Die Neoklassik und andere orthodoxe Schulen haben die wirtschaftliche Bedeutung von technologischem Fortschritt erkannt. Der Nobelpreisträgers Robert M. Solow lieferte hierzu eines der bekanntesten Modelle. Er fand heraus, dass die Zunahme des Produktivitätswachstums in den USA zwischen 1909-1949 nur zu 12,5 % auf der Zunahme der Kapitalproduktivität beruht, aber zu 87,5 % auf technischem Fortschritt und bessere Ausbildung der Arbeitskräfte. Das Problem der Neoklassik und anderen stationären Wirtschaftstheorien ist allerdings, dass sie den technischen Fortschritt nicht erklären können, denn die Annahmen von vollkommener Markttransparenz in der alle Akteure zu jedem Zeitpunkt denselben Informationsstand besitzen und die Annahme der Existenz von ausschließlich homogenen Gütern, führt dazu, dass die Akteure keine Möglichkeit besitzen Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Hierdurch können durch Innovationen verursachte Gleichgewichtsänderungen, nicht erklärt werden. Trotz ihrer wirtschaftlichen Relevanz werden Innovationen in stationären Modellen als exogene Größen angenommen. Aufgrund dessen, versuchte die österreichische Schule, welche maßgeblich durch Joseph A. Schumpeter geprägt wurde, einen evolutorischen Ansatz zur Erklärung von technologischen Fortschritten zu finden. Die Grundannahmen dieser Innovationstheorien unterscheiden sich von klassischen Modellen in ihren Annahmen des exogenen Wandels, der sich entwickelnden Prozesse, der heterogenen Akteure und deren beschränkte Rationalität. Die Neoklassik beschreibt den Gleichgewichtszustand genau, aber weniger wie es zu diesem kommt. Umgekehrt beschreiben die evolutorischen Ansätze wie diese Zustände entstehen und weniger wodurch sich diese auszeichnen. Hierdurch entsteht ein dynamischer Ansatz welcher durch das Adjektiv “evolutorisch” betont wird und die Abgrenzung zu rein statischen Gleichgewichtsmodellen darstellt.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Symbolverzeichnis
1. Einleitung
2. Schumpeter und seine Theorien im Kontext auf die Innovation der Evolutionsökonomik
3. Bedeutende Innovationskonzepte des Neo-Schumpeterianismus
3.1 Die institutionenökonomische Innovationstheorie
3.2 Die evolutorische Innovationstheorie
3.3. Wettbewerbstheorie nach Hayek und Kantzenbach:
3.4 Das normative Prinzip des Neo-Schumpeterianismus
4. Innovatiosdynamische Ansätze in einer Volkswirtschaft: Das Drei-Säulen Modell der neo-schumpeterianischen Innovationstheorie
5. Die Entstehung von Neuerungen in Bezug auf naturalistische Ansätze
6. Naturalistische Ansätze in der evolutorischen Innovationstheorie von Nelson und Winter
7. Kritik an dem Modell von Nelson und Winter:
8. Open-Innovation-Konzept. Öffnung des Innovationsprozesses
9. Management von Innovationsprozessen im 21. Jahrhundert
10. Literatur
Abkürzungsverzeichnis
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Symbolverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Die Neoklassik und andere orthodoxe Schulen haben die wirtschaftliche Bedeutung von technologischem Fortschritt erkannt. Der Nobelpreisträgers Robert M. Solow lieferte hierzu eines der bekanntesten Modelle. Er fand heraus, dass die Zunahme des Produktivitätswachstums in den USA zwischen 1909-1949 nur zu 12,5 % auf der Zunahme der Kapitalproduktivität beruht, aber zu 87,5 % auf technischem Fortschritt und bessere Ausbildung der Arbeitskräfte.1 Das Problem der Neoklassik und anderen stationären Wirtschaftstheorien ist allerdings, dass sie den technischen Fortschritt nicht erklären können, denn die Annahmen von vollkommener Markttransparenz in der alle Akteure zu jedem Zeitpunkt denselben Informationsstand besitzen und die Annahme der Existenz von ausschließlich homogenen Gütern, führt dazu, dass die Akteure keine Möglichkeit