Im vorliegenden Experiment wurden ereigniskorrelierte Potenziale im Rahmen von Aufgaben zur visuellen Suche aufgezeichnet, bei denen die Versuchspersonen neben 18 Distraktoren einen Zielreiz sowie einen salienten Distraktor dargeboten bekamen. In der ersten Bedingung wurden der Zielreiz und der saliente Distraktor den Versuchspersonen im kongruenten Versuchsdesign präsentiert, befanden sich also auf der gleichen Bildschirmhälfte. In der zweiten Bedingung wurden der Zielreiz und der saliente Distraktor inkongruent präsentiert. Im Fokus der Untersuchung stand das Phänomen der N2pc sowie das Auftreten dessen im Rahmen von fehlerhaft beantworteten Durchgängen.
Abstract
Im vorliegenden Experiment wurden ereigniskorrelierte Potenziale im Rahmen von Aufgaben zur visuellen Suche aufgezeichnet, bei denen die Versuchspersonen neben 18 Distraktoren einen Zielreiz sowie einen salienten Distraktor dargeboten bekamen. In der ersten Bedingung wurden der Zielreiz und der saliente Distraktor den Versuchspersonen im kongruenten Versuchsdesign präsentiert, befanden sich also auf der gleichen Bildschirmhälfte. In der zweiten Bedingung wurden der Zielreiz und der saliente Distraktor inkongruent präsentiert. Im Fokus der Untersuchung stand das Phänomen der N2pc sowie das Auftreten dessen im Rahmen von fehlerhaft beantworteten Durchgängen. Im Experiment wurde gezeigt, dass fehlerhaft beantwortete Aufgaben im Mittel eine stärkere N2pc hervorriefen als korrekt beantwortete. Zudem wurde festgestellt, dass im Rahmen des kongruenten Versuchsdesigns mit einer höheren N2pc zu rechnen war als in der inkongruenten Bedingung. Diese Ergebnisse waren überraschend und widersprachen den erwarteten Ergebnissen, konnten jedoch mittels verschiedener bereits bestehender Theorien teilweise nachvollzogen werden.
In the present experiment event-related potentials were recorded during visual search tasks. 18 distractors, a target stimulus and a salient distractor were presentet to the subjects. In the first condition, the target and the salient distractor were presented to the subject in a congruent experimental design, which means that they were displayed on the same side of fixation. In the second condition, the target stimulus and the salient distractor were presented in an incongruent way. The focus of the study was the ERP component N2pc and its occurrence with incorrectly answered passages. The experiment showed that there was a greater N2pc amplitude when trials were executed incorrectly than when they were ansered correctly. In addition, it was found that there was a larger N2pc in tasks with a congruent experimental design than in those with an incongruent design. These results were surprising and contradicted the expected results. However, the results could partially be understood because of results shown by former studies.
Einführung
Die erfolgreiche Bewältigung visueller Suche im Alltag bereichert uns allgemein. Im Supermarkt reicht uns oft ein kurzer Blick ins Regal, um zwischen Mengen an verschiedenen Lebensmitteln genau das zu finden, was wir gesucht haben. Auf der Straße erkennen wir die Person, auf die wir warten, oft schon von weitem zwischen all den anderen Menschen, die uns entgegenkommen. Das spart nicht nur Zeit, sondern schont auch unsere Ressourcen: Wir müssen nicht jede Verpackung einzeln zur Hand nehmen, um ihren genauen Inhalt zu erkennen und wir müssen nicht jede Person von Kopf bis zu Fuß betrachten, um zu erkennen, ob es sich um diejenige handelt, auf die wir warten. Trotzdem können wir nicht vollständig vermeiden, aufgrund von Verwechslung einen Fehlkauf zu tätigen