Obwohl der Krieg von 1870/71 nur zwischen zwei Mächten ausgetragen wurde und seine Dauer verglichen mit anderen Kriegen recht kurz war, hatte er für ganz Europa Folgen, die auf kurze wie lange Sicht ungewöhnlich weit reichend waren. Von 1870 bis heute hat er die Historiker nicht nur in Europa, sondern weltweit immer wieder beschäftigt und dabei immer wieder Anlass zu neuen Interpretationen und Deutungen gegeben.
Durch den deutsch-französischen Krieg wurden die Dinge in Europa völlig neu geordnet: Deutschland löste Frankreich als führende Nation, zumindest auf dem Kontinent, ab. Die Gründung des Deutschen Reiches wurde ermöglicht. Zwischen Frankreich und Deutschland entstand ein tiefer Bruch, der erst über 90 Jahre später durch die Unterzeichnung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrags am 22. Januar 1963 aus der politischen Welt geschafft werden sollte und noch einige Jahre länger brauchte, um aus den Köpfen der beiden Völker zu verschwinden.
Das Kaisertum in Frankreich war am Ende und wurde durch die dritte Republik abgelöst. Die Grundlagen des komplizierten Bismarckschen Bündnissystems, das noch für den Ersten Weltkrieg von großer Bedeutung sein sollte, wurden gelegt. Nachdem die französischen Truppen abziehen mussten, wurden Rom und das bis dahin zum Kirchenstaat gehörende Umland zu italienischem Gebiet und Rom zur Hauptstadt Italiens. Die spätere Annäherung zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn, die 1879 zum Zweibund führen sollte, wurde ermöglicht, da für die Monarchie das besiegte Frankreich als Bündnispartner uninteressanter als das Deutsche Reich wurde.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Europa und die Ursachen des Krieges
- 2.1 Spanien und die Kandidatur der Hohenzollern für den spanischen Thron
- 2.2 Frankreichs Garantieforderung und die „Emser Depesche“
- 2.3 Englands Neutralität
- 2.4 Der casus foederis der süddeutschen Staaten
- 2.5 Russische Rückendeckung für Preußen
- 2.6 Die Sackgasse Österreich-Ungarns
- 2.7 Italiens Neutralität
- 3. Die ,,Kriegsschuldfrage“
- 4. Europa während des Krieges
- 4.1 Von der Kriegserklärung bis Sedan
- 4.2 Das Problem der Annexion von Elsass und Lothringen
- 4.3 Von Sedan bis zum Waffenstillstand
- 4.4 Die Londoner Konferenz zur Klärung der Pontusfrage
- 4.5 Die Gründung des Deutschen Reiches
- 4.6 Vom Waffenstillstand bis zum Frankfurter Frieden
- 5. Schluss-Europa nach dem Krieg
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die entscheidenden Phasen und Ereignisse des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71, beleuchtet seine Ursachen und Folgen im europäischen Kontext und analysiert die Auswirkungen auf die europäischen Machtverhältnisse. Sie betrachtet den Krieg nicht nur als ein isolierte Konflikt, sondern als Teil eines größeren historischen Prozesses und zeigt, wie er die europäischen Beziehungen neu gestaltete.
- Die Rolle der spanischen Thronfrage und der „Emser Depesche“ im Ausbruch des Krieges
- Die Positionen der europäischen Großmächte während des Krieges
- Die Folgen des Krieges für das europäische Kräfteverhältnis
- Die deutsche Reichsgründung und ihre Auswirkungen auf Europa
- Die Annexion von Elsass-Lothringen und ihre langfristigen Folgen
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 befasst sich mit den Ursachen des Deutsch-Französischen Krieges, untersucht die spanische Thronfrage, die Rolle der Hohenzollern und die Bedeutung der „Emser Depesche“. Außerdem analysiert es die Positionen der wichtigsten europäischen Staaten wie England, Russland, Österreich-Ungarn und Italien. Kapitel 3 widmet sich der „Kriegsschuldfrage“ und beleuchtet die unterschiedlichen Perspektiven auf die Verantwortlichkeiten für den Krieg.
Schlüsselwörter
Deutsch-Französischer Krieg, 1870/71, Europa, Reichsgründung, „Emser Depesche“, Spanische Thronfrage, Kriegsschuldfrage, Elsass-Lothringen, Europäische Machtverhältnisse, Bündnissystem, Bismarck, Napoleon III.
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- Jan Hendrik Schmidt (Author), 2005, Europa und der deutsch-französische Krieg von 1870/1871, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45458