Die Revolutionierung der Naturwissenschaften und Newtons Entdeckung allgemeiner physikalischer Prinzipien, nach denen sich das Naturgeschehen verhält, bewirkten einen Durchbruch für die Theorie des universalen Determinismus. Unter Annahme dieser Theorie ist die Freiheit des Menschen plötzlich nicht mehr gewährleistet, denn auch für den Menschen als ein Teil der Natur muss der Determinismus gelten. Die menschlichen Handlungen und Entscheidungen müssen demnach ebenso wie die Ereignisse in der Natur auf vorhergehende Gründe und Umstände zurückzuführen sein. Hier muss sich aber die Frage stellen: Wie kann eine Handlung oder eine Entscheidung frei sein, wenn sie mit vorhergehenden Ereignissen oder Umständen kausal zusammenhängt und dadurch determiniert ist? Denn gemeinhin wird die Freiheit des Willens als gegeben angesehen. Sie gilt als die Gabe, die das menschliche Handeln vom instinktiven Handeln anderer Lebewesen unterscheidet. Viele Lebenshoffnungen gründen sich gerade auf die Annahme, dass wir Menschen mit freien Entscheidungen unser Leben beeinflussen können. Die Vorstellung des Determinismus scheint nicht zusammenzupassen mit dem ausgeprägten menschlichen Gefühl für Individualität und Freiheit bei Willensentscheidungen.
Aber dennoch: rein theoretisch könnte eine Person ihr gesamtes Leben in wie auch immer gearteter Unfreiheit verbringen und diesen Zustand, aufgrund mangelnden anderweitigen Wissens, für Freiheit halten. Ein ähnlicher Gedanke findet sich bereits in der antiken Philosophie bei Platons Höhlengleichnis, in dem die Menschen, festgebunden in einer Höhle, die Schatten an der Höhlenwand vor ihnen, hervorgerufen durch eine Lichtquelle hinter ihrem Rücken, für die reale Welt halten, diese Umrisse aber ja nur ein schemenhaftes Abbild der Realität darstellen. Handelt es sich bei der viel beschworenen Freiheit des Menschen auch um eine solche Täuschung? Glaubt der Mensch nur, er sei frei, weil er nicht alle Naturgesetze und Gegebenheiten kennt? Viele philosophische Debatten widmen sich diesen Fragen, und auch David Hume behandelt das Problem der „Freiheit und Notwendigkeit“ im gleichnamigen achten Abschnitt seiner „Untersuchung über den menschlichen Verstand“1, der in der vorliegenden Arbeit näher betrachtet werden soll.
INHALTSVERZEICHNIS
Einleitung
Die Notwendigkeit im Naturgeschehen
Die Notwendigkeit im menschlichen Handeln
Die Freiheit im menschlichen Handeln
Freiheit und moralische Verantwortung
Schlussbemerkung
Quellen- und Literaturverzeichnis
EINLEITUNG
Die Revolutionierung der Naturwissenschaften und Newtons Entdeckung allgemeiner physikalischer Prinzipien, nach denen sich das Naturgeschehen verhält, bewirkten einen Durchbruch für die Theorie des universalen Determinismus. Unter Annahme dieser Theorie ist die Freiheit des Menschen plötzlich nicht mehr gewährleistet, denn auch für den Menschen als ein Teil der Natur muss der Determinismus gelten. Die menschlichen Handlungen und Entscheidungen müssen demnach ebenso wie die Ereignisse in der Natur auf vorhergehende Gründe und Umstände zurückzuführen sein.
Hier muss sich aber die Frage stellen: Wie kann eine Handlung oder eine Entscheidung frei sein, wenn sie mit vorhergehenden Ereignissen oder Umständen kausal zusammenhängt und dadurch determiniert ist? Denn gemeinhin wird die Freiheit des Willens als gegeben angesehen. Sie gilt als die Gabe, die das menschliche Handeln vom instinktiven Handeln anderer Lebewesen unterscheidet. Viele Lebenshoffnungen gründen sich gerade auf die Annahme, dass wir Menschen mit freien Entscheidungen unser Leben beeinflussen können. Die Vorstellung des Determinismus scheint nicht zusammenzupassen mit dem ausgeprägten menschlichen Gefühl für Individualität und Freiheit bei Willensentscheidungen.
Aber dennoch: rein theoretisch könnte eine Person ihr gesamtes Leben in wie auch immer gearteter Unfreiheit verbringen und diesen Zustand, aufgrund mangelnden anderweitigen Wissens, für Freiheit halten. Ein ähnlicher Gedanke findet sich bereits in der antiken Philosophie bei Platons Höhlengleichnis, in dem die Menschen, festgebunden in einer Höhle, die Schatten an der Höhlenwand vor ihnen, hervorgerufen durch eine Lichtquelle hinter ihrem Rücken, für die reale Welt halten, diese Umrisse aber ja nur ein schemenhaftes Abbild der Realität darstellen. Handelt es sich bei der viel beschworenen Freiheit des Menschen auch um eine solche Täuschung? Glaubt der Mensch nur, er sei frei, weil er nicht alle Naturgesetze und Gegebenheiten kennt?
Viele philosophische Debatten widmen sich diesen Fragen, und auch David Hume behandelt das Problem der „Freiheit und Notwendigkeit“ im gleichnamigen achten Abschnitt seiner „Untersuchung über den menschlichen Verstand“[1], der in der vorliegenden Arbeit näher betrachtet werden soll.
