Diese wissenschaftliche Hausarbeit im Rahmen des ersten Staatsexamens wird sich mit dem Thema „Mobbing in der Schule: Eine pädagogische Herausforderung“ beschäftigen. Dabei wird versucht, das Thema aus den wichtigsten Blickwinkeln zu betrachten.
Mobbing ist ein sehr komplexes Thema, daher kann eine Vollständigkeit der Behandlung nicht garantiert werden. Im Verlauf der Arbeit wird zuerst geklärt, was schulische Gewalt ist. Danach wird Mobbing, das eine Form von Gewalt darstellt, mit einer Definition, seinem Ursprung und allen wichtigen Faktoren vorgestellt. Darauf folgen die verschiedenen Erscheinungsformen von Mobbing. Als Nächstes werden die signifikanten Merkmale von Tätern und Opfern näher beleuchtet. Daraufhin geht es um die Ursachen von Mobbing. Diese gliedern sich in außerschulische und schulische Auslöser, die zu erklären versucht werden. Dann werden die verschiedenen Folgen von Mobbing aus der Sicht der Opfer und der Mobber vorgestellt. Weiterhin beschäftigt sich die Ausarbeitung mit den Interventions- und Präventionsmaßnahmen. Dazu werden einige Konzepte näher dargestellt. Ein Fazit schließt die Arbeit ab.
Inhalt
1. Einleitung
2. Gewalt in Schulen
2.1. Mobbing – eine Form der Gewalt
3. Mobbing
3.1. Definition
3.2. Erscheinungsformen von Mobbing
3.2.1. Mobbing durch körperliche Gewalt
3.2.2 Verbales Mobbing
3.2.3. Stummes Mobbing
3.2.4. Cyber-Mobbing
3.3. Erscheinungsformen von Mobbing in Bezug zu verschiedenen Faktoren
4. Charakteristika von Opfer und Täter
4.1. Das Opfer
4.1.1. Passive Opfer
4.1.2. Provozierende/aggressive Opfer
4.2. Der Täter
5. Ursachen von Mobbing
5.1. Schulische Faktoren
5.1.1. Die Rolle der Schule und des Schulklimas
5.1.2. Die Rolle des Lernklimas
5.1.3. Die Rolle der Lehrer
5.1.4. Die Rolle der Mitschüler
5.2. Außerschulische Faktoren
5.2.1. Die Rolle der Familie und der Erziehung
5.2.2. Die Rolle der Peergroup
5.2.3. Die Rolle der Medien
6. Verlauf von Mobbing
7. Folgen von Mobbing
7.1. Folgen für das Opfer
7.1.1. Gesundheitliche und psychische Folgen
7.1.2. Soziale Folgen
7.2. Folgen von Cyber-Mobbing
7.3. Folgen für den Täter
8. Prävention und Intervention
8.1. Grundlagen
8.2. Handlungsebenen
8.2.1. Maßnahmen auf Schulebene
8.2.2. Maßnahmen auf Klassenebene
8.2.3. Maßnahmen auf persönlicher Ebene
9. Anti-Mobbing-Konzepte
9.1. Anti-Bullying-Konzept nach Olweus
9.2. No-Blame-Approach-Konzept
9.3. Die Farsta-Methode
10. Fazit
11. Quellenverzeichnis
11.1. Literaturverzeichnis
11.2. Internetquellen
11.3. Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
„Worte können Wunden schlagen, gegen die kein Pflaster hilft.“1 Dies ist ein Zitat, welches die häufigste Gewaltform in Schulen beschreibt: Mobbing. Gewalt in der Schule ist kein neues, sondern ein sehr altes Phänomen. Schon sehr früh wird in der Literatur davon berichtet. Aber trotzdem ist und bleibt Mobbing aktuell. Mit der Entwicklung der Gesellschaft und der Technik nimmt Mobbing andere Formen an. Pädagogen und Lehrkräfte haben in dieser Hinsicht mit vielen Herausforderungen und neueren Formen zu kämpfen. Um den Kindern