Mit dem aufsteigenden Kapitalismus zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde es erstmals möglich, Kinder massenhaft auszubeuten. Zuvor arbeiteten sie weitgehend im Heimgewerbe, in der familiären Hauswirtschaft und der Landwirtschaft. Dort erlernten sie elementare Produktionsweisen und arbeiteten unter der Aufsicht ihrer Eltern, jedoch noch nicht als Lohnarbeiter.
Kinderarbeit gab es also schon vor dem 19. Jahrhundert, doch hier hatte sie ihren Höhepunkt. Industrielle Kinderarbeit wurde damals, aus verschiedenen Gründen, als selbstverständlich angesehen. Diese Gründe werde ich als Einstieg in das Thema meiner Arbeit beschreiben, da sie die Grundlage für das späte Einsetzen einer staatlichen Gesetzgebung sind.
Ausgehend von den verschiedenen Ansichten zur Kinderarbeit, welche in diesen Erläuterungen deutlich werden, werde ich, im anschließenden Kapitel, auf Bemühungen einiger Unternehmer und Staatsmänner eingehen. Hier wird deutlich, dass das erste Kinderschutzgesetz nicht allein von staatlicher Seite initiiert wurde, sondern durch die Unternehmungen einzelner Industrieller und des Rheinischen Provinziallandtages. Ich beschreibe des Weiteren den Verlauf der ersten Kinderschutz Debatte dieses Landtages näher, da hier das Gesetz zum Schutze jugendlicher Arbeiter vorformuliert wurde. Die kontroversen Ansichten der einzelnen Teilnehmer spiegeln das Denken der Gesellschaft wieder.
Ich werde in meiner Arbeit auch die Verhandlungen in den Berliner Ministerien beschreiben, durch welche schließlich am 21.12.1838, in einer Staatsministerialsitzung , ein Gesetzesentwurf verabschiedet wurde, der zum Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabrikenwurde.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Gründe für die Selbstverständlichkeit industrieller Kinderarbeit
3. Die Zustände der arbeitenden Kinder
4. Die Genese des ersten Kinderschutzgesetzes
4.1. Der Verlauf der Kinderschutzdebatte im Rheinischen Provinziallandtag 1837
4.2. Die Verhandlungen in den Berliner Ministerien 1838/ 1839
5. Das Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter
6. Fazit
7. Quellenverzeichnis
8. Anhang
1. Einleitung
Mit dem aufsteigenden Kapitalismus zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde es erstmals möglich, Kinder massenhaft auszubeuten. Zuvor arbeiteten sie weitgehend im Heimgewerbe, in der familiären Hauswirtschaft und der Landwirtschaft. Dort erlernten sie elementare Produktionsweisen und arbeiteten unter der Aufsicht ihrer Eltern, jedoch noch nicht als Lohnarbeiter.[1]
Kinderarbeit gab es also schon vor dem 19. Jahrhundert, doch hier hatte sie ihren Höhepunkt. Industrielle Kinderarbeit wurde damals, aus verschiedenen Gründen, als selbstverständlich angesehen. Diese Gründe werde ich als Einstieg in das Thema meiner Arbeit beschreiben, da sie die Grundlage für das späte Einsetzen einer staatlichen Gesetzgebung sind.
Ausgehend von den verschiedenen Ansichten zur Kinderarbeit, welche in diesen Erläuterungen deutlich werden, werde ich, im anschließenden Kapitel, auf Bemühungen einiger Unternehmer und Staatsmänner eingehen. Hier wird deutlich, dass das erste Kinderschutzgesetz nicht allein von staatlicher Seite initiiert wurde, sondern durch die Unternehmungen einzelner Industrieller und des Rheinischen Provinziallandtages. Ich beschreibe des Weiteren den Verlauf der ersten Kinderschutz Debatte dieses Landtages näher, da hier das Gesetz zum Schutze jugendlicher Arbeiter vorformuliert wurde. Die kontroversen Ansichten der einzelnen Teilnehmer spiegeln das Denken der Gesellschaft wieder.
Ich werde in meiner Arbeit auch die Verhandlungen in den Berliner Ministerien beschreiben, durch welche schließlich am 21.12.1838, in einer Staatsministerialsitzung, ein Gesetzesentwurf verabschiedet wurde, der zum Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabriken wurde.
2. Gründe für die Selbstverständlichkeit industrieller Kinderarbeit
Um zu verstehen, warum der Staat erst so spät eine gesetzliche Regelung zur Eindämmung der Kinderarbeit hervorbrachte, sollte man sich die Anliegen der einzelnen Beteiligten verdeutlichen. Im Folgenden werden die wichtigsten Gründe aufgezeigt, warum der Staat, die Unternehmer und sogar die Eltern der arbeitenden Kinder sich gegen ein Gesetz aussprachen:
1. Kinderarbeit hat es schon immer gegeben. Die Industrialisierung kann also, anschließend an die Phase der Hausindustrie und der Landwirtschaft, als die zweite Phase der Kinderarbeit bezeichnet werden.
2. Kinderarbeit gab es nicht nur in Preußen sondern überall auf der Welt. Ob in Deutschland, England, Österreich, Frankreich, Belgien, Spanien oder der Schweiz, Kinder arbeiteten in der Industrie und in der Landwirtschaft.
3. Die bereits bestehenden Gesetze wurden als unzureichend angesehen. Das Allgemeine Landrecht von 1794 hatte zu viele Schlupflöcher und bot den Kindern keinen ausreichenden Schutz.
4. Die Massenarmut der Bevölkerung, die schon fast zum Dauerzustand geworden war, ließ Kinderarbeit zur Selbstverständlichkeit werden. Eltern befanden sich in einem Teufelskreis, da sie einerseits auf den Mitverdienst der Kinder angewiesen waren, andererseits durch die Kinderarbeit die Lohndrückerei und die eigene Arbeitslosigkeit mit förderten.
