Die Kreditwirtschaft befindet sich heute inmitten eines tiefgreifenden strukturellen Wandels. Durch Deregulierungen, neue Technologien, das verstärkte Eindringen neuer, oft spezialisierter und besonders kosteneffizient geführter Wettbewerber in den Markt sowie ein sich stark veränderndes Nachfrageverhalten der Kun-den – um nur einige Beispiele zu nennen – sehen sich die traditionellen Kreditinstitute einem zunehmenden Wettbewerbs- und Preisdruck ausgesetzt. Bedeutende Auswirkungen dieser Veränderungen sind sinkende Margen, verkürzte Innovationszyklen, ein verschärfter Kampf um Marktanteile, knappere Reaktionszeiten auf immer neue Strategien der Wettbewerber und ein zunehmender Trend zur Konsolidierung. Als Konsequenz wird die Fähigkeit, Produkt- und organisatorische Innovationen in rascher Folge mit knappen Ressourcen umzusetzen, zu einer strategischen Kernkompetenz. Viele der Anpassungsprozesse können nur fach- bzw. bereichsübergreifend gelöst werden, da sie eine Zusammenführung von Spezialisten erfordern. Vor diesem Hintergrund gewinnen Projekte in Kreditinstituten zunehmend an Bedeutung, denn sie stellen die zweckmäßige Organisationsform dar, um interdisziplinäre Vorhaben zu realisieren. Zugleich erhöht sich die Notwendigkeit eines Konzepts, das einerseits eine effiziente Abwicklung von Projekten sicherstellt und andererseits die Auswahl der richtigen Projektalternativen unterstützt. Dies ist nicht zuletzt auch darin begründet, dass die zunehmende Zahl an aufwendig umzusetzenden Gesetzesvorschriften den Spielraum für die Verwirklichung strategisch wichtiger Vorhaben immer stärker ein-schränkt. Das Projektmanagement kann als das für derartige Anforderungen geeignete Führungs- und Organisationskonzept einen wertvollen Beitrag zur Lösung der beschriebenen Probleme leisten.
Auch in dem im Rahmen dieser Arbeit betrachteten Kreditinstitut, der Sparkasse Wilhelmshaven, werden immer mehr Vorhaben in Form von Projekten realisiert. Durch den Vorstand wurde der Beschluss gefasst, dem bestehenden Projektmanagement Strukturen zu verleihen, die künftig die Anwendung einer institutsweit einheitlichen Systematik bei der Gestaltung des Projektportfolios sowie der Durchführung von Projekten gewährleisten.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
2. Projektmanagement als Bestandteil eines strategieorientierten Unternehmensmanagements
2.1 Projektbegriff und -arten
2.2 Inhalt, Aufgaben und Ziele des Projektmanagements
2.2.1 Einzelprojektmanagement
2.2.2 Multiprojektmanagement
2.3 Projektorganisation
2.3.1 Projektbeteiligte
2.3.2 Strukturmodelle zur Projektorganisation
3. Konzeption und Methoden des Einzel- und Multiprojekt- managements
3.1 Strukturierungsansätze
3.2 Phasenmodelle und Meilensteine
3.3 Projektinitiierung
3.3.1 Situationsanalyse
3.3.2 Wirtschaftlichkeitsanalyse
3.3.3 Projektzieldefinition
3.3.4 Umfeldanalyse
3.3.5 Projektaufbauorganisation
3.3.6 Projektantrag und -auftrag
3.4 Projektplanung
3.4.1 Kick-off-Meeting
3.4.2 Bestandteile der Projektplanung
3.5 Querschnittsfunktionen im Einzelprojektmanagement
3.5.1 Risikomanagement
3.5.2 Projektcontrolling
3.5.3 Informationsmanagement
3.5.4 Soft Skills
3.6 Projektabschluss
3.7 Projektübergreifende Aspekte
3.7.1 Projektportfoliomanagement
3.7.2 Tools und Instrumente zur Unterstützung des Projektmanagements
4. Erfolgsfaktoren im Projektmanagement
4.1 Aufbau einer strategiegetriebenen Konzeption
4.2 Generelle Erfolgsfaktoren
4.3 Erfolgsfaktoren bei der Projektmanagement-Einführung
4.4 Erfolgsfaktoren im Einzelprojektmanagement
4.5 Erfolgsfaktoren im Multiprojektmanagement
5. Ausgangssituation und bisherige Ansätze zum Projektmanagement in der Sparkasse Wilhelmshaven
5.1 Wettbewerbssituation und allgemeines Umfeld der Sparkassen
5.2 Die Sparkasse Wilhelmshaven
5.3 Untersuchungsmethoden zur Ist-Analyse der Gestaltung von Projektarbeit und -steuerung
5.4 Ergebnisse der Analyse
5.4.1 Bedeutung von Projektarbeit und -management
5.4.2 Bisherige Ansätze der Projektarbeit und -steuerung
5.4.3 Probleme und Schwachstellen
5.4.4 Ziele und Planung
6. Bewertung der Ist-Situation und Ableitung von Gestaltungs- empfehlungen für die Sparkasse Wilhelmshaven
6.1 Strategische Bedeutung des Projektmanagements
6.2 Allgemeine Empfehlungen
6.3 Gestaltungsempfehlungen zum Einzelprojektmanagement
6.4 Gestaltungsempfehlungen zum Multiprojektmanagement
