Der Begriff „Homunculus“ wird in der modernen Philosophie gerne herablassend und spöttisch gebraucht. Er steht für die überkommene Vorstellung, dass in unserem Kopf ein kleines Menschlein (lat. Homunculus) sitzt, das durch unsere Augen hindurch in die Welt blick und durch unsere Ohren in sie hinaus lauscht und über Strippen unseren Körper wie eine Marionette bedient. Der Homunculus seinerseits ist in diesem Szenario für die eigentliche Wahrnehmung zuständig, sprich: für die eigentliche Umwandlung von äußeren Signalen in innere Bewusstseinsinhalte. Diese Idee führt zu einem infiniten Regreß, denn wie bewerkstelligt der Homunculus diese Verwandlung? Doch wohl nur dadurch dass in seinem Kopf wiederum ein noch kleineres Menschlein sitzt, usw.
In meiner Arbeit werde ich versuchen den Homunculus zu rehabilitieren. Selbstverständlich distanziere ich mich dabei von dieser althergebrachten Definition des Menschen im Menschen und will den Begriff stattdessen mit einer neuen Bedeutung aufladen. Ich verwende das Wort „Homunculus“ als Synonym für unser Bewusstsein als solches, für unser Ich, für unser innerstes Wesen. Der Mensch ist keine Maschine, er nimmt Signale nicht einfach auf, verarbeitet sie und gibt sie wieder aus. Er erzeugt überdies etwas, das ich Perspektivität nennen möchte, eine ganz spezifische Sicht auf die Welt, eine Vorstellung von der Welt, eine eigene Welt. Als Menschen haben wir den Eindruck eine Einheit darzustellen, obwohl wir ganz offensichtlich aus einer Vielzahl von Komponenten bestehen. Und genau diese Einheit möchte ich mit dem Wort „Homunculus“ beschreiben. Die Vorstellung eines Menschleins ist dabei als Metapher zu sehen, eine Metapher für den eigentlichen Menschen, unabhängig von seinem Menschen-Körper. Der Homunculus, das ist das eigentliche Ich, das bereits Freud in strenger Abgrenzung zum schulmeisterlichen Über-Ich und zum triebhaften Es definiert hat.
Ich werde mich mit der Frage beschäftigen was dieser Homunculus nun eigentlich ist, wie er entsteht, wo er sich befindet und welche Eigenschaften er hat. Kurz und gut beschäftige ich mit der zentralen anthropologischen Frage: Was ist der Mensch? Was bin ich?
Inhaltsverzeichnis
- Prolog
- Was bin ich?
- Wo bin ich?
- Erste Abzweigung: Herz oder Hirn?
- Die Flucht aus dem Raum
- Eine kranke Welt
- Eine farblose Welt
- Eine zeitlose Welt
- Eine uniforme Welt
- Eine kalte Welt
- Eine erzwungene Welt
- Eine unmoralische Welt
- Eine selbstlose Welt
- Das Ende der RES COGITANS
- Der moderne Leib-Seele-Dualismus
- Pim van Lommel
- Das kosmische Bewusstsein
- Eine neue Welt und ihre neuen Fragen
- Michael Gazzaniga
- Ein nicht lokaler Prozess
- Der Interpret
- Eine neue Ebene der Emergenz
- Antonio R. Damasio
- Die Evolution eines Phänomens
- Die Geburt des Homunculus
- Damasios Irrtum
- Intermezzo
- Der Mensch als Nabel der Welt
- Die Unsterblichkeit der Seele
- Wo bin ich?
- Was bleibt von mir?
- Die DNS
- Der Pulsschlag
- Die Autobiografie
- Das The-6th-Day-Experiment
- Der Versuchsaufbau
- Die möglichen Antworten
- Epilog
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit verfolgt das Ziel, den Begriff des "Homunculus" neu zu interpretieren und die zentrale anthropologische Frage nach dem Wesen des Menschen zu untersuchen. Der Fokus liegt auf der Erforschung des Bewusstseins ("Homunculus") als Einheit, seiner Entstehung, seines Ortes und seiner Eigenschaften. Die Arbeit analysiert verschiedene wissenschaftliche Perspektiven, um die Identität des Individuums über die Zeit hinweg zu beleuchten.
- Neudeutung des Begriffs "Homunculus" als Synonym für das Bewusstsein.
- Untersuchung der Lokalisation und des Wesens des Bewusstseins.
- Analyse verschiedener wissenschaftlicher Theorien zur Identität des Menschen.
- Erforschung der diachronen Identität: Was bleibt im Laufe des Lebens konstant?
- Diskussion der Frage nach dem "Kern der Existenz".
Zusammenfassung der Kapitel
Prolog: Der Prolog führt den Begriff "Homunculus" ein und erklärt die Absicht der Arbeit, diesen Begriff neu zu definieren und ihn als Metapher für das Bewusstsein zu verwenden. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die zentrale anthropologische Frage nach dem Wesen des Menschen zu beantworten, indem sie die Natur des Bewusstseins und seine Identität erforscht und dabei verschiedene wissenschaftliche Ansätze berücksichtigt.
Was bin ich?: Dieses Kapitel erkundet die Frage nach dem Wesen des Menschen ("Was bin ich?") aus verschiedenen Perspektiven. Es analysiert die Herausforderungen des Leib-Seele-Problems und beleuchtet die Ansichten verschiedener Wissenschaftler wie Pim van Lommel, Michael Gazzaniga und Antonio Damasio. Das Kapitel hinterfragt die traditionellen Vorstellungen vom Sitz des Bewusstseins und untersucht neue Konzepte des Bewusstseins, die über den traditionellen Dualismus hinausgehen. Es stellt die Frage, ob das Bewusstsein an den Körper gebunden ist oder eine eigenständige Existenz hat.
