«Es ist [...] im deutschen Interesse, einen vollwertigen Sitz in der UN zu bekommen. Es ist nicht im deutschen Interesse, einen zweitklassigen Sitz im Sicherheitsrat zu haben». Angela Merkel (2004)
Mit diesen Worten entgegnete die damalige Oppositionsführerin Angela Merkel der Ansicht des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröders, der bei einer Reform des UN-Sicherheitsrats, das Vetorecht lediglich als Ausgangsposition für Verhandlungen ansah. In jener Zeit gehörte die Bundesrepublik bereits zum dritten Mal als nichtständiges Mitglied dem UN-Sicherheitsrat an. Gegenwärtig kandidiert Deutschland für die Wahlperiode 2019/2020 für einen der zehn Sitze als nichtständiges Mitglied im Sicherheitsrat, wobei fünf davon jedes Jahr neu gewählt werden. In diesem Kontext stellt sich durchaus die Frage, hätte Deutschland das Potenzial für einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat? Darüber hinaus welchen Beitrag könnte Deutschland als ständiges Mitglied zu den primären Zielen des UN-Sicherheitsrats, nämlich der Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit i.S.v. Art. 24 Abs. 1 UN-Charta, leisten? Mit dieser zentralen Fragestellung nach dem Potenzial Deutschlands als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat befasst sich die nachfolgende Arbeit.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Zusammensetzung des Sicherheitsrats
3 Deutschlands Potenzial
3.1 Friedenssicherung
3.2 Schutz der Menschenrechte
3.3 Friedensoperationen
4 Fazit
Literaturverzeichnis
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Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN), Zeitschrift für die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen, Baden-Baden 2001.
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Hüfner Klaus, Die Vereinten Nationen und ihre Sonderorganisationen, Finanzierung des Systems der Vereinten Nationen, Bonn 1997.
Kaiser Karl, Die ständige Mitgliedschaft im Sicherheitsrat, in: Europa-Archiv, Nr. 19, Bonn 1993.
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Koszinowski Thomas / Mattes Hanspeter, Nahost-Jahrbuch 1988, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Nordafrika und dem Nahen und Mittleren Osten, Opladen 1988.
Lautenschlager Hans-Werner, Deutsche UN-Politik von 1984–1987, in: Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen, Bonn 1991.
Lüder Rolf Sascha, Völkerrechtliche Verantwortlichkeit bei Teilnahmen an 'Peace-keeping'-Missionen der Vereinten Nationen, Berlin 2010.
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Schaefer Michael, Brückenbau, Herausforderungen an die Menschenrechtskommission, in: Menschenrechtsschutz in der Praxis der Vereinten Nationen, Baden-Baden 1998.
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Sturm Daniel Friedrich, Deutschland strebt in den UN-Sicherheitsrat,https://www.welt.de/politik/deutschland/article174928021/Aussenminister-Maas-in-New-York-Deutschland-strebt-in-den-UN-Sicherheitsrat.html>, abgerufen am: 27.05.2018.
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Wechmar Rüdiger von, Deutsche UN-Politik in den siebziger und achtziger Jahren, in: Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen, Bonn 1991.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
«Es ist [...] im deutschen Interesse, einen vollwertigen Sitz in der UN zu bekommen. Es ist nicht im deutschen Interesse, einen zweitklassigen Sitz im Sicherheitsrat zu haben». Angela Merkel (2004 )
Mit diesen Worten entgegnete die damalige Oppositionsführerin Angela Merkel der Ansicht des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröders, der bei einer Reform des UN-Sicherheitsrats, das Vetorecht lediglich als Ausgangsposition für Verhandlungen ansah. In jener Zeit gehörte die Bundesrepublik bereits zum dritten Mal als nichtständiges Mitglied dem UN-Sicherheitsrat an. Gegenwärtig kandidiert Deutschland für die Wahlperiode 2019/2020 für einen der zehn Sitze als nichtständiges Mitglied im Sicherheitsrat, wobei fünf davon jedes Jahr neu gewählt werden.1 In diesem Kontext stellt sich durchaus die Frage, hätte Deutschland das Potenzial für einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat? Darüber hinaus welchen Beitrag könnte Deutschland als ständiges Mitglied zu den primären Zielen des UN-Sicherheitsrats, nämlich der Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit i.S.v. Art. 24 Abs. 1 UN-Charta, leisten? Mit dieser zentralen Fragestellung nach dem Potenzial Deutschlands als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat befasst sich die nachfolgende Arbeit.
