Die Debatte um die Selbstbestimmung am Lebensende, vor allem wenn diese Selbstbestimmung in der Entscheidung zur Lebensbeendigung mündet, ist nicht nur in Deutschland seit Jahren kontrovers diskutiert. Die jüngste Reaktion in Deutschland in dieser Debatte war 2015 die Verabschiedung des § 217 StGB , der die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe stellt. Ursprünglicher Anlass der Gesetzesentwicklung war der bereits im Jahr 2005 in Deutschland gegründete Ableger von DIGNITAS. Neben den bekannten Dammbruchargumenten, die auch bei der Einführung der Patientenverfügungen vorgebracht wurden, stand vor allem die Kommerzialisierung der Sterbehilfe im Fokus. Eine organisierte, bezahlte Freitodbegleitung, wie sie in der Schweiz möglich ist, sollte in jeder Hinsicht unterbunden werden.
Wie aber geht man mit den sich verändernden Bedürfnissen der Menschen nach Selbstbestimmung, vor allem in der Hinsicht auf einen klar überlegten Sterbewunsch bei krankheitsbedingt reduzierter Lebenserwartung um? Muss das Leid unter allen Bedingungen tatsächlich bis zu Letzt ertragen werden oder ist es nicht doch eine nur logische und legitime Überlegung, zu einem Zeitpunkt, an dem die persönliche Leidensgrenze erreicht ist, geplant und mit Hilfe Dritter aus dem Leben zu scheiden? Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich ausführlich mit den Rechtslagen zur Sterbehilfe und den Sterbehilfeorganisationen in Deutschland und der Schweiz, analysiert die bisher wenig erörterten finanziellen Aspekte einer Freitodbegleitung in der Schweiz und hinterfragt die gewerblichen Absichten. Gleichzeitig wird die oft angeführte Palliativmedizin als Alternative zur Sterbehilfe überprüft und die Gründe und Kosten von Suiziden und fehlgeschlagenen Suizidversuchen diskutiert. Außerdem werden die Hintergründe des s.g. Sterbetourismus untersucht. Hierzu wurde neben einer ausführlichen Literaturanalyse auch explorative Experteninterviews mit dem bekannten, auf Medizinrecht und Fragen am Lebensende spezialisierten Rechtsanwalt Herrn Putz, dem Oberstaatsanwalt a.d. des Kantons Zürich Herr Dr. iur. Brunner, dem zum Thema in Fachkreisen publizierende und angesehene Herr Dr. med. Bosshard, der Gründerin des Vereins Lifecircle Frau Dr. med. Preisig und dem in der Stiftung von EXIT tätige Herr Kaufmann geführt. Stimmen die Argumente der Sterbehilfegegner und bildet die deutsche Politik in Sachen Selbstbestimmung am Lebensende tatsächlich den Willen des Volkes ab?
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 1.1 Zielsetzung
- 1.2 Zentrale Fragestellungen
- 2 Allgemeine Begriffsbestimmungen und rechtliche Darlegung
- 2.1 Formen der Sterbehilfe und allgemeine Begriffsbestimmungen
- 2.1.1 Sterbehilfe
- 2.1.1.1 Passive Sterbehilfe
- 2.1.1.2 Aktive Sterbehilfe
- 2.1.2 Palliative Care
- 2.1.3 Suizid
- 2.1.3.1 Affektsuizid
- 2.1.3.2 Bilanzsuizid
- 2.1.4 Beihilfe zum Suizid
- 2.1.5 Sterbefasten
- 2.1.6 Selbstbestimmung, Freiverantwortlichkeit, Urteilsfähigkeit
- 2.2 Rechtliche Grundlagen zur Sterbehilfe in der Schweiz und Deutschland
- 2.2.1 Deutschland
- 2.2.1.1 Strafrechtliche Betrachtung
- 2.2.1.2 Standesrechtliche Regelungen zur Suizidbeihilfe
- 2.2.2 Schweiz
- 2.2.2.1 Strafrechtliche Betrachtung
- 2.2.2.2 Standesrechtliche und normative Regelungen zur Suizidbeihilfe
- 3 Methodik zur Umsetzung
- 3.1 Literaturanalyse
- 3.2 Explorative Experteninterviews
- 3.2.1 Leitfaden und Frageformulierungen
- 3.2.2 Expertenauswahl und Interviewanfrage
- 3.2.3 Durchführung und Auswertung
- 3.2.4 Güte- und Qualitätskriterien
- 3.2.5 Ergebnisse der Experteninterviews
- 4 Organisierte Sterbehilfeorganisationen
- 4.1 EXIT
- 4.2 DIGNITAS
- 4.3 lifecircle und die Stiftung Eternal SPIRIT
- 4.4 Sterbehilfe Deutschland e.V. (StHD)
- 4.5 EX International
- 4.6 Zusammenfassung & Überblick Sterbehilfeorganisationen
- 4.7 Freitodbegleitung
- 4.7.1 Voraussetzungen
- 4.7.2 »Provisorisches grünes Licht« und Durchführung
- 4.8 Kritik am Procedere
- 5 Organisierte Sterbehilfe als neue Sterbekultur?
