Die Blockchain-Technologie ist vielen Menschen vor allem in Bezug auf das Thema Kryptowährungen ein Begriff und gilt bereits heute als disruptive Kraft im Finanzsektor. Dennoch reichen die Anwendungsbereiche weit über den Finanzsektor hinaus, denn diese Technologie ermöglicht den dezentralen Austausch von Werten ohne Intermediäre. Welche Rolle spielen Plattform-Geschäftsmodelle zukünftig unter dem Einfluss der Blockchain-Technologie?
Um diese Frage zu beantworten, wird sowohl auf eine orientierende Literaturrecherche als auch auf eine qualitative Untersuchung des Forschungsgegenstandes zurückgegriffen. Dazu werden die zwei Themenbereiche Blockchain-Technologie und Plattform-Geschäftsmodelle näher beleuchtet.
Im empirischen Teil werden dann die Auswirkungen der Blockchain-Technologie auf Plattform-Geschäftsmodelle untersucht. Im Rahmen einer qualitativen Forschungsmethodik wird sowohl auf Fallbeispiele aus der Praxis als auch auf ExpertInnenwissen im Bereich der Blockchain-Technologie zurückgegriffen. Abschließend werden die Ergebnisse beider Datenerhebungen zusammengeführt und hinsichtlich möglicher Auswirkungen analysiert.
INHALTSVERZEICHNIS
Kurzfassung
Abstract
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Relevanz
1.2 Zielsetzung und methodische Vorgehensweise
2 Plattform-Geschäftsmodelle
2.1 Definitionen
2.1.1 Geschäftsmodell
2.1.2 Plattform
2.1.3 Plattform-Geschäftsmodelle
2.2 Arten von Plattform-Geschäftsmodellen
2.3 Business Model Frameworks
2.3.1 Business Model Canvas
2.3.2 Plattform Business Model Canvas
2.4 Kritische Würdigung der Literatur
3 Die Blockchain-Technologie
3.1 Definition
3.2 Technische Funktionsweise der Blockchain
3.3 Anwendungsbereiche der Blockchain-Technologie
3.4 Status-Quo Analyse
3.4.1 Bisherige Anwendungen in der Praxis
3.4.2 Bisherige Limitationen und kritische Herausforderungen
3.4.3 Zukunftsprognose
4 Methodik
4.1 Ausgangssituation und Rahmenbedingungen
4.2 Forschungsdesign
4.3 Datenerhebung
4.3.1 Auswahl der Stichprobe
4.3.2 Inhalt und Aufbau der Interviewleitfäden
4.3.3 Ausführung der Datenerhebung
4.4 Datenanalyse
4.4.1 Auswertung A – Fallbeispiele
4.4.2 Auswertung B – Blockchain-Experten
5 Ergebnisse A – Fallbeispiele
5.1 Ist-Analysen der aktuellen Geschäftsmodelle
5.1.1 Mooci
5.1.2 Bookatable
5.1.3 Conichi
5.1.4 Österreichische Post AG – Energiekostenrechner
5.2 Auswirkungen der Blockchain-Technologie auf die Geschäftsmodelle
5.2.1 Mooci
5.2.2 Bookatable
5.2.3 Conichi
5.2.4 Österreichische Post AG – Energiekostenrechner
5.3 Fallübergreifende Ergebnisse
6 Ergebnisse B – Blockchain-Experten
6.1 Umsetzbarkeit blockchainbasierter Plattform-Geschäftsmodelle
6.1.1 Dezentrale Plattform-Geschäftsmodelle
6.1.2 Teil-dezentrale Plattform-Geschäftsmodelle als alternative Lösung
6.2 Auswirkungen der Blockchain-Technologie auf bestehende Plattform-Geschäftsmodelle
7 Diskussion
8 Conclusio und zukünftiger Forschungsbedarf
9 Literaturverzeichnis
Anhang A: Interviewleitfaden der ExpertInneninterviews – Fallbeispiele
Anhang B: Interviewleitfaden der ExpertInneninterviews – Blockchain-Experten
KURZFASSUNG
Die Blockchain-Technologie ist vielen Menschen vor allem in Bezug auf das Thema Kryptowährungen ein Begriff und gilt bereits heute als disruptive Kraft im Finanzsektor. Dennoch reichen die Anwendungsbereiche weit über den Finanzsektor hinaus, denn die Blockchain- Technologie ermöglicht den dezentralen Austausch von Werten ohne Intermediäre. Das Ziel dieser Arbeit ist es, die zukünftige Rolle von Plattform-Geschäftsmodellen unter dem Einfluss der Blockchain-Technologie zu identifizieren. Dabei wird sowohl auf eine orientierende Literaturrecherche als auch auf eine qualitative Untersuchung des Forschungsgegenstandes zurückgegriffen. Im ersten Teil der Arbeit werden die zwei Themenbereiche Blockchain-Technologie und Plattform-Geschäftsmodelle näher beleuchtet. Im anschließenden, empirischen Teil werden dann die Auswirkungen der Blockchain-Technologie auf Plattform-Geschäftsmodelle untersucht. Im Rahmen einer qualitativen Forschungsmethodik wird sowohl auf Fallbeispiele aus der Praxis als auch auf ExpertInnenwissen im Bereich der Blockchain-Technologie zurückgegriffen. Abschließend werden die Ergebnisse beider Datenerhebungen zusammengeführt und hinsichtlich möglicher Auswirkungen analysiert.
Schlagwörter: Blockchain-Technologie, Plattform-Geschäftsmodelle, Service-Plattform, Dezentralisierung, Business Model Canvas
ABSTRACT
Originally developed as a distributed ledger technology for cryptocurrency, Bitcoin, the blockchain technology, is primarily known for its disruptive potential in the financial industry. The amount of possible applications that go far beyond financial transactions is increasing rapidly. It is said that the technology has the potential to facilitate the exchange of any kind of value in a decentralized way and therefore eliminate the need for a third party intermediary. The goal of this research is to study the future role of platform-based businesses under the influence of the blockchain technology. Literature research on the two main topics, blockchain technology and platform-based business models, will form the base of the empirical study on the possible effects that this technology might have on platform-based business models. The relevance, both in practise and theory, will be studied within the frame of a qualitative research method. Case studies form a major part of the study.
Keywords Blockchain technology, platform-based business model, service-platform, decentralization, business model canvas
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Plattform-Typen mit Beispielen
Abbildung 2: Die vier zentralen Aspekte eines Geschäftsmodells
Abbildung 3: Business Model Canvas
Abbildung 4: Platform Business Model Canvas
Abbildung 5: Business Model Canvas für Plattform-Geschäftsmodelle
Abbildung 6: Die Blockchain
Abbildung 7: Kategorisierung von Blockchain-Anwendungen
Abbildung 8: Mögliche Anwendungen der Blockchain
Abbildung 9: Übersicht der ExpertInneninterviews
Abbildung 10: Ist-Analyse des Geschäftsmodells von Mooci
Abbildung 11: Ist-Analyse des Geschäftsmodells von Bookatable
Abbildung 12: Ist-Analyse des Geschäftsmodells von Conichi
Abbildung 13: Ist-Analyse des Geschäftsmodells des Energiekosten-Rechners der Österreichischen Post AG
Abbildung 14: Zukünftiges Geschäftsmodell von Mooci unter dem Einfluss der Blockchain- Technologie
Abbildung 15: Zukünftiges Geschäftsmodell von Bookatable unter dem Einfluss der Blockchain- Technologie
Abbildung 16: Zukünftiges Geschäftsmodell von Conichi unter Einfluss der Blockchain-Technologie
Abbildung 17: Zukünftiges Geschäftsmodell des Energiekosten-Rechners der Österreichischen Post AG unter Einfluss der Blockchain-Technologie
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Kategorisierung nach Peters und Panayi (2015)
Tabelle 2: Übersicht der Fallbeispiele (Gruppe A)
Tabelle 3: Übersicht der Blockchain-Experten (Gruppe B)
Tabelle 4: Auswertungsraster – Ist-Analyse der Plattform-Geschäftsmodelle
Tabelle 5: Auswertungsraster – Veränderungen im Geschäftsmodell durch die Blockchain- Technologie
Tabelle 6: Zusätzliche Auswertungskategorie - Relevanz/Umgang mit der Blockchain-Technologie
Tabelle 7: Auswertungsraster - dezentrale Plattform-Geschäftsmodelle
Tabelle 8: Auswertungsraster - zentrale Herausforderungen und kritische Aspekte
Tabelle 9: Auswertungsraster - Auswirkungen der Blockchain-Technologie auf bestehende Plattform-Geschäftsmodelle
Tabelle 10: Wertangebot bei dezentralen Plattform-Geschäftsmodellen
Tabelle 11: Schlüsselaktivitäten bei dezentralen Plattform-Geschäftsmodellen
Tabelle 12: Schlüsselressourcen bei dezentralen Plattform-Geschäftsmodellen
Tabelle 13: Einnahmequellen bei dezentralen Plattform-Geschäftsmodellen
Tabelle 14: Kostenblöcke bei dezentralen Plattform-Geschäftsmodellen
Tabelle 15: Übersicht der Parameter von dezentralen Plattform-Geschäftsmodellen
Tabelle 16: Ergebnisse bezüglich des Einflusses der Blockchain-Technologie auf bestehende Plattform-Geschäftsmodelle
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 EINLEITUNG
Wir leben in einer schnelllebigen Welt, die von rasanten technologischen Fortschritten und einer Reihe an Innovationen geprägt ist, welche nicht nur Einfluss auf unser alltägliches Leben haben, sondern auch Geschäftsfelder grundlegend verändern können. Besonders das 21. Jahrhundert hat mit den fortschreitenden Entwicklungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien sowie der Erfindung des Internets zahlreiche disruptive Innovationen mit sich gebracht. Dadurch entstanden eine Vielzahl von Geschäftsmodellen und bestehende wurden in Frage gestellt. Als Beispiele werden in der Literatur Innovationen im Bereich von Social- Media oder der Sharing Economy genannt (Peters/Panayi, 2015, 1). Eine Technologie ist jedoch aktuell besonders ins Zentrum der Aufmerksamkeit geraten, da sie verspricht, verschiedenste Geschäftsfelder disruptiv zu verändern. Die Rede ist hier von der Blockchain-Technologie. Die bereits größten Veränderungen hat die Blockchain-Technologie bisher im Banken- und Finanzsektor hervorgerufen, wo Kryptowährungen wie Bitcoin als anerkanntes Zahlungsmittel gehandelt werden und die Rolle der Banken durch die Möglichkeit der Dezentralisierung diskutiert wird. Da die Anwendungsmöglichkeiten der Blockchain-Technologie jedoch über digitale Währungen und die Dezentralisierung von Finanztransaktionen hinausgehen, gehen ExpertInnen davon aus, dass es zukünftig auch in anderen Geschäftsfeldern zu disruptiven Veränderungen kommen wird und eine Vielzahl von Geschäftsmodellen betroffen sein könnten (Hüther, 2016, 4; Peters/Panayi, 2015, 1; Schlatt, et al., 2016, 5). Eines der aktuell erfolgreichsten Geschäftsmodelle, welches im Kontext der Blockchain-Technologie zunehmend Erwähnung findet, ist das Plattform-Geschäftsmodell. Obwohl es Plattformen schon immer gegeben hat, hat dieses Geschäftsfeld mit zunehmender Entwicklung der Informationstechnologien und dem Aufschwung der Industrie 4.0 ein neues Ausmaß angenommen. So sind die weltweit erfolgreichsten Unternehmen wie Facebook, Uber oder Alibaba Plattform-Unternehmen und erzielen ohne eine eigene physische und kapitalintensive Infrastruktur die größten wirtschaftlichen Erfolge (Van Alstyne/ Parker/Choudary, 2016, 56). Die Wertschaffung dieser Unternehmen findet vielmehr durch das Zusammenbringen verschiedener, voneinander abhängige KundInnengruppen statt, womit ihnen die Rolle des Intermediärs zugeschrieben werden kann (Osterwalder/Pigneur, 2010, 78). Mithilfe der Blockchain-Technologie ist es jedoch theoretisch möglich, dass KundInnengruppen direkt miteinander agieren und jeglicher Art von Wertaustausch automatisiert über ein dezentrales Blockchain-Netzwerk stattfindet. Daher zeichnet sich vermehrt das Meinungsbild ab, dass die Blockchain-Technologie zukünftig auch Plattform-Geschäftsmodelle disruptiv beeinflussen könnte (Burgwinkel, 2017, 18; Steinborn, 2017; Visser, 2016).