oder eine völlig fremde Person anzusprechen, im Glauben, es wäre eine bekannte. Die aktuelle Hirnforschung befasst sich zunehmend mit dem Prozess der fehlerhaften Bearbeitung visueller Suchaufgaben (z.B. Heitz et al., 2010; Mazza et al., 2009; Wolfe, 2007). Hierbei werden Fragen nach der Entstehung von Fehlern behandelt, sowie die neuronalen Prozesse bei unzutreffender Beantwortung untersucht. Bei der Bearbeitung visueller Suchaufgaben stellt die Darbietung eines Zielreizes sowie mehrerer Distraktoren eine mehrdeutige Situation für das Gehirn dar (Treisman Schmidt, 1982). Die besondere Schwierigkeit der visuellen Suchaufgaben besteht darin, aus der Menge an präsentiertem Stimulusmaterial, die für die Beantwortung der Aufgabe relevanten zu finden und die unwichtigen Reize dabei zu ignorieren (Eimer, 2014). Das Gehirn reagiert auf diese Herausforderung mit einer Aufmerksamkeitslenkung im Sinne einer Unterdrückung von Stimuli mit irrelevanten Eigenschaften um so, eine korrekte Reaktion zu ermöglichen. Durch die Ausblendung irrelevanter Reize mittels Aufmerksamkeitsfokussierung kann das relevante Stimulusmaterial gezielter wahrgenommen werden (Treisman Schmidt, 1982). Eine gegensätzliche Meinung über den Ablauf der Aufmerksamkeitslenkung vertreten Mazza et al. (2009) die davon ausgehen, dass nicht die Präsenz der Distraktoren unterdrückt wird sondern die Zielreize durch Hervorhebung der relevanten Eigenschaften der Stimuli in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Die selektive Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf bestimmte Stimuli ist nötig, um die begrenzten Ressourcen des menschlichen Gehirns nicht zu überlasten. Zudem kann einer irrtümlichen Verschlüsselung oder einer Einbindung der Information in fehlerhafte Kontexte vorgebeugt werden (Mazza et al., 2009). Da die Probanden jedoch immer wieder Fehler bei visuellen Suchaufgaben machen, stellt sich die Frage nach der Entstehung dieser. Der oben beschriebene Prozess der Aufmerksamkeitslenkung scheint nicht zuverlässig abzulaufen. Heitz et al. (2010) führen unterschiedliche Ursachen an, die zu Fehlern im Rahmen der Aufgabenbeantwortung führen können. Sie können beispielsweise auf eine fehlerhafte sensorische Verarbeitung zurückgeführt werden. Die Ursache kann jedoch auch schlicht in einer übereilten Vorbereitung der Antwort liegen, die aufgrund von Zeitmangel schlussendlich zu einer unzutreffenden Lösung führt. Eimer (1996) fand heraus, dass die Erkennung des Zielreizes in visuellen Suchaufgaben umso schneller und müheloser vonstatten geht, umso stärker der Zielreiz durch Merkmale definiert ist, die den Distraktoren fehlen. Dies führt dazu, dass der Zielreiz dem Probanden stärker auffällt. So lässt sich im Umkehrschluss festhalten, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Fehler beim Lösen einer visuellen Suchaufgabe steigt, umso mehr gemeinsame Merkmale der Zielreiz mit dem Distraktor aufweist, umso ähnlicher er ihm also ist. Heitz et al. (2010) führten eine Studie zur Erforschung der Neuronen im frontalen Augenfeld durch, in der zwei männliche Makkaken visuelle Suchaufgaben lösten, bei welchen sich der Zielreiz aufgrund seiner Form von den Distraktoren unterschied. Hierbei wurde gezeigt, dass Fehler im Rahmen der visuellen Suche auftreten, wenn die Distraktoren von den im frontalen Augenfeld angesiedelten Neuronen für Zielreize gehalten werden. Fehlerhafte Blickwechsel, die schlussendlich zur fehlerhaften Bearbeitung der visuellen Suchaufgabe führen, sind laut den Ergebnissen von Heitz et al. (2010) auf die inkorrekte Aufmerksamkeitsverarbeitung zurückzuführen.
