Die kulturelle Epoche der Renaissance gilt aufgrund ihrer großen künstlerischen Schaffenskraft und des philosophischen Ideenreichtums bis heute als eine goldene Ära der Kunst und Kultur. Die Entwicklung eines neuen, positiven Menschenbildes sowie die Wiederentdeckung antiker Vorbilder eröffnete für Kreative und Theoretiker ein überreiches Spektrum mythologischer Motive und philosophischer Ansätze, und der inspirierende Geist dieser Epoche zeigt sich deutlich in der Vielfalt der Kunstwerke und humanistischen Erkenntnisse der Renaissance: “There is a spirit of general elevation and enlightenment in which all alike communicate. It is the unity of this spirit whic h gives unity to all the various products of the Renaissance […] .” Dieses Epochenbewußtsein begeisterte und inspirierte Autoren und Künstler aller nachfolgenden Epochen und nahm damit großen Einfluß auf die weitere Entwicklung der europäischen Kunst und Literatur. Wegen ihrer kulturellen Vielfalt ist es sehr schwierig, ein Gesamtbild der Renaissanceepoche darzustellen, und so soll im zweiten Kapitel zunächst eine kurze Einführung zu den gesellschaftlichen Veränderungen sowie die für diese Arbeit relevanten philosophischen Positionen des Humanismus, der Ästhetik und des Hedonismus gegeben werden. Auch der Autor Oscar Wilde, der als ein bedeutender Repräsentant der englischen Fin-de-Siècle-Literatur gilt, begeisterte sich in hohem Maße für Renaissance-Kunst und Renaissance-Philosophie, und so ist es nicht verwunderlich, daß sie seine ästhetizistische Kunst- und Lebensauffassung, und somit sein literarisches Werk, stark prägten. Um die Entwicklung seiner kunstphilosophischen Theorien zu verdeutlichen, sollen weiterhin einige der prägenden Vorbilder von Wilde, unter anderem auch die Schriftsteller und Kunstkritiker John Ruskin und Walter H. Pater, da insbesondere der Roman The Picture of Dorian Gray starke intertextuelle Bezüge zu deren kunstphilosophischen Theorien aufweist.
Inhaltverzeichnis
1. Einleitung
2. Die italienische Renaissance und der Einfluß renaissancistischer Ideale auf die Entwicklung von Oscar Wildes ästhetizistischer Philosophie
2.1. Die italienische Renaissance
2.1.1 Die gesellschaftlichen Veränderungen
2.1.2 Die humanistischen Prinzipien und Ideale
2.1.4. Die Philosophien der Ästhetik und des Hedonismus
2.2. Die Entwicklung von Oscar Wildes ästhetizistischer Philosophie
3. Renaissancebezüge und -ideale in The Picture of Dorian Gray
3.1. Klassische Ästhetik, antike Götter und „griechische Liebe“
3.2. Die Maximen des New Hedonism
3.3 Dorian Grays praktische Umsetzung des New Hedonism und die Folgen
3.4. Die präraffaelitische Kunstphilosophie in The Picture of Dorian Gray
4. Fazit
Bibliographie
1. Einleitung
Die kulturelle Epoche der Renaissance gilt aufgrund ihrer großen künstlerischen Schaffenskraft und des philosophischen Ideenreichtums bis heute als eine goldene Ära der Kunst und Kultur. Die Entwicklung eines neuen, positiven Menschenbildes sowie die Wiederentdeckung antiker Vorbilder eröffnete für Kreative und Theoretiker ein überreiches Spektrum mythologischer Motive und philosophischer Ansätze, und der inspirierende Geist dieser Epoche zeigt sich deutlich in der Vielfalt der Kunstwerke und humanistischen Erkenntnisse der Renaissance: “There is a spirit of general elevation and enlightenment in which all alike communicate. It is the unity of this spirit which gives unity to all the various products of the Renaissance […] .”[1] Dieses Epochenbewußtsein begeisterte und inspirierte Autoren und Künstler aller nachfolgenden Epochen und nahm damit großen Einfluß auf die weitere Entwicklung der europäischen Kunst und Literatur. Wegen ihrer kulturellen Vielfalt ist es sehr schwierig, ein Gesamtbild der Renaissanceepoche darzustellen, und so soll im zweiten Kapitel zunächst eine kurze Einführung zu den gesellschaftlichen Veränderungen sowie die für diese Arbeit relevanten philosophischen Positionen des Humanismus, der Ästhetik und des Hedonismus gegeben werden.
