Der Vertrauensbegriff hat in den letzten Jahren im Kündigungsrecht stark an Präsenz gewonnen. „Vertrauen ist der Anfang von allem“, so lautete ein bekannter Werbeslogan der Deutschen Bank. Er benennt zutreffend die Grundlage für gesellschaftliche Beziehungen, insbesondere für dauerhafte Vertragsverhältnisse. Denn zwischenmenschliches Zusammenleben und -arbeiten ist ohne ein gewisses Maß an Vertrauen nicht denkbar. Schließlich vertraut der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Umgang mit seinen Rechtsgütern an und umgekehrt.
Wenn allerdings das für ein Arbeitsverhältnis elementar wichtige Vertrauen durch Diebstahl verloren geht, so sollte sich der Arbeitgeber auch schnellstmöglich von seinem Vertragspartner wieder lösen können. Auf der anderen Seite vertraut der Arbeitnehmer gleichermaßen in das bestehende Arbeitsverhältnis und die damit verbundene finanzielle Absicherung. Aus diesem Grund könnte man das Zitat gleichwohl auch umdrehen in ,,Kein Vertrauen ist das Ende von allem“.
Vor allem der Vertrauensverlust nach geringwertigen Vermögensdelikten ist in der Vergangenheit häufig thematisiert worden. So könne die Entwendung sehr geringwertiger Vermögensgegenstände, wie beispielsweise eines Bienenstichkuchens in Höhe von umgerechnet 30 Cent, das Vertrauen bereits unwiederbringlich erschüttern. Daraus resultierend erlangte die entscheidende Frage, ob ein Vertrauensverlust mit einem wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB gleichgestellt werden kann und mithin eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt, regelrecht mediale Prominenz, denn grundsätzlich galt ,,wer klaut, der fliegt“. Dieses arbeitsrechtliche Phänomen wurde gesellschaftspolitisch stark kritisiert. Nach dem Bekanntwerden des „Emmely-Urteils“ im Jahre 2009, bei dem eine Kassiererin wegen eines geringen Vermögensschadens in Höhe von 1,30 Euro nach über 30 Jahren Betriebszugehörigkeit fristlos gekündigt wurde, entfachte eine öffentliche Debatte über das allgemeine Anstands- und Gerechtigkeitsgefühl. Dabei stellt die Thematik außerordentlicher Kündigungen bei geringfügigen Vermögensdelikten keinesfalls einen neuerlichen arbeitsrechtlichen Diskurs dar.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Vertrauensverlust als Kündigungsgrund
- Begriff und Rechtsgrundlagen
- Arten des Vertrauensverlustes
- Geringwertige Vermögensdelikte
- Abgrenzung zu anderen Delikten
- Rechtsfolgen geringwertiger Vermögensdelikte
- Die außerordentliche Kündigung
- Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung
- Rechtsfolgen der außerordentlichen Kündigung
- Die Rechtsprechung zu geringwertigen Vermögensdelikten und der außerordentlichen Kündigung
- Das "Emmely"-Urteil des BAG
- Die Rechtsprechung nach dem "Emmely"-Urteil
- Kritik an der Rechtsprechung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert den Vertrauensverlust als Rechtsgrundlage für eine außerordentliche Kündigung im Zusammenhang mit geringwertigen Vermögensdelikten. Sie befasst sich mit der Abgrenzung von geringwertigen Vermögensdelikten, den Rechtsfolgen dieser Delikte und den Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung.
- Bedeutung von Vertrauensverlust im Arbeitsverhältnis
- Juristische Abgrenzung geringwertiger Vermögensdelikte
- Rechtliche Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung
- Auswirkungen des "Emmely"-Urteils auf die Rechtsprechung
- Kritische Betrachtung der Rechtsprechung
Zusammenfassung der Kapitel
- Das Kapitel "Einleitung" erläutert die Relevanz des Themas und beschreibt den Aufbau der Arbeit.
- Das Kapitel "Vertrauensverlust als Kündigungsgrund" beschäftigt sich mit dem Begriff des Vertrauensverlustes im Arbeitsrecht und den dazugehörigen Rechtsgrundlagen.
- Das Kapitel "Geringwertige Vermögensdelikte" behandelt die Abgrenzung geringwertiger Vermögensdelikte von anderen Delikten und deren rechtliche Folgen.
- Das Kapitel "Die außerordentliche Kündigung" erläutert die Voraussetzungen und Rechtsfolgen der außerordentlichen Kündigung im Arbeitsverhältnis.
- Das Kapitel "Die Rechtsprechung zu geringwertigen Vermögensdelikten und der außerordentlichen Kündigung" analysiert die Rechtsprechung zu diesem Thema, insbesondere das "Emmely"-Urteil des Bundesarbeitsgerichts.
- Das Kapitel "Kritik an der Rechtsprechung" diskutiert kritische Punkte der Rechtsprechung zum Vertrauensverlust bei geringwertigen Vermögensdelikten.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Vertrauensverlust, außerordentliche Kündigung, geringwertige Vermögensdelikte, das "Emmely"-Urteil des Bundesarbeitsgerichts und die aktuelle Rechtsprechung zu diesem Thema. Weiterhin werden die Begriffe "Verhaltensbedingte Kündigung", "Abmahnung" und "Proportionalität" behandelt.
- Citar trabajo
- Lea Marie North (Autor), 2017, Vertrauensverlust als Basis einer außerordentlichen Kündigung bei geringwertigen Vermögensdelikten, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/456770