Die vorliegende Forschungsarbeit befasst sich mit der Zukunft von Plattform-Geschäftsmodellen unter dem Einfluss der Blockchain-Technologie. In diesem Zusammenhang soll herausgefunden werden, welche Auswirkungen die Blockchain-Technologie auf Plattform-Geschäftsmodelle haben könnte, und ob tatsächlich die Gefahr besteht, dass die Rolle der Plattform-Unternehmen zukünftig durch die Blockchain ersetzt wird. Für die Untersuchung wird hier sowohl auf Fallbespiele aus der Praxis als auch auf ExpertInnenwissen im Bereich der Blockchain-Technologie zurückgegriffen.
1.1 Problemstellung und Relevanz
Wie bereits eingangs erwähnt, ist in der Praxis bisher besonders der Finanz- und Bankensektor von der Blockchain-Technologie betroffen. Hier lassen sich aktuell bereits eine Vielzahl von Anwendungsbeispielen finden, die das disruptive Potenzial der Blockchain deutlich machen. Und auch in der Literatur ist die Blockchain-Technologie in Bezug auf Kryptowährungen und Finanzdienstleistungen Thematik vieler wissenschaftlicher Primärquellen (Yli-Huumo, et al., 2016,11 ff.). Anwendungen, die jedoch über den Finanzbereich und die Transaktion digitaler Währungen hinausgehen, befinden sich noch in den Anfängen der Entwicklung. Gemeint sind hier all jene Anwendungen, bei denen auf Basis der Blockchain-Technologie jegliche Art von Werten beziehungsweise Eigentum in einem dezentralen Netzwerk registriert und zwischen zwei oder mehreren Parteien transferiert wird. Bei dieser Art von Anwendungen, ermöglicht die Blockchain- Technologie den direkten und automatisierten Austausch von Werten, ohne dass sich die beteiligten Personen untereinander kennen oder Vertrauen müssen. Eine vermittelnde Instanz wird somit in der Theorie nicht mehr notwendig sein. Aufgrund dieser Eigenschaften zeichnet sich im allgemeinen Meinungsbild die generelle Auffassung ab, dass insbesondere Plattform- Geschäftsmodelle disruptiv von der Blockchain-Technologie beeinflusst werden könnten. Diese nehmen aktuell die Rolle der vermittelnden Instanz ein und könnten durch eine dezentrale blockchainbasierte Plattform ersetzt werden. In der Literatur wird in diesem Zusammenhang auf Plattform-Unternehmen wie Ebay oder Amazon verwiesen (Burgwinkel, 2016, 43; Steinborn, 2017; Visser, 2016). Doch obwohl dieses Meinungsbild vorherrscht und auch die fortschreitenden Entwicklungen auf eine steigende Relevanz der Thematik hinweisen, dominieren bisher eher vage Vermutungen über die tatsächlichen Auswirkungen der Blockchain-Technologie auf Plattform- Geschäftsmodelle. Auch in der wissenschaftlichen Literatur sind bisher keine konkreten Arbeiten zu dieser Thematik zu finden. Damit Plattform-Unternehmen jedoch frühzeitig auf die technologischen Entwicklungen am Markt reagieren und diese eventuell sogar für sich nutzen können, besteht der Bedarf einer genaueren Untersuchung bezüglich des disruptiven Potenzials der Technologie.
1.2 Zielsetzung und methodische Vorgehensweise
Basierend auf der eben erläuterten Problemstellung, soll im Rahmen dieser Arbeit untersucht werden, wie relevant die Thematik der Blockchain-Technologie tatsächlich für Plattform- Geschäftsmodelle ist und welche konkreten Auswirkungen die Technologie zukünftig auf die verschiedenen Plattform-Geschäftsmodelle haben könnte. Folgende Forschungsfrage soll im Zuge der Forschungsarbeit beantwortet werden:
„Welch e möglichen Auswirkungen hat die Blockchain-Technologie auf Plattform-Geschäftsmodelle?“
Zur Beantwortung der Forschungsfrage wird zunächst ein grundlegendes Verständnis hinsichtlich der zwei relevanten Themenbereiche Plattform-Geschäftsmodelle und Blockchain-Technologie in Form einer orientierenden Literaturrecherche geschaffen. Im ersten Teil dieser Ausarbeitung wird der theoretische Rahmen zum Thema Plattform-Geschäftsmodelle behandelt. Hierzu wird zu Beginn definiert, was unter dem Begriff Plattform-Geschäftsmodell verstanden wird und welche Arten von Plattform-Geschäftsmodellen in der Literatur differenziert werden. Außerdem werden verschiedene Business Model Frameworks zur Darstellung und Operationalisierung von Geschäftsmodellen vorgestellt, um anschließend ein für die vorliegende Arbeit geeignetes Analysetool auf Basis der erörterten Literatur auszuwählen. Nachdem der erste theoretische Rahmen für die Arbeit geschaffen wurde, wird im zweiten Schritt der orientierenden Literaturrecherche das Thema Blockchain-Technologie ausgearbeitet. Auch hier wird der Begriff Blockchain-Technologie zunächst auf Basis der Literatur definiert und begrifflich abgegrenzt. Um ein generelles Verständnis hinsichtlich der Funktionsweise der Blockchain zu schaffen, wird anschließend kurz auf die zugrundeliegende Technologie eingegangen. Da der Fokus dieser Arbeit jedoch nicht auf dem technischen Bereich liegt, sondern vielmehr die Anwendungsmöglichkeiten im wirtschaftlichen Sinne im Vordergrund stehen sollen, wird hier auf eine detaillierte Erläuterung der technischen Zusammenhänge verzichtet. Im weiteren Verlauf des Kapitels wird dann ein Überblick darüber gegeben, wie in der Literatur die verschiedenen Anwendungsbereiche der Blockchain-Technologie kategorisiert werden. Im Anschluss soll im Rahmen einer Status-Quo Analyse erörtert werden, in wie weit die Blockchain-Technologie zum heutigen Zeitpunkt bereits tatsächlich angewandt wird, welche Limitationen bestehen und wie ExpertInnen die Zukunft der Blockchain-Technologie prognostizieren. Nachdem mit dem Kapitel zur Blockchain-Technologie die theoretischen Grundlagen der Forschungsarbeit geschaffen wurden, wird daraufhin die Methodik der anschließenden empirischen Untersuchung vorgestellt. Dabei soll einleitend noch einmal auf die Ausgangssituation und die Rahmenbedingungen der Forschungsarbeit eingegangen werden, bevor im Anschluss das Forschungsdesign, die Datenerhebung und die angewandte Auswertungsverfahren erläutert werden. In den darauf folgenden Kapiteln werden die Ergebnisse der Datenanalyse aufgezeigt. Da im Rahmen der Untersuchung zwei separate Datenerhebungen durchgeführt wurden, sollen aus Gründen der Übersichtlichkeit auch die jeweiligen Ergebnisse zunächst getrennt voneinander dargestellt werden. Die Ergebnisse der fallbezogenen ExpertInneninterviews geben zunächst Einblicke darüber, wie Plattform-Unternehmen die Relevanz der Blockchain-Technologie einschätzen und welche konkreten Auswirkungen die Technologie zukünftig auf die jeweiligen Plattform-Geschäftsmodelle haben könnten. Ergänzend werden im darauf folgenden Kapitel die Ergebnisse der Blockchain-ExpertInneninterviews vorgestellt. Hier soll ein besseres Verständnis hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzbarkeit blockchainbasierter Plattform-Geschäftsmodelle geschaffen und die Relevanz der Thematik für bestehende Plattform- Geschäftsmodelle aus Sicht der ExpertInnen beleuchtet werden. Im Anschluss werden die Ergebnisse im Rahmen einer kritischen Diskussion zusammengefügt und zur Beantwortung der Forschungsfrage herangezogen. Abschließend wird die Forschungsarbeit in der Conclusio rückblickend zusammengefasst und weiterer Forschungsbedarf aufgezeigt.