und Jugendlichen folgen zu können und sie zu verstehen, müssen sie sich vielen neuen Aufgaben stellen. Als angehende Lehrkraft muss man sich den Anforderungen und der Verantwortung bewusst sein. Das Thema Mobbing und Jugendgewalt verliert nie an Aktualität, es kann sich lediglich die Erscheinungsform ändern. Deshalb ist es sehr wichtig, dass Lehrkräfte sich ausreichend mit diesem Thema beschäftigen und sich weiterbilden. Dabei geht es vor allem um Cyber-Mobbing. Das Mobbing über das Internet ist eine neue und besonders perfide Weise des Schikanierens. Neue und moderne Formen von Gewalt erfordern auch neue Formen der Intervention und Prävention. Noch gibt es zu dieser Form von Mobbing keine ausreichende Literatur, der Forschungsbedarf ist sehr hoch. Auch die klassischen Methoden von Mobbing können das Opfer extrem fertigmachen. Meistens kommt jede Hilfe zu spät. Erst wenn der Mobbingvorfall ein sehr fatales Ende angenommen hat, bemerken die Außenstehenden oftmals, wie schlimm das Opfer gelitten haben muss. In den radikalsten Formen kann dies mit Selbstmord oder einem Amoklauf enden. Dafür gibt es genügend Beispiele. Denn das Opfer kann ohne Hilfe von außen an der Situation nichts ändern. Als Lehrkraft muss man sich diesen Problemen mit wachsamen Augen stellen. Denn je später eingegriffen wird, desto bleibender sind die Schäden beim Opfer. Es kann die gesamte Zukunft einer Einzelperson belastet werden. In dieser Hinsicht nimmt die Lehrkraft eine bedeutende Vorbildfunktion ein. Durch ihr Verhalten gegenüber Gewalt fühlen sich die Schüler in ihrem Verhalten entweder bestätigt oder hören damit auf. Wenn die Lehrkraft nicht eingreift, sondern ein neutrales Verhalten zeigt, setzen sich die Mobbing-Handlungen fort und das Opfer leidet darunter. In jeder Hinsicht muss die Lehrkraft allen möglichen Herausforderungen gewachsen sein. Viel hängt dabei von der Handlungsbereitschaft der Lehrkraft ab.
Die vorliegende wissenschaftliche Hausarbeit im Rahmen des ersten Staatsexamens wird sich mit dem Thema „Mobbing in der Schule: Eine pädagogische Herausforderung“ beschäftigen. Dabei wird versucht, das Thema aus den wichtigsten Blickwinkeln zu betrachten. Mobbing ist ein sehr komplexes Thema, daher kann eine Vollständigkeit der Behandlung nicht garantiert werden. Im Verlauf der Arbeit wird zuerst geklärt, was schulische Gewalt ist. Danach wird Mobbing, das eine Form von Gewalt darstellt, mit einer Definition, seinem Ursprung und allen wichtigen Faktoren vorgestellt. Darauf folgen die verschiedenen Erscheinungsformen von Mobbing. Als Nächstes werden die signifikanten Merkmale von Tätern und Opfern näher beleuchtet. Daraufhin geht es um die Ursachen von Mobbing. Diese gliedern sich in außerschulische und schulische Auslöser, die zu erklären versucht werden. Dann werden die verschiedenen Folgen von Mobbing aus der Sicht der Opfer und der Mobber vorgestellt. Weiterhin beschäftigt sich die Ausarbeitung mit den Interventions- und Präventionsmaßnahmen. Dazu werden einige Konzepte näher dargestellt. Ein Fazit schließt die Arbeit ab.