Nach Luck (2006) sind die Aufmerksamkeitsprozesse eng mit der sogenannten N2pc (N2-posterior-contralateral) Komponente verknüpft. Bei der N2pc handelt es sich um ein Differenzmaß zwischen der contra- und der ipsilateralen Hemisphäre. Eine N2pc tritt typischerweise im Zeitbereich der N2-Welle auf, also circa 200 bis 300 ms nach der Darbietung der Stimuli. Sie zeigt eine große Ausprägung am posterioren Schädelbereich, wobei sie in der Nähe der PO7- und PO8-Elektroden am stärksten messbar ist und im Parietal- und Occipitallappen entsteht. Sie kann über die Hemisphäre in contralateraler Ausrichtung zu der Stelle beobachtet werden, an der das Stimulusmaterial präsentiert wurde. Das bedeutet, dass die Wellenform der ereigniskorrelierten Potenziale auf der contralateralen Schädelseite negativer wird, als auf der ipsilateralen. Dies geschieht als Reaktion auf die Darbietung bestimmten Stimulusmaterials und beginnt in einem Zeitraum von circa 200 ms nach der Darbietung dieser (z.B. Dell’Acqua et al., 2006; Eimer, 1996; Heitz et al., 2010; Hickey et al., 2006; Luck, 2011; Luck et al., 1997; Luck Ford, 1998; Luck Hillyard, 1994; Mazza et al., 2009; Wauschkuhn et al., 1998; Woodman Luck, 1999).
Die N2pc-Forschung verläuft aktuell in verschiedene Richtungen. Es gilt als erwiesen (Woodman Luck, 2003), dass die N2pc-Komponente die Lenkung der Aufmerksamkeit widerspiegelt, um so die Interferenz zwischen dem Zielreiz und den Distraktoren zu verringern. Die Distraktoren werden im Bereich um den Zielreiz unterdrückt, damit dieser effektiver verarbeitet werden kann. Dies wiederum wird von der N2pc wiedergegeben (Hopf et al., 2006; Luck et al., 1997; Luck Hillyard, 1994). Im Gegensatz dazu vermutet Eimer (1996), dass die N2pc statt einer Unterdrückung der Distraktoren eine stärkere Verarbeitung der Zielreize projiziert.
Eine andere von Luck und Hillyard (1994) postulierte Theorie befasst sich mit dem Phänomen der „Pop-outs“. Sie fanden heraus, dass die N2pc durch Zielreize ausgelöst wird, die durch Elemente geprägt sind, die den Distraktoren fehlen. Dem Zielreiz fällt so direkt die Aufmerksamkeit der Versuchsperson zu, wodurch er als sogenanntes „Pop-out“ fungiert. Luck und Hillyard (1994) führten jedoch an, dass eine N2pc nicht zwangsläufig aufgrund von „Pop-outs“ entstehen muss, sondern auch durch die Verbindung verschiedener Merkmale entstehen kann, durch die der Zielreiz definiert ist. In Experimenten zum Auftreten „Pop-outs“ gelang ihnen die Beobachtung, dass auch Distraktoren als „Pop-out“ fungieren und somit eine N2pc hervorrufen können. Diese N2pc ist jedoch schwächer als eine durch einen als „Pop-out“ fungierenden Zielreiz hervorgerufene N2pc. Bestätigt wurde die „Pop-out“-Theorie durch Eimer (1996). Er fand eine N2pc, die auftrat obwohl der Zielreiz nur mit drei Distraktoren präsentiert wurde, die sich zudem in großer Entfernung vom Target befanden. Der Zielreiz unterschied sich in seinen Merkmalen allerdings so stark von den Distraktoren, dass es zu einem „Pop-out“ kam und die N2pc nachgewiesen werden konnte.