Dabei möchte ich zuerst auf den Determinismus als eine umfassende Theorie zur Erklärung des Naturgeschehens eingehen und anhand von Beispielen aufzeigen, wie sich bei Betrachtung der Ereignisse in der Natur der Begriff der Notwendigkeit selbstverständlich ergibt. Dieser Begriff soll dann im nächsten Abschnitt auch auf das menschliche Handeln ausgedehnt werden, wobei dieses Handeln unter verschiedenen Blickrichtungen betrachtet wird. Dabei wird auch darauf eingegangen, welche Ähnlichkeiten Hume zwischen menschlichen Willensakten und Naturereignissen sieht. Im dritten Abschnitt soll dann die Frage nach der Freiheit des menschlichen Willens erörtert und Humes Konzeption von Freiheit vorgestellt werden. Im letzten Abschnitt schließlich geht es darum, wie sich Humes Freiheitsbegriff mit moralischem Urteilen verträgt.
DIE NOTWENDIGKEIT IM NATURGESCHEHEN
David Hume ist der Meinung, dass die Kontroverse um das Problem der Freiheit und Notwendigkeit zu einem Großteil auf dem Gebrauch vieldeutiger Ausdrücke und dem Fehlen exakter Definitionen beruht. Gäbe es nicht die terminologische Vieldeutigkeit, so wären die Meinungen in dieser Auseinandersetzung gleich, zumal die Debatte Gegenstände des täglichen Lebens und der Erfahrung behandelt. Hume behauptet sogar, dass „alle Menschen von jeher in der Lehre von Notwendigkeit und Freiheit einig gewesen sind“[2]. Dies aufzuzeigen ist ein erstes Anliegen seiner Ausführungen im achten Abschnitt seiner „Untersuchung über den menschlichen Verstand“.
Zu diesem Zweck klärt Hume zunächst den Begriff der Notwendigkeit, indem er ihn in Bezug auf das Verhalten von Körpern in der Natur anwendet und analysiert. Bei seinen diesbezüglichen Ausführungen zeigt sich Humes Glauben an einen universalen Determinismus. Die Theorie des Determinismus geht von zwei Annahmen aus: Erstens, dass jeder physikalisch erfassbare Zustand die Wirkung einer prinzipiell genau bestimmbaren Ursache ist und zweitens, dass die Natur keinen zufälligen Schwankungen oder willkürlichen Akten unterworfen ist, dass alle Prozesse mit Regelmäßigkeit gemäß denen der Natur innewohnenden und unveränderlichen Gesetzen stattfinden. Jedes Ereignis in der Natur ist die Folge vorhergehender Ursachen und Vorraussetzungen und ist selbst wiederum, im Zusammenspiel mit anderen Ereignissen, Ursache weiterer Wirkungen.
Wenn ein Apfel an einem Apfelbaum reif genug ist, dann löst er sich vom Ast und fällt zu Boden. Die Ursache für dieses Geschehen ist der Reifegrad des Apfels, der wiederum von zurückliegenden Wetterbedingungen abhängt. Nach seiner Ablösung vom Stamm verharrt der reife Apfel nicht irgendwo in der Luft, sondern wird von der Erdanziehung erfasst und fällt zu Boden. Dort kann er nun einem Lebewesen als Nahrung dienen oder selbst zu einem neuen Apfelbaum werden.
Naturereignisse wie dieses laufen nach einem Ursache- Wirkungsprinzip ab, jedes Ereignis ist auf eine Ursache zurückzuführen und die daraus entstehende Wirkung ist wiederum Ursache für weitere Ereignisse. Solche kausalen Zusammenhänge treten nie isoliert auf, sondern verbinden sich in einer ,, Kausalkette".
Wir können erkennen, dass solche in der Natur beobachteten Phänomene immer wieder auftreten, dass auf ein bestimmtes Ereignis mit unbestechlicher Gleichförmigkeit immer wieder eine bestimmte Wirkung folgt. Allein aus der Beobachtung dieser regelmäßigen Verbindung der Dinge miteinander entsteht der Begriff der Notwendigkeit. Er besagt, dass alle Ereignisse verursacht sind und ein Ereignis dann Ursache eines anderen ist, wenn es mit dem anderen regelmäßig auftritt und dann, wenn es nicht auftritt, auch die Wirkung nicht eintritt. Ohne die Annahme eines notwendigen Zusammenhangs zwischen Ursache und Wirkung wäre der Begriff der Ursache gar nicht zu definieren, eine notwendige Wirkung der Ursache muss in die Definition mit einbezogen werden.
Wie kommen wir nun zur Erkenntnis der Notwendigkeit von Ursache und Wirkung? Wir sehen, dass gleiche Gegenstände stets gleiche Kräfte hatten und ähnliche Ereignisse immer ähnliche Wirkungen nach sich zogen. Wir erkennen aber nicht die in den Gegenständen verborgenen Kräfte, nach denen diese Verknüpfung geschieht und wissen nicht, nach welchen Prinzipien diese Kräfte zusammenhängen. Liegen diese geheimen Kräfte überhaupt in den Gegenständen selber, oder sind sie außerhalb ihrer zu suchen? Wie kommt es, dass man sich beispielsweise vom Betätigen der Türklinge ein Öffnen der Tür verspricht? Die erwünschte Wirkung wird nicht durch die Türklinge enthüllt, sondern ist ein von ihrer Ursache verschiedenes Ereignis und kann nicht in ihrer Ursache entdeckt werden. Es ist nicht a priori zu erkennen, ob sich die Tür tatsächlich Öffnen wird, oder ob ein gänzlich anderes Ereignis eintreten wird.
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[1] Titel der Originalausgabe von 1748: „An Enquiry Concerning Human Understanding“
[2] David Hume: Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand, Stuttgart 1982, S. 108
- Arbeit zitieren
- Daniel Lehmann (Autor:in), 2002, Freiheit und Notwendigkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45783
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