Heiner Müllers „Philoktet“ entstand in den frühen 60ger Jahren des 20. Jahrhunderts (nach eigenen Angaben zwischen 1958 und 1964 ). Zu eben dieser Zeit stieß der Autor zunehmend auf Widerstand der SED Regierung, weshalb er sich antiken Stoffen zuwandte, um die Aussagen seiner Werke zu tarnen; so zumindest die Erklärungsversuche westdeutscher Rezipienten.
Die Rahmenhandlung gestaltet Müller ähnlich der antiken Tragödie von Sophokles: Der Kampf um Troja hat nach bald zehn Jahren und unzähligen Opfern noch immer kein Ende gefunden. Als auch noch die Truppen des Philoktet zu desertieren drohen, scheint es kaum noch einen Ausweg zu geben. Die einzige Möglichkeit, den Kampf siegreich zu beenden, sehen die Achaier im unfehlbaren Bogen Philoktets. Dieser wurde jedoch vor Jahren schon durch Odysseus’ List auf der unbewohnten Insel Lemnos ausgesetzt. Grund war eine schwärende, niemals heilende Wunde, durch einen Schlangenbiss verursacht. Unerträglicher Gestank und ein beständiges Brüllen Philoktets ob der Schmerzen waren die Folgen.
Da auf Philoktet und dessen Bogen aber alle Hoffnungen ruhen, wird Odysseus, der Listenreiche, ausgesandt, den Feldherrn mit dem unfehlbaren Bogen aus der Verbannung zurück zu holen. Neoptolemos, Sohn des Achilles, wird als Begleiter gewählt. Sowohl Neoptolemos, als auch Philoktet, hassen Odysseus; der eine, weil ihm die Waffen und die Rüstung des getöteten Vaters vorenthalten wurden, der andere, weil er auf Odysseus’ Geheiß ausgesetzt worden war.
Müllers Stück beginnt wie das des Sophokles mit der Ankunft auf der Insel Lemnos. Neoptolemos folgt Odysseus nur widerstrebend – die Pflicht, seinem Volk zu dienen und zu helfen, ist der einzige Grund, weshalb er sich auf den Plan des Listenreichen einlässt: Neoptolemos soll sich das Vertrauen Philoktets erschleichen, indem er sich als Feind des Odysseus ausgibt. Hat er dieses Vertrauen, muß der Bogen entwendet werden, denn nur ohne diese Waffe kann Philoktet überwältigt und auf das Schiff nach Troja gezwungen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Heiner Müller – Biographie
- Heiner Müllers „Philoktet“
- Müllers „Philoktet“ und die sophokleische Vorlage
- Die Identitätslosigkeit Philoktets
- Schmerz und Schrei - der Bezug auf Laokoon
- Die politische Deutung von Heiner Müllers,,Philoktet“
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Heiner Müllers „Philoktet“ befasst sich mit der Figur des Philoktet, einem griechischen Helden im Trojanischen Krieg, der aufgrund einer schlimmen Wunde und seines unerträglichen Schmerzes auf einer einsamen Insel ausgesetzt wurde. Die Arbeit analysiert Müllers Interpretation des Stoffes im Vergleich zur sophokleischen Vorlage, untersucht die Darstellung von Schmerz und Schrei im Stück und beleuchtet die politische Dimension des Werks.
- Die Beziehung zwischen Müllers "Philoktet" und der sophokleischen Vorlage
- Die Darstellung von Schmerz und Schrei in Müllers Stück im Kontext der Laokoon-Debatte
- Die politische Bedeutung von Müllers „Philoktet“ im Kontext der DDR
- Die Identitätslosigkeit Philoktets und seine Suche nach Zugehörigkeit
- Die Rolle von Neoptolemos und Odysseus in Müllers Stück
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel befasst sich mit der Biographie Heiner Müllers. Es beleuchtet seine Kindheit in der Zeit des Nationalsozialismus und seine frühen Erfahrungen mit der politischen Verfolgung. Das zweite Kapitel analysiert Müllers „Philoktet“ im Kontext der sophokleischen Vorlage. Es betrachtet die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Dramen und untersucht die Charakterisierung der Figuren. Das dritte Kapitel widmet sich dem Thema Schmerz und Schrei und dessen Bedeutung in Müllers Stück im Bezug auf die Laokoon-Debatte.
Schlüsselwörter
Heiner Müller, Philoktet, Sophokles, Laokoon-Debatte, Schmerz, Schrei, Identität, Politik, DDR, Theater, Tragödie, antike Literatur, antike Stoffe.
- Quote paper
- Heiko Wenzel (Author), 2005, Heiner Müllers Philoktet, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46663