besitzen Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Hierdurch können durch Innovationen verursachte Gleichgewichtsänderungen, nicht erklärt werden. Trotz ihrer wirtschaftlichen Relevanz werden Innovationen in stationären Modellen als exogene Größen angenommen. Aufgrund dessen, versuchte die österreichische Schule, welche maßgeblich durch Joseph A. Schumpeter geprägt wurde, einen evolutorischen Ansatz zur Erklärung von technologischen Fortschritten zu finden. Die Grundannahmen dieser Innovationstheorien unterscheiden sich von klassischen Modellen in ihren Annahmen des exogenen Wandels, der sich entwickelnden Prozesse, der heterogenen Akteure und deren beschränkte Rationalität. Die Neoklassik beschreibt den Gleichgewichtszustand genau, aber weniger wie es zu diesem kommt. Umgekehrt beschreiben die evolutorischen Ansätze wie diese Zuständen entstehen und weniger wodurch sich diese auszeichnen.2 Hierdurch entsteht ein dynamischer Ansatz welcher durch das Adjektiv “evolutorisch” betont wird und die Abgrenzung zu rein statischen Gleichgewichtsmodellen darstellt.3
Zu Beginn unserer Arbeit werden wir auf Schumpeters Kerngedanken eingehen, da Schumpeters Innovationstheorie alle ökonomischen Lehrmeinungen bei der Behandlung von Innovationsprozesse befruchtet hat.4 Im Anschluss werden wir auf die Fortführungen Schumpeters eingehen, auf den sog. Neo-Schumpeterianismus, welcher sich durch zwei unterschiedliche Schulen ausprägte.
Zum einen durch die Institutionell-historische und zum anderen durch die verhaltensorientierte Schule. Bei diesen werden wir je ein repräsentatives Modell genauer beleuchten. Unser viertes Kapitel bezieht sich explizit auf die naturalistischen Ansätze der Evolutionstheorie, in diesem Kontext werden wir das Modell von Nelson und Winter betrachten. Das fünfte Kapitel umfasst das „Open-Innovation-Konzept“, welches in einem Digitalen Zeitalter immer mehr an Wert zunimmt. Abschließend gehen wir anlehnend an den Forschungen von Jürgen Janovsky, Carsten Gerlach und Thomas MüllerºSchwemer auf die erfolgreiche Durchführung eines Innovationsprozesses ein.
2. Schumpeter und seine Theorien im Kontext auf die Innovation der Evolutionsökonomik
Joseph Alois Schumpeter (1883-1950) war ein österreichischer Nationalökonom, der durch seine Forschungen einen bedeutenden Einfluss auf die Volkswirtschaftslehre hatte und als erster Theorien im Kontext auf die Innovation in der Evolutionsökonomik festlegte.1 Die Forschungen von u.a. Karl Marx und Adam Smith hatten Einfluss auf Schumpeters Arbeiten. Marx erwähnte die Wissenschaft, die als bedeutende Variable für neue Technologien gilt und [...]”damit auch das ökologische Wachstum und den gesellschaftlichen Reichtum bedingt.”2
Joseph Alois Schumpeter wird heute auch oft als „Vater” der Innovation bezeichnet, da er bedeutende Theorien aufstellte. Mathematische Beschreibungen wurden in seinen Forschungen nicht durchgeführt.3 Die erstmalige Verwendung des Begriffs „Innovation“ von Schumpeter findet sich in der Übersetzung seines im Jahre 1939 auf dem amerikanischen Markt erschienenen Buches „Business Cycles“.4 Den Grundgedanken der Innovation definierte er allerdings bereits 1911 in seinem weltbekannten Buch „Theorie der Wirtschaftlichen Entwicklung“ als “Durchsetzung neuer Kombination”.5 Schumpeter unterteilte Wirtschaftssubjekte ihrer Persönlichkeit nach in zwei Typen. Zum einen in “Wirte”, Individuen des “statischen Typen” welche Schwächen in der Entschlussfassung aufweisen und sich dadurch in ständigen Routinearbeiten bewegen, genauer gesagt Menschen die sich nahezu rational Verhalten6, sich nur schon vorhandener Kombinationen bedienen und das Neue aus Risikoaversion meiden. Zum anderen in jene des “dynamischen Typen”, die “Unternehmer”, diejenigen welche energisch sich neuen