6.5 Weitere Empfehlungen
7. Zusammenfassung und Schlussbetrachtung
Quellenverzeichnis
Eidesstattliche Erklärung
Externer Anhang
1. Einleitung
1.1 Problemstellung
Die Kreditwirtschaft befindet sich heute inmitten eines tiefgreifenden strukturellen Wandels.[69] Durch Deregulierungen, neue Technologien, das verstärkte Eindringen neuer, oft spezialisierter und besonders kosteneffizient geführter Wettbewerber in den Markt sowie ein sich stark veränderndes Nachfrageverhalten der Kunden – um nur einige Beispiele zu nennen – sehen sich die traditionellen Kreditinstitute einem zunehmenden Wettbewerbs- und Preisdruck ausgesetzt. Bedeutende Auswirkungen dieser Veränderungen sind sinkende Margen, verkürzte Innovationszyklen, ein verschärfter Kampf um Marktanteile, knappere Reaktionszeiten auf immer neue Strategien der Wettbewerber und ein zunehmender Trend zur Konsolidierung. Als Konsequenz wird die Fähigkeit, Produkt- und organisatorische Innovationen in rascher Folge mit knappen Ressourcen umzusetzen, zu einer strategischen Kernkompetenz.[70] Viele der Anpassungsprozesse können nur fach- bzw. bereichsübergreifend gelöst werden, da sie eine Zusammenführung von Spezialisten erfordern. Vor diesem Hintergrund gewinnen Projekte in Kreditinstituten zunehmend an Bedeutung, denn sie stellen die zweckmäßige Organisationsform dar, um interdisziplinäre Vorhaben zu realisieren. Zugleich erhöht sich die Notwendigkeit eines Konzepts, das einerseits eine effiziente Abwicklung von Projekten sicherstellt und andererseits die Auswahl der richtigen Projektalternativen unterstützt. Dies ist nicht zuletzt auch darin begründet, dass die zunehmende Zahl an aufwendig umzusetzenden Gesetzesvorschriften den Spielraum für die Verwirklichung strategisch wichtiger Vorhaben immer stärker einschränkt.[71] Das Projektmanagement kann als das für derartige Anforderungen geeignete Führungs- und Organisationskonzept einen wertvollen Beitrag zur Lösung der beschriebenen Probleme leisten.
Auch in dem im Rahmen dieser Arbeit betrachteten Kreditinstitut, der Sparkasse Wilhelmshaven, werden immer mehr Vorhaben in Form von Projekten realisiert. Durch den Vorstand wurde der Beschluss gefasst, dem bestehenden Projektmanagement Strukturen zu verleihen, die künftig die Anwendung einer institutsweit einheitlichen Systematik bei der Gestaltung des Projektportfolios sowie der Durchführung von Projekten gewährleisten.
Obgleich die Relevanz von Projektmanagement in der Kreditwirtschaft zunimmt, sind literarische Abhandlungen zu seiner auf die Besonderheiten und Bedürfnisse von Unternehmen dieser Branche abgestimmten Gestaltung rar. Aus diesem sowie den oben geschilderten Umständen resultierte der Entschluss, das Thema im Rahmen der vorliegenden Diplomarbeit aufzuarbeiten.
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Die Arbeit verfolgt im Wesentlichen zwei Ziele: Zum einen soll das Konzept des Projektmanagements in einer speziell an die Gegebenheiten und Erfordernisse in Kreditinstituten angepassten Weise dargestellt werden. Zum anderen sollen die dabei gewonnenen Erkenntnisse in konkrete Gestaltungsempfehlungen für die Sparkasse Wilhelmshaven umgesetzt werden. Um diese Ziele zu erreichen, wird folgendermaßen vorgegangen:
- Zunächst wird eine Erläuterung des Projektbegriffs vorgenommen, um abzugrenzen, auf welche konkrete Art von Vorhaben sich die Arbeit bezieht. Im gleichen Kapitel werden zudem die Inhalte, Aufgaben und Ziele des Projektmanagements erläutert. Dabei sollen auch die Nutzenpotenziale eines systematischen Projektmanagements verdeutlicht werden. Des Weiteren werden die grundlegenden aufbauorganisatorischen Elemente und Modelle im Projektmanagement beschrieben.
- Im Folgenden werden die Konzeption und Methoden eines für die Anwendung in Kreditinstituten geeigneten Projektmanagements dargestellt. Dabei werden die Bedeutung der einzelnen Elemente innerhalb des Gesamtzusammenhangs sowie besondere Aspekte der jeweiligen Vorgehensweise aufgezeigt. Die Betrachtung bezieht sich sowohl auf die Abwicklung eines einzelnen Projekts als auch auf das Management der gesamten Projektaktivitäten im Institut.
- Um herauszustellen, welche Aspekte bei der Gestaltung sowie der Einführung eines Projektmanagement-Konzepts besonderer Beachtung bedürfen, werden anschließend die Erfolgsfaktoren im Projektmanagement betrachtet.