Um diese Frage zu beantworten wird vorrangig die Zusammensetzung des UN-Sicherheitsrats in Kapitel zwei erörtert. Im darauffolgenden Kapitel wird das Potenzial Deutschlands analysiert, wobei thematisch explizit auf die Bereiche Friedenssicherung, Menschenrechte und Friedensoperationen eingegangen wird. Die letztgenannten Bereiche folgen in Teilen der Argumentationsstruktur vom Forschungsinstitut der DGAP. Im Anschluss dessen folgt das Fazit mit persönlichem Statement.
2 Zusammensetzung des Sicherheitsrats
Als eines der Hauptorgane der Vereinten Nationen setzt sich der UN-Sicherheitsrat gemäss Art. 23 Abs. 1 der UN-Charta aus fünf ständigen sowie zehn nichtständigen Mitgliedstaaten zusammen. Zu den fünf ständigen Mitgliedern, den sogenannten «P5», zählen die Volksrepublik China, Frankreich, Russland, Grossbritannien und die Vereinigten Staaten von Amerika.2 Die zehn nichtständigen Mitgliedsstaaten werden unter Berücksichtig einer «angemessenen geographischen Verteilung» von der Generalversammlung, für jeweils zwei Jahre gewählt.3 Gemäss dieser geographischen Repräsentanz sieht die Sitzverteilung wie folgt aus: drei Sitze für die afrikanischen Staaten, jeweils zwei Sitze für Staaten aus dem asiatischen und dem lateinamerikanischen Raum, ein Sitz für die osteuropäischen Staaten und zwei Sitze für die westeuropäischen und andere Staaten.4 Zur geographischen Repräsentanz der nichtständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats berücksichtigt die UN-Charta in Art. 23 Abs. 1 ausserdem «in ersten Linie [den] Beitrag von Mitgliedern der Vereinten Nationen zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit».
Um die Bundesrepublik Deutschland als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat aufzunehmen, bedürfte es demzufolge einer unumgänglichen Änderung der UN-Charta. Diese Modifikation müsste gemäss Art. 108 der UN-Charta von einer «Zweidrittelmehrheit der Mitglieder der Generalversammlung» sowie von «zwei Dritteln der Mitglieder der Vereinten Nationen einschliesslich aller ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats» angenommen werden.
3 Deutschlands Potenzial
Bei einer grossen Mehrheit der UN-Mitgliedstaaten besteht heute Einigkeit darüber, dass der UN-Sicherheitsrat in seiner gegenwärtigen Konstellation die weltpolitischen Realitäten nicht mehr wiederspiegelt. Bei der Gründung der Vereinten Nationen (1945) nahmen die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs, die Sowjetunion, Grossbritannien und die USA, sowie Frankreich und die Volksrepublik China, durch ihre Stellung als ständige Mitglieder im UN-Sicherheitsrat, eine führende Rolle in der neuen Weltordnung ein.