Herausforderungen stellen und nicht zögern alte Gegebenheiten durch “neue Kombinationen” auf die Probe zu stellen.7 Des Weiteren ist für Schumpeter der Begriff des Unternehmers gleich zu setzen mit dem Begriff des Innovators. Selbständige sowie Inventoren sind demnach in Schumpeters Augen nicht gleich Unternehmer und auch Besitz an einem Betrieb ist für ihn kein erklärendes Merkmal eines Unternehmers. Er war der Überzeugung erst, wenn Individuen Innovation durchsetzen sind diese auch Unternehmer. Im Umkehrschluss sind Menschen welche der Routine verfallen sind und oder ausschließlich nur auf schon vorhandene Kombinationen zugreifen keine Unternehmer und Menschen des statischen Typen.8 Für Schumpeter war es wichtig, dass der Innovationsprozess in drei Phasen gegliedert wird. In die Ideengenerierung welche er als Inventionsphase bezeichnete. Die zweite Phase der Innovationsprozess beschreibt die Verwirklichung der generierten Prototypen und entwickelten Konzepte aus der ersten Phase, durch die Markteinführung. Ist der Innovationsprozess durch erfolgreiche Markteinführung gelungen, so kommt es zur dritten Phase die sog. Diffusion. Diese beschreibt die Marktdurchsetzung (Verbraucherseite)1 bzw. die Imitation und Verbreitung der Innovation durch das Wachstum bestehender Unternehmen und Unternehmensgründungen (Imitation).2 Da Innovationen Unternehmen dazu verhelfen Monopolgewinne zu erzielen, besteht ein Anreiz anderer Unternehmen diese Innovationen zu imitieren. Der Staat schafft nach Schumpeter für den Prozess der Innovation die rechtlichen Rahmenbedingungen.
Nach Schumpeter wird in fünf Fälle von Innovationen unterschieden3:
1. die Herstellung eines neuen Gutes oder einer neuen Qualität eines Gutes
2. Einführung einer neuen Produktionsmethode
3. Erschließung eines neuen Absatzmarktes
4. Eroberung einer neuen Bezugsquelle von Rohstoffen oder Halbfabrikaten
5. Durchführung einer Neuorganisation
Schumpeter sah als Erklärung für Konjunkturzyklen die Wechselwirkung zwischen kontinuierlichen-und diskontinuierlichen Veränderungen, wohin ersteres Schöpfung des Wirtes und letzteres Schöpfung des Unternehmers ist.4
In einer stationären Wirtschaft ist es nach Schumpeter der dynamisch-energische, welcher durch Infragestellung der alten Gegebenheiten und Veränderung von gewohnten Routineverhalten die Durchsetzung neuer Kombinationen hervorruft. Dadurch sind Unternehmer in einer stationären Wirtschaft für wirtschaftliche Entwicklung verantwortlich.5 Kontinuierliche Veränderungen im kleinen Umfang verursacht durch den Wirt, wirken sich im Gegensatz zu diskontinuierlichen Veränderungen nicht prägend auf das Wirtschaftsgeschehen aus.6 Die Finanzierung der Innovationen erfolgt durch Banken, diese haben die Aufgabe erfolgreiche Unternehmer zu erkennen. Durch die Umleitung der Produktionsmittel werden alten Kombinationen die Mittel genommen und neuen Innovationsanstrengungen die Mittel gegeben. Schumpeter bezeichnete diese Wechselwirkung zwischen Neuem und Altem als “schöpferische Zerstörung”.7 In Schumpeters Arbeiten lässt sich ein Wandel seiner Auffassung des Unternehmertums erkennen. Die Wissenschaft untergliedert aus diesem Grund Schumpeters Arbeit in Mark I und Mark II. Mark I beschreibt den kreativen Einzelunternehmer der für die “kreative Zerstörung” verantwortlich ist. Im Fokus stehen die Charakteristika des Unternehmers, der durch zufällige Geniestreiche den technischen Fortschritt hervorruft.1 Hierdurch ist der technologische Wandel in diesem Abschnitt seiner Arbeit exogener Natur, denn er nimmt an, technisches Wissen sei immer reichlich vorhanden. Mark II beschreibt nicht mehr den Einzelunternehmer als treibende Kraft für dynamischen Wandel, sondern Großkonzerne die effizienter F&E betreiben können. Dadurch wird der dynamische Prozess des technischen Wandels selbst Teil des planvollen Handelns, wodurch eine Endogenisierung stattfindet. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass der Protagonist der schöpferischen Zerstörung sich ändert, die Aufgabe dessen allerdings dieselbe bleibt. Dieser Wandel ist geschichtlich auf das Entstehen von Großkonzernen zurückzuführen, die dadurch das Bild Schumpeters auf Innovationen änderten.2
