Kundenmanagement ist für viele Unternehmen in den letzten Jahrzehnten immer wichtiger geworden. Wo früher der schnelle Verkauf als Höhepunkt der Geschäftsbeziehung galt und die Kundenbindung eher nachrangig betrachtet wurde, rückt heute der Kunde in den Mittelpunkt der Betrachtung. Ziel dieser Arbeit ist es herauszuarbeiten, wie diese Kundenbeziehungen effizient zu steuern sind.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll geklärt werden, wie mittels Customer Relationship Management Kundenbeziehungen analysiert, Erkenntnisse gewonnen und Handlungsempfehlungen abgeleitet werden können, damit langfristige Geschäftsbeziehungen den Kunden zufriedenstellen, Unternehmen aber gleichzeitig auch nachhaltige Erträge erzielen. Dazu werden die Grundlagen erfolgreicher Kundenbeziehungen erörtert und Analysemethoden, die auf Kundenbeziehung angewendet werden können, vorgestellt. Für die Steuerung von Kundenbeziehungen mittels Customer Relationship gilt es umfangreiche Voraussetzungen zu schaffen und diverse Herausforderungen zu meistern. Diese werden vorgestellt und mögliche Handlungsvarianten erarbeitet.
Das gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts populär gewordene Outsourcing soll im Rahmen dieser Arbeit als Beispielbranche dienen. Aufgrund der de facto langfristigen Ausrichtung der Zusammenarbeit zwischen Kunden und Unternehmen dient diese Branche als anschauliches Beispiel für das Management von Kundenbeziehungen.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ziel der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit
2 Grundlegung
2.1 Outsourcing
2.1.1 Definition und Historische Entwicklung
2.1.2 Vorteile und Grenzen des Outsourcings
2.2 Qualität
2.2.1 Qualitätskosten
2.2.2 Kano-Modell
2.2.3 Quality Function Deployment
2.2.4 Total Quality Management und Business Excellence
2.2.5 Six Sigma
2.3 Der Begriff Kundenmanagement
2.3.1 Kundenbeziehungslebenszyklus
2.3.2 Customer Journey
2.4 Customer Relationship Management
2.4.1 Definition und historische Entwicklung
2.4.2 Werkzeuge des CRM
2.4.3 Kennzahlen und Kennzahlensysteme
3 Analyse der Kundenstruktur
3.1 ABC-Analyse
3.2 Kundenrentabilitätsanalyse
3.3 Customer Lifetime Value
3.4 Kundenscoring
3.5 Kundenportfolio
4 Steuerung der Kundenbeziehungen im Rahmen des Kundenmanagements
4.1 Umgang mit unprofitablen Kunden
4.2 Kundenbindung und -ausbau
4.3 Kundenrückgewinnung
4.4 Neukundengewinnung
4.5 Kundenorientierung
4.6 Beschwerden und Kundenzufriedenheit
5 Herausforderungen bei der Steuerung von Kundenbeziehungen
5.1 Umsetzungsbarrieren und Unternehmenskultur
5.2 Mitarbeiterorientierung
5.3 Qualität und Kundenerwartungen
5.4 Datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen für das CRM
6 Fazit
Anlagenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Klassifizierungsmatrix
Abbildung 2 Taguchi-Verlustfunktion
Abbildung 3 Kano-Modell der Kundenzufriedenheit
Abbildung 4 Zehnerregel der Fehlerkosten nach Daimler Benz
Abbildung 5 PDCA-Zyklus
Abbildung 6 Kundenbeziehungslebenszyklus
Abbildung 7 Entwicklung der Märkte
Abbildung 8 Abgrenzung des Customer Relationship Managements
Abbildung 9 Bestandteile des CRM
Abbildung 10 Kundenportfolio und BCG-Matrix
Abbildung 11 Kundenverteilung
Abbildung 12 ABC- / Umsatzanalyse des Kundenstamms der Outsourcing GmbH
Abbildung 13 Rentabilitätsverteilung
Abbildung 14 Monetärer Nutzen langfristiger Kundenbeziehungen
Abbildung 15 Determinanten des Kundenwerts
Abbildung 16 Übersicht der CLVs des Kundenstamms
Abbildung 17 Kundenportfolio der Outsourcing GmbH
Abbildung 18 Kundensegmentierung
Abbildung 19 Kundentypen im Rückgewinnungsmanagement
Abbildung 20 Neukundengewinnungstrichter - Sales Funnel
Abbildung 21 Kundenorientierte Hierarchie
Abbildung 22 Wirkungskette der Kundenorientierung
Abbildung 23 Kundenverhalten
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Kundendeckungsbeitragsrechnung
Tabelle 2 Kundenscoring
Tabelle 3 Kundenverteilung Portfolio und ABC
Tabelle 4 Erfolgs-, Verlust-, Abschlussquoten
Tabelle 5 Erwartete Abschlüsse und Umsätze
Tabelle 6 Umsatzlückenanalyse
Tabelle 7 Nutzen verschiedener Kundenreaktionen
Tabelle 8 Modifizierter Kano-Fragebogen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Ziel der Arbeit
In der Nachkriegszeit herrschte eine allgemeine Aufbruch- und Wiederaufbaustimmung, die zu einem Wirtschaftswunder führte. Der Faktor Arbeit war günstig, das erbarbeitete Einkommen beflügelte den Konsum und die Profite der Unternehmen stiegen. Hatten die Unternehmen zuerst noch relativ große Handlungsspielräume, da ein Anbietermarkt vorherrschte, wuchs in der Zwischenzeit die Macht der Konsumenten. Ab Mitte der 1970er Jahre hielt die Informationstechnologie zu immer erschwinglicheren Kosten Einzug in deutsche Unternehmen und die zunehmende Globalisierung stellte deutsche Unternehmen vor zusätzliche Herausforderungen. Mittlerweile herrscht auf dem deutschen Markt eine Transparenz, die es Nachfragern ermöglicht Leistungen und Unternehmen konsequent zu vergleichen und objektivere Entscheidungen zu treffen. Dies hat zur Folge, dass Unternehmen mangelhafte Kundenorientierung und Qualitätsansprüche nicht mehr durch geschicktes Marketing verbergen können.
Die Herausforderung für heutige Unternehmen besteht demnach darin auf globalisierten Märkten mit austauschbaren Produkten und Leistungen und informierten Kunden zu bestehen. Dies setzt eine konsequente Strategie bzgl. der eigenen Kosten, der Qualität des eigenen Portfolios und schlussendlich auch der Kundenorientierung voraus.
Aus dieser Notwendigkeit heraus hat sich das Kundenmanagement entwickelt. Wo früher der schnelle Verkauf als Höhepunkt der Geschäftsbeziehung galt und die Kundenbindung eher nachrangig betrachtet wurde, rückt heute der Kunde in den Mittelpunkt der Betrachtung.
