Alle verschiedenartigen Einstellungen, Handlungen und Haltungen, die sich gegen den Nationalsozialismus als Ideologie und praktizierte Herrschaftsform richten, werden unter dem allgemeinen Begriff des Widerstandes zusammengefasst. Generell gibt es zu diesem Themenkomplex eine Fülle von Untersuchungen, trotzdem treten bei der Bewertung und Darstellung des Themas immer wieder Probleme auf, sei es wegen der Komplexität der Formen und Gruppen des Widerstandes, oder wegen der durchaus auftretenden unterschiedlichen Bewertungen. In diesem Zusammenhang muss unterschieden werden zwischen dem Begriff des passiven und des aktiven Widerstandes, wohingegen sich aber beide Arten des Widerstandes im Prinzip den gleichen Schwierigkeiten gegenübergestellt sehen. Diese sind unter anderem die Totalität des Regimes, was totale Überwachung und Bespitzelung, fehlende Grundrechte sowie das Ende von Parteien und Interessenverbänden mit sich zieht, sowie eine fehlende Tradition zur Auflehnung gegen die Staatsgewalt in Deutschland oder auch die über lange Zeit nicht stattfindende Unterstützung durch das Militär. Im Folgenden möchte ich anhand einer klassischen Vierteilung des Themenkomplexes chronologisch erörtern, inwiefern die genannten Schwierigkeiten, sowie andere Phänomene auf den Sozialdemokratischen Widerstand von 1933- 1945 in Deutschland zutreffen.
Inhaltsverzeichnis:
1. Vorwort
2. Der Weg SPD in die Illegalität
3. Widerstand in den Anfangsjahren des Regimes
3.1 Widerstandsgruppen zwischen 1933 und 1936
3.1.1 Die »Sozialistische Front«
3.1.2 »Latente« Widerstandsgruppen
3.1.3 Untergrundorganisationen in Großstädten und Regionen
3.2 Zusammenarbeit der SPD und KPD
4. Widerstand während der Entfaltung des Regimes
4.1 Widerstand auf »kleiner Flamme«
4.2 Die linken Zwischenparteien
4.2.1 »Sozialistische Arbeiterpartei (Deutschlands)« (SAP[D])
4.2.2 »Internationaler Sozialistischer Kampfbund« (ISK)
4.2.3 Der »Rote Stoßtrupp«
4.2.4 »Neu Beginnen«
5. Die letzten Jahre des Widerstandes
6. Abschließende Worte
Literaturverzeichnis
1. Vorwort
Alle verschiedenartigen Einstellungen, Handlungen und Haltungen, die sich gegen den Nationalsozialismus als Ideologie und praktizierte Herrschaftsform richten, werden unter dem allgemeinen Begriff des Widerstandes zusammengefasst. Generell gibt es zu diesem Themenkomplex eine Fülle von Untersuchungen, trotzdem treten bei der Bewertung und Darstellung des Themas immer wieder Probleme auf, sei es wegen der Komplexität der Formen und Gruppen des Widerstandes, oder wegen der durchaus auftretenden unterschiedlichen Bewertungen. In diesem Zusammenhang muss unterschieden werden zwischen dem Begriff des passiven und des aktiven Widerstandes, wohingegen sich aber beide Arten des Widerstandes im Prinzip den gleichen Schwierigkeiten gegenübergestellt sehen. Diese sind unter anderem die Totalität des Regimes, was totale Überwachung und Bespitzelung, fehlende Grundrechte sowie das Ende von Parteien und Interessenverbänden mit sich zieht, sowie eine fehlende Tradition zur Auflehnung gegen die Staatsgewalt in Deutschland oder auch die über lange Zeit nicht stattfindende Unterstützung durch das Militär.
Im Folgenden möchte ich anhand einer klassischen Vierteilung des Themenkomplexes chronologisch erörtern, inwiefern die genannten Schwierigkeiten, sowie andere Phänomene auf den Sozialdemokratischen Wiederstand von 1933- 1945 in Deutschland zutreffen.