- Um schließlich konkrete Gestaltungsempfehlungen für die Sparkasse Wilhelmshaven erarbeiten zu können, werden im Anschluss an den konzeptionellen Teil der Arbeit zunächst die Ausgangssituation und die bisherigen Ansätze zum Projektmanagement im Institut analysiert und zusammenfassend dargestellt. Ausgehend von den schwerpunktmäßigen Problemen und Schwachstellen sowie den Ergebnissen der konzeptionellen Erarbeitungen werden im Folgenden – unter Berücksichtigung der institutsinternen Ziele und Planungen – Gestaltungsempfehlungen abgeleitet.
- Im letzten Kapitel werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und im Hinblick auf ihren Nutzen bewertet.
2. Projektmanagement als Bestandteil eines strategieorientierten Unternehmensmanagements
2.1 Projektbegriff und -arten
Der Begriff „Projekt“ wird heute in vielfältiger Weise zur Beschreibung der unterschiedlichsten Vorhaben verwendet.[72] Er erhält dadurch eine zunehmend inflationäre Bedeutung. Wie in der Praxis hat sich auch in der Literatur zum Projektmanagement bislang noch keine allgemeingültige Definition zum Projektbegriff durchgesetzt.[73] Daher ist es notwendig, zunächst eine Bestimmung darüber vorzunehmen, was im Sinne dieser Arbeit unter einem Projekt verstanden wird.
Die Deutsche Industrienorm (DIN) 69901 definiert ein Projekt als ein „Vorhaben, das im Wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, wie z. B. Zielvorgabe; zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Begrenzungen; Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben; projektspezifische Organisation.“[74] Die DIN ordnet Projekten damit grundlegende Merkmale zu, durch die sich diese von Routine- bzw. Linienaufgaben unterscheiden.[75] Darüber hinaus werden Projekten in der Projektmanagement-Literatur vielfach weitere charakteristische Eigenschaften zugerechnet. Diese sind in der folgenden Abbildung zusammengefasst.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.1: Merkmale von Projekten[76]
Jedes Projekt ist als komplexes, temporär bestehendes System zu verstehen, in dem viele Bestandteile und Ebenen zusammenwirken und ineinander greifen müssen, um als Ganzes funktionieren zu können.[77] Es dient wiederum selbst dazu, ein komplexes System – das angestrebte Projektergebnis – zu erschaffen bzw. zu verändern.[78]
In Abhängigkeit vom jeweiligen Projektgegenstand lassen sich verschiedene Projektarten unterscheiden.[79] Dies sind im Wesentlichen Investitionsprojekte (z. B. der Bau einer neuen Zweigstelle), Forschungs- und Entwicklungsprojekte (z. B. die Entwicklung eines neuen Produkts oder Marketingkonzepts) sowie Organisationsprojekte (z. B. die Einführung von Projektmanagement). Zudem werden Projekte danach klassifiziert, ob sie ausschließlich für unternehmensinterne Zwecke (interne Projekte) oder für unternehmensexterne Auftraggeber (Kunden, Dritte) durchgeführt werden (externe Projekte).[80] Darüber hinaus kann z. B. nach der Projektgröße (kleine/mittlere/große Projekte) unterschieden werden. Dies setzt jedoch eine dem Klassifizierungszweck entsprechende, unternehmensindividuelle Definition von Größenkriterien (z.B. anhand der Projektkosten, des Zeitaufwands oder der Anzahl beteiligter Personen) voraus.
2.2 Inhalt, Aufgaben und Ziele des Projektmanagements
Projekte haben im Allgemeinen Neu- oder Umgestaltungen komplexer Systeme zum Ziel.[81] Die Realisierung solcher Vorhaben bedingt ein Ineinandergreifen vieler Tätigkeiten. Dabei überträgt sich die Komplexität des Objekts in allen seinen Lebensphasen auf die im Projekt durchzuführenden Aktivitäten. Die Komplexität des Ablaufs liegt insbesondere darin, dass viele Personen mit unterschiedlichen Denkweisen, Qualifikationen und Interessen beteiligt sind und ihr Zusammenwirken koordiniert werden muss. Daher unterliegen die Organisation, Planung, Überwachung und Steuerung von Projekten besonderen Anforderungen. Das für solche Vorhaben geeignete Führungs- und Organisationskonzept ist das Projektmanagement (PM).
Gemäß DIN 69901 ist Projektmanagement die „Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mittel für die Abwicklung eines Projektes.“[82] Nach dem PMBOK Guide ist PM „die Anwendung von Wissen, Fähigkeiten, Werkzeugen und Verfahren auf Projektvorgänge, um die Projektanforderungen zu erfüllen.“[83] Es beinhaltet sowohl ein spezifisches Leitungs- als auch ein besonderes Organisationskonzept, welche gemeinsam die erfolgreiche Realisierung von Projekten ermöglichen sollen (siehe Anhang, S. 1).[84] Das Leitungskonzept hilft dabei, die zur Projektdurchführung notwendigen Aufgaben zu definieren und stellt die zur Lösung dieser Aufgaben benötigten Methoden zur Verfügung. Das Organisationskonzept beschreibt die Institutionen, von denen die Aufgaben durchzuführen sind, sowie die erforderliche Organisationsform, durch welche die Institutionen in das Unternehmen optimal eingegliedert werden.