Eine neuere Theorie stammt von Hickey et al. (2009), die auf Basis bisheriger theoretischer Ergebnisse die Entstehung der N2pc untersuchen. Die N2pc wurde als Phänomen angesehen, das den grundlegenden Mechanismus widerspiegelt, die Aufmerksamkeitslenkung auf den Zielreiz zu sichern durch die Unterdrückung der Lenkung der Aufmerksamkeit auf die Distraktoren. Hickey et al. (2009) kritisierten, dass in früheren Studien zur visuellen Suche keine Unterscheidung der Verarbeitung der Aufmerksamkeit bezüglich der Distraktoren und der Verarbeitung dieser bezüglich des Zielreizes vorgenommen wurde (z.B. Eimer, 1996; Luck Ford, 1998). Hickey et al. (2009) führten vier verschiedene Experimente durch, um die Vermutung zu überprüfen, dass die N2pc multiple Aufmerksamkeitsmechanismen wiedergibt. In den ersten drei Experimenten arbeiteten Hickey et al. (2009) mit einem Zielreiz der equiluminant zum Hintergrund war und so ausgeschlossen werden konnte, dass er vorzeitig lateralisierte ereigniskorrelierte Potenziale auslöste. In diesen Experimenten konnten neuartige contralaterale, ereigniskorrelierte Potenziale gefunden werden, die die direkte Unterdrückung der kortikalen Repräsentation des Distraktors widerzuspiegeln scheinen. Hickey et al. (2009) bezeichneten diese Komponente als Distraktorpositivität (PD). Im vierten Experiment wurde eine zusätzliche Komponente von ereigniskorrelierten Potenzialen im Rahmen der Verarbeitung des Zielreizes isoliert. Diese wurde als Zielreiznegativität (NT) bezeichnet. Hickey et al. (2009) gehen davon aus, dass die N2pc die Summe von PD und NT widerspiegelt. Aufgrund der in diesem Experiment gezeigten Ergebnisse schließen Hickey et al. (2009) aus, dass die N2pc eine einheitliche Komponente ist. Sie sehen die N2pc als Summe von PD und NT, die wiederum vollständige unabhängige Komponenten darstellen und Kombination die herkömmliche N2pc bilden. Sie sehen zusammenfassend die N2p als Gesamtmaß zweier unterschiedlicher Prozesse: Der räumlichen Lage der Distraktoren (PD) und der räumlichen Lage der Zielreize (NT).
Einen neuen Ansatz in der N2pc-Forschung stellen Tan und Wyble (2015) vor, die Untersuchungen durchführten, deren Ergebnisse nahelegen, dass die N2pc die neuronalen Prozesse projiziert, die bei der Lokalisierung des Zielreizes beteiligt sind, um die Fokussierung der Aufmerksamkeit auszulösen. Tan und Wyble (2015) stellen Ergebnisse vor, die einen Ansatz stützen, der sich von allen bisherigen unterscheidet (z.B. Luck Hillyard, 1994; Hickey et al., 2009). Sie vermuten, dass die N2pc den Prozess der Lokalisierung des Zielreizes wiedergibt, jedoch nicht die eigentliche Aufmerksamkeitsfokussierung selbst. Sie belegen ihre Ergebnisse durch ein Rechenmodell, das sogenannte Gradienten-Filter-Modell, mit Hilfe dessen gezeigt werden kann wie die räumlich-zeitliche Dynamik der neuronalen Aktivität ein elektrisches Signal an der Kopfhaut offenbart. Laut dem Modell führt ein Zielreiz zu einem Ausbruch neuronaler Aktivität im Rahmen einer räumlich-örtlichen Karte des visuellen Feldes. Diese erlaubt es, den Standort des Zielreizes präzise zu lokalisieren. Wird der Zielreiz mittels dieser Karte lokalisiert, zieht sich der Ausbruch der neuronalen Aktivität schnell am genauen Standort des Zielreizes zusammen. Dies geht mit dem in der Regel beobachtbaren sofortigen Erlöschen der N2pc einher. Tan und Wyble (2015) kamen zu dem Ergebnis, dass die N2pc die Lokalisierung des Zielreizes nachweist, die noch vor der eigentlichen Fokussierung der Aufmerksamkeit stattfindet. Das Aufzeichnen der N2pc spiegelt die neuronalen Prozesse wider, die während der Lokalisierung des Zielreizes ablaufen. Das konvergente Gradienten-Filter-Modell wurde eingesetzt, um die zugrundeliegenden neuronalen Mechanismen, die zum Auftreten der N2pc führen, aufzuzeigen. Hierbei wird vermutet, dass die N2pc die Spiegelung der neuronalen Aktivität ist, die mit der Lokalisierung des Zielreizes einhergeht. Es wurde aufgezeigt, dass das Ende der N2pc gleichzeitig mit der erfolgreichen Lokalisierung des Zielreizes stattfindet. Hierbei wurde herausgefunden, dass stärkere Repräsentationen des Zielreizes eine kürzere N2pc hervorrufen (Tan Wyble, 2015).