2 PLATTFORM-GESCHÄFTSMODELLE
Im folgenden Kapitel soll das Thema Plattform-Geschäftsmodelle als erster theoretischer Rahmen für die spätere empirische Untersuchung genauer beleuchtet und die theoretischen Grundlagen für diesen Themenbereich geschaffen werden. Dazu wird zunächst definiert, was in der Literatur unter dem Begriff Plattform-Geschäftsmodelle verstanden wird. Im weiteren Verlauf werden dann die unterschiedlichen Arten von Plattform-Geschäftsmodellen kategorisiert, um für die spätere Empirie eine genaue Differenzierung und Abgrenzung zu schaffen. Als letztes werden dann unterschiedliche Modelle zur Analyse von Plattform-Geschäftsmodellen vorgestellt und auf Basis der theoretischen Ausarbeitung das Model ausgewählt, welches für die Untersuchung am geeignetsten erscheint.
2.1 Definitionen
Dieses Kapitel dient zunächst der Schaffung eines einheitlichen begrifflichen Verständnisses. Um den Begriff Plattform-Geschäftsmodell zu definieren, soll zunächst festgelegt werden, was unter einem Geschäftsmodell verstanden wird und wie die Literatur Plattformen definiert.
2.1.1 Geschäftsmodell
Geschäftsmodelle dienen grundsätzlich der vereinfachten Darstellung der Unternehmensrealität und ermöglichen eine modellhafte Beschreibung der Geschäftstätigkeiten sowie der damit verbundenen Wertschöpfung einer Unternehmung (Bieger/Reinhold, 2011, 17). Seit den 1990er Jahren hat sich der Begriff sowohl in der Praxis, insbesondere in der strategischen Unternehmensplanung, als auch in der Wissenschaft fest etabliert und eine Vielzahl wissenschaftlicher Arbeiten wurden seither zum Thema Geschäftsmodelle veröffentlicht (Bieger/Knyphausen-Aufseß/Krys, 2011, 2; Zott/Amit/Massa, 2011, 2). Dennoch gibt es bisher keine einheitlich anerkannte Definition des Begriffs und es lassen sich zahlreiche Geschäftsmodellansätze mit verschiedenen Beschreibungsdimensionen finden (Bieger/Reinhold, 2011, 17). Zott et al. (2011) haben in ihrer Arbeit eine Vielzahl unterschiedlicher Definitionen untersucht und konnten eine Reihe von Gemeinsamkeiten feststellen. Demnach werden Geschäftsmodelle grundsätzlich als ganzheitlicher Ansatz zur Erklärung der Geschäftstätigkeit definiert – sie zeigen auf, wie Unternehmungen Geschäfte machen. Außerdem haben die unterschiedlichen Konzeptualisierungen gemeinsam, dass die Tätigkeiten beziehungsweise Aktivitäten des Unternehmens im Fokus des Geschäftsmodells stehen und die Wertschaffung einen zentralen Faktor darstellt (Zott/Amit/Massa, 2011, 2). Bieger und Reinhold (2011) liefern eine sehr ausführliche, wertbasierte Definition, wonach Geschäftsmodelle die Grundlogik der Wertschaffung einer Organisation veranschaulichen. Die Autoren gehen hier auf sechs zentrale Dimensionen ein, welche die Wertschaffung genauer beschreiben. Danach gibt ein Geschäftsmodell an, (1) was eine Unternehmung zur Wertschaffung für die KundInnen anbietet und (2) wie die Wertschaffung im System der Organisation stattfindet. (3) Es legt die Kommunikation und Übertragung der geschaffenen Werte gegenüber den KundInnen fest und (4) beschreibt, wie die Organisation mit den geschaffenen Werten Erträge erzielt. Außerdem wird im Geschäftsmodell (5) die Distribution der Werte innerhalb der Organisation und gegenüber der Anspruchsgruppen festgelegt und (6) Aufschluss darüber gegeben, wie die Wertschaffung in Zukunft weiterentwickelt werden soll, um den Erfolg des Geschäftsmodells auch nachhaltig sicherstellen zu können (Bieger/Reinhold, 2011,32). Osterwalder und Pigneur (2010), die in ihrem Werk ein Modell zur Entwicklung und Beschreibung von Geschäftsmodellen liefern, bieten eine kurze aber dennoch ebenso wertorientierte Begriffsdefinition: „A business model describes the rationale of how an organization creates, delivers and captures value.“ (Osterwalder/Pigneur, 2010, 14).
2.1.2 Plattform
Bevor eine Definition für Plattform-Geschäftsmodelle gegeben werden kann, sollte zunächst kurz definiert werden, was allgemein in der Literatur unter dem Begriff Plattform verstanden wird und festgelegt werden, welche Definition für diese Arbeit relevant ist. In den Wirtschaftswissenschaften findet der Begriff Plattform in unterschiedlichen Bereichen Anwendung, weshalb eine Vielzahl unterschiedlicher Definitionen zu finden sind (Kim, 2016, 2213). Nach Simon (2013) können sich Menschen durch Plattformen gegenseitig erreichen, miteinander in Kontakt treten und Informationen erhalten. Außerdem ermöglichen Plattformen Unternehmen mit bestehenden und potentiellen KundInnen in Kontakt zu treten, KundInnen können über Plattformen Produkte und Dienstleistungen erwerben und Regierungen können mit BürgerInnen in Kontakt treten (Simon,2013, 22). In bestimmten Industriezweigen, insbesondere der Automobilindustrie, wird der Begriff außerdem häufig mit Bezug auf Produkt-Plattformen verwendet (Baums/Schössler/Scott, 2015, S.15). In diesem Kontext können Plattformen generell als eine Sammlung von Produktkomponenten gesehen werden, welche für verschiedene Produkte gemeinsam genutzt werden können. Unternehmen nutzen solche Produkt-Plattformen um Kosten zu sparen und ein differenziertes Produktportfolio anbieten zu können (Muffatto, 1999, 449). Prassol (2015) liefert eine Definition aus dem Kontext der (Wirtschafts-)Informatik, wonach Plattformen generell eine Grundlage darstellen, auf der einzelne Elemente innerhalb eines technologischen Rahmens zusammengefügt werden. Er geht außerdem auf den wirtschaftlichen Nutzen von Plattformen ein und sagt, dass diese ein technologisches Fundament bieten, um Daten und Geschäftsprozesse zusammenzufügen, zu analysieren und gegebenenfalls zu optimieren. Plattformen bieten außerdem eine gemeinsame Basis für den Austausch von Produkten, Ideen oder Technologien, wobei es die Aufgabe des Unternehmens ist, die Plattform zur Verfügung zu stellen, jedoch nicht zwingend alle Produkte, Ideen oder Technologien vom Unternehmen hervorgebracht werden müssen (Prassol,2015, 360 f.). Neben seiner erstgenannten Definition von Plattformen bringt Simon (2013) eine weitere, sehr ausführliche und auf die heutige Zeit der Digitalisierung ausgelegte Definition von Plattformen an, welche aufgrund ihrer Ausführlichkeit ebenso Grundlage für diese Arbeit darstellen soll. Der Autor definiert Plattformen als ein extrem wertvolles und mächtiges Ökosystem, welches NutzerInnen, KundInnen, HändlerInnen und PartnerInnen durch den Einsatz von Technologie zusammenbringt. Anders als traditionelle Plattformen sind heutige Plattformen nicht mehr abhängig von physischen Assets, Land oder natürlichen Ressourcen. Die heute erfolgreichsten Plattformen basieren auf der Kollaboration mit Dritten, indem sie gleichwertig nutzenbringende Beziehungen zwischen NutzerInnen, KundInnen, PartnerInnen, HändlerInnen, EntwicklerInnen und der allgemeinen Gemeinschaft fördern (Simon, 2013, 22). Im folgenden Kapitel wird weiterführend definiert, was unter dem Begriff Plattform-Geschäftsmodelle verstanden wird.
2.1.3 Plattform-Geschäftsmodelle
Ebenso wie es eine Vielzahl unterschiedlicher Anwendungsbereiche und Definitionen von Plattformen gibt, sind auch eine Vielzahl von Plattform-Geschäftsmodellen sowohl in der Praxis als auch in der Literatur zu finden. Entscheidend bei der Definition von Plattform-Geschäftsmodellen scheint jedoch einheitlich die Anzahl der beteiligten Parteien beziehungsweise Marktseiten und die daraus resultierenden Netzwerkeffekte des Geschäftsmodells zu sein. Es wird unterschieden in sogenannte One-sided, Two-sided und Multi-sided Plattform-Geschäftsmodelle (Staykova/Damsgaard, 2015, 2). Man spricht auch von einseitigen, zweiseitigen und mehrseitigen Märkten (Dewenter/Rösch/Terschüren, 2014, 2f.). Da es in der Literatur keine einheitliche Definition der unterschiedlichen Geschäftsmodelle gibt, sind insbesondere zwischen Two-sided und Multi-sided Plattformen viele Überschneidungen zu finden (Hagiu/Wright, 2015, 4). Wichtig ist jedoch zunächst die Unterscheidung zwischen einseitigen und zweiseitigen beziehungsweise mehrseitigen Märkten (Jung/Radic, D./Radic, M., 2017, 53). Rysman (2009) nennt zwei zentrale Merkmale, die einen zweiseitigen Markt von einem einseitigen Markt unterscheiden (Rysman, 2009,126):
1. Es findet eine Interaktion zwischen zwei Parteien über einen Intermediär beziehungsweise eine Plattform statt.
2. Die Aktionen der einen Gruppe von AkteurInnen haben Auswirkungen auf die Resultate der jeweils anderen Gruppe von AkteurInnen.