Ziel dieser Arbeit ist es herauszuarbeiten, wie diese Kundenbeziehungen effizient zu steuern sind. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll geklärt werden, wie mittels Customer Relationship Management Kundenbeziehungen analysiert, Erkenntnisse gewonnen und Handlungsempfehlungen abgeleitet werden können, damit langfristige Geschäftsbeziehungen sowohl den Kunden zufriedenstellen als auch Unternehmen nachhaltig Erträge erzielen.
Das gegen Ende des 20. Jahrhunderts populär gewordene Outsourcing soll im Rahmen dieser Arbeit als Beispielbranche dienen. Aufgrund der de facto langfristigen Ausrichtung der Zusammenarbeit zwischen Kunden und Unternehmen, dient diese Branche als anschauliches Beispiel für das Management von Kundenbeziehungen.
Im Rahmen dieser Arbeit werden die Grundlagen erfolgreicher Kundenbeziehungen erörtert und Analysemethoden, die auf Kundenbeziehung angewendet werden können, vorgestellt. Für die Steuerung von Kundenbeziehungen mittels Customer Relationship gilt es umfangreiche Voraussetzungen zu schaffen und diverse Herausforderungen zu meistern. Diese werden im Folgenden vorgestellt und mögliche Handlungsvarianten erarbeitet.
1.2 Aufbau der Arbeit
Zu Beginn der Arbeit werden die Grundlagen erörtert. Diese Grundlegung teilt sich auf in die Kapitel Outsourcing, Qualität, Kundenmanagement, und Customer Relationship Management. Im Kapitel Outsourcing wird die historische Entwicklung des Outsourcings dargestellt, der Begriff definiert, sowie Vorteile und Grenzen aufgezeigt. Danach wird der Qualitätsbegriff definiert und verschiedene Methoden vorgestellt, mit denen Qualität geschaffen, gesichert und systematisiert werden kann. Sowohl in Bezug auf die Kundenzufriedenheit, als auch auf die Kostenstrukturen und die reibungslose Gestaltung des Outsourcing Prozesses wird diesem Aspekt eine hohe Bedeutung beigemessen.
Im weiteren Verlauf wird das Kundenmanagement behandelt und die betriebswirtschaftlichen Grundlagen insbesondere der Kundenbeziehungs-lebenszyklus und die Customer Journey erklärt. Die Begriffsdefinition und die Betrachtung der historischen Entwicklung erfolgt im anschließenden Kapitel. Außerdem werden verschiedene Werkzeuge des CRM vorgestellt, sowie damit zusammenhängende Kennzahlen- und Kennzahlensysteme erläutert.
Nachdem die Basis für das weitere Verständnis der Arbeit geschaffen ist, erfolgt die genauere Betrachtung des Kundenmanagements. Zuerst wird deshalb der Kundenstamm eines Beispielunternehmens analysiert und segmentiert. Hierzu werden verschiedene Analysemethoden erläutert, angewendet und kombiniert. Auf Basis dieser Analyse erfolgt im Anschluss die Erarbeitung der möglichen Steuerungsmöglichkeiten. In Anlehnung an den Kundenbeziehungslebenszyklus werden hier die Möglichkeiten erörtert, die einem Unternehmen ein besseres Verständnis für die eigenen und potentiellen Kunden erlauben und somit Verbesserungspotentiale und Handlungsspielräume offenlegen, die zuvor ignoriert wurden. So lassen sich Möglichkeiten für den Umgang mit unprofitablen Kunden offenbaren und die Bindung und der Ausbau profitabler Kundenbeziehungen beschreiben. Außerdem wird dargestellt, wie Neukunden akquiriert und verlorene Kunden zurückgewonnen werden können.
Zum Abschluss des Kapitels werden die Merkmale kundenorientierter Unternehmen veranschaulicht, sowie das Beschwerdemanagement in Verbindung mit der Kundenzufriedenheit beleuchtet. Im fünften Kapitel werden die Herausforderungen vorgestellt, die mit der Steuerung von Kundenbeziehungen einhergehen. Hierzu zählen die Unternehmenskultur und Umsetzungsbarrieren, sowie die notwendige Mitarbeiterorientierung. Des Weiteren werden Herausforderungen in Verbindung mit der Qualität und den Kundenerwartungen betrachtet. Das Kapitel schließt mit der Erörterung der datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen, die sich im Outsourcing und im Customer Relationship Management ergeben.
Danach folgt eine Zusammenfassung der erarbeiteten Erkenntnisse und eine damit einhergehende Bewertung der Herausforderungen und Chancen. Die Arbeit schließt mit einem Ausblick und der Bewertung der Möglichkeiten der Steuerung von Kundenbeziehung mittels CRM.
2 Grundlegung
2.1 Outsourcing
2.1.1 Definition und Historische Entwicklung
Der Begriff Outsourcing setzt sich je nach Definition zusammen aus den englischen Begriffen „outside“ und „sourcing“1 oder „outside“, „resource“ und „using“2 und beschreibt demnach die Verlagerung auf externe Ressourcen. Das Outsourcing lässt sich in verschiedenen Dimensionen definieren3. Da in der vorliegenden Arbeit der Fokus auf dem Customer Relationship Management liegt und Outsourcing als beispielhafte Branche verstanden werden soll, wird die folgende Definition gewählt. Outsourcing lässt sich unterteilen in das interne Outsourcing (Ausgliederung) und das externe Outsourcing (Auslagerung). Beim internen Outsourcing werden Tätigkeiten auf eigenständige Unternehmensbereiche (Profit Center) oder mit dem Unternehmen verbundene Unternehmen (Beteiligungen, Tochterunternehmen, Joint Ventures) verlagert. Beim externen Outsourcing erfolgt die Vergabe an externe Unternehmen.4 Da nur im zweiten Fall „echte“ Kundenbeziehungen existieren, findet im weiteren Verlauf nur das externe Outsourcing Beachtung.