Auch der Autor Oscar Wilde, der als ein bedeutender Repräsentant der englischen Fin-de-Siècle -Literatur gilt, begeisterte sich in hohem Maße für Renaissance-Kunst und Renaissance-Philosophie, und so ist es nicht verwunderlich, daß sie seine ästhetizistische Kunst- und Lebensauffassung, und somit sein literarisches Werk, stark prägten. Um die Entwicklung seiner kunstphilosophischen Theorien zu verdeutlichen, sollen weiterhin einige der prägenden Vorbilder von Wilde, unter anderem auch die Schriftsteller und Kunstkritiker John Ruskin und Walter H. Pater, da insbesondere der Roman The Picture of Dorian Gray starke intertextuelle Bezüge zu deren kunstphilosophischen Theorien aufweist.
Wildes einziger Roman, The Picture of Dorian Gray, wurde 1890 veröffentlicht und gilt als repräsentatives Werk der englischen Décadence -Literatur, als die „Tragödie des Ästhetizismus [...].“[2] Der Roman eignet sich in besonderem Maße zur Herausarbeitung von Wildes ästhetizistischem Standpunkt, denn „[i]n The Picture of Dorian Gray [...] die Frage nach [...] der lebensweltlichen Praktikabilität der ästhetischen Lebensalternative zum handlungsbestimmenden Thema.“[3] Das literarische Motiv des Verkaufs der Seele im Gegenzug für ewige Jugend, Wissen oder Unsterblichkeit hat eine lange Tradition, ebenso wie die Idee von der mysteriösen Verbindung und gegenseitigen Abhängigkeit eines Menschen und seines Portraits. Wilde wurde zur Wahl dieses Themas durch diverse literarische Vorlagen inspiriert: “Zu den zahlreichen Quellen, die für The Picture of Dorian Gray genannt worden sind, zählen Balzacs La Peau de chagrin, Stevensons Dr. Jekyll and Mr. Hyde, Goethes Faust, Meinholds Sidonia von Bork.”[4] Die mystischen Elemente und die beklemmende Atmosphäre der Handlung stellen den Roman darüber hinaus in die Tradition der Gothic Novel.
Der fiktive Kontext der Romanhandlung eröffnete Wilde einen großen kreativen Freiraum, denn er ermöglichte ihm eine umfassende Auseinandersetzung mit den philosophischen Fragen nach dem Wesen von Schönheit und individueller Selbstverwirklichung: „[I]n dieser Modellsituation ist Wilde in der Lage, die Möglichkeiten und Grenzen jener Doktrinen in der ihm adäquat erscheinenden Gestaltung, Kunst als Lebensform, zu testen.“[5] Die Komplexität der Argumentation wird durch Wildes ambivalente Aussagen erhöht, da diese die Diskussion essentieller philosophischer Fragen von unterschiedlichen Standpunkten aus zuläßt:
Eine textorientierte Analyse von Wildes Erzählprosa ist in besonderem Maße dazu geeignet, die Durchgängigkeit des Themenkomplexes ‚Kunst’ zu veranschaulichen, der von ihm aus ständig wechselnden Perspektiven und mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung beleuchtet wird.[6]
Der Roman The Picture of Dorian Gray ist insbesondere geeignet, auch die negativen Aspekte einer radikalen ästhetizistischen-hedonistischen Lebenseinstellung zu erforschen, denn „[h]ier nun war der Roman, der aufzeigte, daß dies Ästhetisieren sich als durchaus schädlich erweisen kann.“[7] Insgesamt gilt „dieser Roman als eines der repräsentativsten Werke des englischen Ästhetizismus ein Dokument seiner Zeit, das diese, wenn auch in vielen Brechungen und Verzerrungen, spiegelt.“[8]
Um die Renaissancebezüge und –ideale in The Picture of Dorian Gray herauszuarbeiten soll zunächst das von Wilde durch die Verwendung mythologischer Motive und die Integration homoerotischer Anspielungen präsentierte Schönheitsideal analysiert werden. Daraufhin werden die Maximen des New Hedonism, unter besonderer Berücksichtigung der Parallelen zu Paters neuhedonistischer Philosophie, dargestellt werden, gefolgt von der Beschreibung und Analyse von Dorian Grays Umsetzung des New Hedonism, und den sich daraus ergebenden Konsequenzen für ihn selbst und sein Umfeld. Das folgende Kapitel soll der Herausarbeitung der im Roman verwendeten Bezüge zur präraffaelitischen Kunsttheorie, und deren Bedeutung für die Interpretation des Romans, dienen.