5. Die damaligen Maschinen gestatteten hauptsächlich die Verwendung von Arbeitern mit geringer Muskelkraft. Hier boten sich kleine und junge Kinder besonders gut an.
6. Die Industrie stand in einem harten Konkurrenzkampf untereinander und mit anderen Ländern. Sie brauchten die Kinder als billige Arbeitskräfte.
7. Man sah industrielle Arbeit als pädagogisch wertvoll an. Die Kinder sollten zum Fleiß, zur Ausdauer, zur Ordnung, Gewissenhaftigkeit und Geschicklichkeit erzogen werden.
8. Die soziale Frage hatte zur Zeit der Frühindustrialisierung noch keinen Bestand. Staatsmänner und Unternehmer waren wohl eher, von der sich schnell entwickelnden Industrie, geblendet und vorerst blind für die sozialen Probleme des Staates.[2]
Auf Grund der Einstellungen zur Kinderarbeit, die hier deutlich werden, verzögerte sich das Entstehen eines Gesetzes zum Schutze der Kinder erheblich, denn der Staat, die Industrie, die Unternehmer und sogar die Eltern profitierten vom Elend der Kinder.
3. Die Zustände der arbeitenden Kinder
In verschiedenen Berichten einzelner Staatsmänner und Beteiligter ist festgehalten, welchem Leid die Kinder in den Fabriken ausgesetzt waren. 1815 erschien, laut Meyer, das erste öffentliche Dokument dieser Art, ein Reisebericht des Direktors des öffentlichen Unterrichts am Niederrhein. Grashoff berichtet hier über „das leidige Fabrikwesen, diese wahre Pest für den physischen wie für den moralischen Menschen.“[3] Diesem Bericht wurde jedoch wenig Aufmerksamkeit geschenkt.
Aus 10 Berichten, welche 1824/25 von Beamten größerer Städte des Rheinlands, als Antwort auf ein Zirkular des Kultusministeriums angefertigt wurden geht weiter hervor, dass die Zustände in den Fabriken sehr schlecht waren.[4]
„Sie [die Kinder] leiden fast ausschließlich an Brust- und Lungenleiden, Schwindsucht, allgemeiner Körperschwäche, an Abmagerung, Blässe, Aufgedunsenheit des Gesichts oder des Bauches; die Kinder in den Gruben- und Pochwerken an Silikose und Untätigkeit des Hautsystems. Die heranwachsenden Kinder sind weitgehend verkrüppelt, ihre Organe in der Ausbildung zurückgeblieben.“[5]
Gegen Ausbeutung und Ausnutzung konnten die Kinder sich nicht wehren, denn alle Instanzen standen gegen sie. Ob Eltern, Behörden, Fabrikanten oder Arbeiter, mit denen sie zusammen arbeiteten, niemand setzte sich für sie ein. Sie lebten in katastrophalen Wohnverhältnissen und ihre Hauptnahrungsmittel waren Kartoffeln und Salz, Mehlbrei, grobes Brot und eventuell Hülsenfrüchte.[6]
Die Berichte auf von Altensteins Zirkular und die Reiseberichte einzelner Staatsmänner legten den Grundstein für das Entstehen eines Gesetzes zum Schutze der Kinder.
4. Die Genese des ersten Kinderschutzgesetzes
Durch die Zirkular-Verfügung von Altensteins sollte 1824 die Lage der Fabrikkinder in allen industriereichen Bezirken der preußischen Monarchie geklärt werden. Die Regierungen von Aachen, Trier, Köln, Koblenz, Düsseldorf, Arnsberg, Münster, Minden, Breslau und Liegnitz wurden über Alter, Gesundheit, Unterricht, Art und Dauer der Arbeit und sittlichem Verhalten der Kinder befragt. Die Regierungen wurden außerdem aufgefordert, Vorschläge für eine Gesetzgebung einzureichen.[7]
[...]
[1] vgl. Stark- van der Haar, Elke/ Heinrich van der Haar: Kinderarbeit in der Bundesrepublik und im Deutschen Reich: Eine Bestandaufnahme über Ausmaß und Folgen der Beschäftigung von Kindern und über den gesetzlichen Kinderschutz. Berlin, 1980. S.11.
[2] vgl. Adolphs, Lotte: Kinderarbeit - Lehrerverhalten - Schulrevision im 19. Jahrhundert. Duisburg, 1979. S.17ff. (Gründe wurden zusammengefasst)
[3] Meyer, Adolf Heinrich Georg: Schule und Kinderarbeit. Das Verhältnis von Schul- und Sozialpolitik in der Entwicklung der Preußischen Volksschule zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Hamburg, 1971. In: Adolphs, 1979. S.20.
[4] vgl. Herzig, Arno: Kinderarbeit in Deutschland in Manufaktur und Protofabrik. In: Archiv für Sozialgeschichte. Bd. 23. 1983. S.343.
[5] StdaIs. Bestand I. W. 32/2. Militärstammrollen der Stadt Iserlohn (Jge. 1824 ff). In: Herzig, 1983. S.343.
[6] vgl. Herzig, 1983. S.343.
[7] vgl. Anton, Günter K.: Geschichte der preußischen Fabrikgesetzgebung. In: Schmoller, Gustav (Hg.): Staats- und sozialwissenschaftliche Forschung. Leipzig, 1891. In: Adolphs, 1979. S.25.
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- Sabine Jaki (Author), 2005, Die staatliche Gesetzgebung zur Kinderarbeit im frühen 19. Jahrhundert: das Beispiel des preußischen Regulativs von 1839, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45624
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