2. Gewalt in Schulen
Die Schule gilt als die zentrale Bildungseinrichtung. Neben der Familie ist die Schule der zweitwichtigste Ort für die soziale Entwicklung. Gleichzeitig ist sie auch ein Handlungsort für Auseinandersetzungen zwischen Kindern und Jugendlichen. Gewalthandlungen bei Schulkindern sind zum Alltag geworden. Dabei wird in den Medien von brutalen Schlägereien und Ähnlichem berichtet. Deshalb bezieht sich die allgemeine Auffassung von Gewalt fast immer auf körperliche Handlungen. Gewalt kann jedoch sehr unterschiedlich sein, sie muss nicht immer physisch sein. Psychische Attacken kommen sogar häufiger vor als physische, und sie sind auch nicht harmloser. Psychische Gewalt kann manchmal schlimmere und sogar nicht heilbare Schäden anrichten als körperliche Verletzungen. Dabei muss man immer beachten, dass die Schmerzschwelle bei jedem Menschen unterschiedlich ist. Es entscheidet immer das Opfer, wie sehr es verletzt ist. Man kann folgende Gewaltformen in der Schule unterscheiden: physische und psychische. Psychische Gewalt teilt sich in verbale Gewalt, wie beleidigen, Gerüchte verbreiten, kritisieren, bedrohen und Ähnliches. Die psychische nonverbale Form der Gewalt beinhaltet folgende Handlungen: erniedrigen, abwenden, ausgrenzen und Ähnliches. Physische Gewalt sind körperliche Gewalthandlungen, wie z. B.: schlagen, schubsen, Sachen beschädigen usw. Dazu muss Folgendes betont werden: „Nicht jedes körperbetonte Tun auf dem Schulgelände ist Gewalt – eine Differenzierung für Beobachter muss im Zweifelsfall durch Nachfragen erfolgen.“2 Untersuchungen zu diesem Thema haben ergeben, dass in Deutschland die verbalen und nonverbalen Gewaltformen die häufigsten sind. Von daher sollte die Gewaltprävention in diesem Bereich noch stärker entwickelt werden. Je nach Schulform und Standort kann Gewalt unterschiedlich ausgeprägt sein. Die Situation muss von den Pädagogen genau untersucht werden. Dazu gehören unter anderem: das soziale Umfeld, die Ursachen, die Medien usw. Im nächsten Schritt soll Mobbing als eine Form der Schulgewalt genauer analysiert werden.
2.1. Mobbing – eine Form der Gewalt
Mobbing stellt eine besondere Form von Schulgewalt dar. Unterschiedliche Gewalthandlungen können in der Schule auftreten, und sobald sie einem Muster folgen, spricht man von Mobbing. Um es genauer zu abzugrenzen, ist Mobbing erst gegeben, wenn Gewalttaten wiederholt und über einen längeren Zeitraum von bestimmten Personen gegenüber einer Person ausgeübt werden.3 Es muss ein deutliches Machtgefälle zwischen dem Opfer und Täter herrschen. Dazu schreibt Jannan: „Nicht jede Gewalt ist Mobbing, aber Mobbing ist immer Gewalt.“4 Durch die einseitige Medienberichterstattung denken die meisten, dass auch einmalig auftretende körperliche Gewalttaten Mobbing sind. Aber es ist unschwer zu erkennen, dass dies nicht zwangsläufig Mobbing sein muss. Erst wenn die beschriebenen Merkmale von Dauer sind, wiederholt auftreten, ein Machtgefälle besteht usw., kann man von Mobbing sprechen. Im Folgenden werden die wichtigsten Aspekte von Mobbing näher erläutert.