Aus Sicht der Systemtheorie kann PM auch als Bestandteil des Systems Engineering verstanden werden.[85] Diese Betrachtungsweise sowie die wichtigsten Systemkomponenten des PM, typische Mängel bei einer unsystematischen Projektabwicklung und die Nutzenpotenziale eines systematischen PM sind im Anhang auf S. 1 ff. dargestellt.
Grundsätzlich kann sich das Projektmanagement einerseits auf ein konkretes Projekt (Einzelprojektmanagement) und andererseits auf die Gesamtheit von Projekten innerhalb eines Unternehmens (Multiprojektmanagement) beziehen.[86] Diese beiden Betrachtungsweisen und ihre jeweiligen Inhalte werden im Folgenden erläutert.
2.2.1 Einzelprojektmanagement
Das Einzelprojektmanagement beinhaltet die Planung, Überwachung und Steuerung eines einzelnen Projekts.[87] Wie bereits in Abschnitt 1.1 dargestellt, zeichnen sich Projekte durch ein klares Leistungsziel sowie durch Restriktionen im Hinblick auf Dauer und Ressourcen aus. Diese Größen stellen die drei wichtigsten Projektparameter dar.[88] Sie stehen in einer wechselseitigen, z. T. konkurrierenden Beziehung zueinander und bedingen sich weitgehend gegenseitig. Daher werden sie auch als „Magisches Dreieck des Projektmanagements“ bezeichnet (siehe Abbildung 2.2). Die Änderung eines Parameters hat i. d. R. automatisch die Veränderung mindestens eines der beiden anderen Größen zur Folge. Werden in einem Projekt z. B. erhöhte Anforderungen an die Sachleistung gestellt, ist infolgedessen mit einer längeren Bearbeitungszeit und/oder steigenden Kosten zu rechnen. Vor diesem Hintergrund kommt einer ausreichend detaillierten Einzelprojektplanung eine hohe Bedeutung zu, denn die Parameter sind zu Beginn eines Projekts am stärksten beeinflussbar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.2: Das Magische Dreieck des Projektmanagements[89]
In der Einzelprojektplanung wird das angestrebte Projektergebnis definiert und der Projektablauf in der Weise gestaltet, dass das Leistungsziel innerhalb möglichst kurzer Dauer und unter Verursachung möglichst geringer Kosten erreicht werden kann (ökonomisches Minimalprinzip). Dabei ist als Grundlage für die spätere Projektsteuerung u. a. die Frage zu beantworten, mit welchen Prioritäten die Leistungs-, Termin- und Kostenziele in der Projektdurchführung zu verfolgen sind.
Ab dem Zeitpunkt, an dem die Zielgrößen festgelegt werden (i. d. R. mit der Erteilung des Projektauftrags), ist es Aufgabe der integrierten Einzelprojektsteuerung, für eine sach-, termin- und kostengerechte Abwicklung des Projekts zu sorgen.[90] Um dies zu erreichen, müssen der Projektverlauf entlang der Planungsgrößen überwacht und bei Abweichungen geeignete Gegensteuerungsmaßnahmen ergriffen werden. Kommt es hingegen zu Störungen, die eine Veränderung der Parameter unumgänglich machen, so muss sich die Projektsteuerung bei der Entwicklung und Umsetzung von Lösungswegen an den festgelegten Prioritäten der Projektparameter orientieren.[91]
Bei allen Maßnahmen innerhalb der Projektsteuerung ist zu beachten, dass sie jeweils vielfältige Auswirkungen haben können.[92] Um den Überblick über das Flechtwerk an Beziehungen im Projekt sowie mit seinem Umfeld nicht zu verlieren und durch Änderungen ggf. unerwünschte Nebeneffekte hervorzurufen, ist ein Denken in Systemzusammenhängen erforderlich. So müssen beispielsweise auch stets weiche Faktoren wie z. B. Kommunikationsprobleme, Ängste von Mitarbeitern, Status- und Prestigedenken usw. in die Überlegungen einbezogen werden. Ein solches ganzheitliches Projektmanagement integriert die eingesetzten Systeme, Verfahren und Methoden mit den psycho-sozialen Prozessen der Projektarbeit. Es berücksichtigt gleichzeitig die strukturellen Voraussetzungen der Organisation, die Qualifikationen der Aufgabenträger, die richtige Anwendung der Methoden sowie die Verhaltensaspekte der Projektbeteiligten und -betroffenen.