Hinsichtlich der Auswirkungen von Handlungen der einen Gruppe auf die Ergebnisse der anderen Gruppe bezieht sich der Autor in erster Linie auf die indirekten Netzwerkeffekte (Rysman, 2009,126). Indirekte Netzwerkeeffekte ergeben sich, wenn der Nutzen für eine Gruppe von AkteurInnen von der Größe der jeweils anderen Gruppe abhängt. Bei einseitigen Plattform-Geschäftsmodellen sind diese indirekten Netzwerkeffekte nicht vorhanden. Es kann zwar durchaus Netzwerkeffekte geben, jedoch sind diese innerhalb einer Gruppe zu vermerken. So steigt der Nutzen eines Produktes beziehungsweise einer Plattform, wenn die Anzahl der NutzerInnen steigt (Staykova/Damsgaard, 2015, 3 ff.) Als Beispiel zur Visualisierung von einseitigen und zweiseitigen Plattform-Geschäftsmodellen nennen Evans und Schmalensee (2012) das US-amerikanische Unternehmen OpenTable. Das Unternehmen bietet heute eine Plattform an, auf der KonsumentInnen über das Internet Tischreservierungen bei einer Vielzahl von gehobenen Restaurants tätigen können. Es handelt sich also um ein zweiseitiges Plattform-Geschäftsmodell mit indirekten Netzwerkeffekten auf beiden Seiten: der Nutzen der Plattform für KonsumentInnen steigt, je mehr Restaurants auf OpenTable zu finden sind. Gleichzeitig steigt der Nutzen für die Restaurants, je mehr KundInnen über die Plattform reservieren. Der Erfolg des Unternehmens hängt also signifikant von der Anzahl beider KundInnengruppen ab. Um jedoch von diesen positiven Netzwerkeffekten Gebrauch zu machen, musste das Unternehmen zunächst mit einem einseitigen Plattform-Geschäftsmodell starten. Daher hat es zunächst eine Reservierungssoftware für Restaurants angeboten, auf denen diese ihr eigenes Reservierungsmanagement betreiben konnten – eine einseitige Plattform. Nachdem die NutzerInnengruppe groß genug war, hat das Unternehmen eine internet-basierte Reservierungsplattform entwickelt, über die KonsumentInnen Online-Reservierungen tätigen können, welche direkt mit der Software der Restaurants verbunden werden – eine zweiseitige Plattform, auf der OpenTable als Intermediär zwischen KonsumentInnen und Restaurants fungiert (Evans/Schmalensee, 2012, 5f.). Ein weiteres Beispiel für ein Unternehmen, welches zunächst als einseitige Plattform lanciert wurde und heute sogar als Multi- sided Plattform fungiert ist Facebook. Zu Beginn wurde Facebook als Plattform für den sozialen Austausch zwischen einer Gruppe von StudentInnen gegründet. Später hat sich das Unternehmen zu einer Multi-sided Plattform entwickelt, auf der verschiedene Gruppen von NutzerInnen, InserentInnen von Werbeanzeigen sowie App-EntwicklerInnen interagieren (Staykova/Damsgaard,2015, 10).
Osterwalder und Pigneur (2010) fassen die genannten Aspekte in ihrer Definition von mehrseitigen Plattformen zusammen. Demnach bringen Multi-sided Plattformen zwei oder mehr individuelle aber voneinander abhängige KundInnengruppen zusammen. Sie schaffen als Intermediäre Wert durch das Zusammenführen dieser Gruppen, wobei ein wesentlicher Erfolgsfaktor darin besteht, dass die Plattform allen KundInnengruppen gleichermaßen nutzt und sie von allen Gruppen gleichermaßen Beachtung findet. Der Wert der Plattform für die einzelnen KundInnengruppen hängt substantiell von der Anzahl der NutzerInnen aus der jeweils anderen KundInnengruppe ab (Osterwalder/Pigneur, 2010, 78). Für den weiteren Verlauf dieser Arbeit soll der Begriff Plattform- Geschäftsmodelle äquivalent für Two- beziehungsweise Multi-sided Plattformen verwendet werden. Im folgenden Kapitel werden die unterschiedlichen Arten von Plattform-Geschäftsmodellen aufgezeigt.
2.2 Arten von Plattform-Geschäftsmodellen
Die Autoren Moazed und Johnson (2016) haben in ihrer Arbeit unterschiedliche Typen von Plattform-Geschäftsmodellen ausgearbeitet, wobei sie übergeordnet zwischen sogenannten Exchange-Plattformen und Maker-Plattformen unterscheiden (Moazed/Johnson, 2016, 43). Auch das auf Plattformen spezialisierte Unternehmen Climax Media greift diese Kategorisierung auf und definiert die zwei Arten von Plattformen wie folgt: Exchange-Plattformen ermöglichen es ProduzentInnen und KonsumentInnen miteinander in Kontakt zu treten und Werte auszutauschen. Maker-Plattformen hingegen fokussieren sich verstärkt auf die Wertschaffung auf Seiten der ProduzentInnen. Sie ermöglichen diesen damit mehr Arbeit zu kreieren und mit KonsumentInnen in Kontakt zu treten, die sie ohne die Plattform womöglich nicht erreichen würden (Climax Media,2014). Innerhalb dieser zwei zentralen Arten haben Moazed und Johnson (2016) neun Typen von Plattform-Geschäftsmodellen identifiziert, wobei jeder Typ sich durch den Wert differenziert, der über die Plattform ausgetauscht wird (Moazed/Johnson, 2016, 43):
Exchange-Plattformen:
1. Service-Marktplätze – Dienstleistungen
2. Produkt-Marktplätze – Physische Produkte
3. Zahlungs-Plattformen – Monetäre Bezahlungen
4. Investitions-Plattformen – Investitionen/Finanzdienstleistungen
5. Soziale Netzwerke – Soziale Interaktionen
6. Kommunikations-Plattformen – Direkte soziale Kommunikation
7. Gaming-Plattformen – Gaming-Interaktionen mit mehreren SpielerInnenn, die entweder kooperieren oder gegeneinander spielen
Maker-Plattformen:
1. Entwicklungs-Plattformen – Software-Programme
2. Content-Plattformen – Inhalte
Abbildung 1 zeigt eine Übersicht der unterschiedlichen Plattform-Typen mit entsprechenden Beispielen aus der Praxis, veröffentlicht von Moazed (2016) in einem Artikel der Unternehmenswebsite von Applico. Anzumerken ist hier, dass bei dieser Übersicht die Gaming- Plattformen nicht aufgezeigt werden.
Service- und Produkt-Marktplätze ermöglichen den digitalen Handel von Dienstleistungen beziehungsweise Produkten. Anders als bei linearen Geschäftsmodelltypen, agieren diese Plattform-Unternehmen nicht selbst als AnbieterInnen, sondern vielmehr als VermittlerInnen zwischen externen AnbieterInnen und NachfragerInnen. Sie steigern die Transaktionseffizienz, indem sie den Vergleich, die Vermittlung und die Koordinierung zwischen den beteiligten Parteien vereinfachen (Schallmo et al., 2017, 180). Moazed und Johnson (2016) differenzieren hier außerdem zwischen commoditized (standardisierte) und non-commoditized (nicht- standardisierte) Plattformen. Der Grad der Standardisierung hängt davon ab, wie hoch die Transaktionskosten des jeweiligen Produktes beziehungsweise der jeweiligen Dienstleistung sind. Je geringer die Komplexität einer Transaktion über die Plattform, umso standardisierter kann die Plattform gestaltet werden. Als Beispiel nennen die Autoren die beiden Service-Plattformen Uber und Airbnb. Das Ziel bei Uber liegt darin, dass ProduzentInnen und KonsumentInnen schnellst möglich zueinander finden, also in diesem Fall die KundInnen schnell mit einem/einer in der Nähe befindlichen FahrerIn in Kontakt treten können. Daher wird hier ein standardisierter Service angeboten, bei dem sogar die Preissetzung in standardisierter Form stattfindet. Bei Airbnb hingegen kann dieses automatisierte Zusammenbringen von KonsumentInnen und ProduzentInnen nicht angewandt werden, da hier ein höherer Grad an Komplexität, beziehungsweise höhere Transaktionskosten herrschen. Zur Auswahl des richtigen Apartments sind für die KundInnen unterschiedliche Charakteristika von Relevanz, weshalb der Fokus der Plattform in diesem Fall darauf gelegt wird, dass den KonsumentInnen die Suche erleichtert wird (Moazed/Johnson, 2016,44 f.). Eine weitere Kategorie sind die sogenannten Zahlungs-Plattformen wie beispielsweise PayPal. KonsumentInnen nutzen diese häufig für Bezahlungen auf Service- oder Produkt- Marktplätzen, wobei sie einmalig ihre Bankdaten auf der Zahlungs-Plattform hinterlegen müssen. Anschließend können sie über ihren Account Transaktionen bei anderen Online-Anbietern durchführen. Der Vorteil liegt hierbei vor allem in der Datensicherheit, da die KonsumentInnen ihre vertraulichen Bankdaten nicht an unbekannte Dritte weitergeben müssen (Kempe, 2011, 118). Investitions-Plattformen stellen eine weitere Kategorie von Exchange-Plattform- Geschäftsmodellen dar. Sie dienen der Vermittlung von Investitionen und fungieren somit als Intermediär zwischen InvestorInnen und dem Finanzmarkt (Law Commission, 2013, 1995). Soziale Netzwerke wie Facebook oder LinkedIn sind Plattformen, bei denen der soziale Austausch zwischen Individuen oder Gruppen gefördert wird und auf persönlicher, professioneller oder geographischer Ebene Verbindungen geschaffen werden. Der Fokus liegt hier primär bei den NutzerInnen, welche entweder selbst für die Inhalte der Plattform verantwortlich sind oder diese durch ihr NutzerInnenverhalten steuern (Van Dijck, 2013, 8). Soziale Netzwerke und Kommunikations-Plattformen werden in der Literatur häufig gemeinsam genannt, Moazed und Johnson (2016) differenzieren hier jedoch. Nach den Autoren zeichnen sich Kommunikations- Plattformen dadurch aus, dass eine direkte Kommunikation zwischen den NutzerInnen stattfindet (Moazed/Johnson, 2016, 44).