3. Bedeutende Innovationskonzepte des Neo-Schumpeterianismus
Schumpeters Arbeiten liefern die Basis für viele verschiedenen Innovations-und Wachstumstheorien.3 In enger Anlehnung an Schumpeter entwickelte sich der neo-schumpeterianische Ansatz. Der sich von den anderen Theorien am stärksten durch den Schwerpunkt auf das Untersuchen der Möglichkeiten zur und die Folgen aus der Überwindung bestehender Limitationen unterscheidet. Da andere orthodoxe Theorien (u.a. die Neoklassik) innerhalb der bestehenden Limitationen die Wirkungen dieser erforschen.4 Da Preiswettbewerb verantwortlich für die Bildung von Limitationen ist, wird dieser durch den Innovationswettbewerb, welcher die Ursache für die Überwindung alter und Entstehung neuer Grenzen ist, ersetzt.5 Hierdurch werden Innovationen und die damit verbundenen dynamischen Prozesse zum Untersuchungsgegenstand. Die zentralen Forschungsfragen beziehen sich auf den technischen Wandel und dessen Entstehung sowie die Motive und das Verständnis der beteiligten Akteure an den dynamischen Prozessen und deren Konsequenzen.6 Dabei sind die wesentlichen Annahmen dieser Herangehensweise, dass beschränkt rationale Akteuren agieren, Transaktionen nicht gleichgewichtsorientiert sind und der Selektionsmechanismus von heterogenen Institutionen und technischen Möglichkeiten durch Märkte und andere Einrichtungen dargestellt werden.7 Hierbei werden insbesondere Innovationen und Lernverhalten auf der Mikroebene, innovationsgetriebene Industriedynamik auf der Meso-Ebene und durch Innovationen verursachter Wachstum sowie internationale Wettbewerbsfähigkeit auf der Makroebene untersucht.8 Schumpeters Theorien wurden in zwei unterschiedliche Wirtschaftsschulen durch neo-schumpeterianische Innovationstheorien weiterentwickelt. Zum einen in enger Anlehnung an Schumpeter durch u.a. Nelson und Winter, die einen mikroökonomisch fundierten Ansatz verfolgten um dynamische Prozesse auf verhaltensorientierten Ebenen zu Erklären. Zum anderen durch u.a. Dosi und Freeman, die dynamische Prozesse durch historische Analogien und Beobachtung empirischer Phänomene erklärten. Sie vertraten einen Institutionenökonomischen Ansatz.1
3.1 Die institutionenökonomische Innovationstheorie
Die Kernannahmen der Institutionenökonomik sind, dass institutionelle und organisatorische Strukturen einer Wirtschaft zur Untersuchung von effizienten Ressourcen-Allokationen und Verteilungen der Einkommen betrachtet werden müssen und nicht nur die Marktmechanismen. In diesem Sinne widerspricht die Institutionenökonomik nicht der Neoklassik, sondern erweitert diese. Dabei beschäftigt sich die Institutionenökonomik mit der Bildung von Institutionen, den dynamischen Beziehungen zwischen ökonomischen-und Rechtssystemen und der Wirkung des technischen Wandels. Gesprochen wird von Institutionell-evolutorischer Innovationstheorie, wenn letzterer Punkt, der technische Wandel in Wechselwirkung zu institutionellen Strukturen mit historischen Elementen verstärkt thematisiert wird. Dementsprechend blickt diese Innovationstheorie auf Sozioökonomische Strukturentwicklungen aus einem historischen Blickwinkel und versucht daraus und aus empirischen Datenmaterial Hypothesen über technisch-wirtschaftliche Zusammenhänge qualitativer Art zu formulieren.2 Aus dem institutionell-historischen Ansatz wurden unterschiedliche Innovationstheorien formuliert.
