„Und wo ist die Frau?“ - Diese Frage stellt sich die Redaktion von "Berlin Mitte" regelmäßig, wenn es um die Besetzung der Talk-Runde geht und wieder einmal nur Männer im Angebot sind. „Sechs Jahre politische Talkshow [...] sind halt auch 250 nicht immer geglückte Versuche, Frauen einzuladen. Frauen, die in Politik und Wirtschaft Verantwortung tragen.“2 Frauen, die mächtig sind und in entscheidungsbefugten Positionen stehen.
Deutschlands erste Bundestagspräsidentin, Annemarie Renger, zog nach ihrer Amtszeit von 1972-1976 folgende Bilanz:
„Ich habe in dieser Zeit erreicht, was ich wollte: Es ist bewiesen, dass eine Frau das kann!“3
Mittlerweile liegen diese Worte schon über drei Jahrzehnte zurück und noch immer ist es nicht selbstverständlich, dass Frauen in der Politik in der ersten Reihe stehen und mitgestalten. Obwohl Deutschland mit Frau Dr. Angela Merkel erstmalig eine Frau als Kanzlerin hat und damit die Spitzenposition in der Politik durch eine Frau besetzt ist, spiegelt folgendes Zitat die aktuelle Situation von Frauen in der Politik wider: „Die Politik war schon immer ein männlich geprägtes Feld und das ist sie noch heute. Im Großen und Ganzen haben Männer hier nach wie vor das Sagen.“4
In modernen Industriegesellschaften hat sich eine Form der geschlechterspezifischen Teilung u.a. auch in der Arbeitswelt und im öffentlichen Leben herausgebildet. Die Situation der Frau in der Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Immer mehr Frauen sind selbstständig und unabhängig – jedoch sind sie auch heute noch weiterhin in allen wichtigen Entscheidungsebenen des politischen Systems unterrepräsentiert. Da Frauen nicht angemessen repräsentiert sind, hat dies auf die Legitimität einer politischen Ordnung Auswirkungen.
Welche Gründe gibt es für die Unterrepräsentation von Frauen in der Politik?
Welche Faktoren haben Einfluss auf die politische Partizipation von Frauen?
Warum sollten Frauen in der Politik mitwirken?
Diesen Fragen soll im Folgenden nachgegangen werden...
1 Siehe Illner 2005, Seite 9.
2 Ebd.
3 Göring-Eckardt in: Illner 2005, Seite 45.
4 Sager in: Illner 2005, Seite 161.
Inhaltsverzeichnis
0. Einleitung
1. Politische Institutionen der EU
1.1 Anzahl der Abgeordneten im Europäischen Parlament
1.2 Repräentation von Frauen in politischen Institutionen
2. Welche Faktoren nehmen Einfluss auf die politische Partizipation von Frauen?
2.1 Frauen in der Arbeitswelt - ein historischer Rückblick
2.2 Faktor: Ungleichheit in der Ausbildung
2.3 Faktor: Familie
2.4 Forschungsansätze zur politischen Partizipation von Frauen
2.4.1 Der traditionelle Ansatz
2.4.2 Der radikale Ansatz
2.4.3 Der revisionistische Ansatz
2.5 Politische, institutionelle & sozi-strukturelle Einflussfaktoren
2.6 Diskussion zu den Einflussfaktoren
3. Schlusswort
3.1 Warum sollten Frauen in der Politik mitwirken?
4. Literaturverzeichnis
0. Einleitung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Zeichnung entnommen aus: Dieckerhoff, Friedrichs 1987, Seite 83)
In modernen Industriegesellschaften hat sich eine Form der geschlechterspezifischen Teilung u.a. auch in der Arbeitswelt und im öffentlichen Leben herausgebildet. Die Situation der Frau in der Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Immer mehr Frauen sind selbständig und unabhängig. Die junge Frau des 21. Jahrhunderts möchte ebenso wie ein Mann auch, in allen beruflichen Tätigkeitsfeldern – somit auch in der Politik - repräsentiert sein und ein Mitspracherecht haben.
Auf welche Zahlen kann man sich berufen, um zu erkennen, dass Frauen in entscheidungsbefugten Positionen sehr schwach vertreten sind?
An der Zusammensetzung der Abgeordneten im Europäischen Parlament insbesondere und an einer kurzen tabellarischen Übersicht über die Repräsentation von Frauen in den politischen Institutionen der EU möchte ich im ersten Schritt meiner Hausarbeit belegen, dass Frauen in der Politik unterrepräsentiert sind.
Da die Menschheit nahe zu gleichen Teilen aus Männern und Frauen besteht,
könnte man gleichzeitig sagen, dass die Hälfte der Menschheit einfach ausgeschlossen wird, wichtige Entscheidungen zu beeinflussen und mitzuverantworten. Logisch betrachtet ist dies selbstverständlich keine akzeptable Situation.
Weiterhin möchte ich im zweiten Schritt meiner Hausarbeit untersuchen, welche Faktoren dabei eine Rolle spielen und darauf Einfluss nehmen, dass Frauen im 21. Jahrhundert im Arbeitsfeld >Politik< unterrepräsentiert sind. Ist Politik tatsächlich nur „Männersache“?
