Thomas Hobbes lebte von 1588-1679 in England bzw. ging 1640 ins Exil nach Frankreich, also zur Zeit des englischen Bürgerkriegs, welcher von 1642 bis 1649 andauerte. Aufgrund dessen ist es plausibel, dass Thomas Hobbes Werk „Leviathan“ 1651 erschien, da England kurz nach dem Bürgerkrieg und der Hinrichtung des Königs, in einen chaotischen und unsicheren Zustand verfiel. Die Etablierung einer neuen Staatsform war somit notwendig. Hobbes hatte demzufolge nicht zwingend die Absicht den perfekten Staat zu gründen, sondern den Krieg zwischen Menschen, welchen er als sogenannten „Naturstand“ bezeichnet, zu verhindern um „dem elenden Kriegszustand zu entkommen“ (Hobbes/Leviathan 1984 S. 132). Dementsprechend steht Hobbes am Beginn der modernen Staatstheorie im Sinne der Vertragstheorien.
Verfasser:
König, Julian | Lektürekurs | Exzerpt zur Sitzung am 28.11.18
Primärliteratur:
Hobbes, Thomas. „Leviathan“, 1651, (Kap. 16-18). Aus dem Englischen von Walter Euchner, Suhrkamp Taschenbuch, 1984, Neuwied und Berlin
Historische Einordnung
Thomas Hobbes lebte von 1588-1679 in England bzw. ging 1640 ins Exil nach Frankreich, also zur Zeit des englischen Bürgerkriegs, welcher von 1642 bis 1649 andauerte. Aufgrund dessen ist es plausibel, dass Thomas Hobbes Werk „Leviathan“ 1651 erschien, da England kurz nach dem Bürgerkrieg und der Hinrichtung des Königs, in einen chaotischen und unsicheren Zustand verfiel. Die Etablierung einer neuen Staatsform war somit notwendig. Hobbes hatte demzufolge nicht zwingend die Absicht den perfekten Staat zu gründen, sondern den Krieg zwischen Menschen, welchen er als sogenannten „Naturstand“ bezeichnet, zu verhindern um „dem elenden Kriegszustand zu entkommen“ (Hobbes/Leviathan 1984 S. 132). Dementsprechend steht Hobbes am Beginn der modernen Staatstheorie im Sinne der Vertragstheorien.
Ve rtretung und Autorisation
Thomas Hobbes definiert ganz zu Anfang den Unterschied zwischen einer sogenannten „natürliche[n] Person“ (S. 123) und einer „fingierte[n] oder künstliche[n] Person“ (ebd.) Eine natürliche Person ist gemäß Hobbes der Urheber bzw. „Autor“ seiner Worte und Handlungen, welche er jedoch durch eine andere Person vertreten lassen kann „Und stellt jemand einen anderen dar, so sagt man, er verkörpere seine Person oder handle in seinem Namen“ (ebd.)
Diese Übertragung nennt Hobbes „autorisiert[e] Handlung“ (S. 124). Sie ermächtigt den Vertreter im Namen des Autors zu handeln. Daraus resultiert, dass alle Verpflichtungen, welcher der Vertreter eingeht, den Vertretenden im gleichen Maße verpflichtet, so „als hätte ihn dieser selbst abgeschlossen [...] (ebd.).
Dieses Paradigma ist grundlegend, für Hobbes Staatstheorie. Er sieht die Menschen als Autoren, welche ihre „Macht und Stärke“ (S. 134) auf eine einzelne Person oder Versammlung von Personen übertragen können, damit diese Person oder Versammlung von Personen über sie regieren kann, „sofern dies mit der besonderen Zustimmung jedes einzelnen [...] geschieht“ (S. 125). Hobbes sieht es also als notwendig an, dass die Menschen ihre persönliche Freiheit an eine Instanz übergeben und dieser folglich eine enorme Macht verleihen, damit sie die Menschen beschützen kann. Es gilt quasi als Epochenbruch, dass Hobbes die Legitimation des Monarchen nicht durch Gott gegeben ansieht, wie es zum Beispiel Jean Bodin tat, sondern als eine Übereinkunft der Untertanen.
Hobbes zeigt jedoch auf, dass die Übertragung der Macht auf eine Versammlung von Personen, schwieriger ist als wenn man sie auf eine Person überträgt. Bei der Findung der Stimmenmehrheit innerhalb einer Versammlung ist es noch offensichtlich, „wenn die Vertretung aus vielen Menschen besteht, so muß die Stimme der Mehrzahl als die Stimme aller angesehen werden“ (S. 126, Hobbes). Wenn jedoch die Vertretung aus einer geraden Anzahl von Personen besteht, so ist sie „oft stumm und handlungsunfähig“ (ebd.). Sie kann aber auch genauso „stumm“ und „zur Regierung einer Menge unfähig“ (ebd.) sein, wenn sie aus einer ungeraden Anzahl an Personen besteht. „Wegen der Verschiedenheit der Meinungen und Interessen“ (ebd.) können sie ebenfalls unfähig sein etwas zu beschließen zumal sie von ihren „besonderen Urteilen und Neigungen geleitetet werden“ können und infolgedessen „gegeneinander Krieg“ führen“ (S. 132).