Je nach Komplexität werden Das IT-Outsourcing (ITO), das Outtasking und das Business Process Outsourcing (BPO) wie folgt unterschieden:
Unter IT-Outsourcing wird die Auslagerung von Hardware und Software, sowie damit einhergehende Beratungs- und Serviceleistungen subsumiert.5 Das Outtasking, wird auch als selektives Outsourcing bezeichnet. Hier werden nur einzelne IT-Funktionen ausgelagert. Es erfolgt aber nach wie vor eine Leistungserstellung im eigenen Unternehmen.6 Im Rahmen des Business Process Outsourcing werden komplette Geschäftsprozesse durch einen externen Anbieter (Outsourcingnehmer, Dienstleister) übernommen. Dieser stellt die IT-Infrastruktur und die IT-Prozesse und führt die operativen Tätigkeiten eigenverantwortlich aus.7
Aufgrund der erhöhten Komplexität, der dafür notwendigen Expertise beim Outsourcingnehmer und dem damit einhergehenden Koordinationsaufwand, wird nur das BPO näher beleuchtet. Ein weiteres Unterscheidungskriterium stellt der Ort der Leistungserstellung dar. Es wird hier zwischen Onsite Sourcing, also der Leistungserbringung am Standort des Kunden, dem Domestic oder Onshore Sourcing (Leistungserbringung im Inland), Nearshoring (im nahegelegenen Ausland) und Offshoring (Auslagerung in weit entferntes Land) unterschieden.8 Geschäftsbeziehungen im Outsourcing werden in der Regel mit Rahmenverträgen definiert, wobei diese einen mittel- bis langfristigen Charakter aufweisen.9
Die Entscheidung „Make-or-Buy“ war und ist eine grundlegende Fragestellung der Unternehmensführung. Vor allem Industrieunternehmen begannen Teile ihrer Produktion fremd zu vergeben. Dieser Trend hatte seinen Ursprung in Japan und das Ziel war die eigene Produktion zu verschlanken (Lean Production / Lean Management). In den 1950er Jahren wurde dieses Prinzip aus den Produktionsbetrieben auch für Dienstleistungen übernommen.10 Grundsätzlich fällt die Entscheidung zum Outsourcing leichter, je leichter die auszulagernde Tätigkeit ist und je weiter sie vom eigentlichen Kerngeschäft entfernt liegt (vgl. Abb. 1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Klassifizierungsmatrix11
So waren es zum Beispiel dann auch zuerst Bereiche wie Sicherheitsdienstleistungen und die Logistik, die ausgelagert wurden. Mit dem Einzug und der weiten Verbreitung der Informationstechnologie (IT) in den 1980er Jahren wurde dazu übergegangen nicht nur einzelne Bereiche, sondern auch komplette Prozesse auszulagern. Dies war vor allem dem zunehmenden Kostendruck durch steigende Marktransparenz und Globalisierung geschuldet. Einen gravierenden Einschnitt stellte die Entscheidung Kodaks im Jahr 1989 dar. Hier wurden wesentliche Teile der IT ausgegliedert, die bis dato als strategisch wichtig erachtet wurden.12
Ab den 1990er Jahren spielten dann nicht nur finanzielle Aspekte bei outsourcenden Unternehmen eine Rolle, sondern es rückten auch strategische Überlegungen in den Mittelpunkt. Die Konzentration auf das eigentliche Kerngeschäft des Kunden, auch Outsourcinggeber oder Outsourcingkunde genannt, ermöglichte die Entstehung einer ganzen Branche, die neben der eigentlichen Infrastruktur auch die Bearbeitung von Unterstützungsprozessen übernahm.13 Während In den USA und Großbritannien Outsourcing bereits in den 1980er und 90er Jahren fester Bestandteil von Unternehmensstrategien war, handelte es sich in Deutschland noch weitestgehend um eine Randerscheinung. Erst mit dem Eintritt von IBM als dritten großen Anbieter im Jahr 1993 änderte sich dies.14 Das Marktvolumen für Outsourcing in Deutschland betrug 2012 rund 15 Milliarden Euro.15 Weltweit lag das Volumen 2015 bei rund 443 Milliarden US-Dollar.16
2.1.2 Vorteile und Grenzen des Outsourcings
Wie bereits beschrieben, wurden die ersten Vorteile des Outsourcings im finanziellen Bereich gesehen. So können durch die Veräußerung von nicht mehr benötigter Ausstattung Barmittel freigesetzt werden. Diese zusätzliche Liquidität steht somit zur Investition in und dem Ausbau von Kernkompetenzen zur Verfügung. Gleichzeitig wird auch die zukünftige Bindung von Kapital durch unnötige Investitionen vermieden. Außerdem werden fixe Kosten variabilisiert, da keine Infrastruktur mehr vorgehalten werden muss und Dienstleistungen nur noch im Rahmen des aktuellen Bedarfs eingekauft werden. Das outsourcende Unternehmen erhält durch den Dienstleister Zugang zu Fachkenntnissen und spezialisierten Ressourcen, die vorher nicht vorhanden waren. Dies ermöglicht eine Fokussierung auf die eigenen Kernkompetenzen, mit der Konsequenz, dass die eigene Leistungsfähigkeit und Qualität erhöht wird. Hierdurch wird auch die Kundenzufriedenheit gesteigert. Dies hat zur Folge, dass das outsourcende Unternehmen wettbewerbsfähiger wird. Um komplexe Prozesse auszulagern, ist ein Detailverständnis von Nöten, das, sofern nicht ohnehin schon vorhanden, im Rahmen des Outsourcingprozesses geschaffen wird. Außerdem werden vorher unentdeckte Überkapazitäten zwangsläufig abgebaut. Dies ermöglicht eine maximale Kostentransparenz und -reduktion im Bereich von 9% und 20 - 40%17. Durch die frei werdenden Kapazitäten und die Reduzierung der Komplexität des eigenen Betriebs, wird das Management entlastet.18 Des Weiteren ist es in Fällen von Kapazitätsengpässen möglich die Wettbewerbsfähigkeit sicher zu stellen und zu erweitern.19
Der Outsourcingkunde überträgt dem Dienstleister zwar zumeist nur Supportprozesse und –tätigkeiten, dennoch geht damit ein hohes Maß an Verantwortung und existenziellem Risiko auf den Dienstleister über.20 Dementsprechend müssen im Rahmen der Governance, d.h. der Überwachung und Steuerung der Outsourcingbeziehung, Prozeduren für das Business Continuity Management (BCM), also die Aufrechterhaltung kritischer Geschäftsprozesse im Krisenfall21, etabliert werden. Um Risiken für die IT einschätzen zu können, hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hierzu den sogenannten IT-Grundschutz entwickelt. Dieser dient gleichzeitig als Basis für die Zertifizierung des eigenen Informationssicherheits-Managementsystems nach ISO 27001.22 Gesetzliche Rahmenbedingungen, die das Outsourcing regelmäßig betreffen finden sich im Bereich des Datenschutzes. Im Zusammenhang mit der Verarbeitung personenbezogener Daten wurde seitens der Europäischen Union die Richtlinie 95/46/EG23 veröffentlicht, die durch das Bundesdatenschutzgesetz umgesetzt wurde. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben und der Sensibilität des Themas ist bei BPO-Projekten die Erstellung eines Datenschutzkonzeptes unerlässlich.24 Gerade im öffentlichen Bereich wird auf die Datenverarbeitung im eigenen Land Wert gelegt. Bei Datenübertragungen in Nicht-EU-Staaten greifen darüber hinaus spezielle Prüfungen.25 Dies hat zur Folge, dass die Möglichkeiten zum kostenoptimierten Outsourcing (Offshoring) in diesen Fällen eingeschränkt sind. Um die Geschäftsbeziehungen reibungslos und effizient zu gestalten müssen beide Seiten sowohl eine geeignete Corporate Governance26 als auch IT-Governance etablieren. Dem Outsourcinggeber ermöglichen diese Mechanismen die Leistung des Dienstleisters standardisiert und effizient zu kontrollieren und zu steuern.27
