Das Deutsche verfügt über eine Konstruktion, die von Grammatikern als bekommen-Passiv, Dativpassiv, Adressatenpassiv, Rezipientenpassiv oder indirektes Passiv bezeichnet wird. Sie weist ein auxiliar verwendetes bekommen/kriegen/erhalten plus Partizip II und enthält ein grammatisches Subjekt, das einem Aktivsatz-Dativ entspricht (Leirbukt 1987).
Die Einordnung der Konstruktion des Typs “Er bekommt ein Buch geschenkt“ als Passiv wird auch heutzutage noch kontrovers diskutiert. Die Verfasser der Grammatik der deutschen Sprache (Zifonun u.a. 1997) sind der Meinung, dass die bisher vorgebrachten Argumente für die Annahme eines bekommen-Passivs im Deutschen stärker ins Gewicht fallen als die Argumente dagegen. Im Rahmen ihrer Grammatik nehmen Zifonun u.a. daher ein bekommen-Passiv an, ordnen es jedoch eher der Peripherie der Konstruktion zu, weil nicht alle für das Passiv konstitutiven Bedingungen hier erfüllt sind.
In ihren Grammatiken stufen Helbig und Buscha (1998) so eine Konstruktion als eine Passiv-Paraphrase und Hentschel und Weydt (1994) als eine Passivperiphrase ein. Helbig und Buscha schreiben: „Passiv-Parahrasen sind Konkurrenzformen des Passivs, sind aktivische Formen mit passivischer Bedeutung, d.h. solche aktivische Formen, bei denen das Subjekt nicht das Agens ausdrückt und denen eine reguläre Passivform entspricht.“ (Helbig/Buscha 1998) und teilen die Konstruktion mit bekommen/erhalten/kriegen + Partizip II in die Gruppe der Konkurrenzformen des Passivs ohne Modalfaktor ein.
Im Lexikon der Sprachwissenschaft (Bußmann 2002) wird das bekommen-Passiv als der Gruppe des Vorgangspassivs zugehörend angesehen.
Engel (1996) stuft in seiner Grammatik das bekommen-Passiv in die Gruppe „Volles Passiv“ ein, zu der auch werden-Passiv, sein-Passiv und gehören-Passiv zählen.
In dieser Arbeit möchte ich die Restriktionen des bekommen-Passivs untersuchen, d.h. die Fälle, in denen diese Konstruktion nicht bildbar ist. Ob das bekommen-Passiv eine vollendete grammatische Konstruktion ist oder es sich in einer Übergangsphase befindet? Dieses wird im zweiten Kapitel behandelt, welches den Problemen der Grammatikalisierung des bekommen-Passivs gewidmet ist. Weiter versuche ich die Distribution der Hilfsverben bekommen/kriegen/erhalten zu beschreiben, d.h. von welchen Kriterien die Wahl einer der drei Hilfsverbvarianten abhängt. Zum Schluss untersuche ich den Gebrauch des bekommen-Passivs in der heutigen journalistischen Prosa.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Restriktionen des bekommen-Passivs
- Grammatikalisierung des bekommen-Passivs
- Die Hilfsverben des bekommen-Passivs
- Das bekommen-Passiv in der journalistischen Prosa
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das bekommen-Passiv im Deutschen, eine Konstruktion, deren grammatikalischer Status kontrovers diskutiert wird. Ziel ist es, die Restriktionen der Bildung dieser Passivform zu analysieren, die Grammatikalisierungsprozesse zu beleuchten und die Verteilung der Hilfsverben (bekommen, kriegen, erhalten) zu beschreiben. Schließlich wird der Gebrauch des bekommen-Passivs in der journalistischen Prosa untersucht.
- Restriktionen bei der Bildung des bekommen-Passivs
- Grammatikalisierung des bekommen-Passivs als sprachlicher Prozess
- Vergleichende Analyse der Hilfsverben bekommen, kriegen und erhalten
- Verwendung des bekommen-Passivs in der journalistischen Sprache
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik des bekommen-Passivs ein und stellt die unterschiedlichen Bezeichnungen und Einordnungen dieser Konstruktion in der linguistischen Forschung dar. Es wird die Kontroverse um den Status des bekommen-Passivs als vollwertige Passivform thematisiert und der Forschungsfokus dieser Arbeit auf die Restriktionen, die Grammatikalisierung und die Verwendung in journalistischer Prosa erläutert. Die Einleitung legt den Grundstein für die folgenden Kapitel, indem sie die bestehenden Diskussionspunkte und Forschungslücken hervorhebt.