2.2.2 Multiprojektmanagement
In einem Unternehmen werden normalerweise jeweils mehrere Projekte zur gleichen Zeit abgewickelt.[93] Ab einem gewissen Umfang ist eine solche Mehrprojektsituation regelmäßig durch Konflikte wie z. B. Prioritätenprobleme, Kompetenzüberschneidungen, Konkurrenz um begrenzte Einsatzmittel usw., jedoch auch durch besondere Nutzenpotenziale wie beispielsweise Synergieeffekte aus Arbeitsteilung, Standardisierung, Erfahrungstransfer usw. gekennzeichnet. In dem Fall ist ein projektübergreifendes Management notwendig, das alle Projekte im Unternehmen zweckmäßig und zielorientiert koordiniert.[94] Ein derartiges sog. Multiprojektmanagement (MPM, auch: Mehrprojektmanagement) ermöglicht im Vergleich zu einer parallelen, isolierten Bearbeitung jedes einzelnen Projekts eine insgesamt bedeutend effizientere Planung und Steuerung von Projekten. In der Regel wird es durch einen zentralen Ausschuss (sog. Lenkungsausschuss) wahrgenommen. Die Aufgaben des MPM müssen unternehmensindividuell gemäß den Unternehmenszielen und -prioritäten ausgerichtet werden.[95] Sie können, wie im Folgenden verdeutlicht wird, über reine Koordinierungsaufgaben weit hinausgehen.
In der Literatur und Praxis wird der Begriff Multiprojektmanagement häufig sy-nonym zu Begriffen wie Projektportfoliomanagement oder Programmmanagement verwendet. Tatsächlich handelt es sich bei den beiden letztgenannten Managementkonzepten jedoch um Teilgebiete des MPM. Zu einer inhaltlichen Abgrenzung siehe Anhang, S. 8 f..
Im Multiprojektmanagement ist zwischen dem operativen MPM einerseits und dem strategische MPM andererseits zu unterschieden. Beide Ausrichtungen sind eng miteinander verknüpft. Das operative MPM sollte sich stets nach den Vorgaben des strategischen MPM richten.
Im strategischen MPM geht es darum, aus der Vielzahl von möglichen Projekten die „richtigen“ Projekte auszuwählen.[96] Ziel ist es, dass das Projektportfolio, d. h. die Gesamtheit aller im Unternehmen geplanten Projekte, in sich geschlossen ist und die Umsetzung der Unternehmensstrategie optimal unterstützt. So werden aus dem Bündel an Projektideen nur diejenigen detailliert geplant und durchgeführt, die gemäß vorhergehender Bewertung insgesamt den größten strategischen Nutzen für das Kreditinstitut bieten.[97] Auf Basis der Bewertung werden den ausgewählten Projekten zudem Prioritäten zugeordnet, sodass eine Rangfolge entsteht, an der sich das operative MPM bei der Abstimmung der Termin- und Einsatzmittelplanung orientiert.
Zu den Aufgaben des strategischen MPM gehören – neben der Bewertung und Priorisierung von Projektalternativen – das Aufzeigen und Beseitigen verdeckter Schwachstellen (z. B. inhaltlicher Überlappungen und Zielkonflikte), das Erkennen und Nutzen von Synergiepotenzialen (z. B. durch Zusammenfassung sich inhaltlich ergänzender Projekte zu übergeordneten Programmen) sowie das Überprüfen und Optimieren der Wirtschaftlichkeit des Portfolios. Weiterhin soll es das Projektportfolio laufend aktualisieren und ggf. umplanen, um sicherzustellen, dass die Gestaltung der Projektlandschaft mit den strategischen Unternehmenszielen jederzeit in Einklang steht.
Primäres Ziel des operativen MPM ist es, die Terminierung und Einsatzmittelversorgung von parallel laufenden Projekten derart zu koordinieren, dass unter den gegebenen Restriktionen eine bestmögliche „Performance“ erreicht werden kann.[98] Zu seinen Aufgaben gehört daher die Etablierung eines wirksamen Steuerungsmechanismus, der unter Berücksichtigung der im strategischen MPM festgelegten Prioritäten eine optimale Verteilung der verfügbaren Ressourcen zwischen den einzelnen Projekten ermöglicht.[99] Auf diese Weise soll das operative MPM kontinuierlich die Lücke zwischen strategischem Anspruch und operativem Geschehen schließen und dafür sorgen, dass die definierten strategischen Ziele auf operativer Ebene umgesetzt werden können.[100]
Um seine Aufgaben erfüllen zu können, muss das MPM eine größtmögliche Transparenz über das laufende Projektportfolio schaffen. Voraussetzung dafür ist die Schaffung einer geeigneten organisatorischen und technischen Infrastruktur (siehe hierzu auch Abschnitte 3.7.1 und 3.7.2).
2.3 Projektorganisation
Der Begriff der Projektorganisation bezeichnet laut DIN 69901 die „Gesamtheit der Organisationseinheiten und der aufbau- und ablauforganisatorischen Regelungen zur Abwicklung eines Projektes.“[101]
Die Gestaltung der Projektorganisation muss in Abhängigkeit von dem Umfang der Projektaktivitäten im betrachteten Kreditinstitut, der bereits existierenden Unternehmensorganisation, den spezifischen Merkmalen der durchzuführenden Projekte (Gegenstand, Größe, Komplexität usw.), der beabsichtigten Strukturierung des Problemlösungsprozesses und dem zur Verfügung stehenden Personal erfolgen.[102] Dabei ist einerseits dem Prinzip der Stabilität und andererseits dem Prinzip der Flexibilität in ausreichendem Maße Rechnung zu tragen.[103] Mit Stabilität ist in diesem Zusammenhang gemeint, dass so viele Projektaktivitäten wie möglich im Rahmen festgelegter Regelungen und Einrichtungen abgewickelt werden. Auf diese Weise wird das Vorgehen in einem Projekt vereinheitlicht und somit transparenter, besser kontrollierbar und effizienter. Eine hinreichende Flexibilität ist demgegenüber notwendig, damit sich die Projektorganisation schnell an sich verändernde Anforderungen anpassen kann.