2. Der Weg der SPD in die Illegalität
„Die Geschichte des sozialdemokratischen Wiederstandes hatte ihre Vorgeschichte in der Schlussphase der Weimarer Republik, in der wesentliche Merkmale der Opposition gegen das 1933 etablierte Dritte Reich vorgeprägt wurden.“[1] Da die SPD mit eine der Gründungsparteien der Republik war, findet sie sich nun als fortwährende Zielscheibe der Angriffe von rechtsradikaler Seite. Das Selbstverständnis der Partei, als „[...] Garant der republikanischen Verfassungsmäßigkeit [...]“[2] hindert diese nun aber daran sich gegen den Nationalsozialismus zur Wehr zu setzen, zumal sie als Massenorganisation eigentlich über die entsprechenden Mittel verfügt. Obwohl die Mitglieder der »Eisernen Front«, einer eigens zum Schutz und zur Öffentlichkeitsarbeit gegen den Nationalsozialismus ausgebildeten Truppe, sowie der größte Teil der Parteimitglieder zum aktiven Widerstand bereit gewesen sind, beschränkte sich die Leitung auf einen eher passiven beziehungsweise legalen Widerstand. Beispielhaft dafür ist auch der 30. Januar 1933. Mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler brechen zwar spontane Massendemonstrationen unter den Arbeitern aus, von der Parteiführung hingegen zeichnet sich keine Reaktion ab. Vielmehr wurde der tatsächliche Feind in den Reihen der Kommunisten erachtet und Hitler samt der neuen Regierung „[...] nur als Konzentration »reaktionärer großkapitalistischer und großagrarischer Kräfte« betrachtet, [und] setzte nach dem 30. Januar 1933 ihre abwartende legalistische Politik fort.“[3] Die bereits kurz darauf einsetzenden Verhaftungen prominenter Parteiführer, sowie das Aussprechen von lokalen Versammlungsverboten und der, angeblich nur kurzen, Suspendierung der Presseorgane, sollte die SPD bald eines Besseren belehren. „Der selbstgefällige Optimismus vieler Sozialdemokraten[...]“, sowie die „[...] folgenschweren Fehleinschätzungen der Gefahren, die gerade von einer in Massenagitation und Straßenschlachten erprobten faschistischen Partei ausgingen“ und wurden so mit einem „[...] entschlossenen Repressionsprogramm(s) der neuen Machthaber konfrontiert.“[4] Wobei sich diese zunächst nicht gegen die SPD als Partei, „[...] sondern gegen ihr Umfeld richtete(n).“[5] Spätestens nach dem Reichstagsbrand, in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933, der aller Wahrscheinlichkeit nach den Nazis selbst zu zu schreiben ist und von diesen als willkommener Vorwand zur Verfolgung der Kommunisten, als die von ihnen Beschuldigten, benutzt wird, sollten auch den Letzten die Augen aufgehen. Die Reichstagsbrand-Verordnung, setzte bereits wesentliche Grundrechte außer Kraft und sorgte dafür, dass in den darauffolgenden Wochen Tausende Kommunisten, Reichsbannerführer, SPD-Funktionäre und weitere Gegner verhaftet wurden. Zwecks dieser Verhaftungen wurden ganze Wohnblöcke durchkämmt um nach, in Listen eingetragenen, Personen, verbotener Literatur oder Waffen zu suchen. Einmal gefangen genommen, kamen die betroffenen zunächst in die sogenannte Schutzhaft um unter anderem in „[...] »wilde« Konzentrationslager, die allerdings zumeist rasch von den »ordentlichen« Konzentrationslagern abgelöst wurden [...].“[6] So fanden sich dann auch, als Folge dieser Massenverhaftungen, nur noch 94 der ursprünglich 120 SPD-Abgeordneten am 23. März 1933 im Reichstag ein. Trotz dieser Bedrohungen stellte sich die SPD als einzige Partei geschlossen gegen die Verabschiedung des Ermächtigungsgesetzes. Im Namen aller ergriff Otto von Wels, als Parteivorsitzender daraufhin das Wort:
„Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen uns in dieser geschichtlichen Stunde feierlich zu den Grundsätzen der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus. Kein Ermächtigungsgesetz gibt Ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten. Sie selbst haben sich ja zum Sozialismus bekannt. Das Sozialistengesetz hat die Sozialdemokratie nicht vernichtet. Auch aus neuen Verfolgungen kann die deutsche Sozialdemokratie neue Kraft schöpfen. Wir grüßen die verfolgten und Bedrängten. Wir grüßen unsere Freunde im Reich. Ihre Standhaftigkeit und Treue verdienen Bewunderung. Ihr Bekennermut, ihre ungebrochene Zuversicht verbürgen eine hellere Zukunft.“[7]
Ungeachtet der Großartigkeit dieser Rede, wird hier leicht ersichtlich, dass sich die Sozialdemokratie die tatsächlichen Ausmaße einer totalitären Herrschaft nicht wirklich vergegenwärtigen kann. Zu der Zeit hielten noch viele an dem Glauben eines vorrübergehenden Zustandes fest und gingen davon aus, dass „[...] der Nationalsozialismus eine kurzlebige Episode bleiben werde.“[8]
„Formal noch in den Parlamenten und Kommunalvertretungen präsent, in Wirklichkeit aber paralysiert und ohnmächtig, glich die SPD-Parteiorganisation einer Pyramide, deren Basis unter ihrer Spitze wie Brei zerfloß.“[9] Daraus lässt sich schon erahnen, dass das Ende der legalen Existenz schon sehr nahe rückt. Das drohende Schicksal vor Augen machte sich eine resignative Grundstimmung innerhalb des SPD-Vorstandes breit. Nachdem am 2. Mai 1933 bereits die Freien Gewerkschaften aufgelöst worden waren, lies sich die verbleibende sozialdemokratische Reichstagsfraktion in einem Anflug von „[...] Resignation und Festklammern an der Legalitätsillusion [...]“[10] dazu verleiten, am 17. Mai 1933 der Friedensresolution Hitlers ihr Veto zu geben. Zwar konnte die Parteiführung noch einen Teil des Parteivermögens ins Ausland transferieren, aber das meiste wurde am 10. Mai 1933 beschlagnahmt. Worauf unweigerlich die Zwangsauflösung der Partei am 22. Juni 1933 folgen sollte. Widerstand konnte folglich entweder aus dem Exil oder Illegalität heraus geleistet werden. Trotz all dieser Tatsachen waren sich sowohl Sozialdemokraten als auch Kommunisten einig, „[...] daß dem neuen Regime trotz seiner Exekutivgewalt kein langes Leben beschieden sein werde [...].“[11] Außerdem ist festzustellen, dass beide Partien nur mangelhaft auf einen Fortbestand in der Illegalität, sprich im Untergrund vorbereitet war. Im speziellen Fall der SPD werden die unzureichend getroffenen Maßnahmen mit dem politischen Selbstverständnis der Partei in Verbindung gebracht. Das in ihrer Tradition verankerte Bekenntnis zu Staat und Verfassung verbaut den Sozialdemokraten den, für eine Massenorganisation selbstverständlichen Einsatz von bestimmten Mitteln zur Abwehr des Nationalsozialismus.
3. Widerstand in den Anfangsjahren des Regimes
Der Schock des 2. Mai 1933, der die bereits genannte Auflösung der Gewerkschaften datiert, veranlasste den Parteivorstand der SPD kurz darauf „[...] sechs seiner zwanzig Mitglieder zur Bildung einer Zentrale jenseits der deutschen Grenzen ins Ausland zu schicken,“[12] um dem Presseverbot entgegenzutreten und „[...] zur Unterstützung des Kampfes im Innern [...].“[13] Die Sopade, wie der Exilparteivorstand genannt wurde, richtete sich im Frühsommer 1933 seinen Hauptsitz in Prag ein, das Dank der geographisch günstigen Lage der Tschechoslowakei auf relativ kurzem Weg Verbindungen zu den alten Zentren im Innland ermöglichte. Zusätzlich wurden die Widerstandskämpfer durch das sudetendeutsche Sprachgebiet in Böhmen sowie die Schwesterpartei DSAP unterstützt. Im Anschluss wurden rings um das Deutsche Reich Grenzsekretariate als Bindeglieder und Vermittler errichtet. Zumeist waren diese Stellen mit ehemaligen Funktionären besetzt, die über Vorkenntnisse ihres Gebietes und über persönliche Bekanntschaften, die für ihre Arbeit unerlässlich waren, verfügten.