- 5.1 Folgen von Suizid und Suizidversuchen
- 5.2 Grenzen der palliativen Versorgung
- 5.3 Das Recht auf den selbstbestimmten würdigen Tod
- 5.4 Kommerzialisierung und Dammbruchargumente
- 5.5 Letzte Reise mit dem Ziel Schweiz – Phänomen „Sterbetourismus“
- 6 Kritische Diskussion
- 7 Ergebnis und eigene Stellungnahme
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Masterarbeit untersucht die organisierte Freitodbegleitung, insbesondere die Organisationen EXIT und Dignitas, und deren Einfluss auf die Sterbekultur. Ziel ist es, die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und der Schweiz zu beleuchten und die ethischen und gesellschaftlichen Implikationen dieser Entwicklung zu diskutieren.
- Rechtliche Aspekte der Sterbehilfe in Deutschland und der Schweiz
- Die Rolle von Organisationen wie EXIT und Dignitas
- Ethische und gesellschaftliche Debatten um den assistierten Suizid
- Der Einfluss der organisierten Freitodbegleitung auf die Sterbekultur
- Das Phänomen des "Sterbetourismus"
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Dieses einführende Kapitel beschreibt die Zielsetzung der Arbeit und formuliert die zentralen Forschungsfragen. Es skizziert den Forschungsansatz und die Methodik, die im weiteren Verlauf der Arbeit angewendet werden.
2 Allgemeine Begriffsbestimmungen und rechtliche Darlegung: Dieses Kapitel liefert eine umfassende Definition verschiedener Formen der Sterbehilfe (passive und aktive Sterbehilfe), Palliative Care, Suizid (inkl. Affekt- und Bilanzsuizid), Beihilfe zum Suizid und Sterbefasten. Es werden die rechtlichen Grundlagen in Deutschland und der Schweiz detailliert dargestellt, inklusive strafrechtlicher und standesrechtlicher Regelungen zur Suizidbeihilfe. Die Kapitel verdeutlichen die unterschiedlichen rechtlichen und ethischen Positionen beider Länder hinsichtlich des assistierten Suizids. Der Unterschied in den rechtlichen Regelungen wird als zentrale Grundlage für das weitere Vorgehen der Arbeit betont.
3 Methodik zur Umsetzung: Dieses Kapitel beschreibt die angewandte Forschungsmethodik. Es erläutert die durchgeführte Literaturanalyse, die Auswahl der Experten für explorative Interviews, den Aufbau der Interviews, die Auswertung der Daten und die angewandten Qualitätskriterien. Es legt die wissenschaftliche Vorgehensweise der Arbeit dar, um die Objektivität und Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten. Die Auswahl der Experten und die Form der Interviewführung werden detailliert beschrieben und begründet.
4 Organisierte Sterbehilfeorganisationen: Dieses Kapitel stellt verschiedene Organisationen der organisierten Sterbehilfe vor, darunter EXIT, Dignitas, lifecircle, Sterbehilfe Deutschland e.V. und EX International. Es beschreibt deren Vorgehen, die angebotenen Dienstleistungen und die jeweiligen Anforderungen. Das Kapitel bietet einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Akteure in der Landschaft der organisierten Sterbehilfe und beleuchtet deren unterschiedliche Ansätze und Philosophien. Ein besonderer Fokus liegt auf den Verfahren und Voraussetzungen für eine Freitodbegleitung, sowie auf Kritikpunkte an den jeweiligen Vorgehensweisen.