Abschließend sollen die Gründe für das Scheitern Dorian Grays zusammengefaßt, und, auch im Bezug zu Wildes ästhetizistischer Philosophie und zu seinem Leben, analysiert werden, um damit die zentrale Aussage von The Picture of Dorian Gray zu beschreiben und zu bewerten.
2. Die italienische Renaissance und der Einfluß renaissancistischer Ideale auf die Entwicklung von Oscar Wildes ästhetizistischer Philosophie
2.1. Die italienische Renaissance
2.1.1. Die gesellschaftlichen Veränderungen
Die europäische Renaissance hatte ihren Ursprung im 14. Jahrhundert in Italien und verbreitete sich bis Ende des 16. Jahrhunderts in ganz Europa. Die Bezeichnung der Epoche als „Renaissance,“ der Wiedergeburt der Antike, wurde jedoch erst rückblickend im 19. Jahrhundert geprägt und bezieht sich meist ausschließlich auf die italienische Renaissance.
Vor Beginn der Renaissance war Italien agrarwirtschaftlich strukturiert, und wirtschaftlich, wie gesellschaftlich, stand das Land unter dem Einfluß der seit dem Mittelalter sehr mächtigen katholischen Kirche. Um die Voraussetzungen für eine kulturelle Erneuerung zu schaffen bedurfte es grundlegender Veränderungen der gesellschaftlichen Struktur:
Es war dazu eine Entwicklung des städtischen Lebens notwendig, wie sie nur in Italien und erst jetzt vorkam: Zusammenwohnen und tatsächliche Gleichheit von Adeligen und Bürgern; Bildung einer allgemeinen Gesellschaft, die sich bildungsbedürftig fühlte und Muße und Mittel übrig hatte.[9]
Der Aufstieg einiger italienischer Städte zu kulturellen Zentren seit Beginn des 15. Jahrhunderts war eine entscheidende Voraussetzung für die Verbreitung des neuen kulturellen Bewusstseins. Insbesondere in der reichen Stadt Florenz blühten das künstlerische Leben und der intellektuelle Austausch auf. Begünstigt wurde die Entwicklung durch das Mäzenatentum reicher Familien, wie zum Beispiel der Medici in Florenz oder der Este aus Ferrara, sowie von Mitgliedern des katholischen Klerus und insbesondere des römischen Papsttums, und so wurden bedeutende finanzielle Mittel sowohl für die Förderung der Kreation von Kunstwerken als auch für die Vertiefung philosophischer und naturwissenschaftlicher Studien, bereitgestellt.