3. Mobbing
3.1. Definition
Der Begriff „Mobbing“ leitet sich von dem englischen Wort „mob“ ab. Dies bedeutet jemanden anpöbeln. Heute wird dieser Begriff für das gezielte Quälen und Schikanieren anderer Menschen in Institutionen wie Schule oder Arbeitsplatz verwendet. Ursprünglich entstammt der Begriff Mobbing der Tierverhaltensforschung. Der berühmte Verhaltensforscher Konrad Lorenz beschrieb 1958 erstmals das Gruppenverhalten von unterlegenen Tieren gegenüber einem überlegenen Tier. Mit einem Gruppenangriff können die unterlegenen Tiere das überlegene Tier verscheuchen. In diesem Fall ging es um Gänse gegen einen Fuchs.5 Der schwedische Arzt Peter-Paul Heinemann untersuchte in den 1960er Jahren das Verhalten von Kindern, die eine Gruppe bildeten und ein anderes Kind angriffen, und benutzte in diesem Zusammenhang den Begriff Mobbing für dieses Verhalten. Knapp 20 Jahre später untersuchte der schwedische Wissenschaftler Heinz Leymann psychisch krank werdende Menschen auf der Arbeit und fand heraus, dass Arbeitskollegen gezielt einzelne Personen über längere Zeit hinweg schikanierten. Leymann verwendete für dieses Phänomen den Begriff Mobbing. Seine Forschungsergebnisse prägten die Diskussion über psychosoziale Belastungen am Arbeitsplatz. Daher ist die Definition von Leymann aktuell am gültigsten. Die Definition von Leymann ist Folgende: „Unter Mobbing wird eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Untergebenen verstanden, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während längerer Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet.“6 Die Definition von Leymann ist allerdings eher eine Beschreibung, wann man von Mobbing sprechen kann. Gleichzeitig grenzt er das Phänomen von anderen Erscheinungsformen ab, die mit dem sozialen Umgang am Arbeitsplatz zu tun haben. Das Ausschlaggebende für eine Mobbinghandlung ist die Häufigkeit und die Dauer. Erst ab einer gewissen Zeit spricht Leymann von Mobbing. Dabei ist die Gemeinsamkeit aller Mobbinghandlungen, dass sie verletzend und schädigend sind. Die Betroffenen sollen unter psychischen Druck gesetzt werden. Leymann führte in dem Zusammenhang Interviews mit Betroffenen durch und stellte in einer Liste 45 Mobbinghandlungen vor, die er in 5 Gruppen aufgeteilt hat. Dies sind Folgende:
1. Angriffe auf die Möglichkeiten, sich mitzuteilen:
- Der Vorgesetzte schränkt die Möglichkeiten ein, sich zu äußern.
- Man wird ständig unterbrochen.
- Kollegen schränken die Möglichkeiten ein, sich zu äußern.
- Anschreien oder lautes Schimpfen.
- Ständige Kritik an der Arbeit.
- Ständige Kritik am Privatleben.
- Telefonterror.
- Mündliche Drohungen.
- Schriftliche Drohungen.
- Kontaktverweigerung durch abwertende Blicke oder Gesten.
- Kontaktverweigerung durch Andeutungen, ohne dass man etwas direkt ausspricht.
2. Angriffe auf die sozialen Beziehungen:
- Man spricht nicht mehr mit dem Betroffenen.
- Man lässt sich nicht ansprechen.
- Versetzung in einen Raum weitab von den Kollegen.
- Den Arbeitskollegen/innen wird verboten, den Betroffenen anzusprechen.
- Der Betroffene wird "wie Luft" behandelt.
3. Auswirkungen auf das soziale Ansehen:
- Hinter dem Rücken des Betroffenen wird schlecht über ihn gesprochen.
- Man verbreitet Gerüchte.
- Man macht jemanden lächerlich.
- Man verdächtigt jemanden, psychisch krank zu sein.
- Man will jemanden zu einer psychiatrischen Untersuchung zwingen.
- Man macht sich über eine Behinderung lustig.
- Man imitiert den Gang, die Stimme, oder Gesten, um jemanden lächerlich zu machen.
- Man greift die politische oder religiöse Einstellung an.
- Man macht sich über das Privatleben lustig.
- Man macht sich über die Nationalität lustig.
- Man zwingt jemanden, Arbeiten auszuführen, die das Selbstbewusstsein verletzen.
- Man beurteilt den Arbeitseinsatz in falscher oder kränkender Weise.
- Man stellt die Entscheidungen des Betroffenen in Frage.
- Man ruft ihm obszöne Schimpfworte o. a. entwürdigende Ausdrücke nach.
- Es gibt sexuelle Annäherungen oder verbale sexuelle Angebote.
4. Angriffe auf die Qualität der Berufs- u. Lebenssituation:
- Man weist dem Betroffenen keine Arbeitsaufgaben zu.
- Man nimmt ihm jede Beschäftigung am Arbeitsplatz, so dass er sich nicht einmal selbst Aufgaben ausdenken kann.
- Man gibt ihm sinnlose Arbeitsaufgaben.
- Man gibt ihm Aufgaben weit unter seinem, eigentlichen Können.