2.2 Qualität
Um eine hohe Kundenzufriedenheit sicherzustellen, ist im Voraus durch Marketing und Entwicklungsprozesse zu definieren welche Erwartungen seitens des Kunden existieren. Gleichzeitig müssen auch durch Erfahrungen mit bestehenden Kunden gewonnene Qualitätsverbesserungen implementiert werden.28
Der Preis eines Gutes beeinflusst für den Kunden auch gleichzeitig dessen Wert. Der Kunde vergleicht den Nutzen, der aus einer Leistung oder einem Produkt entsteht mit dem dafür entstehenden Aufwand. Nutzen entsteht dem Kunden dabei auch durch die Etablierung einer engen Kundenbindung, da der Anbieter die zukünftigen und möglichen Bedürfnisse und Anforderungen antizipiert. Dadurch entsteht eine Vertrauensbasis zwischen dem Unternehmen und dem Kunden. Durch die wiederholte Erfüllung der Anforderungen entsteht gleichzeitig eine Vertrautheit innerhalb der Unternehmen-Kunde-Beziehung, da Vorgehens- und Verhaltensweisen bekannt sind. Gelingt es einem Unternehmen dabei die Kundenanforderungen zu erfüllen oder sogar zu übertreffen, steigt die Kundenzufriedenheit.29
Diese psychologischen Effekte haben einen direkten Einfluss auf das Kaufverhalten des Kunden, welches für den Anbieter von ökonomischen Nutzen sein kann. So wird es wahrscheinlicher, dass der Kunde die Leistung auch zukünftig wieder in Anspruch nimmt (Wiederwahl), die Anzahl der Inanspruchnahme erhöht (Kauffrequenzsteigerung), auch weitere, bisher ungenutzte Leistungen erwirbt (Cross-Selling) und Preiserhöhungen eher toleriert. Außerdem ergeben sich Umsatzpotentiale durch Empfehlungen des Kunden in dessen Umfeld.30
2.2.1 Qualitätskosten
„Qualität hat ihren Preis“, so sagt es der Volksmund. Dem widerspricht Crosby mit seinem Buchtitel „Qualität kostet nichts“.31
Aber welche Aussage stimmt? Am Beispiel von Rückrufaktionen aus der Automobilindustrie lassen sich die Kosten mängelbehafteter Qualität gut darstellen. Auch wenn hier noch weitere Aspekte eine Rolle spielen, lässt sich der VW-Abgasskandal mit Kosten von ca. 15 Milliarden EUR alleine in den USA und ohne Berücksichtigung des weltweiten Imageverlusts als Beispiel heranziehen.32
Dieses Beispiel zeigt, dass die Forderung, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Kosten zu sparen und schnell neue Innovationen zu liefern, zu Lasten der Qualität gehen kann und deutlich höhere Kosten entstehen als notwendig.
Ausgehend vom traditionellen Qualitätskostenmodell, das Kosten unterscheidet nach Fehlerverhütungs-, Prüf- und Fehlerkosten, entwickelte sich das moderne zweigeteilte Qualitätskostenmodell. Hier wird nur noch zwischen den Kosten der Übereinstimmung und den Kosten der Abweichung unterschieden. Erstere enthalten Aufwendungen für die Fehlerverhütung und geplante Prüfungen, wie z.B. Mitarbeiterschulungen und Wareneingangsprüfungen. Sie sind bekannt, planbar und nicht vermeidbar. Diese Kosten bezahlt der Kunde durch den Kauf des Produkts, da sie dazu dienen seine Anforderungen zu erfüllen. Alle Prozesse, die zu einer Erhöhung der Übereinstimmung beitragen, können als wertschöpfend betrachtet werden.
Kosten der Nichtübereinstimmung hingegen vermindern die Wertschöpfung und führen so zur Verschwendung von Ressourcen. Sie beinhalten Fehlerkosten und ungeplante Prüfkosten, wie z.B. Ausschuss, Nacharbeit und Ursachenforschung bei Qualitätsproblemen. Sie repräsentieren ineffiziente Produktions- und Unternehmensprozesse, sind nicht planbar aber vermeidbar.33
Des Weiteren entstehen hierbei auch noch Opportunitätskosten, da Ressourcen gebunden werden, die nicht für weitere wertschöpfende Maßnahmen eingesetzt werden können. Außerdem entstehen Imageschäden, durch die sich zukünftige Kunden vom Unternehmen abwenden.
Die Summe aus den Kosten der Übereinstimmung und den Kosten der Abweichung ergibt die Qualitätsgesamtkosten. Durch verstärkte Qualitätsaktivitäten lassen sich die Kosten der Abweichung auf ein Minimum reduzieren. Auch zusätzliche Prüfungskosten und Nacharbeiten entfallen. Bei einem Kundenerfüllungsgrad von 100% liegen die Kosten der Abweichung beim Idealwert 0, während dieses Ziel mit überschaubaren und planbaren Übereinstimmungskosten erreicht werden kann.
Genichi Taguchi entwickelte eine Methode nach der bereits eine kleine Abweichung vom optimalen Soll-Wert mit zusätzlichen und unnötigen Verlusten verbunden ist.
Die nachfolgende Abbildung stellt das klassische Qualitätsverständnis, das einen „fehlerfreien“ Toleranzbereich vorsieht, und Taguchis Null-Fehler-Ansatz gegenüber. Im Kapitel 2.4.5 Six Sigma wird dieses Verständnis weiter ausgearbeitet. 34
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 Taguchi-Verlustfunktion35
2.2.2 Kano-Modell
Abbildung 3 zeigt das Kano-Modell der Kundenzufriedenheit. Es unterscheidet Basis-, Leistungs- und Begeisterungsfaktoren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3 Kano-Modell der Kundenzufriedenheit36
Basisfaktoren werden vom Kunden vorausgesetzt. Werden sie nicht oder nicht in ausreichendem Maße erfüllt, führt dies zu Unzufriedenheit beim Kunden. Eine Erfüllung oder eine Übererfüllung bewirken im Gegenzug aber nicht in gleichem Maße eine Zufriedenheit beim Kunden, er ist lediglich nicht unzufrieden.
Leistungsfaktoren bewirken proportional zum Erfüllungsgrad eine Zufriedenheit oder Unzufriedenheit beim Kunden und werden ebenfalls gefordert.
Begeisterungsfaktoren werden seitens des Kunden nicht erwartet und bewirken demnach auch keine Unzufriedenheit. Eine Erfüllung dieser Anforderung führt aber zu einer überproportionalen Zufriedenheit.