Was bleibt von mir?: Dieses Kapitel befasst sich mit der Frage nach der diachronen Identität des Menschen: Was bleibt von uns im Laufe der Zeit konstant? Es untersucht mögliche Kandidaten für den Kern unserer Identität – die DNS, den Pulsschlag und die Autobiografie – und analysiert, inwiefern diese Aspekte zur Aufrechterhaltung der Einheit des Selbst über die Zeit beitragen. Das Kapitel beleuchtet die Herausforderungen der Identitätsfindung und hinterfragt die Stabilität unseres Selbstverständnisses.
Das The-6th-Day-Experiment: Dieses Kapitel beschreibt ein hypothetisches Experiment, welches die zentralen Fragestellungen der Arbeit auf eine neue Art und Weise untersucht. Der Versuchsaufbau und die möglichen Interpretationen der Ergebnisse werden analysiert und in Bezug zur vorherigen Diskussion des Homunculus und der Identität des Menschen gesetzt. Das Kapitel dient somit als Synthese der vorherigen Kapitel und bietet einen Ausblick auf mögliche Lösungsansätze.
Schlüsselwörter
Homunculus, Bewusstsein, Identität, Leib-Seele-Problem, diachrone Identität, Neurowissenschaften, Kognitionswissenschaft, Existenz, Selbst, Perspektivität, Dualismus.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: [Titel des Textes einfügen]
Was ist das zentrale Thema des Textes?
Der Text befasst sich mit der Neuinterpretation des Begriffs "Homunculus" als Synonym für das Bewusstsein und untersucht die damit verbundene anthropologische Frage nach dem Wesen des Menschen. Im Mittelpunkt steht die Erforschung des Bewusstseins, seiner Entstehung, seines Ortes und seiner Eigenschaften. Es werden verschiedene wissenschaftliche Perspektiven analysiert, um die Identität des Individuums über die Zeit hinweg zu beleuchten.
Welche Wissenschaftler werden im Text behandelt?
Der Text analysiert die Ansichten verschiedener Wissenschaftler, darunter Pim van Lommel, Michael Gazzaniga und Antonio R. Damasio, um verschiedene Theorien zum Bewusstsein und zur Identität zu beleuchten. Ihre Perspektiven helfen, die komplexen Fragen nach der Lokalisation und dem Wesen des Bewusstseins zu erörtern.
Was ist der "Homunculus" in diesem Kontext?
Im vorliegenden Text wird der "Homunculus" nicht im traditionellen Sinne verwendet, sondern als Metapher für das Bewusstsein verstanden. Die Arbeit untersucht das Bewusstsein als Einheit und hinterfragt dessen Natur und Eigenschaften.
Welche Aspekte der Identität werden untersucht?
Der Text untersucht sowohl die synchrone als auch die diachrone Identität. Die synchrone Identität befasst sich mit dem Wesen des Bewusstseins im gegenwärtigen Moment, während die diachrone Identität die Frage nach der Konstanz der Identität über die Zeit hinweg beleuchtet. Es werden Aspekte wie DNS, Pulsschlag und Autobiografie als mögliche Kandidaten für den "Kern der Existenz" untersucht.
Wie wird das Leib-Seele-Problem behandelt?
Der Text befasst sich kritisch mit dem traditionellen Leib-Seele-Dualismus und analysiert verschiedene wissenschaftliche Ansätze, um neue Konzepte des Bewusstseins zu entwickeln, die über den traditionellen Dualismus hinausgehen. Es wird die Frage gestellt, ob das Bewusstsein an den Körper gebunden ist oder eine eigenständige Existenz hat.
Was ist das "The-6th-Day-Experiment"?
Das "The-6th-Day-Experiment" ist ein hypothetisches Experiment, das im Text beschrieben wird. Es dient dazu, die zentralen Fragestellungen des Textes auf eine neue Art und Weise zu untersuchen. Der Versuchsaufbau und die möglichen Interpretationen werden analysiert und in Bezug zur Diskussion um den Homunculus und die Identität des Menschen gesetzt.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren den Text?
Schlüsselwörter des Textes sind: Homunculus, Bewusstsein, Identität, Leib-Seele-Problem, diachrone Identität, Neurowissenschaften, Kognitionswissenschaft, Existenz, Selbst, Perspektivität, Dualismus.
Welche Kapitel umfasst der Text?
Der Text umfasst einen Prolog, die Kapitel "Was bin ich?", "Was bleibt von mir?", "Das The-6th-Day-Experiment" und einen Epilog. Jedes Kapitel untersucht verschiedene Facetten der zentralen Fragestellung nach dem Wesen des Menschen und der Natur des Bewusstseins.
Welche Zielsetzung verfolgt der Text?
Die Zielsetzung des Textes ist die Neuinterpretation des Begriffs "Homunculus" und die Untersuchung der zentralen anthropologischen Frage nach dem Wesen des Menschen. Der Fokus liegt auf der Erforschung des Bewusstseins, seiner Entstehung, seines Ortes und seiner Eigenschaften, unter Berücksichtigung verschiedener wissenschaftlicher Perspektiven.
- Quote paper
- Dominik Fiegl (Author), 2013, Auf der Suche nach dem Homunculus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/465450