienischen Familienstrukturen und Lebensformen
- Zusammenhang zwischen Frauenerwerbstätigkeit, Fertilität und Familienpolitik
- Regionale Unterschiede in der Familienentwicklung
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Magisterarbeit ein und beschreibt die Forschungsfrage sowie die Methodik. Sie umreißt die Struktur der Arbeit und die einzelnen Kapitel.
Begriffsklärung: Dieses Kapitel klärt zentrale Begriffe, die im Laufe der Arbeit verwendet werden, wie beispielsweise „Familie“, „Familienpolitik“, „Fertilität“, und „Wohlfahrtsstaat“, um ein gemeinsames Verständnis und eine präzise wissenschaftliche Sprache zu gewährleisten. Die Definitionen werden im Kontext der italienischen Gesellschaft und der spezifischen Forschungsfrage eingeordnet.
Theoretische Vorüberlegungen: Dieses Kapitel legt die theoretischen Grundlagen der Arbeit dar. Es werden ökonomische Theorien der Familie und der Einfluss kultureller Normen auf das Fertilitätsverhalten beleuchtet, um ein fundiertes Verständnis der zu analysierenden Zusammenhänge zu schaffen. Die Zusammenfassung am Ende des Kapitels verknüpft die einzelnen theoretischen Ansätze miteinander.
Kultureller Hintergrund: Dieses Kapitel bietet einen Überblick über den kulturellen und politischen Kontext Italiens. Es beschreibt spezifische Merkmale der italienischen Gesellschaft, die für das Verständnis der Familienpolitik und -entwicklung relevant sind, wie z.B. das traditionelle Familienbild und die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Die politische Geschichte und die Entwicklung der Familienpolitik werden ebenfalls dargestellt.
Der italienische Wohlfahrtsstaat und seine Familienpolitik: Dieses umfangreiche Kapitel analysiert die Entstehung, Entwicklung und die aktuellen Strukturen des italienischen Wohlfahrtsstaates mit besonderem Augenmerk auf die Familienpolitik. Es beleuchtet verschiedene Phasen der italienischen Sozialgeschichte und deren Einfluss auf die Familienpolitik. Die verschiedenen Maßnahmen, Akteure und das Familienbild innerhalb des Wohlfahrtsstaates werden detailliert beschrieben und kritisch bewertet, unter Einbezug verschiedener Perspektiven, darunter auch feministische Sichtweisen. Das Kapitel endet mit einer Charakterisierung des italienischen Wohlfahrtsstaates als spezifischer Typ im europäischen Vergleich.
Entwicklungslinien: Dieses Kapitel beschreibt die Entwicklung der italienischen Familienstrukturen und des Fertilitätsverhaltens. Es analysiert die zunehmende Pluralisierung der Lebensformen, wie z.B. die steigende Anzahl von Einpersonenhaushalten, Alleinerziehenden und nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften. Die Entwicklung der Fertilitätsraten wird im Detail untersucht, wobei Faktoren wie Frauenerwerbstätigkeit, Alter bei der Geburt des ersten Kindes und regionale Unterschiede berücksichtigt werden. Die Zusammenhänge zwischen diesen Entwicklungen werden herausgearbeitet.
Der Einfluss des italienischen Wohlfahrtsstaates auf die Familienentwicklung: Dieses Kapitel analysiert den Einfluss des italienischen Wohlfahrtsstaates auf die im vorherigen Kapitel beschriebenen Entwicklungen. Hier wird untersucht, inwieweit die politischen Maßnahmen und das soziale Sicherungssystem die Familienstrukturen und das Fertilitätsverhalten beeinflusst haben. Es wird die Wirksamkeit der Maßnahmen bewertet und mögliche zukünftige Entwicklungen werden angedeutet.
Schlüsselwörter
Familienpolitik, Familienentwicklung, Italien, Wohlfahrtsstaat, Fertilität, Frauenerwerbstätigkeit, Lebensformen, Familienstrukturen, kulturelle Normen, ökonomische Theorie der Familie, feministische Perspektive, Regionale Unterschiede.
