Das musikalische Denken Luigi Nonos gerade auf den Begriff Macht hin zu untersuchen, liegt vor allem darin begründet, dass Macht beiden für die Arbeit grundlegenden Kategorien zugehörig ist: der rein innermusikalischen strukturellen Analyse sowie der Sozialphilosophie. Formen von ästhetischer Macht können rein musikanalytisch herausgearbeitet werden; zugleich ist der Begriff Macht in der Geschichte sozialphilosophischen Denkens vielfältig konnotiert. So kann Macht als gehaltliche Schnittstelle fungieren, über die einzelne Ergebnisse musikstruktureller Analyse mit sozialphilosophischen Aussagen in Verbindung gebracht werden. Ziel ist es, aus der Musikstruktur ausgewählter Nonoscher Werke auf entsprechende sozialphilosophische Bedeutungsfacetten von Macht zu schließen. Es sollen Gehalte der Musik zur Geltung gebracht werden, die unabhängig von Nonos eigenen außermusikalisch formulierten parteipolitischen Meinungen sowie von Textinhalten, die Nono in Musikwerken verwendet, ästhetische Wirkung entfalten.
Die Auswahl der zu analysierenden Werke Nonos richtet sich zum einen danach, eine möglichst große Bandbreite an Bedeutungsfacetten ästhetischer und sozialphilosophischer Macht abbilden zu können. Zum anderen beschränken sich die Analysen – bis auf wenige Ausnahmen – auf Werke der späten Schaffensphase Nonos ab 1979/80, ist doch hier eine zunehmende Ausdifferenzierung und Verfeinerung seiner musikalischen Mittel und der Musiksprache zu beobachten. Die Analyse folgender drei Werke Nonos greift exemplarisch ein kompositorisches Charakteristikum der späten Musiksprache Nonos heraus und arbeitet an ihm je einen anderen Aspekt ästhetischer Macht heraus.
Inhaltsverzeichnis
- I. Musikalische Rationalität und Mathematik. Wahrnehmungsästhetische und erkenntnistheoretische Dimensionen. Luigi Nonos Como una ola de fuerza y luz
- I. A. Machtbegriff und Methode
- I. B. Ästhetische Geltungsmacht von Rationalität und arithmetischer Mathematik
- I. B. 1. Formen der mathematischen Dauernorganisation. Antikes Verständnis von Metrum und Rhythmus. Entsprechende Erkenntnistätigkeit
- I. B. 1. a) Mathematik in der Organisation von Dauern: abstraktes Zeitmaß vs. konkret erklingender Rhythmus
- I. B. 1. a) 1) Analyse
- I. B. 1. a) 2) Antike Metrik: Welterkenntnis durch Musik
- I. B. 1. b) Arithmetische vs. geometrische Zahlenreihe
- I. B. 1. c) Mathematische Dauernorganisation und Hörverstehen
- I. B. 1. d) Intervallik und pythagoreischer Harmoniebegriff
- I. B. 2. Macht mathematischer Rationalität vs. Macht der Irrationalität. Geometrische Formbildung in der Musik und anschauliche Erkenntnis in Platons Ideenlehre
- I. B. 2. a) Mathematik als Dosierung expressiver Kraft
- I. B. 2. a) 1) Analyse
- I. B. 2. a) 2) Deutung: musikalische Rationalität vs. Irrationalität
- I. B. 2. b) Entfesselte expressive Kraft trotz Mathematik
- I. B. 2. c) Expressivität und geometrisch-figürliche Formung des Klangraumes. Erkenntnistheoretische Dimensionen
- I. B. 2. d) Allgemeine Rationalität und bestimmte inhaltliche Aussage. Musikalische Rationalität und soziale Wirklichkeit
- I. B. 3. Musikalische Mathematik als Determination vs. schöpferische Intuition als Freiheit? Objektivität und Subjektivität in Adornos Ästhetischer Theorie
- I. B. 3. a) Analyse
- I. B. 3. b) Adorno: Freiheit vs. Determination des Materials
- I. B. 3. c) Unbeabsichtigte mathematische oder geometrische Struktur
- I. C. Schlussbetrachtung
- II. Formen musikalischer Beziehungshaftigkeit und ihre sozialphilosophischen Entsprechungen. Luigi Nonos Das atmende Klarsein.....