Auch bei Maker-Plattformen unterscheiden die Autoren in unterschiedliche Typen von Geschäftsmodellen. Sie differenzieren zwischen Development- beziehungsweise Entwicklungs- Plattformen einerseits sowie Content-Plattformen andererseits. Development-Plattformen können entweder geschlossen, kontrolliert oder offen sein und bieten die grundlegende Infrastruktur für die Erstellung von Software-Programmen. Content-Plattformen ermöglichen es den UserInnen Inhalte zu erstellen beziehungsweise im Netzwerk zu teilen. Hier wird unterschieden in Social- und Media-Content, wobei der Fokus bei Social-Content-Plattformen auf der Vernetzung mit anderen Personen und der zwischenmenschlichen Interaktion liegt, während bei Media- Content-Plattformen der Fokus auf den geteilten Medien liegt (Moazed, 2016).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Plattform-Typen mit Beispielen (Quelle: Moazed, 2016)
Im folgenden Kapitel sollen zwei Business Model Frameworks zur Untersuchung von Plattform- Geschäftsmodellen vorgestellt werden. Hierzu werden zum einen das Business Model Canvas nach Osterwalder und Pigneur (2010) und zum anderen das darauf aufbauende Canvas für Plattform- Geschäftsmodelle von Matthias Walter (2016) herangezogen.
2.3 Business Model Frameworks
Zur vereinfachten Darstellung und Operationalisierung von Geschäftsmodellen sind in der Literatur eine Vielzahl von sogenannten Business Model Frameworks (BMF) zu finden. Hierbei handelt es sich um schematisierte Templates, welche mithilfe von unterschiedlichen Komponenten zur Beschreibung von Geschäftsmodellen herangezogen werden können. Das geläufigste BMF ist das Business Model Canvas von Osterwalder und Pigneur (2010) (Kamprath/Glukhovskiy, 2014, 352). Neben einem generellen Analyseschema haben Osterwalder und Pigneur in ihrer Arbeit verschiedene Geschäftsmodell-Muster für die in der Literatur als am relevantesten eingestuften Geschäftsmodellen ausgearbeitet – unter anderem für das oben beschriebene Multi-sided Plattform-Geschäftsmodell (Osterwalder/Pigneur, 2010, 55). Im folgenden Kapitel soll zunächst das Business Model Canvas als mögliches Analyseraster vorgestellt und dann näher auf die wichtigsten Bestandteile des Multi-sided Plattform-Geschäftsmodells eingegangen werden. Eine Alternative zum Business Model Canvas liefert Walter (2016), welcher aufbauend auf dem Business Model Canvas ein speziell für Plattform-Geschäftsmodelle konzipiertes BMF entworfen hat (Walter,2016). Auch dieses wird im folgenden Kapitel näher erläutert.
2.3.1 Business Model Canvas
Das Business Model Canvas (BMC) ist ein Analysetool, welches von Osterwalder und Pigneur in Zusammenarbeit mit 470 PraktikerInnen ausgearbeitet wurde und der visuellen Darstellung verschiedener Geschäftsmodelle dient. Das Konzept reduziert die Komplexität von Geschäftsmodellen mithilfe von neun Bausteinen und schafft somit eine leicht verständliche Grundlage um Geschäftsmodelle zu beschreiben, zu überarbeiten oder zu analysieren. Die neun Bausteine des BMC sollen die Grundlogik, wie eine Unternehmung Erträge generieren möchte, wiedergeben, wobei die laut Osterwalder und Pigneur vier zentralen Aspekte eines Geschäftes abgedeckt werden (Osterwalder/Pigneur, 2010, 15): das Produkt, die KundInnen, die Infrastruktur sowie die finanzielle Realisierbarkeit (siehe Abbildung 2).
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Abbildung 2: Die vier zentralen Aspekte eines Geschäftsmodells (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Osterwalder/Pigneur, 2010, 15)
Abbildung 3 zeigt das Schema zur Visualisierung der neun Bausteine des BMC: 1) KundInnensegmente, 2) Wertangebot, 3) Kanäle, 4) KundInnenbeziehungen, 5) Einnahmequellen,6) Schlüsselressourcen, 7) Schlüsselaktivitäten, 8) SchlüsselpartnerInnen und 9) Kostenstruktur. Informationen zum Produkt werden im Block Wertangebot eingetragen. Hier wird die Wertschaffung des Unternehmens durch Produkte und Dienstleistungen am Markt beschrieben. Alle
Aspekte zu den KundInnen werden durch die Blöcke KundInnensegmente, KundInnenbeziehungen sowie Kanäle abgedeckt. Hier werden die Zielgruppen und die bestehende Nachfrage definiert, beschrieben, wie die Organisation ihre KundInnen erreicht und mit ihnen kommuniziert sowie die Art von Beziehung zwischen dem Unternehmen und den jeweiligen Zielgruppen festgelegt. Das Infrastruktur -Management wird durch die Blöcke SchlüsselpartnerInnen, Schlüsselaktivitäten sowie Schlüsselressourcen abgedeckt (Trimi/Berbegal-Mirabent, 2012, 456 f.). Schlüsselaktivitäten und Schlüsselressourcen sind all die zentralen Dinge, die ein Unternehmen tun muss beziehungsweise benötigt, damit das Geschäftsmodel funktioniert (Osterwalder/Pigneur, 2010, 34 f.) Sie beziehen sich auf Funktionen der Logistik und Produktion. Außerdem werden im Block SchlüsselpartnerInnen die Beziehungen zu zentralen GeschäftspartnerInnen aufgeschlüsselt. Letztlich geben die Blöcke Kostenstruktur und Einnahmequellen Aufschluss über die Nachhaltigkeit des Unternehmens, die Kostenstruktur und wie das Unternehmen Umsätze generiert. Hier wird der finanzielle Bereich abgedeckt (Trimi/Berbegal-Mirabent, 2012, S. 456 f.)
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Abbildung 3: Business Model Canvas (Quelle: Realis Verlags-GmbH (2017); mit eigenen Anpassungen)
Auf Basis dieser neun Geschäftsmodellbausteine haben die EntwicklerInnen des BMC fünf Geschäftsmodellmuster erstellt. Geschäftsmodellmuster sind die Ähnlichkeiten, die unterschiedliche Geschäftsmodelle aufweisen – dies können ähnliche Charakteristika und/oder Verhaltensmuster sein oder auch Parallelen in der Anordnung der unterschiedlichen Geschäftsmodellbausteine. Sie haben sich hierbei auf die, aus ihrer Sicht relevantesten Konzepte der Business-Literatur bezogen, und folgende Muster in ein Business Model Canvas übertragen: Entflechtung, Long Tail, Multi-sided Platformen, Free und Open Business-Geschäftsmodelle. Ziel war es dabei, die geläufigen Unternehmenskonzepte zu standardisieren und sie durch die Muster vergleichbar, eingängig und praktikabel zu machen. Außerdem sei anzumerken, dass einzelne Geschäftsmodelle durchaus unterschiedliche Geschäftsmodellmuster charakterisieren können (Osterwalder/Pigneur, 2010, 55).
Für Multi-sided Geschäftsmodelle (wie in Kapitel 2.1.3 definiert) haben Osterwalder und Pigneur (2010) das BMC anhand verschiedener Beispiele abgebildet und in standardisierter Form die zentralen Bausteine ausgearbeitet. Die Blöcke Wertangebot, Schlüsselressourcen und Schlüsselaktivitäten, KundInnensegmente, Einnahmequellen sowie Kostenstruktur wurden dabei als wesentliche Bausteine hervorgehoben und werden daher im Folgenden kurz aufgeführt und näher erläutert (Osterwalder/Pigneur, 2010, 87):
- Wertschaffung:
Die Wertschaffung von Multi-sided Plattform-Unternehmen findet laut der Autoren meist in drei Bereichen statt: durch die Gewinnung neuer NutzerInnengruppen, das Zusammenbringen der unterschiedlichen NutzerInnengruppen sowie die Kostenreduktion durch die Durchführung der Geschäfte über die Plattform.
- Schlüsselressourcen:
Die Schlüsselressource dieses Geschäftsmodellmusters ist die Plattform selbst.
- Schlüsselaktivitäten:
Die drei zentralen Schlüsselaktivitäten stellen in den meisten Fällen das Plattform- Management, die Bereitstellung von Unterstützung beziehungsweise Service- Dienstleistungen sowie die Vermarktung der Plattform dar.
- KundInnensegmente:
Multi-sided Plattformen haben zwei oder mehr Zielgruppen beziehungsweise KundInnensegmente. Besonders ist an dieser Stelle, dass eine Zielgruppe aufgrund von Netzwerkeffekten nicht ohne die andere Zielgruppe existieren kann. Außerdem unterscheidet sich das Wertangebot je nach KundInnensegment und so muss für jede Zielgruppe ein eigener KundInnennutzen definiert werden.