In den folgenden beiden Abschnitten werden zunächst die Projektbeteiligten sowie die verschiedenen aufbauorganisatorischen Strukturmodelle im PM beschrieben. Eine detaillierte Darstellung der ablauforganisatorischen Aspekte erfolgt in Kapitel 3.
2.3.1 Projektbeteiligte
Die Projektbeteiligten bilden die Gesamtheit der in ein Projekt involvierten Personen und Institutionen.[104] Im Kern sind dies der Projektauftraggeber, der Projektleiter und die Projektmitarbeiter.[105] In einem Kreditinstitut, das eine Vielzahl von Projekten gleichzeitig abwickelt, ist darüber hinaus zur Wahrnehmung von MPM-Aufgaben zumindest ein übergeordneter, zentraler Lenkungsausschuss bzw. ein entsprechendes Äquivalent erforderlich.
In der Regel stammen die Projektbeteiligten überwiegend aus dem projektdurchführenden Unternehmen. Gegebenenfalls kann jedoch auch die Einbeziehung von unternehmensexternen Personen (z. B. in das Projektteam) aus fachlichen und/oder methodischen Gründen sinnvoll bzw. notwendig sein.
Eine klare, sinnvolle Rollendefinition und -verteilung im Zusammenhang mit der Projektarbeit ist eine wesentliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Projektmanagement.[106] Sie muss instituts- und projektindividuell vorgenommen werden. Insbesondere die Aufgaben, Pflichten und Rechte des Projektleiters – und damit auch die für diese Rolle erforderlichen Qualifikationen – variieren je nach dem für die Projektaufbauorganisation gewählten Strukturmodell erheblich (siehe Abschnitt 2.3.2).[107] Die folgenden Rollenbeschreibungen basieren auf dem in der Praxis am häufigsten vorkommenden Modell der Matrix-Projektorganisation, bei dem der Projektleiter ein fachliches, jedoch kein disziplinarisches Weisungsrecht gegenüber den Projektmitarbeitern hat.[108] Die jeweiligen Hauptaufgaben der Beteiligten sind z. T. im Anhang auf S. 10 f. dargestellt. Weiterhin beinhaltet der Anhang auf S. 11 ff. Beispiele zu möglichen weiteren PM-Rollen und -Gremien sowie eine grobe Beschreibung der erforderlichen Qualifikationen von Projektleitern und -mitarbeitern.
Projektauftraggeber
Jedes Projekt benötigt einen Auftraggeber.[109] Er ist die Instanz im Unternehmen, welche die Projektplanung und -durchführung durch Erteilung des Projektauftrags an den Projektleiter (Auftragnehmer) formell anweist und die entsprechende Ressourcenkompetenz besitzt.[110] Dementsprechend ist er die dem Projektleiter übergeordnete Kontroll- und Weisungsinstanz im Einzelprojektmanagement.[111] Zur Wahrnehmung seiner Aufgaben ist eine direkte und regelmäßige Kommunikation mit dem Projektleiter erforderlich.[112] Deren Form (allem voran die Art und Weise des Berichtswesens als Kontrollmedium) sollte daher zu Beginn eines jeden Projekts im Einzelnen vereinbart werden. Die Kontrollfunktion des Auftraggebers ist – im Unterschied zum Projektcontrolling, das eine Teilfunktion der Projektleitung darstellt – nicht delegierbar.[113]
Der Auftraggeber ist i. d. R. eine Einzelperson, die entsprechend der Bedeutung des Projekts möglichst hoch in der Unternehmenshierarchie angesiedelt sein sollte. Bei internen Projekten wird die Funktion typischerweise durch ein Mitglied der Unternehmensleitung wahrgenommen.
Projektleiter
Der Projektleiter hat die operative Gesamtleitung des Projekts inne.[114] Er trägt die Verantwortung für die Realisierung der mit dem Auftraggeber vereinbarten Projektziele bzgl. der quantitativen und qualitativen Projektleistung unter Einhaltung der vorgegebenen terminlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
Der Umfang der im Anhang auf S. 10 f. dargestellten Aufgaben macht deutlich, dass die Wahl des Projektleiters eine der bedeutendsten Entscheidungen im Rahmen eines Projekts ist.[115] Damit er seine Aufgaben optimal erfüllen kann, sollte er möglichst bereits in den Projektentstehungsprozess einbezogen werden und bei der Teamzusammenstellung zumindest ein Mitspracherecht haben. Zudem ist es wichtig, dass er die volle Unterstützung des übergeordneten Managements erhält und dies auch für alle Projektbeteiligten sichtbar ist.