- II. A. Machtbegriff und Methode
- II. B. Einheit und Differenz in Beziehungsstrukturen
- II. B. 1. Intervallik. Konsonanz und Dissonanz in musikalischen und sozialphilosophisch gedachten Bezüglichkeiten
- II. B. 1. a) Einklang und reine Intervalle. Musikalische und sozialphilosophische Relevanz
- II. B. 1. a) 1) Analyse: Einklang und reine Intervalle
- II. B. 1. a) 2) Sozialphilosophische Deutung des Einklanges und der reinen Intervalle
- II. B. 1. a) 3) Formale Gestaltungskraft des Einklanges: sozialphilosophische Deutung
- II. B. 1. b) Dissonante Intervalle. Musikalische und sozialphilosophische Relevanz
- II. B. 1. b) 1) Analyse: Dissonante Intervalle, dichter Satz und diffuse Klangräume
- II. B. 1. b) 2) Sozialphilosophische Deutung der dissonanten Intervalle
- II. B. 2. Arten musikalischer Bezugnahme im Formablauf des Werkes. Macht als Bezug
- II. B. 2. a) Das Allgemeine v. das Besondere
- II. B. 2. a) 1) Rhythmische Motivik und ihre Intervallik
- II. B. 2. a) 1) Formale und substantielle Bezüglichkeiten in demokratischen Gesellschaften
- II. B. 2. b) Verdeckte Bezüglichkeit vs. offenkundige Beziehungslosigkeit
- II. B. 2. c) Macht als Inter-Phänomen
- II. B. 3. Uniformität, Gleichheit vs. Geltung unvereinbare Gegensätze, Unterschiede
- II. B. 3. a) Homogenität. Musikalische Analyse und Sozialphilosophie
- II. B. 3. b) Heterogenität. Musikalische Analyse und Sozialphilosophie
- II. B. 4. Exkurs: Gemeinschaft/Kunst als Naturzustand?
- II. C. Schlussbetrachtung
- III. Musikalische Langsamkeit und zunehmende Geschwindigkeiten in sozio-kulturellen Prozessen der Moderne. Luigi Nonos A Carlo Scarpa..
- III. A. Machtbegriff und Methode
- III. B. Analyse: Relevanz der Wahrnehmung musikalischer Langsamkeit im modernen sozio-kulturellen Kontext der Beschleunigung
- III. B. 1. Musikalische Langsamkeit als Widerstand gegen die, Gewalt der Geschwindigkeit❜
- III. B. 1. a) Analyse: reduzierte rhythmische und harmonische Veränderung
- III. B. 1. b) Wahrnehmung musikalischer Langsamkeit im außermusikalischen Kontext sozio-kultureller Beschleunigung
- III. B. 2. Ästhetik des Verschwindens: musikalische Annäherung an das Nichts
- Die Beziehung zwischen musikalischer Rationalität und mathematischer Gestaltung.
- Die Rolle von Beziehungshaftigkeit und Differenz in Nonos Musik und ihre sozialphilosophischen Entsprechungen.
- Die Relevanz von musikalischer Langsamkeit im Kontext der modernen Beschleunigung.
- Die Machtdimensionen in Nonos Werken und deren Auswirkungen auf die Hörerfahrung.
- Die ästhetische und soziale Bedeutung von Nonos Musik im Hinblick auf die gesellschaftspolitische Situation seiner Zeit.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Dissertation analysiert ausgewählte Werke Luigi Nonos aus sozialphilosophischer Sicht. Sie befasst sich mit der Verbindung von Musik, Philosophie und sozialem Denken und untersucht, wie Nonos musikalische Gestaltungsprinzipien soziale und politische Phänomene widerspiegeln.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel befasst sich mit den mathematischen und erkenntnistheoretischen Grundlagen in Nonos Werk "Como una ola de fuerza y luz". Es untersucht, wie Nonos Musik durch die Verwendung von mathematischen Strukturen die Wahrnehmung und Erkenntnis des Hörers beeinflusst.
Das zweite Kapitel analysiert Nonos "Das atmende Klarsein" und erörtert die Bedeutung von Beziehungshaftigkeit in seiner Musik. Es untersucht die verschiedenen Formen der musikalischen Bezugnahme und deren sozialphilosophische Entsprechungen.
Das dritte Kapitel widmet sich Nonos "A Carlo Scarpa" und analysiert die Relevanz von musikalischer Langsamkeit im Kontext der modernen Beschleunigung. Es untersucht, wie Nonos Musik durch die Verwendung von Langsamkeit einen Widerstand gegen die "Gewalt der Geschwindigkeit" darstellt.
Schlüsselwörter
Luigi Nono, Musik, Macht, Sozialphilosophie, Rationalität, Mathematik, Beziehungshaftigkeit, Langsamkeit, Beschleunigung, Moderne, Ästhetik, Hörverstehen, Analyse, Deutung, Wahrnehmung, Erkenntnistheorie, Soziales, Politik.
- Quote paper
- Katharina Hoffmann (Author), 2016, Musik und Macht. Analyse und Deutung ausgewählter Werke Luigi Nonos aus sozialphilosophischer Sicht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/459485