- Man gibt ihm ständig neue Aufgaben.
- Man gibt ihm "kränkende" Arbeitsaufgaben.
- Man gibt dem Betroffenen Arbeitsaufgaben, die seine Qualifikation übersteigen, um ihn zu diskreditieren.
5. Angriffe auf die Gesundheit:
- Zwang zu gesundheitsschädlichen Arbeiten.
- Androhung körperlicher Gewalt.
- Anwendung leichter Gewalt, zum Beispiel, um jemandem einen "Denkzettel" zu verpassen.
- Körperliche Misshandlung.
- Man verursacht Kosten für den Betroffenen, um ihm zu schaden.
- Man richtet physischen Schaden am Heim oder am Arbeitsplatz des Betroffenen an.
- Es gibt sexuelle Handgreiflichkeiten.1
Die einzelnen Handlungen dienen als Hilfestellung, um Mobbinghandlungen analysieren und bestimmen zu können. Jedoch müssen sie, wie schon vorher vermerkt, über einen längeren Zeitraum vorkommen. Wenn eine von den aufgeführten Handlungen nur einmal vorkommt, spricht man nicht von Mobbing.
Die Liste von Leymann wurde von Essser und Wolmerath noch um viele weitere Mobbinghandlungen erweitert und aktualisiert, da sie unzureichend war. Mittlerweile gibt es Listen, die mehr als 120 Mobbinghandlungen beinhalten. Aus Platzgründen werden diese hier nicht aufgeführt.8
Anfang 1980 untersuchte der schwedische Psychologe Dan Olweus erstmals systematisch Gewalt an Schulen und stellte eine enge Verbindung von Gewalt und Mobbing fest. 1986 gab er folgende Definition für Mobbing: „Ein Schüler/eine Schülerin ist Gewalt ausgesetzt oder wird gemobbt, wenn er oder sie wiederholt und über eine längere Zeit den negativen Handlungen eines oder mehrerer anderer Schüler oder Schülerinnen ausgesetzt ist. Eine negative Handlung liegt dann vor, wenn jemand absichtlich einem anderen Schmerz, Verletzung oder Unannehmlichkeiten zufügt oder es versucht.“9 Die Definition von Olweus fasst noch einmal alles zusammen. In Anlehnung an Olweus formulierten Verhaltensforscher viele weitere Definitionen. Die hier vorgestellten Definitionen sind einige der bekanntesten.
3.2. Erscheinungsformen von Mobbing
Man kann Mobbing in physische, verbale und nonverbale Handlungen unterteilen. Alsaker unterscheidet bei Mobbinghandlungen zwischen direkten und indirekten Handlungen.10 Der Täter quält mit diesen Vorgehensweisen sein Opfer. Mobbing kann auf verschiedenen Ebenen stattfinden. Wenn man an Mobbing denkt, dann setzt man es erst einmal mit Gewalt gleich. Aber wie schon erwähnt, muss es sich nicht zwangsläufig um physische Gewalt handeln. Der Täter kann das Opfer genauso gut mit psychischen Mitteln intensiv unter Druck setzen und ihm geistigen Schaden zufügen. Nachfolgend werden die verschiedenen Ebenen von Mobbing genauer erläutert.
3.2.1. Mobbing durch körperliche Gewalt
Alsaker beschreibt, dass bei der direkten Form der Täter und das Opfer direkt miteinander konfrontiert werden. Man kann die direkte Form in physische und verbale Angriffe unterteilen. Direkte physische Angriffe sind alle körperlichen Berührungen, die vom Opfer als unangenehm empfunden werden. Es kann sich um leichtes Kneifen, Schubsen oder gegen den Willen aufgehalten werden handeln, es können aber auch schmerzhaftere Handlungen sein, wie schlagen, Haare ausreißen oder auch mit etwas bewerfen. Man kann die Liste der Quälereien ziemlich lange fortsetzen, wie folgende Beispiele zeigen: würgen, einsperren, zwingen, etwas Ekelerregendes zu essen oder zu trinken, erniedrigen, bis hin bis zu lebensbedrohlichen Angriffen wie vom Bürgersteig auf die Straße stoßen.11
3.2.2 Verbales Mobbing
Verbales Mobbing greift dagegen die Psyche des Opfers an. Der Täter versucht, das Opfer psychisch unter Druck zu setzen. Deshalb kann man verbales Mobbing, im Gegensatz zu körperlicher Gewalt, nur schwer erfassen und erkennen. Es hinterlässt einen Schaden in der Seele und kann beim Betroffenen zu schwerwiegenden psychischen Störungen führen.