Unabhängig von den neueren Theorien zum Phänomen der N2pc (z.B. Hickey et al., 2009; Tan Wyble, 2015) gibt es bereits einige Erkenntnisse bezüglich Faktoren, die das Auftreten einer N2pc sowie die Stärke der Ausprägung dieser beeinflussen. Woodman und Luck (1999) fanden heraus, dass sich die N2pc in Aufgaben nachweisen lässt, in denen Augenbewegungen der Probanden verhindert werden. Zudem ist die N2pc bereits messbar, bevor die Versuchspersonen manuelle Reaktionen zeigen. Woodman und Luck (1999) gelang es außerdem, eine N2pc in Aufgaben zu messen, bei denen vom Proband keine Reaktion auf bestimmte Reize verlangt wurde. Abhängig von der Art des dargebotenen Stimulusmaterials tritt die N2pc in verschiedenen Ausprägungen auf. Eine größere N2pc ist zu erwarten, wenn der Zielreiz durch mehrere unabhängige Eigenschaften gekennzeichnet ist anstatt sich nur durch ein Merkmal auszuzeichnen (Hopf et al., 2000; Luck et al., 1997). Eimer (1996) fand heraus, dass eine größere N2pc zu erwarten ist bei visuellen Suchaufgaben, bei denen sich Zielreize und Distraktoren im Bezug auf die Form unterscheiden, im Gegensatz zu Aufgaben, bei denen es sich nur um unterschiedliche Farben handelt. Daher kann im hier beschriebenen Experiment nicht mit einer großen N2pc gerechnet werden, da sich der Zielreiz nur bezüglich der Farbgebung von dem salienten sowie den anderen Distraktoren unterscheidet. Bezüglich der Form gleichen sich alle Stimuli, lediglich die Richtung, in die die Diamanten zeigen, unterscheidet sich bei der Hälfte der Distraktoren vom Zielreiz. Nach Luck et al. (1997) kommt es zudem zu einer größeren N2pc, wenn die Probanden den Standort des Zielreizes erst bestimmen müssen im Gegensatz zu Aufgaben vor deren Präsentation sie bereits wissen, an welcher Stelle des Bildschirms der Zielreiz dargeboten wird. Dies ist im hier beschriebenen Experiment der Fall. Woodman und Luck (2003) veröffentlichten Ergebnisse, die bestätigen, dass eine N2pc nur auftritt, wenn die Versuchspersonen ihre Aufmerksamkeit direkt auf ein Item richten, während sie ausbleibt, wenn die Probanden wenig zielgerichtet agieren. Dies ist zurückführbar auf die Mittelung, die in diesem Fall über mehrere Standorte geschieht. Es gibt des Weiteren Erkenntnisse, dass eine größere N2pc auftritt, wenn die Distraktoren in räumlicher Nähe des Zielreizes angeordnet sind, anstatt weit davon entfernt (Luck et al., 1997). Die N2pc tritt typischerweise in Verbindung mit Zielreizen auf. Allerdings ist es auch möglich, dass sich eine N2pc aufgrund der Präsenz von Distraktoren zeigt. Dies ist jedoch nur der Fall für Distraktoren, die dem Zielreiz so stark ähneln, dass es eine sehr genaue Überprüfung der Unterschiede erfordert (Hopf et al., 2000; Luck Hillyard, 1994). Nach Luck et al. (1997) führt eine Erhöhung der Anzahl der Distraktoren zu einer erhöhten Interferenz. Dies stellt erschwerte Anforderungen an die Aufmerksamkeit dar und führt daher zu längeren Reaktionszeiten bei der Identifikation des Zielreizes. Trotzdem ist eine Korrelation mit einer größeren N2pc feststellbar. Das bedeutet, dass die N2pc stärker ausgeprägt ist, umso mehr Distraktoren neben dem Zielreiz präsentiert werden (Hopf et al., 2000) . Trotzdem zeigen Mazza et al. (2009) Ergebnisse auf, nach denen in einigen Studien eine starke N2pc beobachtbar war, obwohl nur ein Distraktor präsentiert wurde, der sich zudem auf der anderen Bildschirmhälfte als der Zielreiz befand. Ein weiteres interessantes Ergebnis veröffentlichten Heitz et al. (2010), die im oben beschriebenen Makkaken-Experiment feststellten, dass auch eine N2pc ausgelöst wurde, wenn die Affen eine Aufgabe fehlerhaft beantworteten. Die