5 Organisierte Sterbehilfe als neue Sterbekultur?: In diesem Kapitel werden die Folgen von Suizid und Suizidversuchen, die Grenzen der palliativen Versorgung sowie das Recht auf einen selbstbestimmten Tod diskutiert. Die Kommerzialisierung der Sterbehilfe und die damit verbundenen Dammbruchargumente werden kritisch beleuchtet. Schließlich wird das Phänomen des „Sterbetourismus“ analysiert und dessen ethische und gesellschaftliche Implikationen erörtert. Das Kapitel verbindet die vorherigen Analysen und stellt die Frage nach dem Einfluss der organisierten Sterbehilfe auf die Sterbekultur.
Schlüsselwörter
Sterbehilfe, assistierter Suizid, EXIT, Dignitas, Palliative Care, Selbstbestimmung, Sterbekultur, Rechtliche Rahmenbedingungen, Deutschland, Schweiz, Sterbetourismus, ethische Implikationen, Experteninterviews.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Masterarbeit: Organisierte Sterbehilfe
Was ist der Gegenstand dieser Masterarbeit?
Die Masterarbeit untersucht die organisierte Freitodbegleitung, insbesondere die Organisationen EXIT und Dignitas, und deren Einfluss auf die Sterbekultur. Im Fokus stehen die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und der Schweiz sowie die ethischen und gesellschaftlichen Implikationen dieser Entwicklung.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt rechtliche Aspekte der Sterbehilfe in Deutschland und der Schweiz, die Rolle von Organisationen wie EXIT und Dignitas, ethische und gesellschaftliche Debatten um den assistierten Suizid, den Einfluss der organisierten Freitodbegleitung auf die Sterbekultur und das Phänomen des "Sterbetourismus".
Welche Methoden wurden angewendet?
Die Arbeit basiert auf einer Literaturanalyse und explorativen Experteninterviews. Die Auswahl der Experten, die Interviewführung, die Datenanalyse und die angewandten Qualitätskriterien werden detailliert beschrieben.
Welche Organisationen werden untersucht?
Die Arbeit untersucht verschiedene Organisationen der organisierten Sterbehilfe, darunter EXIT, Dignitas, lifecircle, Sterbehilfe Deutschland e.V. und EX International. Ihre Vorgehensweisen, angebotenen Dienstleistungen und Anforderungen werden beschrieben.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel: Einleitung, allgemeine Begriffsbestimmungen und rechtliche Darlegung, Methodik, organisierte Sterbehilfeorganisationen, organisierte Sterbehilfe als neue Sterbekultur, kritische Diskussion und Ergebnis/eigene Stellungnahme. Jedes Kapitel wird im Inhaltsverzeichnis detailliert aufgeschlüsselt.
Welche Begriffe werden definiert?
Die Arbeit definiert verschiedene Formen der Sterbehilfe (passive und aktive Sterbehilfe), Palliative Care, Suizid (inkl. Affekt- und Bilanzsuizid), Beihilfe zum Suizid und Sterbefasten. Die rechtlichen Grundlagen in Deutschland und der Schweiz werden detailliert dargestellt.
Was sind die zentralen Ergebnisse?
Die zentralen Ergebnisse und die eigene Stellungnahme der Autorin/des Autors finden sich im letzten Kapitel. Die Arbeit bietet einen umfassenden Überblick über die organisierte Sterbehilfe und ihre Auswirkungen auf die Sterbekultur.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Sterbehilfe, assistierter Suizid, EXIT, Dignitas, Palliative Care, Selbstbestimmung, Sterbekultur, Rechtliche Rahmenbedingungen, Deutschland, Schweiz, Sterbetourismus, ethische Implikationen, Experteninterviews.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Ziel der Arbeit ist es, die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und der Schweiz zu beleuchten und die ethischen und gesellschaftlichen Implikationen der organisierten Freitodbegleitung zu diskutieren.
- Quote paper
- Judith Büttner (Author), 2016, EXIT, DIGNITAS & Co. Organisierte Freitodbegleitung als neue Sterbekultur?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/460491