U.a. das Innovationsmodell nach Freeman. Ausgangspunkt seines Modells war die Kritik an Schumpeter. Dieser habe nach Freeman in seinen Werken den technologischen Fortschritt nicht versucht zu erklären, da Schumpeter annahm, dass Unternehmer durch Geniestreiche zu einem exogenen Pool an Inventionen Zugang haben. Freeman nimmt Bezug auf Schumpeter Mark I und kritisiert Schumpeter er gehe zu schnell über die Inventionsphase hinweg.3 Ausgehend dieser Kritik endogenisierte Freeman den technologischen Fortschritt. Er konnte in seiner Forschung belegen, dass institutionalisierte Forscherteams innerhalb und auch außerhalb von Unternehmen in jahrelang geplanten und durchstrukturierten F&E-Arbeiten zu den bedeutenden technologischen Entwicklungen führten. Durch Spezialisierungen, den zunehmenden wissenschaftlichen Charakter, der Technologie und den hochentwickelten System- sowie Netzwerktechniken erhält das Wissen einen kumulativen Charakter. Da Innovationen Wissen benötigen, sind Unternehmen mit Zugang zu solchen institutionalisierten Forscherteams effizienter in der Hervorbringung von Innovationen.4 Pavitt greift den Denkansatz Freemans auf. Da der Innovationsprozess unterschiedlich, abhängig der entsprechenden Industrie verläuft, entwickelte er Typologien von Innovationsmustern.
Er identifizierte vier Industriegruppen. Darunter die lieferantenbeherrschten Sektoren, die skalenintensiven Sektoren, den wissensbasierten Sektor und die Spezialanbieter.1 Diese Sektoren seien für Wachstum in unterschiedlichen Industrien verantwortlich. So sei z.B. Wachstum in der Landwirtschaft die Ursache von neuen Düngemitteln, was diese Industrie zum lieferantenbeherrschten Sektor zählen lässt. Die Ansätze von Pavitt und Freeman wurden von Dosi weitergeführt, er konzentrierte in seiner Innovationstheorie die verschiedenen Werke der institutionell- historischen Schule zu einer mikroökonomischen Gesamtheit (1988)2. Dosi übernahm den typologischen Gedanken von Pavitt und erachtete wissenschaftliche Durchbrüche als maßgebliche Ursache für Innovationen. Als Beispiel führte er u.a. die Entwicklung der Transistoren an, welche durch die Forschung im Bereich der Mikroelektronik (wissensbasierter Sektor) ermöglicht wurden.3 Dadurch stand die Aneignung von Wissen und Fähigkeiten zur Überwindung von Problemen im Fokus seiner Theorie. Dabei war ihm die Differenzierung in inter-und intrasektoraler Einteilung wichtig. Denn Institutionen, Branchen und Unternehmen haben aufgrund des frei verfügbaren, firmenspezifischen und kumulativen Charakters von Wissen unterschiedliche wissensbasierende technologische Chancen. Demzufolge sind repräsentative Haushalte und Firmen zur Aggregation von Mikro-zur Makroebene, (wie bei der Neoklassik) nicht ausreichend.4 Er führte das Konzept der technologischen Paradigmen ein. Demnach sind Innovationen paradigmengebundene Problemlösungsprozesse, die von zwei Faktoren beeinflusst werden. Den technologischen Chancen und den Aneignungsmöglichkeiten der Innovationsrenten durch die Institution der Unternehmen. Das Konzept setzt nach dem Prozess der Diffusion von Wissen an.5 Nach der erfolgreichen Durchsetzung einer Innovation richtet der Wettbewerb seine F&E aus Risikoaversion sehr wahrscheinlich darauf aus, diese Innovation zu imitieren bzw. je nach Art der Innovation anzuwenden.6 Dadurch wirkt sich das vorherrschende