„Es gibt aber in Deutschland keine Voraussetzungen für eine solche Front mehr. Man muss als Ausgangspunkt für die Politik die Wirklichkeit nehmen wie sie ist. Diese Wirklichkeit lässt weder das Fortleben der bestehenden Ordnung in unveränderter Form, noch die sofortige Umwälzung der Gesellschaft, wie sie von denjenigen Kommunisten, die überhaupt etwas denken, gedacht wird, zu.
Wer diesen Staat nicht dem faschistischen Experiment ausliefern will, muß nach dem neuen Weg suchen und dann mit aller Kraft um diesen Weg kämpfen.“
Folgende Sätze stammen aus Georg Deckers Zeitschriftenartikel „Das unbekannte Volk“. Er wurde im Oktober 1930 in der sozialdemokratischen Zeitschrift „Die Gesellschaft“ veröffentlicht.
Der Sozialdemokrat Georg Decker analysiert darin die Lage der SPD nach den Reichstagswahlen vom 14. September 1930. Er versucht in seinem Artikel den starken Wählerzuwachs der NSDAP und der KPD zu erklären und Schlussfolgerungen für die zukünftige Politik der SPD zu ziehen. Nach Deckers Situationsanalyse gibt es keine „einheitliche bewusste bürgerliche Front“ mehr in Deutschland und auch eine konstruktive Zusammenarbeit mit der NSDAP oder der KPD wird als unrealistisch bewertet. Aufgabe der SPD müsse es daher sein durch unermüdliche Arbeit und unaufschiebbare Reformen den Wählerkreis der Sozialdemokraten zu erweitern. Als endgültige Konsequenz ergibt sich für ihn, dass ein anderer Pfad aufgetan und von den Sozialdemokraten beschritten werden müsse.3
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- Die „Spaltung“ der deutschen Arbeiterbewegung
- Die Ideologie / politische Ausrichtung der SPD
- Die SPD als staatstragende Partei
- Die ideologische/ politische Ausrichtung der KPD
- Die ultralinke Opposition 1924-1929
- Die Tolerierungspolitik der SPD 1930
- Generalstreik und Legalitätskurs
- Einschätzung der Einheitsfrontangebote
- Widerstandsregungen gegen die Politik der Parteien
- Die Basis der Parteien
- Schlussteil
- Zusammenfassung
- Ausblick
- Quellenverzeichnis
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Frage, ob eine Einheitsfront von KPD und SPD eine Alternative zur Tolerierungspolitik der SPD in den Jahren 1930-1933 gewesen wäre. Sie analysiert die Situation der beiden Arbeiterparteien in dieser Zeit und untersucht, ob es Chancen für eine gemeinsame Front im Kampf gegen den Nationalsozialismus gegeben hätte.
- Die Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung und die Entwicklung der SPD und KPD nach 1918
- Die Tolerierungspolitik der SPD in den Jahren 1930-1933
- Die Einheitsfrontangebote der KPD und die Reaktion der SPD
- Die Rolle der Basis der beiden Parteien und deren Einfluss auf die politische Strategie
- Die historischen und ideologiebedingten Hindernisse für eine Einheitsfront zwischen KPD und SPD
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Kontext der Hausarbeit dar und erläutert den Ausgangspunkt der Untersuchung. Sie analysiert Georg Deckers Zeitschriftenartikel „Das unbekannte Volk“ und seine Argumente zur Situation der SPD im Oktober 1930.
Der Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich mit der „Spaltung“ der deutschen Arbeiterbewegung. Es werden die ideologische und politische Ausrichtung der SPD und der KPD im Zeitraum von 1918 bis 1930 dargestellt. Im Fokus steht dabei die Entwicklung der SPD als staatstragende Partei und die ultralinke Opposition der KPD in den Jahren 1924-1929. Anschließend wird die Tolerierungspolitik der SPD im Jahr 1930 und die daraus resultierende Situation im Hinblick auf eine mögliche Einheitsfront mit der KPD beleuchtet.
Das Kapitel über die Einschätzung der Einheitsfrontangebote analysiert die Reaktionen auf die Politik der beiden Parteien und zeigt, wie die Basis von SPD und KPD auf die Angebote der jeweils anderen Partei reagierte.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit zentralen Themen der deutschen Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik, insbesondere mit den Parteien SPD und KPD, der Tolerierungspolitik der SPD, der Einheitsfront und dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Weitere wichtige Schlüsselbegriffe sind: Georg Decker, „Das unbekannte Volk“, ideologische Spaltung, ultralinke Opposition, revolutionäre Politik, parlamentarische Demokratie, Klassenkampf, Weimarer Republik.
- Quote paper
- Stephanie Görk (Author), 2005, Wäre eine Einheitsfront von KPD und SPD eine Alternative zur Tolerierungspolitik der SPD gewesen? Wo gab es Chancen der jahrelangen Auseinanderentwicklung?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47389