- Einnahmequellen:
Ebenso, wie für jedes KundInnensegment ein eigener KundInnennutzen beziehungsweise ein eigenes Wertangebot definiert werden muss, so stellt jedes KundInnensegment auch eine eigene Ertragsquelle dar, welche individuell abgebildet werden sollte. Es ist außerdem möglich, dass eine oder mehrere KundInnengruppen Gratisangebote oder reduzierte Preise erhalten, was wiederrum durch andere KundInnengruppen ausgeglichen wird. Hier spricht man von substituierten Erträgen. Welche Erträge von welchen KundInnengruppen substituiert werden, kann eine wesentliche Entscheidung in der Preispolitik darstellen und über den Erfolg oder Misserfolg des Geschäftsmodells entscheiden.
- Kostenstruktur:
Neben den Einnahmequellen muss außerdem die Kostenstruktur des Geschäftsmodells abgebildet werden. Die zwei größten Kostenblöcke stellen beim Multi-sided Plattform Model die Instandhaltung und Entwicklung der Plattform selbst dar.
2.3.2 Plattform Business Model Canvas
Neben dem originalen Business Model Canvas nach Osterwalder und Pigneur (2010) wurde ein weiteres, speziell für Plattform-Geschäftsmodelle konzipiertes Tool entwickelt, welches auf der Grundidee des BMC aufbaut. Matthias Walter, Experte für Plattform-Geschäftsmodelle und Leiter des Business Model Innovation-Labs der T-System Multimedia Solutions GmbH hat das sogenannte Plattform Business Model Canvas (P-BMC) speziell für den Aufbau und die Entwicklung von Plattform-Geschäftsmodellen im digitalen Kontext entworfen. Laut Walter stößt das originale BMC von Osterwalder und Pigneur (2010) aufgrund seiner linearen Ausrichtung bei Plattformen schnell an seine Grenzen. Es sei speziell für Geschäftsmodelle geeignet, die auf einer klassischen Wertschöpfungskette basieren, bei der ein/eine TeilnehmerIn auf ProduzentInnenseite und ein/eine oder mehrere TeilnehmerInnen auf KonsumentInnenseite miteinander agieren. Wenn jedoch weitere TeilnehmerInnen im Wertschöpfungsprozess hinzukommen, wird das Modell unübersichtlich und ungenau. Mit dem P-BMC bietet er eine Alternative, bei der vier TeilnehmerInnengruppen berücksichtigt werden: ProduzentInnen, KonsumentInnen, PartnerInnen sowie EigentümerInnen (Walter, 2016). Da diese vier Plattform-TeilnehmerInnen im Netzwerk miteinander agieren, wurde im P-BMC eine kreisförmige Anordnung gewählt und so eine Verbindung zwischen den jeweiligen Einheiten hergestellt. Abbildung 4 zeigt das Analysetool, welches im Folgenden näher erläutert werden soll (Digital-Ahead, 2017).
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Abbildung 4: Platform Business Model Canvas (Quelle: Digital-Ahead, 2017)
Die TeilnehmerInnen des Plattform-Geschäftsmodells
In den vier Quadranten des P-BMC sind die unterschiedlichen StakeholderInnen der Plattform kreisförmig angeordnet, wobei anzumerken ist, dass es theoretisch möglich ist, die TeilnehmerInnen von Plattformen unterschiedlichen TeilnehmerInnengruppen zuzuordnen. Zunächst sind die ProduzentInnen (Producer) zu nennen, da sie die auf der Plattform angebotenen Werte zur Verfügung stellen. Als Beispiel können hier die AnbieterInnen von Schlafplätzen auf Airbnb oder die ErstellerInnen von Videos auf YouTube genannt werden. Auf der gegenüberliegenden Seite werden die KonsumentInnen (Consumer) dargestellt, welche die von den ProduzentInnen angebotenen Werte nachfragen und diese über die Plattform beziehen. Dabei ist es irrelevant, ob die KonsumentInnen für die zur Verfügung gestellten Werte eine monetäre Gegenleistung erbringen müssen oder nicht. Eine weitere TeilnehmerInnengruppe wird durch die LieferantInnen und GeschäftspartnerInnen repräsentiert, hier kurz Partner genannt. Partner können entweder im Hintergrund dazu beitragen, dass das Geschäftsmodell funktioniert, beispielsweise durch die Bereitstellung von IT-Lösungen oder für die KonsumentInnen sichtbar in Erscheinung treten, zum Beispiel durch Werbebanner. Als letzter/letzte StakeholderIn ist der/die EigentümerIn (Owner) der Plattform selbst zu nennen (Walter, 2016).
Die Komponenten des P-BMC
In den drei inneren Kreisen des Analysetools werden die drei Komponenten des Plattform- Geschäftsmodells abgebildet: das Nutzenversprechen (Value Proposition), die Transaktionen (Transactions) sowie die Schlüssel Komponenten (Key Activities/Components). Nachdem die oben genannten StakeholderInnen des Geschäftsmodells festgelegt wurden, wird von außen nach innen zunächst für jede TeilnehmerInnengruppe das Nutzenversprechen definiert. Bei der Plattform Airbnb würde das Nutzenversprechen für die ProduzentInnen (WohnungsvermieterInnen) beispielsweise darin liegen, dass sie mit bereits vorhandenen Ressourcen und wenig Aufwand Geld dazuverdienen können. Für die KonsumentInnen, also in dem Fall die Gäste, die über die Plattform eine Wohnung/ein Zimmer buchen, würde der Nutzen darin liegen, auf der ganzen Welt gute und günstige Schlafgelegenheiten buchen zu können. Für den Erfolg des Geschäftsmodells ist es entscheidend, dass durch die Plattform mindestens ein Mehrwert für jede TeilnehmerInnengruppe identifiziert werden kann und dieser im Analysetool eindeutig und leicht verständlich formuliert wird (Walter, 2016).
Im nächsten Schritt werden dann die Werte (Value Transactions) eingetragen, welche die Plattform-TeilnehmerInnen dem Netzwerk beisteuern beziehungsweise selbst über die Plattform erhalten. Werte können sowohl Produkte, Dienstleistungen oder auch Informationen sein. Im Model sind zwei Pfeilrichtungen gegeben, um zu visualisieren, welche Werte der/die TeilnehmerIn erhält und welche Werte dem Netzwerk beigesteuert werden. Entscheidend ist hier laut dem Entwickler, dass ein guter Ausgleich für jede TeilnehmerInnengruppe geschaffen wird (Walter, 2016).
Im Zentrum des P-BMC werden die Key-Components abgebildet, also die Schlüsselkomponenten der Plattform. Damit sind all diejenigen zentralen Aktivitäten oder Funktionen gemeint, die für den Erfolg des Geschäftsmodells vorausgesetzt werden. Dies können technische Komponenten wie beispielsweise Algorithmen zum effizienten Zusammenbringen von ProduzentInnen und KonsumentInnen sein oder nicht-technische Komponenten wie zum Beispiel gezieltes Community- Management, um die Interaktion auf der Plattform zu fördern (Walter, 2016).
2.4 Kritische Würdigung der Literatur
In den vorangegangenen Kapiteln wurde zunächst definiert, was unter dem Begriff Plattform- Geschäftsmodell verstanden wird beziehungsweise welche Definition im Rahmen dieser Arbeit Anwendung findet. Außerdem wurde eine Übersicht der unterschiedlichen Typen von Plattform- Geschäftsmodellen gegeben und zwei Business Model Frameworks für die spätere empirische Untersuchung vorgestellt – zum einen das Business Model Canvas von Osterwalder und Pigneur und zum anderen das auf dem BMC aufbauende Plattform Business Model Canvas von Mathias Walter. Business Model Canvas ist die am häufigsten zitierte und in der Praxis verwendete Analyse- Methode (Zolnowski/Weiß/Böhmann, 2014, 718). Wie jedoch oben bereits erwähnt, ist das BMC primär für lineare Geschäftsmodelle entworfen worden, weshalb eine übersichtliche Darstellung der unterschiedlichen TeilnehmerInnen von Plattformen schwer realisierbar ist. Das adaptierte Analysetool von Mathias Walter (2016) bietet eine mögliche Alternative zum klassischen BMC. Hier wird das Problem der unübersichtlichen Darstellung gelöst, indem die einzelnen TeilnehmerInnengruppen im Netzwerk separat dargestellt werden. Durch Richtungspfeile sowie die kreisförmige Anordnung der unterschiedlichen Gruppen wird außerdem der Aspekt der Interaktion im Model integriert. Da dieses Analysetool jedoch lediglich auf praktischen Erfahrungen basiert und in der wissenschaftlichen Literatur nicht aufgegriffen wird, ist hier die Relevanz und Anwendbarkeit kritisch zu hinterfragen. Aus diesem Grund soll in der vorliegenden Arbeit das BMC von Osterwalder und Pigneur (2010) verwendet und mithilfe von eigenen Anpassungen erzielt werden, dass dennoch das dynamische Zusammenspiel zwischen den TeilnehmerInnen des Plattform Netzwerkes in übersichtlicher Form abgebildet wird (siehe Abbildung 5). Die Autoren des BMC haben in ihrer Arbeit die fünf zentralen Bausteine von Multi-sided Plattform-Geschäftsmodellen ausgearbeitet – Schlüsselaktivitäten, Schlüsselressourcen, Wertangebot, Einnahmequellen sowie Kostenstruktur (siehe Kapitel 2.3.1). Um die Übersichtlichkeit des Modells sicherzustellen, wird das BMC auf diese fünf zentralen Bausteine reduziert. Weiterhin wird für jede TeilnehmerInnengruppe im Netzwerk ein eigenes BMC erstellt, sodass aus Sicht des Plattform-Unternehmens eindeutig dargestellt wird, welche Leistungen oder Ressourcen für die jeweilige Gruppe relevant sind, welcher Nutzen beziehungsweise welches Wertangebot aus den jeweiligen Leistungen resultiert und welche Einnahmequellen beziehungsweise Kosten bestehen.