2.1.2. Die humanistischen Prinzipien und Ideale
Die zunehmende Trennung der politischen und gesellschaftlichen Sphäre von der religiösen Sphäre wirkte sich förderlich auf die Entstehung eines neuen Selbstbildes des Menschen aus: „[E]s erwacht eine objektive Betrachtung und Behandlung des Staates und der sämtlichen Dinge dieser Welt überhaupt; daneben aber erhebt sich mit voller Macht das Subjektive, der Mensch wird geistiges Individuum und erkennt sich als solches.“[10] Im Mittelalter war das Selbstverständnis des Menschen auf seine Funktion als Mitglied der Gemeinschaft und als gläubiger Anhänger der katholischen Religion beschränkt gewesen. Erst jetzt konnte sich „das ausgebildete Individuum mit persönlichen Ansprüchen [...]“[11] ausprägen:
Reichtum und Bildung, soweit sie sich zeigen und wetteifern durften, in Verbindung mit einer immer großen munizipalen Freiheit und mit dem Dasein der Kirche, die nicht, [...] mit dem Staat identisch war – alle diese Elemente zusammen begünstigten ohne Zweifel das Aufkommen individueller Denkweisen [...].[12]
Als fundamentale Voraussetzung für die Ausformung des individuellen Geistes wurde eine umfassende Allgemeinbildung nach klassischem Vorbild erachtet. Da Italien der direkte kulturgeschichtliche Erbe der Antike war lag eine Rückbesinnung auf die klassischen Vorbilder nahe, und so vollzog sich im Italien der Renaissance:
[E]ine gelehrte und zugleich populäre sachliche Parteinahme für das Altertum überhaupt, weil dieses die Erinnerung an die eigene Größe ist. Die leichte Verständlichkeit des Lateinischen, die Menge der noch vorhandenen Erinnerungen und Denkmäler befördert diese Entwicklung gewaltig.[13]
Den Motiven aus der griechischen Mythologie und den klassischen philosophischen Positionen kam hier vor allem eine parabelhafte Funktion zu, da sie die Entwicklung des Menschen durch die Vorgabe von archetypischen Vorbildern anleiten sollten:
Die Bildung aber, sobald sie sich von der Phantasiewelt des Mittelalters losmachen wollte, konnte nicht plötzlich durch bloße Empirie zur Erkenntnis der physischen und geistigen Welt durchdringen, sie bedurfte eines Führers, und als solchen bot sich das klassische Altertum dar mit seiner Fülle objektiver, evidenter Wahrheit in allen Gebieten des Geistes.[14]
Als Reaktion auf die Überhöhung antiker Vorbilder erfolgte eine zunehmende Ablehnung gegenüber allem, was mit dem Mittelalter, also der Epoche zwischen Antike und Renaissance, assoziiert wurde, da der Mensch damals unmündig, ungebildet und der Macht der Kirche ausgeliefert ein tristes Dasein gefristet hatte. Obschon es auch in der Renaissancezeit Künstler und Theoretiker gab, die sich weiterhin an Motiven und Denkweisen des Mittelalters orientierten, ließ die zunehmende Emanzipierung vom kirchlichen Einfluß christlich-religiöse Inhalte in der Renaissancekunst in den Hintergrund treten. Der ästhetische Gehalt eines Kunstwerks war das entscheidende Qualitätskriterium, und da sich die Kunst nun als autonom verstand, war sie zunehmend frei von moralisierenden Inhalten. Insgesamt wurde das Ansehen des Künstlerstatus erhöht, die kreativen Eigenschaften idealisiert, und der italienische Philosoph Marsilio Ficino rief den Künstler als Symbol des freien Geistes gar zum „artifex divinus“[15] aus, konnte er doch fast „gottgleich“ mit seinem Werk neue Welten erschaffen.