1. Restriktionen des bekommen-Passivs: Dieses Kapitel analysiert die Einschränkungen bei der Bildung des bekommen-Passivs. Es wird gezeigt, dass nur Verben mit einem möglichen werden-Passiv auch in der bekommen-Passiv-Konstruktion verwendet werden können. Verben der sogenannten „schulden-“, „gelingen-“, „belieben-“ und „gleichen-Gruppe“ sind dabei ausgeschlossen. Das Kapitel beschreibt die bevorzugte Verwendung des bekommen-Passivs mit handlungs- oder tätigkeitsbezeichnenden Verben, personalem Dativkomlement und zusätzlichem Akkusativkomplement. Beispiele werden gegeben, die verschiedene Typen des Dativobjekts (traditioneller Dativ, Pertinenzdativ, Dativus commodi/incommodi) illustrieren. Schließlich wird der Ausschluss von transitiven Verben mit reflexivem Dativobjekt als Restriktion hervorgehoben. Die Ausführungen dieses Kapitels machen deutlich, dass die Bildung des bekommen-Passivs an strenge syntaktische und semantische Regeln gebunden ist.
Schlüsselwörter
bekommen-Passiv, Dativpassiv, Grammatikalisierung, Hilfsverben, Restriktionen, journalistische Prosa, werden-Passiv, Rezipient, Aktionsart
Häufig gestellte Fragen zum bekommen-Passiv
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht das bekommen-Passiv im Deutschen, eine grammatikalische Konstruktion, deren Status kontrovers diskutiert wird. Der Fokus liegt auf der Analyse der Restriktionen seiner Bildung, der Beschreibung der Grammatikalisierungsprozesse und der Verteilung der Hilfsverben (bekommen, kriegen, erhalten). Zusätzlich wird der Gebrauch des bekommen-Passivs in journalistischer Prosa analysiert.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit befasst sich mit folgenden Schwerpunkten: Restriktionen bei der Bildung des bekommen-Passivs, Grammatikalisierung des bekommen-Passivs als sprachlicher Prozess, vergleichende Analyse der Hilfsverben bekommen, kriegen und erhalten sowie die Verwendung des bekommen-Passivs in der journalistischen Sprache.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zu den Restriktionen des bekommen-Passivs, ein Kapitel zur Grammatikalisierung, ein Kapitel zu den Hilfsverben und ein Kapitel zum Gebrauch des bekommen-Passivs in der journalistischen Prosa. Die Einleitung führt in die Thematik ein und erläutert den Forschungsstand und die Forschungslücken. Die einzelnen Kapitel analysieren die spezifischen Aspekte des bekommen-Passivs detailliert.
Welche Restriktionen bei der Bildung des bekommen-Passivs werden behandelt?
Das Kapitel zu den Restriktionen zeigt, dass nur Verben mit einem möglichen werden-Passiv auch im bekommen-Passiv verwendet werden können. Verben der „schulden-“, „gelingen-“, „belieben-“ und „gleichen-Gruppe“ sind ausgeschlossen. Es wird die bevorzugte Verwendung mit handlungs- oder tätigkeitsbezeichnenden Verben, personalem Dativkomlement und zusätzlichem Akkusativkomplement beschrieben. Verschiedene Typen des Dativobjekts (traditioneller Dativ, Pertinenzdativ, Dativus commodi/incommodi) werden illustriert. Der Ausschluss transitiver Verben mit reflexivem Dativobjekt wird als weitere Restriktion hervorgehoben.
Wie wird die Grammatikalisierung des bekommen-Passivs beschrieben?
Die Arbeit beleuchtet die Grammatikalisierung des bekommen-Passivs als sprachlichen Prozess. Dieser Aspekt wird im entsprechenden Kapitel detailliert behandelt, jedoch werden konkrete Details in der bereitgestellten Zusammenfassung nicht explizit genannt.
Welche Hilfsverben werden verglichen?
Die Arbeit vergleicht die Hilfsverben bekommen, kriegen und erhalten im Kontext des bekommen-Passivs und beschreibt deren jeweilige Verteilung und Verwendung.
Wie wird der Gebrauch des bekommen-Passivs in der journalistischen Prosa untersucht?
Ein Kapitel widmet sich der Verwendung des bekommen-Passivs in journalistischen Texten. Die genaue Methodik und die Ergebnisse dieser Untersuchung sind in der Zusammenfassung nicht detailliert aufgeführt.
Welche Schlüsselwörter sind relevant?
Wichtige Schlüsselwörter sind: bekommen-Passiv, Dativpassiv, Grammatikalisierung, Hilfsverben, Restriktionen, journalistische Prosa, werden-Passiv, Rezipient, Aktionsart.
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- Maxim Pimanyonok (Author), 2004, Das bekommen-Passiv im Deutschen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44776