Mit der vorliegenden Arbeit versuche ich der Frage nachzugehen, welche unterschiedlichen Ansichten Hannah Arendt und Hans Magnus Enzensberger bei ihrem Briefwechsel vertraten und welche Überzeugungen bzw. inneren Haltungen dafür Ausschlag gebend waren. Um diese Fragestellung ausreichend beleuchten zu können, ist ein Blick auf die Lebensgeschichte der beiden Protagonisten unvermeidlich. Denn nur ein Vergleich beider Biographien ermöglicht, die Bruchstellen ihrer Überzeugungen nachvollziehbar und verständlich zu machen. Den Stein des Anstoßes bildete Enzensbergers Werk Politik und Verbrechen1, dass er 1964 veröffentlichte und Hannah Arendt zur Rezension vorlegen wollte. Dieses Ansinnen lehnte sie jedoch mit der Begründung ab, dass es ihr „zu viel Mühe machen würde das ganz Ausgezeichnete von dem Verfehlten zu scheiden. “2 Stattdessen entwickelte sich zwischen den Beiden ein intensiver Briefwechsel, der auch die Differenzen zwischen der intellektuellen Linken in Deutschland offenbaren sollte. Folglich ist für die Fragestellung auch eine nähere Analyse von Politik und Verbrechen von immanenter Bedeutung, wobei hierbei besonderes Augenmerk auf Enzensbergers Kernstück Reflexionen vor einem Glaskasten gelegt werden soll. Bereits der Titel des Kapitels deutet die Analogie zu dem Eichmann- Prozess in Jerusalem an, bei dem Adolf Eichmann in einem schusssicheren Glaskasten Platz nahm. Hannah Arendt, die zu diesem Prozess als Berichterstatterin reiste, veröffentlichte ihre Reflexionen und Gedanken zu diesem Gerichtsverfahren unter dem Titel Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen.3
Abschließend ist die Frage zu klären, wie die Debatte in die Zeitgeschichte der Bundesrepublik einzuordnen ist, da nicht vergessen werden darf, dass die Diskussion vor dem Hintergrund des Kalten Krieges statt fand und auch im direkten Zusammenhang mit der Aufarbeitung der deutschen Schuldfrage gesehen werden muss.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Arendt und Enzensberger: Ihr Leben und Werk
- I.I.: Hannah Arendt
- I.II.: Hans Magnus Enzensberger
- Enzensbergers Werk Politik und Verbrechen
- Der Briefwechsel- Schuld und Eskapismus
- Einordnung der Debatte
- Fazit
- Quellen- und Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert den Briefwechsel zwischen Hannah Arendt und Hans Magnus Enzensberger, um die unterschiedlichen Ansichten beider Protagonisten hinsichtlich Schuld und Eskapismus im Nachkriegsdeutschland zu beleuchten. Dazu werden die Lebensgeschichten, Werke und Überzeugungen der beiden Intellektuellen in den Kontext des Kalten Krieges und der Aufarbeitung der deutschen Schuldfrage gestellt.
- Die unterschiedlichen Perspektiven von Arendt und Enzensberger auf die deutsche Geschichte und die Frage der Schuld.
- Die Analyse von Enzensbergers Werk "Politik und Verbrechen" und seine Kritik an der deutschen Gesellschaft.
- Die Auseinandersetzung mit Arendts Konzept der "Banalität des Bösen" im Kontext des Eichmann-Prozesses.
- Der Briefwechsel als Spiegel der intellektuellen Debatte in der Bundesrepublik Deutschland.
- Die Einordnung der Debatte in die Zeitgeschichte des Kalten Krieges und die Aufarbeitung der deutschen Schuldfrage.
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor: Wie unterschied sich die Sichtweise von Hannah Arendt und Hans Magnus Enzensberger auf die deutsche Nachkriegsgeschichte und die Frage der Schuld? Der Briefwechsel zwischen den beiden wird als Ausgangspunkt für die Analyse der unterschiedlichen Überzeugungen und Haltungen der beiden Protagonisten vorgestellt. Zudem wird Enzensbergers Werk "Politik und Verbrechen" als Ausgangspunkt der Debatte zwischen den beiden Intellektuellen hervorgehoben.
Arendt und Enzensberger: Ihr Leben und Werk
Dieses Kapitel beleuchtet die Lebensgeschichte und das Werk von Hannah Arendt und Hans Magnus Enzensberger. Es wird ein Überblick über ihre wichtigsten Stationen und Werke gegeben, wobei insbesondere auf Arendts "Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft" und Enzensbergers lyrisches Werk sowie seine zeitkritischen Essays eingegangen wird.
Enzensbergers Werk Politik und Verbrechen
In diesem Kapitel wird Enzensbergers Werk "Politik und Verbrechen" näher beleuchtet. Der Fokus liegt dabei auf Enzensbergers Kritik an der deutschen Gesellschaft und seiner Analyse des Verhältnisses zwischen Politik und Verbrechen.
Der Briefwechsel- Schuld und Eskapismus
Dieser Teil der Arbeit analysiert den Briefwechsel zwischen Arendt und Enzensberger. Es werden die zentralen Themen der Korrespondenz beleuchtet, insbesondere die unterschiedlichen Ansichten über die deutsche Schuld und die Möglichkeiten des Eskapismus im Kontext der Nachkriegsgesellschaft.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit zentralen Themen der deutschen Nachkriegsgeschichte wie der Schuldfrage, dem Kalten Krieg, dem Eskapismus und dem Verhältnis zwischen Politik und Verbrechen. Arendts Konzept der "Banalität des Bösen" und Enzensbergers Werk "Politik und Verbrechen" stehen im Mittelpunkt der Analyse. Zudem werden wichtige Vertreter der intellektuellen Linken in Deutschland, wie Hannah Arendt und Hans Magnus Enzensberger, in ihrer Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der Nachkriegszeit betrachtet.
- Quote paper
- Richard Oehmig (Author), 2005, Schuld und Eskapismus - Der Briefwechsel zwischen Hannah Arendt und Hans Magnus Enzensberger, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44928