technologische Paradigma sowohl auf Artefakt als auch auf Heuristiken aus.7 Hierdurch legen diese entsprechenden Paradigmen die Richtung von zukünftigen Innovationen in groben Zügen vor. Dabei entstehen Trajektorien, die den Entwicklungspfad beschreiben auf dem sich bestimmte Technologien in einem Sektor entwickeln. Das dominante Design ist der Entwicklungspfad welcher sich gegen andere innerhalb eines technologischen Paradigmas durchsetzt.8 Weitere Einflussfaktoren auf die Herausbildung von technologischen Trajektorien sind Kosten, Nachfrage, politischer Wille, Netzwerkeffekte und Kompetenzen. In der Summe führen all diese Faktoren zum dominanten Design innerhalb eines Sektors. Die weiteren Entwicklungen tendieren dazu, eher inkrementeller Natur zu sein. Auf jedem Pfadabschnitt von der Forschung bis zur Produktion wirken ökonomische, institutionelle und gesellschaftliche Faktoren selektierend auf den weiteren Pfadverlauf.1 Dabei findet Wettbewerb nicht nur zwischen Innovation und der durch dieser substituierten Technologie, sondern auch zwischen alternativen neuen Innovationsansätzen statt.2 Dosi belegt hiermit die Notwendigkeit der Integrierung von Vergangenheit und Umfeld, da beide Faktoren weitreichende Auswirkungen auf die Gegenwart und Zukunft haben. Pfadabhängigkeiten münden oft in Verbindung mit Netzwerkexternalitäten in Lock Ins. Dadurch werden Suchprozesse und ihre Selektionsprozesse erheblich beeinflusst. Der Lock-In- Effekt beschreibt das irrationale Phänomen, dass Akteursgruppen oder ein gesamter Markt eine Technologie gegenüber anderen bevorzugt, selbst wenn diese Alternativen schon erprobt oder sogar dem vorherrschenden technologischen Paradigma technisch überlegen sind. Dieser Effekt wird stark durch Pfadabhängigkeiten und Netzwerkexternalitäten geprägt. Pfadabhängigkeiten begünstigen den Lock-In-Effekt da diese bewirken, dass mit zunehmendem Fortschritt entlang eines Entwicklungspfades die Möglichkeiten für neue Problemlösungsansätze als Basis alternativer technologischer Pfade immer begrenzter wird. Netzwerkexternalitäten beschreiben, die direkten und indirekten Abhängigkeiten zwischen Nutzern und Anbietern bzw. von Produkten und Vorprodukten. Die gegenseitige Abhängigkeit von Akteuren, Technologien, Institutionen und Produkten stellt eine technologisch-organisatorische Richtung der zukünftigen Innovationen auf allen beteiligten Ebenen ein und führt zur Ebenen übergreifenden gegenseitigen Pfadabhängigkeit (Lock-In für ein gesamtes sozio-technisches System).
Etablierte Unternehmen innerhalb eines solchen Systems haben ein starkes Interesse die Lock-In Gegebenheiten beizubehalten, weshalb sie wenig Anreiz zu radikalen Innovationen abseits ihres Entwicklungspfades besitzen. Die Angst die vorhandenen Strukturen zu destabilisieren und Marktmacht zu verlieren führt zu einem Inventor’s Dilemma, welches die absichtliche Zurückhaltung leistungsfähigerer Technologien beschreibt. Durch etablierte Unternehmen kommt es dann nur noch zu inkrementellen (Verbesserungs-) Innovationen entlang ihres bestehenden Entwicklungspfades. Da radikale-systemändernde Innovationen, Investitionen benötigen, stehen sie in Wechselwirkung zu Wachstum. Nur in wachsenden Märkten besteht ein Anreiz zu investieren weshalb kein Wachstum, keine Innovationen und vice versa verursacht. Es entsteht ein technologisches Patt.
