Vom offenen Judenhass hat man sich in nahezu allen politischen Lagern komplett losgesagt. Auch das scheint im Deutschland des 21. Jahrhunderts Grundvoraussetzung zum demokratischen Dialog zu sein, wie ebenfalls der Antisemitismusforscher Wolfgang Benz treffend formulierte: „Öffentlicher Antisemitismus darf in der Bundesrepublik nicht stattfinden, das gehört zu den Gesetzen der politischen Kultur in Deutschland nach Auschwitz.“
Zwar gibt es hin und wieder Debatten über Antisemitismus, wie jüngst um die Echo-Preisverleihung im April 2018 oder um die islamische Variante des Judenhasses, aber man ist sich weitestgehend einig, dass es sich dabei meist um Einzelfälle oder wenigstens um der eigenen Gruppe ferne Einstellungen handelt, von denen man sich stets schleunigst distanziert. Doch kommt dieser Wandel der empirischen Wirklichkeit der Judenfeindschaft tatsächlich daher, dass Antisemitismus als antimodernes Ressentiment gegen Juden blitzartig ausgestorben ist, oder artikuliert sich dieser Hass unter der Bedingungen des antisemitischen Massenmords nach 1945 einfach nur anders? In der Antisemitismusforschung redet man in positiver Beantwortung der letzteren These vom sekundären Antisemitismus, Schuldabwehrantisemitismus oder auch dem Antisemitismus nicht trotz, sondern wegen Auschwitz. Allen diesen Begriffen liegt die Vorstellung zugrunde, dass sich der Judenhass nach 1945 gewandelt hat, was ohne den Bezug auf die Shoa nicht möglich wäre. So wird in der Erforschung dieser Phänomene schon lange, mit unterschiedlichsten Mitteln und oft nicht frei von Kontroversen, deren Veränderung und Verquickung mit anderen Ideologien wie Antiamerikanismus, Antikapitalismus und Islamismus betrachtet. Mit der Gründung des Staates Israel 1948 als Schutzraum für alle Juden, aber auch schon mit den dahingehenden Bestrebungen, ergab sich außerdem eine neue Zielscheibe für antisemitische Agitationen. Deshalb ist die Erforschung des Antizionismus und damit des israelbezogenen Antisemitismus heute eine der größten Aufgabenfelder der Antisemitisforschung.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Sekundärer Antisemitismus
- Definition
- Beispiele
- Leugnung und Relativierung der Shoa
- Schuldabwehr und Schlussstrich
- Täter-Opfer-Umkehr
- Israelbezogener Antisemitismus
- Definition
- Beispiele
- Vergleichende Betrachtung
- Aktuelle statistische Erhebungen
- Motive und Ressentiments
- Beurteilung und Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit dem Verhältnis von sekundärem und israelbezogenem Antisemitismus. Sie analysiert, ob und wie sich diese beiden Formen des Antisemitismus gegenseitig bedingen und wie sie im Kontext des Holocaust und der Gründung des Staates Israel zu verstehen sind.
- Die Definition und Charakterisierung des sekundären Antisemitismus
- Die Rolle des Holocaust in der Entstehung des sekundären Antisemitismus
- Die Definition und Charakterisierung des israelbezogenen Antisemitismus
- Der Vergleich von sekundärem und israelbezogenem Antisemitismus hinsichtlich ihrer Motive und Ressentiments
- Die Frage nach der wechselseitigen Bedingtheit von sekundärem und israelbezogenem Antisemitismus
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung beleuchtet die Frage, ob Antisemitismus nach 1945 tatsächlich verschwunden ist oder sich in einer neuen Form, dem sekundären Antisemitismus, manifestiert. Es wird die These aufgestellt, dass der Antisemitismus nach Auschwitz nicht trotz, sondern wegen des Holocaust in einer sekundären Form auftritt.
- Sekundärer Antisemitismus: Dieses Kapitel definiert den sekundären Antisemitismus und erläutert, wie er sich von traditionellem Antisemitismus unterscheidet. Es wird die Rolle der Schuldabwehr und der Leugnung der Shoa im sekundären Antisemitismus betrachtet.
- Israelbezogener Antisemitismus: Dieses Kapitel definiert den israelbezogenen Antisemitismus und zeigt, wie er sich in der heutigen Zeit äußert. Es werden verschiedene Beispiele für israelbezogenen Antisemitismus angeführt.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter der Hausarbeit sind: Sekundärer Antisemitismus, Israelbezogener Antisemitismus, Holocaust, Schuldabwehr, Leugnung, Relativierung, Shoa, Antizionismus, Motive, Ressentiments, Antiamerikanismus, Antikapitalismus, Islamismus.
- Citar trabajo
- Anonym (Autor), 2018, Sekundärer Antisemitismus und dessen Verhältnis zu israelbezogenem Antisemitismus, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/455778