Die philosophische Position des Humanismus, welche die Würde und den Wert des Individuums betont, begründete eine neue Sicht, und damit ein neues Selbstbewußtsein, des Menschen. Die Humanisten widmeten sich intensiv dem Studium und der Neubearbeitung von Werken klassischer Rhetoriker und Autoren, was die weitere Entwicklung der europäischen Literatur nachhaltigen beeinflußte: „Die italienischen Humanisten mit ihrer Darstellungsweise und ihrem Latein haben lange genug die abendländische Lesewelt wirklich beherrscht […] .“[16] Über die theoretische Auseinandersetzung mit verschiedenen philosophischen Positionen hinaus war der Humanist dazu angehalten, diese praktisch auf sein persönliches Leben zu übertragen:
Der Humanist seinerseits wird zur größten Vielseitigkeit aufgefordert, indem sein philosophisches Wissen lange nicht bloß wie heute der objektiven Kenntnis des klassischen Weltalters, sondern einer täglichen Anwendung auf das wirkliche Leben dienen muß.[17]
Mit dem Ziel der Ausprägung und Vervollkommnung der individuellen Persönlichkeit praktizierten die Humanisten und Renaissancekünstler eine ganzheitliche Annäherung an Kunst und Philosophie. Nur ein vielseitig gebildeter und schöner Geist konnte sich dem Ideal des Renaissancemenschen nähern:
Wenn nun dieser Antrieb zur höchsten Ausbildung der Persönlichkeit zusammentraf mit einer wirklich mächtigen und dabei vielseitigen Natur, welche sich zugleich aller Elemente der damaligen Bildung bemeisterte, dann entstand der ‘allseitige Mensch’, l’uomo universale, welcher ausschließlich Italien angehört.[18]
Erst durch die Förderung kreativer und intellektueller Fähigkeiten konnte sich, mit dem Ziel der Harmonisierung von Körper und Geist, die Selbstentfaltung des Individuums vollziehen. Insgesamt wurde die Renaissanceepoche durch das Streben nach der Bewußtwerdung und Entfaltung des Individuums charakterisiert, und es ist angebracht, die Renaissance als die Epoche der Geburt des Individuums zu bezeichnen.
2.1.3. Die Philosophien der Ästhetik und des Hedonismus
Zentrales Thema der Kunst und Philosophie der Renaissance war die Ästhetik, also die „Wissenschaft vom sinnlich Wahrnehmbaren.“[19] Der Begriff „Ästhetik“ wurde erst Mitte des 18. Jahrhunderts geprägt, “die Idee aber geht auf Plato zurück“[20], der als erster eine Theorie des Schönen entwickelte. “Wie in der gesamten antiken Philosophie bilden die Ideen des Schönen, Wahren und Guten bei Platon einen engen Verweiszusammenhang: Was wahr und gut ist, gilt zugleich als schön.“[21] Platon galt „[a]ls Paradigma der Schönheit [...] in erster Linie die menschliche Gestalt.“[22] Der enge Sinnzusammenhang zwischen darstellender Kunst und Schönheit wurde jedoch erst durch die kunstphilosophischen Theorien von Aristoteles, dem Schüler Platons, hergestellt.
Die idealisierte Vorstellung des ästhetischen Menschen, der natürlichen Perfektion seines Körpers, resultierte in der Ausbildung eines neuen Körperbewußtseins in der hellenischen Gesellschaft: „The keen demand for athletic statuary, the honour attached to the artist employed to make his statue at Olympia [...]“[23] ließen sportliche Betätigung zu einem wichtigen Teil des gesellschaftlichen Lebens werden, und “[a]ll over Greece the enthusiasm for gymnastics, for the life of the gymnasia, prevailed.”[24]
Die antike Ästhetik räumte der physischen Schönheit einen sehr hohen Stellenwert ein, und „[d]ie Zugewandtheit zur körperlichen Schönheit war auch das Ideal der italienischen Renaissance.“[25] Nur ein gesunder Körper ermöglichte ein erfülltes irdisches Leben, und somit war „the care for physical beauty, the worship of the body [...]“[26] ein zentrales Element der Renaissancekultur, und es „ist gewiß, daß im 16. Jahrhundert die Italiener, sowohl als theoretische Schriftsteller wie als praktische Lehrer, das ganze Abendland in die Schule nahmen für alle edlern Leibesübungen und für den höhern geselligen Anstand.“[27]
Da aber insgesamt eine Harmonisierung von einem gesunden Körper und einem gebildeten Geist angestrebt wurde, mußte, „[u]m dieses Körperbewußtsein und damit die Sinnlichkeit auch tatsächlich zu entwickeln, [...] die ‚Seele’ erweckt werden“[28], zum Beispiel durch eine ästhetische Lebenseinstellung, der eine „genußhafte Betrachtung de Wirklichen“[29] zugrunde liegt, wie der philosophischen Position des Hedonismus. Die Hedonisten erklärten das Streben nach dem größtmöglichen Lustgewinn im Leben zum höchsten Ziel, die Methode zum Erreichen desselben jedoch von den beiden Hauptgruppen innerhalb des Hedonismus, den Kyrenaikern und den Epikureern, unterschiedlich definiert. Die Kyrenaiker erachteten das körperliche Erleben von Lustgefühlen als höchstes Ideal, während die Epikureer rationale Vernunft und ein maßvolles Leben als Weg zur Erfüllung ansahen. Dem ekstatischen Lebensentwurf des körperlichen, sinnlichen Genusses wurde also der asketische Weg der geistig-rationalen Vernunft gegenüberstellt.