Sofern bei sehr umfangreichen und komplexen Vorhaben eine Aufteilung in mehrere Teilprojekte vorgenommen wird, ist für jedes Teilprojekt ein Teilprojektleiter zu ernennen.[116] Die Koordination und Vernetzung der Teilprojekte erfolgt in dem Fall durch einen übergeordneten Gesamtprojektleiter.
Projektmitarbeiter
Die Projektmitarbeiter sind jene Personen, die für die Dauer des Projekts aus ihren Linientätigkeiten ganz oder teilweise ausgegliedert und dem Projektleiter in fachlicher Hinsicht unterstellt werden.[117] Sie vertreten im Projekt die Fachbereiche bzw. Organisationseinheiten, denen sie entstammen, und bilden zusammen mit dem Projektleiter das Projektteam.[118] Ihre Aufgaben bestehen vordergründig darin, den Projektleiter bei der Realisierung des Projekts mit ihre Fachkompetenz und Kreativität zu unterstützen und die ihnen vom Projektleiter erteilten Arbeitsaufträge ordnungsgemäß auszuführen.[119]
Das Projektteam ist die ausführende Einheit des Projekts und daher einer der wichtigsten Aufgabenträger in der Projektdurchführung.[120] Die einzelnen Mitglieder müssen kooperativ und in hohem Maße eigenverantwortlich agieren.[121] Kernvoraussetzung für eine erfolgreiche Projektarbeit ist es, dass die Mitarbeiter dem Projekt durch das Linienmanagement tatsächlich (also nicht nur scheinbar) zur Verfügung gestellt werden.[122] Zudem sollte die Größe des Teams eine gewisse Anzahl an Teammitgliedern nicht übersteigen (siehe hierzu Anhang, S. 17 f.).
Lenkungsausschuss
Der Lenkungsausschuss (auch: Koordinationsgremium, Projektsteuerungsgremium) ist die oberste Entscheidungs-, Koordinations- und Konfliktlösungsinstanz im Projektmanagement.[123] Er sollte sich aus Personen der höchsten und zweithöchsten Managementebene (Unternehmensleitung und Bereichsleitern o. Ä.) zusammensetzen. Dabei ist insbesondere im Hinblick auf das dem Ausschuss obliegende Multiprojektmanagement darauf zu achten, dass alle für den Unternehmenserfolg entscheidenden Fachbereiche vertreten sind und ein ausgewogenes Verhältnis in der Interessenvertretung der einzelnen Bereiche besteht.
Sofern der Umfang der Projektarbeit im Institut kein permanentes Multiprojektmanagement erfordert, kann der Lenkungsausschuss anstelle eines dauerhaften auch ein temporäres, projektbegleitendes Gremium darstellen.[124] Er wird in dem Fall nur bei größeren, besonders komplexen Projekten gebildet und nach Projektbeendigung wieder aufgelöst.
2.3.2 Strukturmodelle zur Projektorganisation
Von hoher Bedeutung für den Projekterfolg ist die Entscheidung, in welcher Form Projekte in die Trägerorganisation eines Kreditinstituts eingebunden werden.[125] Idealtypisch lassen sich drei Varianten projektaufbauorganisatorischer Strukturmodelle unterscheiden: die Stabs-Projektorganisation, die Matrix-Projektorgani-
sation sowie die reine Projektorganisation.[126] Ihr Unterschied liegt im Wesentlichen in der Kompetenz- und Verantwortungsverteilung zwischen dem Projektleiter und der Stammorganisation.[127] Die Wahl eines Strukturmodells hat somit weitreichende Auswirkungen auf die Durchsetzungskraft des Projektleiters und folglich auf die Effektivität und Effizienz der Projektabwicklung.[128] Eine grafische Darstellung der Strukturmodelle, eine Zusammenstellung ihrer jeweiligen Vor- und Nachteile sowie eine Aufstellung von Kriterien zur Auswahl eines Strukturmodells befinden sich im Anhang auf S. 19 ff..