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Abbildung 5: Business Model Canvas für Plattform-Geschäftsmodelle (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Osterwalder/Pigneur, 2010, 17 ff.)
Mithilfe dieser oben beschriebenen Anpassungen des BMC kann in der späteren empirischen Untersuchung ein übersichtliches Bild darüber abgegeben werden, wie sich die Blockchain- Technologie auf Plattform-Geschäftsmodelle, mit Perspektive auf die unterschiedlichen StakeholderInnengruppen, auswirken könnte. Im folgenden Kapitel werden jedoch zunächst die theoretischen Grundlagen zum Thema Blockchain-Technologie geschaffen.
3 DIE BLOCKCHAIN-TECHNOLOGIE
Ende der 1960er Jahre gelang es mit der Erfindung des Internets erstmals unser Kommunikationssystem zu dezentralisieren, wodurch Informationen seither Peer-to-Peer über ein dezentrales Netzwerk ausgetauscht werden können. Heute, so ExpertInnen, gibt es eine neue Technologie, welche einen weiteren Schritt der Dezentralisierung bedeuten und unser Transaktions- und Datenmanagement revolutionieren könnte – die Blockchain (Wright/De Filippi, 2015; Ahmadov, 2015, 227). Bei der Blockchain handelt es sich um ein technisches Konzept, welches sich hinter der Kryptowährung Bitcoin verbirgt (Yli-Huumo et al., 2016, 1). Das Konzept für diese alternative, dezentrale Währung wurde 2008 von dem/der ErfinderIn von Bitcoin unter dem Pyseudonym Satoshi Nakamoto in einem ersten Whitepaper „Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System“ veröffentlicht und 2009 erstmals implementiert (Seitz, 2017, 1). Grundgedanke dieses dezentralen Konzeptes bestand in erster Linie darin, das Kernproblem konventioneller Währungen zu umgehen – Betrug durch Doppelausgaben und das damit notwendige Vertrauen in Finanzinstitute, die den Geldfluss zentral steuern (Nakamoto, 2008, 1). Anders als bei konventionellen Währungen, wird Bitcoin nicht von zentralen Autoritäten, sondern von einem dezentralen Netzwerk an Nutzern erstellt, gesichert und kontrolliert. Besonders ist hierbei, dass sich die TeilnehmerInnen des Netzwerks untereinander weder kennen noch vertrauen müssen, da jegliche Art von Betrug durch einen automatisierten Algorithmus geschützt ist (Swan, 2015, vii). Bitcoin, sowie andere Kryptowährungen, die seit der Erfindung der Blockchain entstanden sind, stellen jedoch nur einen Anwendungsbereich der Blockchain beziehungsweise der Distributed Ledger Technologie dar (Wright/De Filippi, 2015, 10). Neben monetären Werten können auf dieser dezentralen Datenbank jegliche Art von digitalen Eigentumsrechten unveränderbar und transparent verbrieft und ausgetauscht werden, wodurch die Notwendigkeit eines zentralen Mittelmanns hinfällig und ganze Branchen disruptiv beeinflusst werden könnten (Bolesch/Mitschele, 2016, 35).
Um die Blockchain-Technologie besser verstehen zu können, soll diese im Folgenden genauer erläutert werden. Da der Fokus dieser Arbeit nicht auf dem technischen Bereich liegt, ein generelles Verständnis jedoch wichtig für die wirtschaftliche Anwendung ist, wird im folgenden Kapitel auf eine detaillierte Erklärung der technischen Zusammenhänge verzichtet und vielmehr ein Grundverständnis der Thematik geschaffen. Dazu wird der Begriff „Blockchain“ zunächst definiert und begrifflich abgegrenzt. Daraufhin wird kurz auf die zugrundeliegende Technologie der Blockchain eingegangen, um ein generelles Verständnis zu erzielen. Weiterhin werden die in der Literatur auftretenden Kategorisierungen verschiedener Anwendungsbereiche aufgezeigt und daraufhin im Rahmen einer allgemeinen Status-Quo Analyse ein Überblick darüber gegeben, inwieweit die Blockchain-Technologie zum heutigen Zeitpunkt bereits tatsächlich angewandt wird, welche Limitationen bestehen und wie ExpertInnen die Zukunft der Blockchain-Technologie prognostizieren.
3.1 Definition
Die Blockchain ist eine Datenbank, deren Datensätze von einem dezentralen Computernetzwerk erfasst und mithilfe von kryptografischen Verfahren zu Blöcken zusammengefasst werden. Die einzelnen Blöcke sind chronologisch miteinander verkettet. Sie beinhalten jeweils eine bestimmte Menge an Datensätzen, einen Verweis auf den vorangegangenen Block sowie die Lösung eines komplexen mathematischen Puzzles, welches der Validierung der Datensätze dient. Durch das kryptographische Verfahren und die sequentielle Verknüpfung der Blöcke wird die Datenintegrität der Blockchain sichergestellt und eine Manipulation von Datensätzen nachweisbar. Außerdem wird eine Kopie der Blockchain auf verschiedenen Computern des Netzwerkes gespeichert, wodurch stetig sichergestellt wird, dass die Datensätze unverändert bleiben und nicht im Nachhinein manipuliert werden (Burgwinkel, 2016, 5; Wright/De Filippi, 2015, 6f.). Neben dem Begriff Blockchain wird in der Literatur häufig auch der Begriff „Distributed Ledger“ verwendet, was als verteilte Datenbank übersetzt werden kann. Eine verteilte Datenbank zeichnet sich dadurch aus, dass alle Nutzer der Datenbank zusammenarbeiten, um Einigkeit über die Validität der Datensätze zu erzielen. Nach den Autoren Bolesch und Mitschele (2016) kann dieser Begriff synonym für den Begriff Blockchain verwendet werden, da jede Blockchain diese Eigenschaft der Sicherstellung von Datenintegrität durch das System erfüllt (Bolesch/Mitschele, 2016, 35). Dies macht die Blockchain laut Swan (2015) zu einer technologischen Schlüsselinnovation. Sie bietet erstmals eine Architektur, auf der Transaktionen durchgeführt werden können, ohne dass die einzelnen Parteien untereinander Vertrauen aufbauen oder einer dritten Partei als Intermediär Vertrauen schenken müssen. Neben finanziellen Transaktionen von digitalen Währungen kann die Blockchain außerdem für die Registrierung, Bestandsaufnahme oder den Austausch jeglicher Art von Werten genutzt werden. Inbegriffen sind hier jegliche Art finanzieller und ökonomischer Werte, sowohl in Form von Hard Assets beziehungsweise physischem Eigentum sowie immaterielle Werte wie beispielsweise Ideen, Wahlstimmen, Reputationen oder Krankenversicherungsdaten. Es funktioniert wie ein riesiges Hauptbuch, auf dem alle Art von Transaktionen und Daten unveränderbar verbucht werden (Swan, 2015, Preface x).
Seitz (2017) fasst in seiner Arbeit die zentralen Eigenschaften der Blockchain-Technologie wie folgt zusammen (Seitz, 2017, 1):
- Blockchains sind dezentrale Datenbanken, welche auf einem Peer-to-Peer Netzwerk basieren
- Die Datensätze werden bei allen NutzerInnen des Netzwerkes gespeichert, sodass es nicht zu Ausfallpunkten kommen kann
- Durch die automatische Sicherstellung der Datenintegrität im Blockchain-Netzwerk, ist es nicht notwendig, dass sich die NutzerInnen kennen oder gegenseitig vertrauen
- Blockchains zeichnen alle Arten von Transaktionen auf, wie beispielsweise Überweisungen von digitalen Kyptowährungen (z.B. Bitcoin), Übertragungen von Lizenzen oder Vertragsschließungen
- Die erfassten Transaktionen auf der Blockchain sind transparent und können prinzipiell von jedem/jeder TeilnehmerIn des Netzwerks eingesehen werden
- Damit die sogenannten Miner (in Kapitel 3.2 wird hier näher drauf eingegangen) einen Anreiz für die Erstellung der Infrastruktur einer Blockchain haben, braucht diese eine zugrundeliegende Kryptowährung als ökonomische Basis
Neben diesen zentralen Eigenschaften sei außerdem anzumerken, dass zwar die meisten Definitionen in der Literatur hervorheben, dass die Blockchain als öffentliche Datenbank fungiert, einige AutorInnen jedoch ebenfalls erwähnen, dass eine Blockchain sowohl durch ein öffentliches als auch durch ein privates Netzwerk betrieben werden kann (z.B. Burgwinkel, 2016, 5; Underwood, 2016, 15). In Kapitel 3.3 wird im Rahmen unterschiedlicher Kategorisierungen von Blockchain-Anwendungen näher auf diese Differenzierung eingegangen. Im folgenden Kapitel sollen jedoch zunächst die technischen Hintergründe der genannten Eigenschaften näher erläutert werden, um ein besseres Verständnis über die Funktionsweise der Blockchain zu generieren.
3.2 Technische Funktionsweise der Blockchain
Grundlage für die Funktionsweise der Blockchain-Technologie bilden sogenannte (kryptographische) Hashfunktionen (Sorge/Krohn-Grimberghe, 2012, 479). Mithilfe einer Hashfunktion kann eine beliebig lange Zeichenfolge als kurze Zeichenfolge mit festgelegter Anzahl an Zeichen abgebildet werden – man spricht hier von einem Hashwert, der als eine Art Fingerabdruck verstanden werden kann. Man verwendet diesen in erster Linie, um unterschiedliche Eingabewerte schnell gegenüberzustellen und miteinander vergleichen zu können (Kaulartz, 2016,475). Das Besondere bei kryptografischen Hashfunktionen ist, dass diese den Eingabewert so verschlüsseln, dass es keine effiziente Möglichkeit gibt, um von einem Hashwert auf den zugrundeliegenden Eingabewert zu schließen. Weiterhin ist es nicht effizient möglich, dass dieselbe Hashfunktion für zwei unterschiedliche Zeichenfolgen berechnet wird (Sorge/Krohn-Grimberghe,2012, 479).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Die Blockchain (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Kaulartz, 2016,475 ff.; Sorge/Krohn-Grimberghe, 2012, 479)
Wird also eine Information jeglicher Art auf einer Blockchain abgelegt, sei dies eine Transaktion von digitaler Währung, Informationen zur Schließung eines Vertrags oder der Kauf von Aktien, erzeugt die Blockchain-Applikation aus diesem Eingabewert einen Datensatz, welcher gemeinsam mit anderen Datensätzen in einem Block zusammengefasst wird.
