Niemand unter den Zeitgenossen hat eine Gesellschaftstheorie von vergleichbarer Komplexität entwickelt... Das heute vorliegende Werk ist konkurrenzlos im Hinblick auf Abstraktionshöhe und Differenziertheit, gesellschaftstheoretische Spannweite und Systematik... Obwohl das Interesse an dieser Theorie seit der Mitte der 60er Jahre nachgelassen hat und das Parsonssche sogar von hermeneutisch und kritisch gerichteten Forschungsansätzen zeitweilig in den Hintergrund gedrängt worden ist, kann heute keine Gesellschaftstheorie ernstgenommen werden, die sich nicht zu der von Parsons wenigstens in Beziehung setzt. Wer sich über diesen Umstand täuscht, lässt sich von Aktualitäten, statt ihnen gegenüber sensibel zu sein, gefangennehmen.“ (Jürgen Habermas) Mit diesem Zitat stellt Habermas die Wichtigkeit der Parsschen Arbeit an der Gesellschaftstheorie dar, die sich zwischen 1937 und Anfang der 1950er Jahre aus dessen „volontarischen Handlungstheorie“ entwickelte. In „The Social System“ von 1951 wurden die Grundelemente des Handelns dimensional erweitert und komplexe Strukturzusammenhänge gebildet, die sich auf Wirtschaft und Gesellschaft bezogen. So entwickelte sich die „volontarische Handlungstheorie“ zum sogenannten Strukturfunktionalismus. Angelehnt an Robert F. Bales und dessen „Variablen der Handlungsorientierung“ leitete er vier Grundfunktionen des sozialen Systems ab, die in meiner Arbeit später ausführlich behandelt werden. Mit der Entwicklung dieser Funktionen wurde der allgemeine „Struktur“-Begriff durch den „System“- Begriff ersetzt, was auch zur Folge hatte, dass sich der Strukturfunktionalismus in einen Systemfunktionalismus verwandelte.
Gesellschaft wird von Parsons als ein System dargestellt, dessen Entwicklung er mit evolutionstheoretischen Begriffen analysiert. Die von mir verwendeten Werke „Gesellschaften“ („Societies“) , sowie „Das System moderner Gesellschaften“ („ The System of Modern Societies“) behandeln archaische Formen und Hochkulturen, den sog. „Saatbeet-Gesellschaften“ bzw. wird die Entstehung von Gegenwartsgesell- schaften im Prozess einer sozio-kulturellen Evolution nachgezeichnet. Um also die „Interpenetration“, das einen „Durchdringungseffekt“ innerhalb der Systeme meint, von sozialen Systemen zu untersuchen und darzustellen, bedarf es auch einer Verdeutlichung von diesen Systemen im Zusammenhang mit dem Begriff „Gesellschaft“.
Inhaltsverzeichnis
- 1.0. Einleitung
- 2.0. Handlungssysteme und soziale Systeme
- 2.1. Das kulturelle System
- 2.2. Das soziale System
- 2.3. Das Persönlichkeitssystem
- 2.4. Das Organismussystem
- 2.5. Das Phänomen der Interpenetration bezogen auf die vier Subsysteme
- 3.0. Das AGIL Schema
- 4.0. Das Konzept von Gesellschaft
- 4.1. Die Subsysteme der Gesellschaft
- 4.2. Die strukturellen Komponenten von Gesellschaft
- 4.3.1. Das kulturelle System als Milieu der Gesellschaft
- 4.3.2. Die Persönlichkeit als Milieu der Gesellschaft
- 4.3.3. Organismus und physische Situation als Milieu der Gesellschaft
- 4.3.4. Gesellschaftliche Gemeinschaft und Selbstständigkeit
- 5.0. Evolutionäre Prozesse
- 6.0. Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit zielt darauf ab, die von Talcott Parsons entwickelte Gesellschaftstheorie und ihre zentralen Konzepte zu analysieren. Im Fokus stehen dabei die Interpenetration der verschiedenen Handlungssysteme und ihre Bedeutung für die Gestaltung der Gesellschaft.
- Die vier Handlungssysteme: Kultur, Soziales, Persönlichkeit und Organismus
- Das Konzept der Interpenetration und seine Rolle in der Gesellschaftstheorie
- Die Funktionsweise und Interaktion der einzelnen Handlungssysteme
- Die Anwendung der Gesellschaftstheorie auf verschiedene Formen von Gesellschaften
- Die evolutionäre Entwicklung von Gesellschaften im Kontext der Parsschen Theorie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Bedeutung von Parsons' Werk für die Gesellschaftstheorie und führt in die zentralen Themen der Arbeit ein. Kapitel 2 stellt die Handlungssysteme und sozialen Systeme vor und erläutert die vier Subsysteme: Kultur, Soziales, Persönlichkeit und Organismus. Es werden die Funktionen und Interdependenzen der einzelnen Systeme sowie das Phänomen der Interpenetration diskutiert. Kapitel 3 befasst sich mit dem AGIL Schema, einem zentralen analytischen Modell von Parsons. Kapitel 4 setzt sich mit dem Konzept von Gesellschaft auseinander, beschreibt die Subsysteme und strukturellen Komponenten der Gesellschaft und diskutiert verschiedene Milieus. Kapitel 5 analysiert evolutionäre Prozesse im Kontext der Parsschen Theorie.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Begriffen der Gesellschaftstheorie von Talcott Parsons, wie Handlungssysteme, soziale Systeme, Interpenetration, Strukturfunktionalismus, AGIL Schema, Kultur, Sozialisation, Persönlichkeit, Gesellschaft, Evolution und Milieus.
- Quote paper
- Ronnie Schreiner (Author), 2005, Parsons Interpenetration gesellschaftlicher Teilsysteme, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/45331