Seitdem hat sich die weltpolitische Ordnung grundlegend verändert und insbesondere Deutschland kommt innerhalb dieser veränderten Ordnung eine gewichtige Rolle zu. Als demokratische Industrienation verfügt Deutschland über langjährige Erfahrungen im Bereich der Diplomatie. Ebenso verfügt es über eine an demokratischen Grundsätzen orientierte Armee und eine der grössten Volkswirtschaften der Welt.5 Als drittgrösster Beitragszahler der Vereinten Nationen, übersteigen die Ausgaben der Bundesrepublik die Beiträge von vier der fünf ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat.6
Da der UN-Sicherheitsrat seine Aufgaben nur dann effektiv wahrnehmen kann, wenn genügend finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, sollten Staaten wie der Bundesrepublik Deutschland angemessenere Gestaltungsmöglichkeiten, bei der Umsetzung und Entscheidungsfindung im UN-Sicherheitsrat, zukommen.7
3.1 Friedenssicherung
Grundlegend kann ein Staat seinen Beitrag zur internationalen Friedenssicherung auf zwei Arten einbringen. Erstens durch die Erarbeitung von Resolutionen im UN-Sicherheitsrat auf politischer Ebene und zweitens durch die Bereitstellung von personellen und finanziellen Ressourcen zur Durchsetzung von Resolutionen auf technischer Ebene. Für einen Staat, der nichtständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat ist, beschränkt sich demnach die Möglichkeit der umfassenden Beteiligung auf politischer Ebene. Die Bundesrepublik Deutschland verkündigte offiziell im Jahr 1993 ihre Bereitschaft zur Übernahme eines ständigen Sitzes im UN-Sicherheitsrat, nachdem sie zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Mal 1977/1978 und 1987/1988 als nichtständiges Mitglied dem UN-Sicherheitsrat angehörte.8
Insbesondere während der ersten Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsart in den Jahren 1977/1978 nahm die Bundesrepublik Deutschland, im damaligen Namibia-Konflikt, eine besondere Stellung ein. Gerade in dieser komplexen Frage zeigte sich, dass die deutsche Diplomatie ein überaus hilfreiches und von allen Mitgliedern respektiertes Instrument der Konfliktbewältigung war, wodurch der Bundesrepublik in diesem Konflikt eine entscheidende Vermittlerrolle zukam.9
Ohne ein vorausgegangenes Mandat des UN-Sicherheitsrats gründete der damalige deutsche UN-Botschafter Rüdiger von Wechmar die «Namibia-Kontakt-Gruppe», bestehend aus drei ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats sowie der Bundesrepublik Deutschland und Kanada. Gemeinsam mit den Konfliktparteien erarbeiteten sie nach unzähligen Gesprächen und Vermittlungsbemühungen einen einstimmigen Resolutionsentwurf, welcher darauffolgend vom UN-Sicherheitsrat angenommen wurde.10
Entscheidend in dieser Angelegenheit war für die Bundesrepublik, dass sie als nichtständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats damit ihre Vermittlungsfähigkeit und Vermittlungsbereitschaft verdeutlichen konnte. Durch die Namibia-Initiative erweiterte die deutsche Delegation, welche ständig im intensiven Dialog mit einer Vielzahl von afrikanischen Staaten stand, ebenso ihren globalen politischen Einfluss. Insbesondere auch nach Ausscheiden aus dem UN-Sicherheitsart, blieb die Bundesrepublik ein wesentlicher Verhandlungspartner innerhalb der Namibia-Kontakt-Gruppe.11
Die zweite nichtständige Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat in den Jahren 1987/1988, verdeutlichte erneut die Bereitschaft der Bundesrepublik zur Friedenssicherung. Vordergründig standen ihre Bemühungen um die Beendigung des Iran-Irak-Konflikts.12 Massgeblich haben ihre Initiativen dazu beigetragen, dass der bereits erarbeitete Resolutionsentwurf so modifiziert werden konnte, dass die verabschiedete Resolution 598 für den Irak sowie für den Iran annehmbar wurde.13 Besonders das neutrale Verhalten der Bundesrepublik und ihre bilateralen Beziehungen zu beiden Konfliktparteien bekräftigte die deutsche Vermittlungsdiplomatie im internationalen Umfeld.14
Dieser Erfolg der deutschen Vermittlungsdiplomatie zeigt, dass die Bundesrepublik nicht nur eigene, zur Konfliktbewältigung beitragende Initiativen leisten will und kann, sondern dass sie sich auch durch solide Aussenpolitik im globalen Umfeld behauten kann.15
[...]
1 Sturm, Abschn. 5.
2 Peters, S. 338.
3 Art. 23 Abs. 2 UN-Charta.
4 Resolution der UN-Generalversammlung, A/RES/1991 (XVIII) vom 17.12.1963
5 Schubert, S. 4.
6 Vogler, S. 226.
7 Vgl. Kaiser, S. 545.
8 Andreae, S. 52.
9 Vgl. Wechmar, S. 42.
10 Vgl. Wechmar, S. 40–43.
11 Vgl. Wechmar, S. 117.
12 Vgl. Lautenschlager, S. 56.
13 Vgl. Koszinowski Mattes, S. 16.
14 Vgl. Koszinowski Mattes, S. 17.
15 Andreae, S. 55.
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- Anonym,, 2018, Die Reform des UN-Sicherheitsrats. Deutschlands Potenzial für einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/450211
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