Die Multi-Level-Perspektive beschreibt drei Möglichkeiten um ein technologisches Patt aufzulösen. Es ist möglich, wenn alte Gegebenheiten sukzessiv durch eigene Netzwerke und Machtstrukturen der neue (radikale) Innovationen abgebaut werden, durch das Auftreten extremer Veränderungen der sozio-technischen Landschaft, verursacht durch exogene Einflüsse wie u.a. Katastrophen, neue gesellschaftliche Rahmenbedingungen und durch die selbstgewählte Neuausrichtung etablierter Unternehmen, die neue (radikale) Innovationen in ihre Abläufe integrieren.3 Nach Grupp verbinden alle Ansätze der institutionenökonomischen Innovationstheorie die Bedeutung von Technik und Wissenschaft zur Erklärung von dynamischen Prozessen. Die Stärken dieser Innovationstheorie liegt in der aktiven Einbeziehung des Umfeldes, so können bspw. Wechselwirkungen zwischen F&E der Industrie und der Wissenschafts-und Technologiepolitik des Staates aufgezeigt werden. Zu den Schwächen dieser Theorie zählt die Unmöglichkeit Erkenntnisse aus dem Modell mathematisch zu formulieren.1
3.2 Die evolutorische Innovationstheorie
Ziel der evolutorischen Innovationstheorie ist es die Existenz und den Erfolg von Einzelwirtschaftliche Unternehmungen zu erklären. Durch das Grundaxiom der kontinuierlichen Dynamik ohne Gleichgewichtssituation entstehen weitere zu erklärende Fragen: Wie verhalten sich (erfolgreiche) Unternehmen in einem solchen Umfeld? Wie reagieren sie auf Veränderung und wie prägen sie Veränderungen in ihrer Umwelt durch ihr eigenes Handeln?2 Bei dieser Perspektive werden Lern-und Innovationsprozesse maßgeblich durch die Ressourcenposition eines Unternehmens beeinflusst. Die Ungleichgewichte im Wettbewerb entspringen aus heterogenen Ressourcenprofile der Unternehmen. Die Endogenisierung des technischen Fortschrittes findet in der evolutorischen Theorie auf der Unternehmensebene statt. Dabei werden Veränderungen der Ressourcenbestände und Veränderung von Zielsetzungen der Unternehmen große Beachtung geschenkt. Da diese als Notwendig zu langfristigem Erfolg angesehen werden.3
Nelson und Winter bezogen sich in ihrer Arbeit stark auf Schumpeter. Da Schumpeter starke Anerkennung fand, allerdings hinsichtlich der Formalisierung und Anwendbarkeit kritisiert wurde, wollten Nelson und Winter seine Ansätze hinsichtlich dieser Schwäche weiterentwickeln.4 Sie kombinierten Schumpeter mit verhaltenswissenschaftlichen Erklärungsansätzen von v.a. Simon (1955) und Cyert/March (1963) sowie mit evolutorische Ansätze nach u.a. Darwin.5 6 Das Kernmodell von Nelson und Winter wird im fünften Kapitel: „Die Entstehung von Neuerungen in Bezug auf naturalistische Ansätze” genauer betrachtet. Sie entwickelten in Verbindung mit ihrem Innovationsmodell die wettbewerbstheoretische Innovationstheorie, die “Schumpeter Hypothese”. Sie beschäftigten sich in ihrer Theorie mit Marktkonzentrationen und die damit einhergehenden Monopolbildungen. Die Kernaussage besagt, dass Monopolbildungen der Preis sei welcher die Gesellschaft für radikale Innovationen zu bezahlen hat. Ausgangspunkt ihrer Hypothese ist die Annahme von Schumpeter, dass Großkonzerne effizienter F&E betreiben, wodurch das Innovationsrisiko vermindert wird (vgl. Schumpeter Mark II). Nelson und Winter führten diese mit Hilfe der Verhaltenswissenschaft und Evolutionstheorie im biologischen Sinne fort. Effizientere Innovierungsfähigkeit führt zu Monopolmachtstellungen die höhere (Monopol-)Gewinne zur Folge haben. Diese wiederum habe höhere Investitionsmöglichkeiten in F&E zur Folge welche wieder in Wettbewerbsvorteilen und Monopolgewinnen münden.1 Dabei entfällt die Marktkonzentration stärker, wenn die wissenschaftliche Basis große Fortschritte erzielt, die Nachahmung erschwert ist und aggressives Investitionsverhalten vorherrscht.2 Diese Theorie setzt die fundamentale Annahme der effizienteren F&E von Großkonzernen voraus. Für diese Annahme spricht die Kritik Freemans an Schumpeter, dieser erachtete institutionalisierte Forscherteams als Triebfeder für Innovationen, wodurch Großunternehmen durch effizienteren Zugang zu diesen, dementsprechend auch effizienter Innovieren können.3 Gegen die Schumpeter Hypothese spricht u.a. die zunehmenden bürokratischen Managementstrukturen in großen Unternehmen und die Einwirkungen des Staates welcher durch Subventionen und Tarife aktiv in den Innovationsprozess eingreifen kann. Beide Faktoren wirken entgegen der Annahme der effizienteren F&E- Fähigkeiten eines Großunternehmens.4
[...]