N2pc wurde dadurch ausgelöst, dass der gewählte Distraktor als Zielreiz erkannt wurde und der richtige Zielreiz im Gegensatz für einen Distraktor gehalten wurde. Forschungen von Luck und Hillyard (1994) haben ergeben, dass die Präsentation eines Zielreizes nicht in jedem Fall zu einer N2pc führt. Es tritt keine N2pc auf, wenn der Zielreiz völlig ohne Distraktoren dargeboten wird. Dies ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Distraktoren als Störungsquelle fungieren, die in dieser Bedingung wegfällt. Jedoch reicht bereits ein präsentierter Distraktor aus, um das Auftreten einer N2pc zu fördern (Eimer, 1996; Luck et al., 1997; Luck Hillyard, 1994). Es findet sich zudem eine stark verminderte bis zu völlig fehlender N2pc für den Fall, dass der dargebotene Distraktor sofort als solcher erkannt wird, da er keine gemeinsamen Eigenschaften mit dem Zielreiz aufzeigt und sich somit in seiner Ausprägung zu stark von diesem unterscheidet. (Hopf et al., 2000; Luck Hillyard, 1994). Eine weitere Erkenntnis erlangten Luck und Hillyard (1994), die herausfanden, dass keine N2pc auftritt, wenn alle dargebotenen Distraktoren identisch sind und sich nur der Zielreiz von ihnen unterscheidet. Zwar kann, wie oben beschrieben, eine N2pc auch durch Distraktoren ausgelöst werden, die dem eigentlichen Zielreiz stark ähneln, jedoch nicht durch verschiedene, sich unterscheidende Distraktoren (Luck Hillyard, 1994). In Experimenten von Hickey et al. (2006) konnte festgestellt werden, dass eine N2pc auch auftritt, wenn zusammen mit dem Zielreiz ein salienter Distraktor präsentiert wird, wie es im in dieser Arbeit beschriebenen Experiment der Fall ist. In von Hickey et al. (2006) durchgeführten Experimenten entstand eine N2pc die dem Standort des salienten Distraktors entsprach und gefolgt wurde von einer weiteren N2pc, die auf die Position des Zielreizes zurückführbar war. Es gibt zudem Ergebnisse die zeigen, dass durch den Zielreiz eine größere N2pc ausgelöst wird, wenn er von salienten Ablenkreizen umgeben ist (Hickey et al., 2006). Ergebnisse von Gaspar und McDonald (2014) zeigen, dass die N2pc, die ein salienter Distraktor auslösen kann, unterdrückt wird, wenn die Probanden nach einem anderen, weniger stark salienten Distraktor suchen. Ungeklärt ist jedoch der Einfluss der Farbgebung der salienten Ablenkreize auf das Ergebnis. Hopf et al. (2004) führten eine visuelle Suchaufgabe durch, bei der blaue, rote und grüne Items dargeboten wurden. Während die blauen immer als Distraktoren fungierten, bekamen die Versuchspersonen randomisiert für jede einzelne Versuchsbedingung entweder das grüne oder das rote Item als Zielreiz zugewiesen. Das jeweils andersfarbige Item fungierte als salienter Distraktor. Hopf et al. (2004) schließen nicht aus, dass die roten und grünen Items auch einen Einfluss auf die Antwort der Versuchspersonen ausübten, wenn sie als saliente Distraktoren dargeboten wurden. Sie vermuten eine Ausrichtung der Aufmerksamkeit in Richtung der salienten Distraktoren, welcher durch den Versuchsaufbau nicht entgegengewirkt wurde. Zwar unterscheidet sich das Experiment von Hopf et al. thematisch stark von dem in dieser Arbeit beschriebenen, der Versuchsaufbau weist allerdings einige Parallelen auf, wodurch ein unkontrollierter Einfluss der Farben der salienten Distraktoren auf die Antworten der Versuchspersonen nicht auszuschließen ist. Theeuwes (1991) fand zudem heraus, dass saliente Distraktoren, die sich aufgrund ihrer Farbe vom Zielreiz unterscheiden ein höheres Salienzniveau aufweisen als solche, die aufgrund ihrer Form abweichen. Dies ist im dieser Arbeit zugrundeliegenden Experiment der Fall.