Diese Anforderungen sind im Zeitverlauf flexibel, das heißt, dass z.B. durch den technischen Fortschritt eine Begeisterungsanforderung zur Basisanforderung wird (z.B. Zentralverriegelung im Auto).37
Produkte und Dienstleistungen, die nur Basis- und Leistungsanforderungen erfüllen, werden vom Kunden als durchschnittlich wahrgenommen und schneller durch Angebote des Wettbewerbs ersetzt. Der Identifizierung von und der Investition in Begeisterungsfaktoren muss deshalb eine hohe Priorität beigemessen werden. Durch die Identifikation der verschiedenen Anforderungen ergibt sich ein besseres Verständnis der Kundenanforderungen und deren Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit. Gleichzeitig lässt sich so die Entwicklung gezielt steuern, da die Überentwicklung von Grundanforderungen vermieden wird. Dadurch wird eine Fokussierung auf Leistungs- und Begeisterungsanforderungen ermöglicht und somit die subjektive Produkt- und Dienstleistungsqualität erhöht. Dies hat demnach wiederum eine Erhöhung der Kundenzufriedenheit zur Folge. Gleichzeitig bekommen Anbieter die Möglichkeit bei Engpässen in der Entwicklung Prioritäten zu setzen. Stehen mehrere Merkmale zur Auswahl, lassen sich diejenigen klar identifizieren, die den meisten Kundennutzen versprechen und die somit favorisiert werden sollten. Außerdem ist es möglich maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln, da die Bedürfnisse und Anforderungen je nach Kundensegment variieren.38
2.2.3 Quality Function Deployment
Nachdem die Anforderungen der Kundenseite mit Hilfe des Kano Modells geklärt wurden, unterstützt Quality Function Deployment diese Grundsätze systematisch in vermarktbare Produkte und Leistungen umzusetzen. Die Methode eignet sich sowohl für die Entwicklung neuer Produkte, als auch deren kontinuierliche Verbesserung. Mittels verschiedener Matrizen, der sogenannten „House of Quality“ (HoQ), werden die verschiedenen Phasen von der Spezifikation bis hin zu den Anweisungen für die Fertigung der Endleistung durchlaufen. Das verbreitete Vier-Phasen-Modell des American Supplier Institute unterscheidet folgende Phasen: im Rahmen der Produktdefinition werden die Kundenanforderungen definiert und in Produktmerkmale übersetzt. Die Konstruktions- und Komponentenplanung wandelt die Ergebnisse aus der ersten Phase in konkrete Konstruktionsmerkmale um. In Phase drei, der Prozessplanung, werden die Prozessmerkmale definiert. Die letzte Phase definiert die Arbeits- und Prüfpläne.
Durch die konsequente Trennung von Anforderungen und Lösungen lassen sich das Modell und die zu durchlaufenden Phasen flexibel anpassen. Durch das systematische Durchlaufen der verschiedenen HoQ, entsteht ein transparenter Prozess, der von den verschiedenen Abteilungen zusätzlich aufgrund der notwendigen Dokumentation jederzeit nachvollzogen werden kann. Ein weiterer Vorteil besteht in der notwendigen unternehmensweiten Zusammenarbeit, die es ermöglicht vorhandenes Fachwissen innerhalb des Unternehmens zu verknüpfen und die zu erbringende Leistung somit zu verbessern. Durch die konsequente Orientierung am Kundennutzen werden Fehl- und Überentwicklungen vermieden. Außerdem werden die Gesamtentwicklungszeit und Folgekosten verkürzt, da spätere Änderungen vermieden werden.39 Die Methode kann sowohl im industriellen Bereich als auch im Dienstleistungssektor angewandt werden40.
Mit der „Rule of Ten“ wird das exponentielle Kostenwachstum bei Änderungen beschrieben.41 Demnach erhöhen sich die Kosten einer Änderung oder Fehlerbehebung mit jedem weiteren Arbeitsschritt um den Faktor zehn. Die Regel findet auch bei Daimler Anwendung, wie die nachfolgende Abbildung verdeutlicht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4 Zehnerregel der Fehlerkosten nach Daimler Benz42
Zur Vermeidung und Ausweitung unnötiger Fehlerkosten ist es deshalb notwendig die verschiedenen Methoden zur Schaffung und Sicherung von Qualität zu systematisieren. Dies geschieht durch ein Qualitätsmanagementsystem im Rahmen des Total Quality Management, das im nächsten Kapitel thematisiert wird.
2.2.4 Total Quality Management und Business Excellence
W. Edwards Deming legte in den 1950er Jahren mit seinen 14 Management-Prinzipien den Grundstein für das japanische Kaizen-Denken . 43 Die ständige Verbesserung der Qualität wird hier zu einem wichtigen Baustein. Armand V. Feigenbaum entwickelte 1961 das Konzept Total Quality Control. Qualität war nunmehr nicht nur Selbstzweck zur Optimierung von Kosten und Produktivität. Vielmehr tragen sämtliche Vorgänge im Unternehmen zur Erfüllung von Kundenbedürfnissen bei . In den 1990er Jahren hielt dieser Baustein als „Kontinuierlicher Verbesserungsprozess“ Einzug in die DIN EN ISO 9001. Zumindest bis zur Revision im Jahr 2000 diente die Norm vorrangig der Standardisierung und Dokumentation.
Im TQM steht hingegen die ständige Verbesserung der gesamten Organisation im Vordergrund. Die Einführung eines Qualitätsmanagements nach DIN ISO 9000 schafft klare Strukturen, die im Zeitverlauf aber auch wiederkehrende Schulungen und Kontrollen erfordern. Aufbauend auf diesen Rahmenbedingungen lässt sich ein TQM etablieren, das schwerer verständlich ist und den Mitarbeitern vorgelebt werden muss.44 Verknüpfte Prozessketten stellen im TQM die verschiedenen Arbeitsabläufe dar, die gemeinsam das Ziel einer stetigen (Qualitäts-) Verbesserung verfolgen.45 Eine effiziente Prozessorientierung muss dabei auch Feedback-, Anpassungs- und Fehlerkorrekturschleifen berücksichtigen, um auftretenden Störungen des Prozessablaufs, z.B. Maschinenausfall, zu begegnen.46 Hierzu dient der sogenannte Deming-Zyklus47, der auf allen Hierarchieebenen Anwendung findet. Er teilt sich auf in die Phasen Planen, Umsetzen, Überprüfen und Anwenden. Er wird deswegen auch als PDCA-Zyklus (vom Englischen Plan, Do, Check, Act) und kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) bezeichnet.48 Durch Datenerhebung wird in der ersten Phase die Ist- Situation beschrieben und analysiert, sowie ein Verbesserungsplan mit zugehörigen, realistischen Zielen formuliert. In der sich anschließenden Umsetzungsphase werden die betroffenen Mitarbeiter informiert und die geplanten Verbesserungen bearbeitet. Im Anschluss wird überprüft, ob die erreichten Verbesserungen mit den Zielen aus der Plan-Phase übereinstimmen. In der letzten Phase werden im Falle einer Übereinstimmung des Soll- und Istzustandes die Prozesse standardisiert oder bei einer Diskrepanz der Zyklus erneut durchlaufen, bis das gewünschte Ziel erreicht ist.49 Die Logik des PDCA-Zyklus zeigt die folgende Abbildung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5 PDCA-Zyklus50
TQM bietet im Vergleich zu anderen Strategien eine zukunftsorientierte Herangehensweise, die auf motivierende und einbeziehende Art hilft Prozesse dauerhaft zu verschlanken. Die Prozessorientierung schafft klarere Verantwortlichkeiten und beschleunigt Abläufe. Außerdem werden die Kompetenzen und Entscheidungsmöglichkeiten des Einzelnen erweitert, was schlussendlich auch zu einer Motivationssteigerung führt.51
Aufbauend auf den bisherigen Erkenntnissen lassen sich Organisationen, die TQM einsetzen als exzellente Organisationen bezeichnen. Sie zeichnen sich aus durch Kunden- und Mitarbeiterorientierung, konsequentes Prozessmanagement und die Förderung von Kreativität und Innovation. Außerdem nutzen sie Partnerschaften mit externen Kunden, zu denen auch Wettbewerber zählen können. Sie erzielen „herausragende Leistungen, mit denen sie die Erwartungen ihrer Anspruchsgruppen dauerhaft erfüllen bzw. übertreffen.“52
Nach der Vorlage des japanischen Deming-Prize und des Malcolm Baldige National Quality Award in den USA, wurde Anfang der 1990er Jahre mit dem European Quality Award der Grundstein für die heutige European Foundation for Quality Management (EFQM) gelegt. Das EFQM-Modell basiert heute auf folgenden Konzepten: Ergebnisorientierung, Kundenorientierung, Führung und Zielkonsequenz, Management mit Prozessen und Fakten, Mitarbeiterentwicklung und -beteiligung, Aufbau von Partnerschaften und Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit.53
Das EFQM-Modell überführt diese Konzepte in umsetzbare Bausteine. Grundsätzlich teilt es sich in eine Befähiger- und eine Ergebnisseite auf. Befähiger dienen der Beschreibung und Überprüfung sämtlicher Maßnahmen, die ein Unternehmen im Rahmen des TQM umsetzt.54 Die Wirkungen des Qualitätsmanagements werden im Rahmen der Ergebnisse dargestellt.