[...]
[1] Walter H. Pater: The Renaissance: Studies in Art and Poetry, London: Macmillan and Co.Limited, 1904, S. xiv.
[2] Richard Ellmann: Oscar Wilde, München: Piper Verlag, 2000, S. 436.
[3] Regina Gentz: Das erzählerische Werk Oscar Wildes, in: Heinrich F. Plett: Literarische Studien, Bd. 3, Frankfurt/ Main: Europäischer Verlag der Wissenschaften, 1995, S. 417.
[4] Ellmann, Oscar Wilde, S. 430.
[5] Wolfgang Maier: Oscar Wilde: The Picture of Dorian Gray: Eine kritische Analyse der anglistischen Forschung von 1962 bis 1982, Frankfurt/ main: Verlag Peter Lang GmbH, 1984, S. 100.
[6] Gentz, Das erzählerische Werk Oscar Wildes, S. 409.
[7] Ellmann, Oscar Wilde, S. 322.
[8] Gentz, Das erzählerische Werk Oscar Wildes, S. 264.
[9] Jakob Burckhardt: Die Kultur der Renaissance in Italien, Reutlingen: Alfred Kröner Verlag, 1952, S. 165.
[10] Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien, S. 123.
[11] Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien, S. 145.
[12] Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien, S. 125.
[13] Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien, S. 165.
[14] Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien, S. 165.
[15] Andreas Hetzel: „Ästhetik,“ in: Microsoft Encarta Professional 2002, CD-Rom., hrsg. von Microsoft Corporation, Redmond: 1993-2001.
[16] Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien, S. 141.
[17] Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien, S. 129-130.
[18] Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien, S. 128.
[19] Duden: „Ästhetik“, in: Wissenschaftlicher Rat der Dudenredaktion: Das große Fremdwörterbuch, 2. Aufl., Mannheim: Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG, 2000, S. 150.
[20] Barbara Belford, Oscar Wilde: Ein paradoxes Genie, Zürich: Haffmanns Verlag AG, 2000, S. 65.
[21] Hetzel, Microsoft Encarta: „Ästhetik,“ CD-Rom.
[22] Hetzel, Microsoft Encarta: „Ästhetik,“ CD-Rom.
[23] Walter H. Pater: Greek Studie: A Series of Essays, London: Macmillan and Co. Limited, 1904, S. 281.
[24] Pater, Greek Studies, S. 281.
[25] Gentz, Das erzählerische Werk Oscar Wildes, S. 269.
[26] Pater, The Renaissance, S. xii.
[27] Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien, S. 363.
[28] Gentz, Das erzählerische Werk Oscar Wildes, S. 269.
[29] Thomas Köster: Microsoft Encarta: „Ästhetizismus,“ in: Microsoft Encarta Professional 2002, CD-Rom., hrsg. von Microsoft Corporation, Redmond: 1993-2001.
- Quote paper
- Mieke Schüller (Author), 2003, Renaissanceideale und -bezüge in Oscar Wilde's "The Picture of Dorian Gray", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44931
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