Eine derartige verbale Handlung ist beispielsweise das Nachrufen von groben, gemeinen oder obszönen Namen. „Weitere häufige Formen des verbalen Mobbings sind Auslachen, abschätzige Ausdrücke verwenden, Anschreien, Einmischen und Bloßstellen.“12 Folgende Beispiele kann man anführen: entwürdigende Kritik anbringen, Schwächen herumerzählen oder auch verletzende Gerüchte verbreiten. Das Opfer wird aufgrund seines Verhaltens, Aussehens, seiner Herkunft oder Kleidung ausgelacht, herabgewürdigt und beleidigt. Dies kann sein Selbstbewusstsein zerstören. Zudem gehören Drohungen und Erpressungen dazu, die aber auch in physische Angriffe übergehen können.
3.2.3. Stummes Mobbing
Nonverbales Mobbing, auch stummes Mobbing genannt, ist eine indirekte Art, das Opfer psychisch leiden zu lassen. Das Opfer wird ignoriert und so behandelt, als würde es gar nicht existieren. Es werden doppeldeutige Grimassen geschnitten, verachtende Blicke zugeworfen, es wird sich demonstrativ abgewendet und ähnliche Handlungen gehören dazu, die keine direkte Konfrontation sind. Diese Form des Mobbings kann jederzeit abgestritten werden, da nichts Tatkräftiges, Konkretes vorliegt. Es wird der Anschein vermittelt, als ob man nicht die Absicht hätte, jemanden zu verletzen oder zu beleidigen. Daher ist diese Strategie sehr schwer zu erfassen. Das Opfer wird in hohem Maß unter psychischen Druck gesetzt und kann die entwürdigenden Taten nicht unbedingt nachweisen. Das indirekte Mobbing hat das Ziel den Status/Ruf des Opfers innerhalb des sozialen Umfelds zu ruinieren. Das Opfer wird aus einer Gruppe ausgeschlossen, wichtige Informationen werden ihm vorenthalten, es werden Gerüchte hinter seinem Rücken verbreitet und die Freunde werden ihm „weggenommen“. „Unter sozialer Manipulation versteht man alle Handlungen, die dazu führen, dass die soziale Situation einer Person verschlechtert wird, darunter ist insbesondere die eben genannte Ausgrenzung aus der gleichaltrigen Gruppe zu rechnen.“13 Manche Handlungen kann man sowohl als direkte als auch indirekte Mobbinghandlungen klassifizieren. Wenn heimlich etwas vom Opfer entwendet und dann auch noch zerstört wird, so kann man von indirekter (heimlich entwenden) und direkter (Zerstörung des Eigentums) Mobbinghandlung sprechen.
3.2.4. Cyber-Mobbing
Heutzutage gehört das Internet zum Alltag dazu. Immer mehr Kinder und Jugendliche nutzen das Web. Soziale Netzwerke ermöglichen den Jugendlichen eine umfangreiche Kommunikation und Selbstdarstellung. Vor allem Smartphones sind zum mobilen Surfen überall und jederzeit geeignet.