2.2.5 Six Sigma
In Kapitel 2.2.1 Qualitätskosten wurde bereits die Taguchi-Verlust-Funktion vorgestellt. Six Sigma baut darauf auf, indem ein Toleranzbereich mit einer unteren und oberen Spezifikationsgrenze definiert wird. In der Statistik steht Sigma (s) für eine Standardabweichung. Es wird ein Sollwert bestimmt der im Idealfall sechs Standardabweichungen von der unteren und oberen Grenze entfernt liegt. Im Rahmen des Six Sigma-Ansatzes existieren zwei Regelkreise die zur Verbesserung bestehender Produkte und Prozesse (DMAIC-Zyklus), sowie deren Neugestaltung (DMADV-Zyklus) dienen.55 Beide Regelkreise basieren wiederum auf dem bereits vorgestellten Deming-Zyklus. Six Sigma vereint bekannte Methoden und entwickelt diese weiter mit dem Ziel Kundenanforderungen effektiv und effizient zu erfüllen56. Daraus resultiert ein möglichst hoher Ertrag (Yield) bei möglichst niedrigem Fehlerniveau, ausgedrückt durch die Fehler pro einer Million Möglichkeiten (Defects Per Million Opportunities - DPMO).57 Gleichzeitig sollen Verschwendungen minimiert werden. Hierzu werden die sieben Verschwendungsarten (TIMWOOD58 ), die im Rahmen des Toyota Produktionssystems definiert wurden, herangezogen.59
2.3 Der Begriff Kundenmanagement
Mit dem Aufkommen der Massenmärkte nach dem zweiten Weltkrieg wurden Methoden entwickelt um Produkte und Leistungen zu vermarkten.60 Im klassischen Marketingverständnis handeln Unternehmen nach dem Prinzip Inside-Out. Produkte werden entwickelt und mittels eines 5P-Marketing-Mixes aus dem Unternehmen heraus in den Markt gedrückt.
Dementsprechend wurde auch ein Produktlebenszyklus definiert, der die verschiedenen Phasen eines Produkt“lebens“ darstellt. Der Fokus liegt hierbei bei der Transaktion, also dem eigentlichen Abverkauf der produzierten Produkte und Leistungen. Mit dem Wandel der Märkte und der Fokussierung auf die Etablierung von Kundenbeziehungen wurden die „4Ks“61 etabliert. Sie beschreiben die vier Dimensionen eines erfolgreichen Kundenmanagements und setzen sich zusammen aus Kundenbindung, Kundenorientierung, Kundenzufriedenheit und Kundenwert. Aus Unternehmenssicht sind nicht alle Kunden gleichwertig. Aus diesem Grund wird die Kundensegmentierung als fünftes K ergänzt. Sie bildet die Basis für ein effizientes Customer Relationship Management.62 Im Vergleich zur herkömmlichen Marktsegmentierung, die Verwender und Nicht-Verwender, sowie Ist- und Soll- Kunden unterscheidet, lassen sich im Rahmen der Kundensegmentierung der ersten Stufe die Gewinnung potentieller Kunden, die Leistungen des Wettbewerbs in Anspruch nehmen, sowie die Betreuung der Bestandskunden unterscheiden. Die zweite Stufe der Kundensegmentierung fasst homogene Kunden zu Gruppen zusammen, die daraufhin gezielt bearbeitet werden können.63 Bezüglich der Segmentierung lassen sich kundendatenbezogene und kundenbeziehungsbezogene Kriterien unterscheiden. Zu den kundendatenbezogenen Kriterien zählen der Kundenwert und die Beschaffungshistorie. Der Kundenbeziehungslebenszyklus und die Beziehungsbereitschaft bilden die kundenbeziehungsbezogenen Kriterien. Im Kapitel 2.4.2 Werkzeuge des CRM werden verschiedene Analysemethoden zur Ermittlung des Kundenwerts vorgestellt und im weiteren Verlauf mögliche Strategien zur Steuerung bestehender und potentieller Kundenbeziehungen erläutert. Im Rahmen des Customer Relationship Managements wird häufig zwischen den zwei Dimensionen Kundenlebenszyklus und Management-Interaktion unterschieden. Innerhalb der Management-Interaktions-Dimension werden Kunden analysiert, bewertet und beeinflusst.64 Der Kundenbeziehungslebenszyklus wird im nächsten Kapitel näher betrachtet.
2.3.1 Kundenbeziehungslebenszyklus
Mit dem Wandel vom produktbezogenen zum kundenorientierten Verständnis und immer austauschbareren Produkten zur Jahrtausendwende fand auch bei den Unternehmen ein Umdenken statt. Das Marketing sollte nun von außen, d.h. von der Markt- und Kundenseite, getrieben, also Outside-In-gesteuert, sein.65 Folgerichtig entwickelte sich ein dem neuen Verständnis entsprechender Kundenbeziehungslebenszyklus.66 Dieser gliedert sich in die folgenden zeitlichen Abschnitte (vgl. Abb. 6) und ordnet ihnen einen entsprechenden Kundenwert zu.