1 Vgl. BIATEC. Volume XIII (2005, S.23)
2 Vgl. Stephan (2011, S.8-9) und Grupp (1997, S.52-53)
3 Vgl. Stephan (2017, S.53)
4 Vgl. Grupp (1997, S.49))
1 Vgl. Stephan (2011, S.2-5)
2 Vgl. Holland (1988, S.137) und Rosenberg (1974a und 1976a, S.63) nach Grupp (1997, S.54-55)
3 Vgl. Grupp (1997, S.56)
4 Vgl. Weber (2000/2001, S.4)
5 Vgl. Schumpeter (1911, S.158-198)
6 Vgl. Rahmeyer (2005, S.4)
7 Vgl. Grupp (1997, S.56)
8 Vgl. Stephan (2011, S.9)
1 Vgl. Borbély (2008, S.402-403)
2 Vgl. Rahmeyer (2005, S.5)
3 Vgl. Schumpeter (1911, S.159-199) auch Grupp (1997, S.55)
4 Vgl. Schumpeter (1911, S.128)
5 Vgl. Rahmeyer (2005, S.5)
6 Vgl. Michael Stephan (2017, S.5-8)
7 Vgl. Rahmeyer (2005, S.4-5)
1 Vgl. Grupp (1997, S.56) und Vgl. Michael Stephan (2011, S.12)
2 Vgl. Grupp (1997, S.56) und Vgl. Michael Stephan (2011, S.12) und Horst Hanusch, Andreas Pyka (2005, S.4)
3 Vgl. Grupp (1997, S.50-51)
4 Vgl. Grupp (1997, S.65-68)
5 Vgl. Hanusch/ Pyka (2005, S.2-3)
6 Vgl. Witt (1992b, S.XIII) nach Grupp (1997, S.75)
7 Vgl. Grupp (1997, S.74)
8 Vgl. Hanusch/ Pyka (2005, S.2)
1 Vgl. Grupp (1997, S.72,76)
2 Vgl. Grupp (1997, S.71-79)
3 Vgl. Stephan (2011, S.10-11)
4 Vgl. Grupp (1997, S.80)
1 vgl. Rogers/ Greenhalgh (2004, S.5)
2 Vgl. Grupp (1997, S.81)
3 Vgl. Dosi (1988, S.1136)
4 Vgl. Hanusch/ Pyka (2005, S.1) auch Grupp (1997, S.82)
5 Vgl. Prozess der Diffusion von Schumpeter
6 Vgl. Typologien nach Freeman
7 Vgl. Suchroutinen bei Nelson und Winter (Bspw. Problemlösungsheuristiken)
8 Vgl. Dosi (1988, S.1136) auch Nelson/Winter (1982, S.160-161)
1 Vgl. Dosi (1988, S.151-157) und Vgl. drei Säulen Modell S.12 - 14
2 Vgl. Dosi (1988, S.155)
3 Vgl. Müller, Liedtke, Lobig (2016, S.2-4)
1 Vgl. Grupp (1997, S.83)
2 Vgl. Stephan, Burr (2017, S.41-42)
3 Vgl. Stephan, Burr (2017, S.42)
4 Vgl. Nelson, Winter (1982, S.39)
5 Vgl. Stephan (2013, S.20) und Vgl. Grupp (1997, S.76)
6 Diese werden im nächsten Kapitel der naturalistischen Ansätze genauer betrachtet
1 Vgl. Grupp (1997, S.58)
2 Vgl. Grupp (1997, S.78)
3 Vgl. Freemans Innovationstheorie S.6
4 Vgl. Grupp (1997, S.58) und Salter, McKelvey (2016, S.6-7),
- Quote paper
- Remo Meier (Author), 2017, Innovation in der Evolutionsökonomik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/468704
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