Seit sich die Jugend als eigenständige Lebensphase herauskristallisiert hat, ist die Entstehung altershomogener Gruppen Jugendlicher – so genannter peer-groups – zu beobachten. In einer modernen ausdifferenzierten Gesellschaft mit ihren vielfältigen Anforderungen und Lebensbereichen erscheint die altersheterogene Gruppe der Familie als nicht mehr ausreichend, um den Heranwachsenden für ein zukünftiges selbstständiges Leben zu qualifizieren und seine zahlreichen sozialen Beziehungen adäquat zu befriedigen.
Um die so entstandene Lücke zu füllen, „organisieren“ sich Jugendliche in Gruppen Gleichaltriger, die es ihnen ermöglichen, ihre sozialen und psychischen Bedürfnisse in jugendgemäßer Weise zu erfüllen. Somit kommt den Peers besonders im Jugendalter eine wesentliche Rolle bei der Bewältigung altersspezifischer Entwicklungsaufgaben zu. In der Jugendphase steht der Heranwachsende vor der Herausforderung, in unterschiedlichen Lebensbereichen auf eigenen Beinen stehen zu müssen, um schließlich sein Leben eigenverantwortlich regeln und gestalten zu können. Als zentrale Entwicklungsaufgaben gelten nach Havighurst unter anderem die Unabhängigkeit von den Eltern und der damit verbundene Prozess der Ablösung, die Akzeptanz der eigenen Persönlichkeit und der Geschlechterrollen sowie die Aufnahme neuer, dauerhafter Beziehungen zu gleich- und gegengeschlechtlichen Freunden (vgl. Oerter / Montada, 2002, S.270f.).
Bei der Erfüllung dieser Anforderungen können die Peers wichtige Hilfestellung leisten. In Interaktion mit Gleichaltrigen gewinnen Jugendliche an Verhaltenssicherheit und Ich-Stärke, sie lernen, zwischenmenschliche Beziehungen einzugehen und bei Bedarf wieder aufzugeben, und sie erhalten im ständigen Austausch mit den Peers Informationen über sich selbst, die wesentlich dazu beitragen können, sich der eigenen Identität bewusst zu werden.
Vor diesem Hintergrund scheint es einleuchtend, dass Heranwachsende, die fest in peer-groups eingebunden sind, die an sie gestellten Entwicklungsaufgaben leichter bewältigen können, als solche, denen es an dieser Einbindung mangelt.
Doch welchen Jugendlichen gelingt es, einer stabilen sozialen Umwelt anzugehören, und was sind die Gründe dafür, dass manche von ihnen sich eher als isoliert erleben? Welche Folgen hat das Vorhandensein oder Fehlen von Peers für die psychosoziale Entwicklung Jugendlicher und wie entwickeln sich die Beziehungsmuster zwischen Gleichaltrigen beim Übergang von der Kindheit in die Jugendphase?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Die Peers im Entwicklungskontext
- Hauptteil: Psychosoziale Entwicklung im Jugendalter – Die Konstanzer Längschnittstudie von Helmut Fend
- I.) Fragestellungen
- II.) Methode
- II.1.) Design
- II.2.) Stichprobe
- II.3.) Variablen
- II.3.1.) Unabhängige Variablen
- II.3.2.) Abhängige Variablen
- II.3.3.) Mediatisierende Variablen
- II.4.) Erhebungsinstrumente
- II.4.1.) Selbstberichtsverfahren
- II.4.2.) Soziometrische Verfahren
- II.4.3.) Messung soziokognitiver Kompetenzen
- II.4.4.) Erhebung der schulischen Situation
- III.) Ergebnisse
- III.1.) Entwicklung der Beziehungen
- III.1.1.) Wahl von Bezugspersonen
- III.1.2.) Veränderung des Selbstwirksamkeitsbewusstseins
- III.2.) Soziale Positionen in der Klasse: Meinungsführer und Außenseiter
- III.2.1.) Verteilung von Sympathie und Geltung
- III.2.2.) Persönlichkeitsprofil von Meinungsführern
- III.2.3.) Persönlichkeitsprofil von Außenseitern
- III.3.) Außerschulische Gesellungsformen
- III.3.1.) Vier Typen außerschulischer Integration
- III.3.1.1.) Isolation
- III.3.1.2.) Kleine Netze
- III.3.1.3.) Große Netze
- III.3.1.4.) Cliquen
- III.3.2.) Verhältnis von schulischen und außerschulischen Peer-Kontakten
- III.3.1.) Vier Typen außerschulischer Integration
- III.5.) Verhältnis Eltern und Peers
- III.5.1.) Erklärungsmodell
- III.5.2.) Empirische Ergebnisse
- III.1.) Entwicklung der Beziehungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit von Helmut Fend befasst sich mit der Untersuchung der psychosozialen Entwicklung im Jugendalter, insbesondere mit der Rolle von Peer-Beziehungen. Die Studie verfolgt das Ziel, die Entwicklung von Peer-Beziehungen in der Adoleszenz zu beleuchten und deren Auswirkungen auf das psychosoziale Wohlbefinden Heranwachsender zu analysieren. Sie betrachtet die Jugendlichen als handelnde Subjekte, die ihre eigene Entwicklung aktiv gestalten.
- Entwicklung von Peer-Beziehungen im Jugendalter
- Einfluss von Peer-Beziehungen auf das psychosoziale Wohlbefinden
- Soziale Positionen in der Klasse und im außerschulischen Umfeld
- Selbstwirksamkeitsbewusstsein und soziale Kompetenzen
- Verhältnis von Eltern und Peers
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Bedeutung von Peers im Entwicklungskontext beleuchtet. Im Hauptteil wird die Konstanzer Längschnittstudie von Helmut Fend vorgestellt. Die Studie untersucht, wie sich soziale Beziehungen im Verlauf der Adoleszenz entwickeln, welche sozialen Positionen sich herauskristallisieren und welchen Einfluss der objektive soziale Status auf die apperzeptiven Strukturen und das Selbstkonzept von Jugendlichen hat. Die Studie analysiert die Peer-Beziehungen sowohl im schulischen als auch im außerschulischen Kontext.
Im ersten Teil des Hauptteils werden die Fragestellungen der Studie erläutert, gefolgt von einer Beschreibung der Methode. Die Methode umfasst das Studiendesign, die Stichprobe, die verwendeten Variablen und die Erhebungsinstrumente.
Im zweiten Teil des Hauptteils werden die Ergebnisse der Studie präsentiert. Es werden die Entwicklung der Beziehungen zwischen Gleichaltrigen, die sozialen Positionen in der Klasse sowie die außerschulischen Gesellungsformen untersucht. Die Arbeit analysiert die Unterschiede zwischen Meinungsführern und Außenseitern und betrachtet das Verhältnis zwischen schulischen und außerschulischen Peer-Kontakten. Abschließend wird das Verhältnis von Eltern und Peers betrachtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Peer-Beziehungen, psychosoziale Entwicklung, Adoleszenz, soziale Positionen, Selbstwirksamkeitsbewusstsein, soziale Kompetenzen, schulischer und außerschulischer Kontext, Längsschnittstudie, Konstanzer Längschnittstudie, Helmut Fend.
- Quote paper
- Katja Kuhn (Author), 2004, Psychosoziale Entwicklung im Jugendalter - Konstanzer Längsschnittstudie von Helmut Fend, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45382