Hobbes spricht sich folglich eher für einen Monarchen aus, anstatt einer Versammlung, auch wenn er diese Möglichkeit theoretisch offenlässt. Er befürchtet, dass die Berücksichtigung verschiedener Meinungen zu kritischen Auseinandersetzungen führt und infolgedessen wiederum zum Krieg untereinander. Außerdem ist die Einzelherrschaft unkomplizierter und lässt dem Souverän mehr Flexibilität um auf Ereignisse zu reagieren, was nach Hobbes „besonders in Kriegszeiten“ (ebd.) erforderlich ist. Für ihn steht also nicht zwingend die Qualität der Entscheidung im Vordergrund, welche durch eine Vielzahl von Menschen eher gegeben sein könnte, sondern lediglich, dass eine Entscheidung getroffen wird und der Staat nicht regierungsunfähig wird.
Diese Übertragung der Macht bzw. dieser Vertrag ist jedoch ein weiteres Kernelement der Staatstheorie von Hobbes. Ein sogenannter Gesellschaftsvertrag, welcher aber lediglich unter den Bürgern und nicht mit dem Souverän geschlossen wird. Wie die Vertragsschließenden zusammenkommen sollen, erklärt Hobbes Allerdings nicht. Dazu wäre folglich eine souveräne Machte vonnöten, welche jedoch bei Hobbes beschriebenen Naturzustand nicht existiert (Vgl. S. 131). Bei der Ernennung des Souveräns, kann man also von einer Blankovollmacht reden, welche die Bürger einer Person geben, in der Hoffnung oder in dem „Vertrauen“ (S. 135), dass sie in ihrem Interesse handelt. Tut sie es nicht, gibt es Hobbes zufolge soweit keine Sanktionierungsmöglichkeiten, da die Bürger alle ihre Recht an den Souverän abgetreten haben.
Definition Staat
Im Sinne von Hobbes sind Verträge bzw. Gesetze ohne Strafe „bloße Worte [...]“ (S. 131) Ergo muss der Staat mit dem „Schwert“ eingreifen, wenn die Menschen sich nicht an die Gesetze halten. Daher auch vermutlich der Name seines Werkes „Leviathan“. Der Staat soll einmachtvolles Ungeheuer darstellen vor dem man sich fürchten muss. Durch die weitere Beschreibung des Staates als „sterblichen [Gott]“ (S. 134) stellt Hobbes ihn sozusagen als unantastbar dar.
Ohne die Sicherheit des „Schwertes“, in Verbindung mit dem Konflikt zwischen den natürlichen Gesetzen und den natürlichen Leidenschaften des Menschen, welche Hobbes in vorangehenden Kapiteln bereits behandelt hat, würden die Menschen wieder in den Kriegszustand verfallen. Genau diesen Zustand möchte Hobbes verhindern. Die Gründung eines Staats ist also ein kollektives Mittel zur Wahrung des inneren Friedens.
Des Weiteren soll dieser Staat ein andauernder sein, denn nach dem Einberufen eines Souveräns „für eine begrenzte Zeit, z.B. in einer Schlacht oder in einem Krieg“ (S. 132), würde sich das Volk ebenfalls „wegen ihrer unterschiedlichen Interessen entzweien und wieder in einen Krieg untereinander zurückfallen, [da] sie nämlich [...] keinen gemeinsamen Feind haben“ (ebd.). „Der alleinige Weg zur Errichtung einer solchen Gewalt“ (S. 134) bzw. eines solchen Staates, besteht demnach darin, dass alle Menschen „[ihre Macht] und Stärke auf einen Menschen oder eine Versammlung von Menschen[...]“ übertragen. Es lässt sich sagen, dass sie sich quasi selbst entmündigen.
Die Einsetzung eines solchen Souveräns kann unter zwei Möglichkeiten erfolgen. Zum einen kann z.B. ein Vater seine Nachkommen zur Unterwerfung zwingen, was Hobbes als „Staat durch Aneignung“ (S. 135) bezeichnet. Zum anderen können „Menschen miteinander übereinkommen [und] sich willentlich einem Menschen oder einer Versammlung von Menschen [...] unterwerfen [...]“ (ebd.). Dies bezeichnet Hobbes als „politische[n] Staat“ oder als „Staat durch Einsetzung“ (ebd.)
Staat durch Einsetzung:
Für die Einsetzung eines Staates, sind nach Hobbes vier Faktoren unabdingbar. Als Erstes ist es zwingend notwendig, dass „die Vertragsschließenden nicht durch einen früheren Vertrag zu etwas verpflichtet sind“ (S. 136). Da es sich um einen wechselseitigen Vertrag unter den Bürgern handelt (Vgl. S. 134), würde „bei abweichender Ansicht irgendeines Menschen alle übrigen ihren Vertrag mit [jedem] Menschen [brechen]“ (S. 136) was mit „Ungerechtigkeit“ gleichzusetzen wäre. Als Zweites zeigt Hobbes auf, dass es seitens des Souveräns unmöglich ist den Vertrag zu brechen, da dieser Vertrag „untereinander und nicht zwischen ihm und jedem einzelnen [...]“ (S.137) geschlossen wurde. Als Folge dessen und aufgrund der Tatsache, dass die Menschen alle ihre Rechte an den Souverän abgetreten haben, kann sich „keiner seiner Untertanen [...] auf Verwirkung beruf[en]“ (ebd.)
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- Quote paper
- Julian König (Author), 2018, Thomas Hobbes' "Leviathan". Ein Exzerpt der Kapiteln 16 bis 18, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/456367
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