Zum Schluss meiner Hausarbeit ist es mir wichtig aufzuzeigen, warum Frauen in der Politik aber auch in anderen entscheidungsbefugten Positionen unbedingt repräsentiert sein sollten.
1. Politische Institutionen der EU
1.1 Anzahl der Abgeordneten im Europäischen Parlament
(Stand am 31 Mai 2005)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
* Stand: November 1999
** Stand: Januar 1999
(Quelle: Europäische Datenbank „ Frauen in Führungspositionen“; eigene tabellarische Zusammenstellung)
Die von mir zusammengestellten Darstellungen über die Repräsentation von Frauen in politischen Institutionen der Europäischen Union zeigen eindeutig, dass Frauen zwar in Parlamenten, Gremien und anderen politischen Institutionen präsent sind – aber unterrepräsentiert.
Das Europaparlament ist die einzige Institution der Europäischen Union, die direkt von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt wird. Wichtige Aufgaben wie zum Beispiel die Aufnahme von neuen Mitgliedstaaten in die Europäische Union oder aber Finanzierungen von Bildungsprogrammen und Kulturprojekten, die unmittelbar die EU Bürger betreffen, werden u.a. vom Europäischen Parlament entschieden. Wäre es nicht wichtig, dass die Interessen der Bürger von beiden Geschlechtern gleichermaßen vertreten werden?
Diese Darstellung der Abgeordneten im Europäischen Parlament zeigt, dass fast durchgängig, (bis auf Schweden) in allen Mitgliedsländern die Repräsentanz von Frauen im Europäischen Parlament unter den der Männer liegt.
Eine unausgewogene Repräsentanz von Frauen und Männern widerspricht dem demokratischen Grundprinzip, dennoch kann es anhand der oben aufgelisteten Zahlen keine Rede von einer gleichberechtigten Beteiligung von Frauen und Männern an politischen Entscheidungsprozessen geben.
Doch woran liegt es, dass eine geringe Repräsentanz von Frauen in der Politik gegeben ist? Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle bzw. nehmen darauf Einfluss?
Im nächsten Schritt möchte ich dieser Frage genauer nachgehen.
2. Welche Faktoren nehmen Einfluss auf die politische Partizipation von Frauen?
Um diese Frage beantworten zu können, erscheint es mir wichtig, ebenfalls einen Blick auf die Arbeitswelt von Frauen außerhalb der Politik zu richten. Frauen sind nicht nur in der Politik sondern auch in anderen (entscheidungsbefugten) Arbeitsfeldern unterrepräsentiert. Wo liegen die Gründe hierfür? Welche Faktoren spielen eine Rolle?
Im Folgenden werde ich zunächst untersuchen, warum Faktoren wie „historische Arbeitsteilung“, „Ungleichheit in der Ausbildung“ und
„Familie“ ein Einfluss auf die Arbeitswelt von Frauen haben.
Diese Faktoren sind meiner Meinung nach im weiteren Sinne, mit ein Grund dafür, warum Frauen zum Teil auch im Arbeitsfeld „Politik“ unterrepräsentiert sind.
Im nächsten Schritt werde ich weiterhin politische Faktoren untersuchen, die einen Einfluss auf die politische Partizipation von Frauen nehmen.
2.1 Frau in der Arbeitswelt – ein historischer Rückblick
In vorindustriellen Gesellschaften gab es für die Mehrheit der Menschen keine Trennung zwischen produktiven Tätigkeiten und Haushaltstätigkeiten. So erfolgte die Produktion entweder im Haus oder in der unmittelbaren Umgebung. Im Europa des Mittelalters waren alle Familienmitglieder dazu verpflichtet auf dem Bauernhof oder aber im Handwerksbetrieb mit zu arbeiten. In den Städten befanden sich die Werkstätten überwiegend im Haus, daher halfen alle Familienmitglieder die Produktion voranzutreiben. So war zum Beispiel bei der Tucherzeugung die Arbeitsteilung unter den Familienmitgliedern strikt geregelt. Die Kinder waren für das Kardätschen und Kämmen, die älteren Töchter und die Mütter für das Spinnen und die Väter für das Weben verantwortlich. Obwohl die Frauen von Männerdomänen wie Politik und Krieg ausgeschlossen waren, arbeiteten sie dennoch bei vielen anderen Produktionen mit den Männern in einem Haushalt zusammen, was ihnen eine große Stellung im Haushalt zusicherte.
Mit der Entwicklung der modernen Industrie folgte die Trennung von Wohn- und Arbeitsstätte, somit veränderte sich auch die oben geschilderte Situation der Arbeitswelt. Nun standen Maschinen im Vordergrund. Einzelne Arbeiter statt ganzer Familien wurden eingestellt um die Produktion voranzutreiben. Mit der Zeit vertiefte sich die Kluft zwischen Haushalt und Arbeitswelt immer mehr. Frauen wurden jetzt mit „häuslichen“ Werten in Verbindung gebracht. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass nicht alle Frauen ihre Arbeit im Haushalt fanden - wohlhabende Frauen hatten Bedienste wie Mägde, Dienstmädchen und Ammen die die Arbeit für sie verrichteten.
[...]
- Arbeit zitieren
- Kinga-Veronika Mendick (Autor:in), 2004, Geschlechterspezifische Ungleichheit. Welche Faktoren nehmen Einfluss auf die politische Partizipation von Frauen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47382
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