Jedoch nutzen viele User die Sozialen Netzwerke, ohne Kenntnis davon zu haben, welche Gefahren mit einer unkontrollierten Onlineveröffentlichung von Daten verbunden sind. Dies führt dazu, dass es eine breite Masse mitbekommt, wenn eine Person öffentlich in Sozialen Netzwerken beleidigt oder beschimpft wird. Es werden private Fotos veröffentlicht und man kann diese Spuren aus dem Netz niemals mehr beseitigen, denn die Daten werden immer irgendwo abgespeichert und weitergeleitet. Des Weiteren werden Videos oder peinliche Fotos im Internet geteilt. Auch beleidigende Forengespräche werden geführt und bösartige Gerüchte anonym verbreitet. Dies kann fatale Folgen nach sich ziehen. Der Grund liegt darin, dass das Opfer öffentlich gedemütigt wird und sich somit immer mehr isoliert fühlt und in einigen Fällen sogar Suizid begeht. Außerdem ist diese Art von Mobbing mit einer geringeren Hemmschwelle verbunden, da man sich nicht vor einer direkten Auseinandersetzung fürchten muss. Man kann sich anonym über das Opfer so auslassen, wie man möchte. Das Opfer wird dabei nicht mehr nur in der Schule gequält, sondern den ganzen Tag, denn was im Netz landet, ist allgegenwärtig.
Meistens kommt Cybermobbing nicht als eine isolierte Handlung vor, sondern ist die Fortsetzung dessen, was schon in der Schule geschieht.14 An dieser Stelle werden einige Erscheinungsformen von Cybermobbing vorgestellt:
Flaming: Man beleidigt und beschimpft eine Person in öffentlichen Foren.
Cyberstalking/Cyberharassment: Eine Person wird immer wieder belästigt und verfolgt.
Denigration: Es werden Gerüchte verbreitet und das Opfer wird mit Fotos oder Videos bloßgestellt.
Exclusion: Jemand wird aus einer Gruppe (Gruppenchats oder Ähnliches) ausgeschlossen.
Impersonation: Jemand gibt sich absichtlich mit der Identität des Opfers aus und versendet beleidigende Nachrichten, zum Beispiel an den Lehrer.15
3.3. Erscheinungsformen von Mobbing in Bezug zu verschiedenen Faktoren
Die dargestellten Formen von Mobbing unterscheiden sich in der Ausprägung je nach Geschlecht, Alter und Schulform. Mehrheitlich wird in den Studien der stark ausgeprägte Geschlechterunterschied genannt. Dabei handelt es sich beim direkten Mobbing bei den Tätern überwiegend um Jungen. Auch die Opfer sind häufiger Jungen. Dies liegt zum größten Teil daran, dass Gewalt als ein männliches Phänomen angesehen wird.16 Es ist etwas typisch Männliches, während bei den Mädchen körperliche Konflikte eher als untypisch gelten. In der Gesellschaft wird dies nicht als ein normales weibliches Verhalten angesehen. Dies bedeutet, dass die Mädchen sich eher verbal angreifen oder sozial erniedrigen. Weitere übliche Handlungen sind: Gerüchte verbreiten, hänseln, auslachen, beleidigen, Beziehungen des Opfers manipulieren oder aus der Gruppe ausschließen. Daher kann man das Mobbing bei Mädchen schwerer nachweisen als bei Jungen. Über körperliche Gewaltauseinandersetzungen bei Mädchen gibt es keine genauen Untersuchengen. Bei Jungen ändert sich mit zunehmendem Alter die Strategie. Sie wenden dann als Ältere öfters verbale Attacken an als körperliche Gewalt. Also ist ab einem bestimmten Alter die Mobbingstrategie bei Jungen und Mädchen gleich. Wobei auch angemerkt werden sollte, dass Mobbinghandlungen überwiegend gegen dasselbe Geschlecht gerichtet sind. Es werden 80% der gemobbten Jungen von Jungen gemobbt, bei den Mädchen sind es 60%.17 In einer Studie wurde festgestellt, dass die Anzahl der Mobber mit zunehmendem Alter ansteigt (Abb.: 1). Vor allem bei Jungen ist dies anhand des folgenden Säulendiagramms gut zu erkennen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.: 1 Anteil der Schülerinnen und Schüler in unterschiedlichen Klassen, die angeben, andere schikaniert zu haben.18
Eine weitere Studie (siehe Abb.: 2) zeigt dagegen, dass mit zunehmendem Alter weniger gemobbt wird. Mobbing scheint nach dieser Studie am meisten in der Grundschule stattzufinden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.: 2 Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Klassen, die nach eigenen Angaben gemobbt werden.