In der Anbahnungsphase tritt der (potentielle) Kunde erstmals mit dem Unternehmen in Kontakt, weil er sich für die angebotenen Leistungen interessiert. Der Kundenwert ist negativ, da noch kein Geschäftsabschluss erfolgt. Die Sozialisationsphase ist durch den ersten Kauf und die Inanspruchnahme der Kundenbetreuung des Anbieters gekennzeichnet. Während der Wachstumsphase werden Nach- und Zusatzkäufe getätigt und der Beitrag des Kunden zum Geschäftsergebnis steigt. Weist die Geschäftsbeziehung nur noch sinkende Wachstumsraten auf, hat der Kundenbeziehungszyklus die Reifephase erreicht. Die Degenerationsphase ist von einem stagnierenden oder sinkenden Kundenwert geprägt. Der Wunsch des Kunden die Geschäftsbeziehung zu beenden ist prägend für die Kündigungsphase. Unternehmen kann es hier gelingen, Kunden von einer weiteren Zusammenarbeit zu überzeugen. Steht der Kündigungsentschluss fest, folgt die Abstinenzphase, in der beide Seiten keinen Kontakt pflegen. Danach kann sich eine Revitalisierungsphase anschließen, mit der der Neuaufbau der Geschäftsbeziehung begründet wird. Während des kompletten Kundenbeziehungslebenszyklus besteht die Möglichkeit, dass die Kundenloyalität in Gefährdungsphasen nachlässt. Diesem Attraktivitätsverlust sollte der Anbieter durch ein konsequentes Kundenbindungsmanagement begegnen.67
Im klassischen Verständnis lässt sich der Kaufentscheidungsprozess in drei Phasen unterteilen. Der erste Schritt ist der Stimulus. Der Kunde kommt hier bewusst oder unbewusst mit dem Unternehmen in Berührung. Aufgabe des Unternehmens in dieser Phase ist es, die Aufmerksamkeit des Kunden zu erhalten (Attention). Die dadurch entstandenen Erwartungen werden strapaziert, wenn der zukünftige Kunde das Produkt oder die Dienstleistung erstmalig testen oder näher begutachten kann. Dies ist der so genannte First Moment of Truth (FMOT).
Ziel eines Unternehmens muss es daher sein, das Interesse (Interest) des Interessenten und ein Bedürfnis nach der Leistung (Desire) zu wecken. Im Idealfall führt dies zur Inanspruchnahme der angebotenen Leistung (Action), dem sich dann der Second Moment of Truth, also ein weiterer Abgleich der Erwartungshaltung und dem tatsächlichen Nutzen anschließt. In diesem Zusammenhang wird von der AIDA -Formel gesprochen.68
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6 Kundenbeziehungslebenszyklus69
2.3.2 Customer Journey
Kundenzufriedenheit ist heute keine Garantie mehr für das Entstehen einer guten Kundenbeziehung. Viel mehr wird sie als gegeben vorausgesetzt. Auch sind die Einflussfaktoren, die die Kaufentscheidung eines Kunden bestimmen für einen Anbieter nur teilweise nachvollzieh- und beeinflussbar. Die Abbildung des Kaufverhaltens mittels der Customer Journey soll hier Abhilfe schaffen. Hierbei werden die Kundenkontaktpunkte, die sogenannten Touchpoints, die sich im Laufe des Kundenbeziehungslebenszyklus ergeben, identifiziert.70 Dies sind Ereignisse und Gelegenheiten, bei denen der (potenzielle) Kunde mit dem Unternehmen in Berührung kommt und die unter anderem folgende Ausprägungen besitzen können. Human Touchpoints beschreiben die Interaktionen mit den Mitarbeitern des Unternehmens. Process Touchpoints fassen die Einbindung in Prozesse zusammen. Product Touchpoints beschreiben den Umgang mit dem eigentlichen Produkt oder Dienstleistung. Document Touchpoints umfassen Anknüpfungspunkte mit zur Verfügung gestellten Unterlagen und Informationen. Bei den Location Touchpoints kommt der Kunde mit den örtlichen Gegebenheiten, z.B. Büro- und Produktionsräumen, in Berührung.71
Eine zusammenfassende Einteilung in service-, kommunikations- und nutzungsbezogene Touchpoints ist ebenfalls möglich.72 Während Marketing- und Vertriebsaktivitäten traditionell auf Zielgruppen ausgerichtet sind, wird im Rahmen der Customer Journey auf das einzelne Individuum, die sogenannte Buyer’s Persona, abgestellt. Mittels Befragungen73, Big Data und Social Media74, sowie internem und externem Expertenwissen und der Analyse von Spezifikationen75 lassen sich die einzelnen Entscheider nachbilden. An jedem Touchpoint muss die Kundenzufriedenheit gemessen werden. Zur Bewertung der eigenen Leistung, sollten die Ausprägungen von „Interaktion bestätigt“ bis „Erwartungen übertroffen“ herangezogen werden.76 Einschätzungen der Vertriebsmitarbeiter können hier aber nur zum Teil für eine richtige Beurteilung herangezogen werden oder sogar das Ergebnis verfälschen.77 Die Customer Journey lässt sich hierbei in Anlehnung an den Kundenbeziehungslebenszyklus in verschiedene Phasen untergliedern. Der Weg beginnt wiederum mit dem Entstehen von Aufmerksamkeit (Attention/Awareness). In der Recherchephase (Search) verschafft sich der Kunde einen Überblick über die möglichen Alternativen. Hierzu holt er auch Meinungen Dritter, vor allem im Internet ein. Google hat hierzu den Ausdruck „Zero Moment of Truth“78 geprägt. Im Vergleich zum traditionellen Verständnis qualifiziert der Kunde eine Leistung schon bevor er persönlich damit in Kontakt kommt, also vor dem FMOT. In der anschließenden Presales-Phase (Interest/Desire) folgt die Kontaktaufnahme zum Anbieter und das erste Beratungsgespräch. In der Kauf-Phase (Action) entscheidet sich der Kunde für den Anbieter und erwirbt die gesuchte Leistung. Die Kundenbeziehung wird in der Loyalitäts-Phase weiter ausgebaut und es finden weitere Käufe statt. Begeisterte Kunden werden in der Beeinflussungsphase (Share) zu Multiplikatoren und generieren durch ihre aktive Weiterempfehlung zusätzlichen Mehrwert für das Unternehmen. Um dieser modernen Customer Journey Rechnung zu tragen, lässt sich die ursprüngliche AIDA-Formel zur ASISAS-Formel abwandeln.79
Sowohl der Kundenbeziehungslebenszyklus als auch die Customer Journey werden im Rahmen des Customer Relationship Management analysiert.