FAQ: Magisterarbeit - Familienpolitik und Familienentwicklung in Italien
Was ist der Gegenstand dieser Magisterarbeit?
Die Magisterarbeit untersucht die Familienpolitik und Familienentwicklung in Italien, insbesondere die Entscheidungsfindung und deren Konsequenzen für Frauen. Im Fokus steht der Einfluss des italienischen Wohlfahrtsstaates auf die Entwicklung von Familienstrukturen und Fertilitätsraten.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die Entwicklung des italienischen Wohlfahrtsstaates und seiner Familienpolitik, den Einfluss kultureller Normen auf Familienstrukturen und Fertilitätsverhalten, den Wandel der italienischen Familienstrukturen und Lebensformen, den Zusammenhang zwischen Frauenerwerbstätigkeit, Fertilität und Familienpolitik sowie regionale Unterschiede in der Familienentwicklung.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in die Kapitel Einleitung, Begriffsklärung, Theoretische Vorüberlegungen, Kultureller Hintergrund, Der italienische Wohlfahrtsstaat und seine Familienpolitik, Entwicklungslinien, Der Einfluss des italienischen Wohlfahrtsstaates auf die Familienentwicklung und Ausblick. Jedes Kapitel wird in der Zusammenfassung der Kapitel detailliert beschrieben.
Welche theoretischen Grundlagen werden verwendet?
Die Arbeit stützt sich auf ökonomische Theorien der Familie und den Einfluss kultureller Normen auf das Fertilitätsverhalten. Diese theoretischen Ansätze werden im Kapitel "Theoretische Vorüberlegungen" erläutert und miteinander verknüpft.
Wie wird der italienische Wohlfahrtsstaat beschrieben?
Die Arbeit analysiert die Entstehung, Entwicklung und die aktuellen Strukturen des italienischen Wohlfahrtsstaates mit besonderem Augenmerk auf die Familienpolitik. Es werden verschiedene Phasen der italienischen Sozialgeschichte und deren Einfluss auf die Familienpolitik beleuchtet. Der italienische Wohlfahrtsstaat wird auch im europäischen Vergleich charakterisiert (u.a. Bezug auf Maurizio Ferrera).
Welche Aspekte der Familienentwicklung werden untersucht?
Die Arbeit untersucht die zunehmende Pluralisierung der Lebensformen (Einpersonenhaushalte, Alleinerziehende, nichteheliche Lebensgemeinschaften), die Entwicklung der Fertilitätsraten (Geburtenzeitpunkt, Geburtenziffern, Kinderlosigkeit, Frauenerwerbstätigkeit, regionale Unterschiede, Kontrazeption und Schwangerschaftsabbrüche) und den Zusammenhang zwischen diesen Entwicklungen.
Wie wird der Einfluss des Wohlfahrtsstaates auf die Familienentwicklung analysiert?
Die Arbeit analysiert, inwieweit die politischen Maßnahmen und das soziale Sicherungssystem die Familienstrukturen und das Fertilitätsverhalten beeinflusst haben. Die Wirksamkeit der Maßnahmen wird bewertet und mögliche zukünftige Entwicklungen werden angedeutet.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Familienpolitik, Familienentwicklung, Italien, Wohlfahrtsstaat, Fertilität, Frauenerwerbstätigkeit, Lebensformen, Familienstrukturen, kulturelle Normen, ökonomische Theorie der Familie, feministische Perspektive, regionale Unterschiede.
Welche Methodik wird angewendet?
Die genaue Methodik wird in der Einleitung der Arbeit beschrieben.
- Quote paper
- Christin Schröder (Author), 2004, Familienpolitik und Familienentwicklung in Italien - unter besonderer Berücksichtigung der Entscheidungsmöglichkeiten und Entscheidungskonsequenzen für Frauen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47691