Nach dieser Studie ist der Handlungsbedarf in der Grundschule am größten. Daher sollte schon früh etwas gegen das Mobbing unternommen werden. Bis zur 6. Klasse scheint es anzudauern, auch wenn es etwas nachlässt. Dies könnte daran liegen, dass auf der weiterführenden Schule neue Freundschaftsgruppen gebildet werden und einige aufgrund bestimmter Faktoren ausgeschlossen werden. Jedoch ist die Anzahl der Mobbingopfer bei Jungen deutlich höher als bei Mädchen.19
[...]
1 Vgl. http://www.schulpsychologie.de/wws/bin/1852490-1854538-1-zim_gewalt.pdf, Zugriff: 30.04.2014, 15:25.
2 Vgl. Jannan, Mustafa, Das Anti-Mobbing-Buch. Gewalt an der Schule – vorbeugen, erkennen, handeln, 2008, Weinheim, S. 15
3 Vgl. Zitzmann, Christina, Alltagshelden. Aktiv gegen Gewalt und Mobbing – für mehr Zivilcourage, Schwalbach, 2007, S. 16
4 Vgl. Jannan, Mustafa, Das Anti-Mobbing-Buch. Gewalt an der Schule – vorbeugen, erkennen, handeln, 2008, Weinheim, S. 22
5 Vgl. Lorenz 1991, in: Kolodej Christa, Mobbing. Psychoterror am Arbeitsplatz und seine Bewältigung, Wien, 1999, S. 19.
6 Vgl. Esser Axel; Wolmerath Martin, Mobbing. Der Ratgeber für Betroffene und ihre Interessenvertretung, Frankfurt am Main 1997, S. 20-21
7 Vgl. Esser Axel; Wolmerath Martin, Mobbing. Der Ratgeber für Betroffene und ihre Interessenvertretung, Frankfurt am Main 1997, S. 17
8 Vgl. Vgl. Esser Axel; Wolmerath Martin, Mobbing. Der Ratgeber für Betroffene und ihre Interessenvertretung, Frankfurt am Main 1997, S. 26
9 Vgl. Olweus, Dan, Gewalt in der Schule, Bern, 2005, S. 22
10 Vgl. Alsaker, Francoise, Quälgeister und ihre Opfer, Mobbing unter Kindern- und wie man damit umgeht, Bern, 2004, S. 22
11 Vgl. Alsaker, Francoise, Quälgeister und ihre Opfer, Mobbing unter Kindern- und wie man damit umgeht, Bern, 2004, S. 22
12 Vgl. Alsaker, Francoise, Quälgeister und ihre Opfer, Mobbing unter Kindern- und wie man damit umgeht, Bern, 2004, S. 23
13 Vgl. Alsaker, Francoise, Quälgeister und ihre Opfer, Mobbing unter Kindern- und wie man damit umgeht, Bern, 2004, S. 23
14 Vgl. Schäfer, Mechthild, Herpell, Gabriela, Du Opfer! Wenn Kinder Kinder fertigmachen, Reinbek bei Hamburg, 2010, S. 28-30
15 Vgl. http://www.helles-koepfchen.de/artikel/3090.html, Zugriff: 15.03.2014, 14:43 Uhr
16 Vgl. Jannan, Mustafa, Das Anti-Mobbing-Buch. Gewalt an der Schule – vorbeugen, erkennen, handeln, 2008, Weinheim, S. 33
17 Vgl. Jannan, Mustafa, Das Anti-Mobbing-Buch. Gewalt an der Schule – vorbeugen, erkennen, handeln, 2008, Weinheim, S. 33
18 Vgl. Jannan, Mustafa, Das Anti-Mobbing-Buch. Gewalt an der Schule – vorbeugen, erkennen, handeln, 2008, Weinheim, S. 32
19 Vgl. Jannan, Mustafa, Das Anti-Mobbing-Buch. Gewalt an der Schule – vorbeugen, erkennen, handeln, 2008, Weinheim, S. 25
- Quote paper
- sema bayraktar (Author), 2014, Mobbing in der Schule. Eine pädagogische Herausforderung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/458754
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