Im Rahmen des vorliegenden Experiments wurde neben 18 Distraktoren und einem Zielreiz auch ein salienter Distraktor präsentiert, der die Probanden ablenken sollte. Die Frage die sich stellt ist jedoch, warum sich die Versuchspersonen durch den präsentierten salienten Distraktor überhaupt von ihrer eigentlichen Aufgabe abbringen lassen. In den letzten Jahren gab es verschiedene Forschungsgruppen (z.B. Burnham, 2007; Corbetta Shulman, 2002; Rauschenberger, 2003), die sich mit der Frage beschäftigten, inwieweit die Menschen ihre Entscheidungen mittels eines sogenannten „Top-Down“-Prozesses treffen, also selbstbestimmt und selbstgesteuert. Die „Top-Down“-Prozesse wurden erstmals von Posner (1980) beschrieben, der dieses Vorgehen definiert als willentliche und kontrollierbare Entscheidungsfindung auf absichtsvoller Basis. Kritiker bestreiten die Möglichkeit zur gezielten Auswahl auf Basis eines „Top-Down“-Prozesses und behaupten, dass die Antworten der Probanden im Rahmen einer „Bottom-Up“-Entscheidung getroffen werden, also automatisch auf Basis der Merkmale und Eigenschaften der Stimuli und unabhängig von den eigenen Zielen sowie der Instruktion (Theeuwes, 2010). Die automatische Vorgehensweise nach dem „Bottom-Up“-Prinzip wird beispielsweise postuliert von Theeuwes (2010). Seiner Ansicht nach findet die visuelle Auswahl der Objekte ausschließlich durch „Bottom-Up“-Mechanismen statt und ist somit unabhängig von der durch den Beobachter beabsichtigten Auswahl. Erst im späteren Verlauf der Aufmerksamkeitsverarbeitung kommt es nach Ansicht Theeuwes (2010) zu einem „Top-Down“-Prozess. Er argumentiert für die Vorstellung, dass sich bei der Darbietung von Reizen die Aufmerksamkeit zu Beginn über das gesamte Blickfeld verteilt und die vom Gehirn getroffene visuelle Auswahl völlig vom Reiz bestimmt ist. Die Rückkopplungsverarbeitung tritt zu einem späteren Zeitpunkt ein. Erst dann ist die willentliche Kontrolle wieder hergestellt und der Proband kann auf Basis eines „Top-Down“-Prozesses über Erwartung und Ziel entscheiden. Theeuwes (2010) belegt seine Theorie durch den Fakt, dass die Nachweise einer „Top-Down“-Steuerung bei der visuellen Suche in den meisten Fällen zeigen, dass diese sich erst auf später ablaufende Prozesse bezieht. Sie treten erst nach der ersten Auswahl ein. Theeuwes (2010) fand heraus, dass das Wissen, das die Probanden über den Zielreiz besitzen und das unabhängig von der räumlichen Lage dieses ist, die Art der Auswahl nicht verändert. Allein die Größe des betrachteten Fensters scheint einen Einfluss zu haben, ob der Proband die
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- Linda Mitterweger (Author), 2015, Auftreten von N2pc im Rahmen von Fehlern bei visuellen Suchaufgaben, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/457301
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