2.4 Customer Relationship Management
2.4.1 Definition und historische Entwicklung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7 Entwicklung der Märkte80
In den Wirtschaftswunderzeiten der 1950er und 60er Jahre herrschte das traditionelle Marketingverständnis, mit dem Fokus auf den Verkauf der produzierten Produkte. Mit der Veränderung der Märkte in den 70er Jahren, änderte sich auch die Sicht auf das Marketing. Die anfänglich kurzfristige Denkweise, wich dem strategischen Marketing, dass den neuen Rahmenbedingungen Rechnung trug. Im Fokus stand nunmehr nicht nur die Vermarktung von Produkten, sondern vielmehr die Stärkung des Unternehmens gegenüber dem Wettbewerb. Die Herausforderungen der 1980er und 90er Jahre bewegten die Unternehmen erneut zum Umdenken. Durch zunehmend austauschbare Produkte auf globalisierten Märkten traten qualitative Kundenbeziehungen in den Vordergrund und verdrängten somit zunehmend die Priorisierung des Einmalgeschäfts.81
[...]
1 vgl. Hodel/Berger/Risi (2006, S.2); Knolmayer (2017)
2 vgl. Köhler-Frost (1993, S.13); Söbbing (2015, S. 4); Krcmar (2015, S. 428)
3 vgl. Krcmar (2015, S. 433ff)
4 vgl. Hodel (1999, S.26)
5 vgl. Burr (2014, S. 135)
6 vgl. Erb (2017, S.72); Söbbing (2005, S.78); Söbbing (2015, S. 14)
7 vgl. Westerhoff / Oecking (2005, S.39f); Söbbing (2005, S.79f)
8 vgl. Erb (2017, S.75f); Krcmar (2015, S.435)
9 vgl. Söbbing (2005, S.82); Besthorn (2005, S.162)
10 vgl. Köhler-Frost (1993, S. 13)
11 in Anlehnung an Zahn/Hertweck/Soehnle (1996) nach Zahn/Barth/ Hertweck (1999, S. 11)
12 vgl. Krcmar (2015, S. 429)
13 vgl. Hodel (1999, S. 19)
14 vgl. Burr (2014, S. 136)
15 Grimme (2013) nach Burr (2014, S. 148)
16 vgl. Consultancy.uk (o.D.)
17 vgl. Outsourcing Institute, Peiner nach Lamers (1997, S. 86); Henschel/Rieckhofff/Kindler (o.D., S. 2)
18 vgl. Westerhoff / Oecking (2005, S.37f); Gora /Scheid (2005, S.115); Hodel (1999, S.23); Sommerlad (1993, S. 61)
19 vgl. Hodel/Berger/Rissi (2006, S.16)
20 vgl. Söbbing (2005, S.77); Erb (2017. S.1)
21 vgl. Erb (2017, S. 17f)
22 vgl. BSI (2017)
23 vgl. Kellermann (2014, S.99)
24 vgl. Söbbing (2005, S. 97f)
25 vgl. Kellermann (2014, S.99); Nitsch (2017, S. 370f)
26 Corporate Governance = Unternehmensaufsicht, -überwachung in Verbindung mit den bestehenden Rahmenbedingungen; vgl. Bassen (2009, S. 66f)
27 vgl. Erb (2017, S. 25ff)
28 vgl. Brüggemann/Bremer (2015, S.195)
29 vgl. Bruhn (2016a, S.44ff)
30 vgl. ebd., S.49f
31 vgl. Crosby (1979)
32 vgl. Manager (2016)
33 vgl. Brüggemann/Bremer (2015, S.210f)
34 vgl. ebd., S. 213
35 vgl. ebd.
36 vgl. Berger/Blauth/Boger (1993) nach Raab/Werner (2009, S. 64)
37 vgl. Raab/Werner (2009, S. 63f); Hölzing (2008, S.3)
38 vgl. Raab/Werner (2009, S. 65)
39 vgl. Knorr/Friedrich (2016, S. 11ff)
40 vgl. Raab/Werner (2009, S. 70f)
41 vgl. Knorr/Friedrich (2016, S. 17)
42 vgl. Brüggemann/Bremer (2015, S. 29)
43 Kaizen aus dem Japanischen Kai = Veränderung Zen = zum Besseren vgl. Koch (2015, S. 127)
44 vgl. Koch (2015, S. 215)
45 vgl. Muskat (2007, S. 110)
46 vgl. Engelhardt (2004, S. 2f)
47 vgl. Brüggemann/Bremer (2015, S. 8f)
48 PDCA = Plan, Do, Check, Act – Planen, Umsetzen, Überprüfen, Anwenden
49 vgl. Koch (2015, S. 118f)
50 vgl. Brüggemann/Bremer (2015, S. 9)
51 vgl. Muskat (2007, S. 111f)
52 vgl. Dillerup/Stoi (2013, S. 791f)
53 vgl. Zink (2004, S. 67ff)
54 vgl. Bruhn (2016a, S. 429f)
55 DMAIC - Define Measure Analyze Improve Control; DMADV - Define Measure Analyze Design Verify vgl. Bergbauer (2006) et al. nach Raab/Werner (2009, S.79)
56 vgl. Raab/Werner (2009, S. 75)
57 vgl. Meran et al. (2013, S.144f)
58 T ransport, Bestände (I nventory), Bewegung (M otion), Warten (W aiting), Überproduktion (O verproduction), Überentwicklung (O verprocessing), Fehler (D efects) vgl. Meran et al. (2013, S. 196f)
59 vgl. Meran et al. (2013, S.196f)
60 vgl. Kreutzer (2017, S. 8ff)
61 vgl. Freter/Hohl (2010, S. 179)
62 vgl. ebd.
63 vgl. ebd., S. 181ff
64 vgl. Krafft/Götz (2003; S. 352)
65 vgl. Bruhn (2016b, S. 275f)
66 vgl. Stauss (2000); Hauck (2007, S. 73); Huldi (2007, S. 111)
67 vgl. Stauss (2000, S. 16)
68 vgl. Kreutzer (2015, S. 11)
69 vgl. Stauss (2000, S. 16)
70 vgl. Glaser (2017, S. 211)
71 vgl. Schüller/Herzberger (2016)
72 vgl. Kleinaltenkamp (2013, S. 11f)
73 vgl. Scott (2015, S. 159)
74 vgl. Revella (2015, S. 45ff)
75 vgl. Glaser (2017, S. 217)
76 vgl. ebd., S. 211f; Raab/Werner (2009, S. 84ff)
77 vgl. Revella (2015, S. 43)
78 vgl. Inc (2017); Google (2017)
79 vgl. Glaser (2017, S. 212f); Schauer (2016); Kreutzer (2015, S. 16)
80 in Anlehnung an Kreutzer (2017, S. 8)
81 vgl. Ergenzinger/Thommen (2005, S. 54); Hildebrand (2000, S. 74); Götz et al. (2012, S. 371)
- Arbeit zitieren
- Jochen Daum (Autor:in), 2018, Wie können Kundenbeziehungen im Outsourcing mittels Customer Relationship Management gesteuert werden?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/455396
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