Zwar beschränkt sich meine Arbeit eigentlich auf den Widerstand in Deutschland, aber ohne diese Unterstützungen aus dem Exil wäre die Illegalität im Reich kaum möglich gewesen. Deswegen müssen einige Aspekte genannt werden. Die Aufgabe der Grenzsekretariate bestand hauptsächlich darin, sowohl illegale Literatur ins Reich zu schmuggeln, als auch den Nachrichtenfluss aus Deutschland heraus zu sichern. Mit Hilfe von wandernden Arbeitern, ausländischen Sozialisten, Bahnbeamten, Wintersportler, Pilz- oder Beerensammler wurde versucht dies zu bewerkstelligen.
Zahlreiche Zeitschriften wurden zu dieser Zeit herausgeben. So sollte mit den von 1934 bis 1940 regelmäßig veröffentlichten Deutschland-Berichten, auch als »Grüne Blätter« bekannt, die Weltöffentlichkeit über die tatsächlichen Zustände im Reich aufgeklärt werden. Weiterhin bekannt waren auch die »Neue Vorwärts« und die daraus entstehende »Sozialistische Aktion«, sowie die theoretische »Zeitschrift für Sozialismus«, die große Anzahl von Miniaturflugblättern, Klebezetteln und Tarnbroschüren außer Acht gelassen. Auch das im Januar 1934 verfasste »Prager Manifest« wurde über die Grenzen ins Reich geschmuggelt.
Einziger Nachteil war, dass die Sopade recht weit ab vom eigentlichen Geschehen saß, so dass „[...] gerade die jungen, aktivistischen Illegalen aus Reichsbanner und Arbeiterjugend- und Arbeitersportbewegung [...] im Exilparteivorstand in Prag keineswegs die allein maßgebende Kommandozentrale für den illegalen Kampf (sahen).“[14] Ihrer Meinung nach musste die revolutionäre Beseitigung des NS-Regimes nur durch eine sozialistische Arbeiterpartei im Land selbst ablaufen. Hier zeigt sich wieder eine Übereinstimmung mit den linken Zwischenparteien, die wohl auch die Resonanz ihrer Programmzeitschrift »Neu Beginnen« zu erklären vermag. „ Die jungen, aktivistischen Illegalen jener Jahre waren mental fast durchweg »Neu Beginner«, selbst wenn sie mit dieser Organisation keine Fühlung hatten.“[15]
[...]
[1] Patrick von zu Mühlen: Sozialdemokraten gegen Hitler. In: Widerstand und Verweigerung in
Deutschland 1933 bis 1945. Hgg. Richard Löwenthal und Patrick von zur Mühlen. Berlin und
Bonn 1982, S.57.
[2] Patrick von zu Mühlen: Sozialdemokraten gegen Hitler, S.57.
[3] Hartmut Mehringer: Widerstand und Emigration. Das NS-Regime und seine Gegner. München 21998,
S.55.
[4] Detlef Lehnert: Sozialdemokratie zwischen Protestbewegung und Regierungspartei 1848 bis 1983.
Frankfurt 1983, S.155.
[5] Hartmut Mehringer: Sozialdemokratischer und sozialistischer Widerstand. In: Widerstand gegen den
Nationalsozialismus. Hgg. Peter Steinbach und Johannes Tuchel. Berlin 1994, S.127.
[6] Hartmut Mehringer: Widerstand und Emigration, S.57.
[7] Stenographische Berichte des Deutschen Reichstages. Bd. 457, S.32 ff.
7 Heinrich Potthoff und Susanne Miller: Kleine Geschichte der SPD. Darstellung und
Dokumentation, 1848-1963. Bonn 51983, S.144.
[8] Hartmut Mehringer: Widerstand und Emigration, S.57.
[9] Detlef Lehnert: Sozialdemokratie zwischen Protestbewegung und Regierungspartei, S.157.
[10] Hartmut Mehringer: Widerstand und Emigration, S.57.
[11] Heinrich Potthoff und Susanne Miller: Kleine Geschichte der SPD, S.148.
[12] Patrick von zu Mühlen: Sozialdemokraten gegen Hitler, S.62.
[12] Hartmut Mehringer: Widerstand und Emigration, S.66.
[13] Lewis J. Edinger: Sozialdemokratie und Nationalsozialismus. Der Parteivorstand der SPD im Exil von 1933-1945. Hannover 1960, S.24.
[14] Hartmut Mehringer: Widerstand und Emigration, S.69.
[15] Hartmut Mehringer: Widerstand und Emigration, S.69.
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