Im zweiten Schritt werden dann die Hashwerte der Datensätze gebildet. Neben Hashwerten der einzelnen Datensätze, enthält jeder Block außerdem eine Prüfsumme beziehungsweise einen Hashwert für die gesamte Datenhistorie, die auf dem Block abgebildet wird, sowie einen Verweis auf den Hashwert des vorangegangenen Blocks. Wenn dann neue Datensätze mit entsprechenden Hashwerten gespeichert werden, entsteht ein zweiter Block, welcher ebenso einen eigenen Hashwert besitzt und mit dem vorherigen Block durch einen Verweis auf die Prüfsumme verbunden ist – es entsteht eine Blockchain (Siehe Abbildung 6). Diese Blockchain wird dann auf den Rechnern der Netzwerk-TeilnehmerInnen gespeichert (Burgwinkel, 2016, 6ff.; Blockchain-Technologie.net,2017). Durch den beschriebenen Mechanismus entsteht eine Kette von Blöcken, die bis auf den allerersten generierten Block zurückverfolgt und durch jeden/jede TeilnehmerIn des Netzwerkes überprüft werden kann. Da Kopien der Blockchain auf den Computern der unterschiedlichen NutzerInnen gespeichert werden, ist das System automatisch in der Lage, die Informationen der verschiedenen Blöcke mit der Ursprungsdatenbank zu vergleichen und einen gemeinsamen Konsens über die Korrektheit der Daten zu bilden. Nur wenn dieser Konsens gegeben ist, erlaubt das System, dass neue Blöcke gebildet werden. Diese eingangs beschriebene Datenintegrität und Sicherheit gegenüber Manipulation wird weiterhin dadurch erzeugt, dass die Blöcke in der Kette voneinander abhängig sind. Wenn also versucht wird, eine Änderung an einem Datensatz vorzunehmen oder gar Teile der Blockchain zu löschen, müssten alle darauffolgenden Daten ebenfalls geändert werden, was eine Manipulation extrem schwierig und unwahrscheinlich macht (Sixt, 2017, 40).
Neben den kryptografischen Hashfunktionen, die das System vor rückwirkender Manipulation schützen, wird in der Blockchain eine weitere kryptographische Methode genutzt, welche zur Autorisierung der einzelnen Transaktionen dient – der Einsatz von digitalen Signaturen durch Schlüsselpaare. Um eine Transaktion im Blockchain-Netzwerk durchzuführen, wird sowohl ein öffentlicher als auch ein dazugehöriger privater Schlüssel benötigt. Der öffentliche Schlüssel ist, wie es der Name bereits vermuten lässt, öffentlich einsehbar und kann als eine Art Kontonummer verstanden werden. Der dazugehörige private Schlüssel hingegen ist nur von dem/der rechtmäßigen EigentümerIn des Vermögens beziehungsweise des digitalen Assets einsehbar und sollte von diesem/dieser geheim gehalten werden. Bei Transaktionen dient der öffentliche Schlüssel als eine Art Empfängeradresse oder auch digitale Identifikation (Bouillon, 2016). Der dazugehörige private Schlüssel kann mit der privaten TAN bei digitalen Banküberweisungen verglichen werden (Pfnür, 2014, 7). Wenn der/die EigentümerIn eines digitalen Assets also eine Transaktion durchführen möchte, muss er/sie den öffentlichen Schlüssel der empfangenden Person sowie den eigenen öffentlichen Schlüssel gemeinsam mit den Informationen über die Transaktion, z.B. die Summe der gewünschten Überweisung angeben und den Vorgang durch Angabe des privaten Schlüssels validieren. Diese Vorgehensweise kann mit dem Signieren eines Schecks bei der Bank verglichen werden (Bheemaiah, 2017, 56). Wurde eine Transaktion durch den Einsatz des passenden privaten Schlüssels signiert, wird diese im Netzwerk veröffentlicht und durch die TeilnehmerInnen der Blockchain validiert. Dazu überprüfen diese, ob der aus der Signatur extrahierbare öffentliche Schlüssel mit selbiger übereinstimmt (Pfnür, 2014, 7).
Ein weiteres wichtiges Element zum Verständnis der Blockchain-Infrastruktur sind sogenannte Wallet-Anwendungen. Wallets können als Geldbörse verstanden werden, da sie Kryptowährungen wie Bitcoins oder jegliche andere Art von kryptografischen Assets aufbewahren und Transaktionen ermöglichen (Swan, 2015, 18; Sorge/Krohn-Grimberghe, 2012, 480). EndnutzerInnen der Blockchain benötigen diese Wallet-Software, welche entweder als Web- Applikation oder direkt auf dem eigenen System (z.B. dem Computer) ausgeführt wird, um ihr Vermögen auf der Blockchain zu verwalten (Pfnür, 2014, 7). Hier werden die Schlüsselpaare der NutzerInnen aufbewahrt, wodurch sie Zugriff auf ihr damit verbundenes digitales Vermögen (z.B. Bitcoins) erhalten. Neben der Verwaltung bestehender Schlüsselpaare, werden in der Wallet außerdem neue Schlüsselpaare erstellt (Sorge/Krohn-Grimberghe, 2012, 480).
Damit ist bereits geklärt, wie digitale Assets sicher auf der Blockchain verwaltet und übertragen werden. Offen bleibt jedoch, wer die neuen Blöcke bildet, Transaktionen validiert und generell für die Entstehung der Blockchain verantwortlich ist, wenn es keine zentrale Institution wie beispielsweise eine Bank gibt, die diese Aufgaben übernimmt. Daher muss zunächst die Rolle der Miner näher erläutert werden. Miner sind diejenigen Computer im dezentralen Netzwerk, die Transaktionen entgegennehmen, die oben erläuterten Signaturen nach ihrer Validität überprüfen sowie neue Blöcke bilden und diese an die bestehende Kette der Blockchain anhängen (Seitz, 2017,2). Man nennt diesen Prozess „Mining“ (Ross, 2016, 133). Um durch das Mining einen neuen Block zu schaffen, muss ein Hashwert mit einer bestimmten Anzahl von Nullen gefunden werden – dieser wird Nonce genannt. Eine Nonce kann jedoch nicht einfach errechnet werden. Sie wird stattdessen durch einen algorithmischen Suchprozess ermittelt, bei dem solange zufällige Nonce getestet werden, bis der Zielwert gefunden ist (Sixt, 2017, 40). Dieser Prozess wird Proof-of- Work genannt, da er einen hohen Grad an Rechenkapazität erfordert und Kosten auf Seiten der Miner verursacht (Brühl, 2017, 137). Da die Miner diesen Vorgang natürlich nicht ohne einen Anreiz durchführen, benötigt jede Blockchain eine zugrundeliegende Kryptowährung, um die Miner für ihre Arbeit entlohnen zu können (Seitz, 2017,2; Brühl, 2017, 137). Löst ein Computer beispielsweise in der Bitcoin-Blockchain einen dieser Algorithmen und kreiert damit einen neuen Block, erhält dieser dafür im Gegenzug eine gewisse Anzahl an neu erschaffenen Bitcoins. Dadurch wird zum einen die Geldversorgung im System sichergestellt und zum anderen gewährleistet, dass Transaktionen verifiziert werden und neue Blöcke entstehen. Durch den Schwierigkeitsgrad der Algorithmen sowie eine festgelegte maximale Anzahl zu erschaffener Bitcoins, wird die Geldzufuhr reguliert (Ross,2016, 133). Im folgenden Kapitel sollen die theoretischen Anwendungsbereiche der Blockchain anhand von verschiedenen, in der Literatur dargestellten Kategorisierungen aufgezeigt werden.
3.3 Anwendungsbereiche der Blockchain-Technologie
Der erste und wohl bekannteste Anwendungsbereich der Blockchain-Technologie beziehungsweise der Distributed Ledger-Technologie liegt in der digitalen Zahlungsabwicklung durch Kryptowährungen wie Bitcoin (Underwood, 2016, 15). In Kapitel 3.1 wurde jedoch bereits erwähnt, dass die Blockchain nicht nur finanzielle Transaktionen von digitalen Währungen ermöglicht, sondern vielmehr als riesiges Hauptbuch für die Registrierung, Bestandsaufnahme oder den Austausch jeglicher Art von Werten genutzt werden kann – sowohl finanzielle als auch ökonomische Werte, in Form von physischem als auch immateriellem Eigentum (Swan, 2015, Preface x). In der Literatur herrscht Einigkeit darüber, dass das Ausmaß der Blockchain-Technologie weit über den Finanzsektor und den Anwendungsbereich digitaler Zahlungsabwicklungen hinausgeht und in verschiedenen Bereichen als disruptive Technologie Einsatz findet beziehungsweise Einsatz finden wird (Tapscott/Tapscott, 2016; Underwood, 2016, 15; Swan, 2015, Preface vii; Sixt, 2017, 2). Da sich die Entwicklungen in Anwendungsbereichen abseits der digitalen Kryptowährung jedoch noch in den Anfängen befinden, hat sich bisher noch keine einheitlich anerkannte Kategorisierung von Blockchain-Anwendungen herausgestellt (Schlatt et al., 2016, 15).
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- Quote paper
- Lena Sievers (Author), 2017, Die Zukunft von Plattform-Geschäftsmodellen unter dem Einfluss der Blockchain-Technologie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/451386
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