Bei der Stabs-Projektorganisation (auch: Einfluss-Projektorganisation, Projektkoordination) nimmt der Projektleiter eine Stabsfunktion wahr.[129] Er verfügt daher nicht über direkte Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse gegenüber der Linie.[130] Seine Verantwortung liegt in der pflichtmäßigen Erfüllung seiner Stabsaufgaben. Da er jedoch nur indirekte Einflussmöglichkeiten hat, ist er nicht für die ordnungsgemäße Erreichung der Projektziele verantwortlich. Die Projektmitarbeiter bleiben fachlich und disziplinarisch ihrer jeweiligen Instanz in der Stammorganisation unterstellt. Aufgrund vielfältiger Nachteile, die insbesondere die geringen Einflussmöglichkeiten des Projektleiters mit sich bringen, ist dieses Modell wenig geeignet für komplexe, umfangreiche, risikobehaftete und viele Mitarbeiter einschließende Projekte.[131]
Mit der Matrix-Projektorganisation wird eine zweckorientierte Aufteilung der Aufgaben und Kompetenzen zwischen der Stammorganisation und der Projektleitung angestrebt. Üblicherweise verbleibt die disziplinarische Unterstellung der Projektmitarbeiter bei den Linienvorgesetzten. Dem Projektleiter stehen hingegen Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse im funktionellen Bereich zu.[132] Ihm obliegt daher auch die Verantwortung für die Zielerreichung. Die Matrix-Projekt- organisation wird in der Praxis des Projektmanagements am häufigsten eingesetzt.[133]
Bei der reinen Projektorganisation (auch: autonome Projektorganisation, Task Force) werden die Projektbeteiligten aus ihrem angestammten Organisationsbereich ausgegliedert und einer selbstständigen, eigens für das Projekt gegründeten Organisationseinheit zugeordnet.[134] Der Projektleiter verfügt über ein uneingeschränktes Weisungsrecht und trägt die Verantwortung für das Projekt. Nach Abschluss des Projekts werden die Mitarbeiter entweder wieder in die Stammorganisation eingegliedert oder einer neuen Projekteinheit zugeordnet.[135]
Neben den beschriebenen Modellen treten in der Praxis Mischformen und Lösungen mit besonderen Ausprägungen auf, die im konkreten Einzelfall den Voraussetzungen im Unternehmen sowie den speziellen Anforderungen des Vorhabens Rechnung tragen sollen.[136]
Zur Gewährleistung eines möglichst reibungslosen Zusammenspiels zwischen dem Projekt und der permanenten Organisation müssen Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Kompetenzen im Sinne eines effizienten Schnittstellenmanagements klar festgelegt und in ausgewogener Weise verteilt werden (siehe Anhang, S. 22 f.).
3. Konzeption und Methoden des Einzel- und Multiprojektmanagements
3.1 Strukturierungsansätze
Die Strukturierung des in diesem Kapitel behandelten Themas kann, wie die PM-Literatur zeigt, grundsätzlich unterschiedlichen Ansätzen folgen. Einige Beispiele hierzu sind im Anhang auf S. 24 ff. dargestellt. Für die vorliegende Arbeit wurde eine möglichst prozessorientierte Strukturierung gewählt, die an ein einfaches Phasenmodell angelehnt ist (siehe hierzu auch Abschnitt 3.2). Diese Vorgehensweise bietet den pragmatischen Vorteil, dass die in den verschiedenen Stadien eines Projekts relevanten Methoden, Instrumente und Verfahrensweisen in chronologischer Weise abgebildet werden können.
Das zugrunde gelegte Modell besteht aus den Phasen der Projektinitiierung, der Projektplanung, der Projektrealisierung und des Projektabschlusses (siehe Anhang, S. 27). Die Phase der Projektrealisierung findet sich in der Gliederung nicht wieder, da sie im Unterschied zu den anderen Phasen nicht durch phasenspezifische, sondern vielmehr durch phasenübergreifende, d. h. den gesamten Projektverlauf betreffende PM-Aufgaben bzw. -Aspekte geprägt ist. Sie wird deshalb in Abweichung von der chronologisch-prozessorientierten Darstellungsweise durch einen Abschnitt zu Querschnittsfunktionen im Einzelprojektmanagement substituiert.
Weiterhin ist eine an der Einzelprojektmanagement-Konzeption angelehnte, phasenorientierte Strukturierung selbstverständlich nicht geeignet, um auch projektübergreifende Aspekte zu erfassen. Diese werden daher in einem gesonderten Abschnitt am Ende des Kapitels thematisiert. Sie betreffen einerseits das Projektportfoliomanagement, das eine zentrale Funktion im MPM darstellt, und andererseits Tools und Instrumente, die zur Unterstützung des PM eingesetzt werden können bzw. sollten.
Entsprechend der komplexen Natur von Projekten würde das Bestreben, in der Darstellung möglichst alle im PM relevanten und zu beachtenden Aspekte abzudecken, zu einem in ihrem Umfang den Rahmen dieser Arbeit weit übersteigenden Werk führen. Daher konzentrieren sich die folgenden Ausführungen auf die nach Ansicht der Verfasserin wesentlichsten und für Kreditinstitute besonders relevanten Konzeptbestandteile. Um den Informationsgehalt auf die jeweiligen Kernelemente zu komprimieren, sind sie weitestgehend in Form von Abbildungen dargestellt. Einzelne als bedeutend erachtete Aspekte werden daneben zur Vertiefung im Anhang erläutert.
3.2 Phasenmodelle und Meilensteine
Projekte verlaufen im Einzelnen aufgrund ihrer spezifischen Merkmale immer unterschiedlich.[137] Trotz aller Unterschiede folgen sie dennoch – zumindest innerhalb einer Projektart – einem gewissen Grundmuster. Dieses Muster lässt sich durch ein sog. Phasenmodell (auch: Phasenplan, Vorgehensmodell, Prozessmodell, Phasenkonzept, Projektlebenszyklus) abbilden.
Phasenmodelle
Ein Phasenmodell stellt den Projektablauf in mehreren zeitlichen Abschnitten (Phasen) dar.[138] Die Phasen sind dabei jeweils durch grundlegend unterschiedliche sachliche und tätigkeitsbezogene Schwerpunkte gekennzeichnet. In der Praxis wird ein solches Modell zur ersten groben Strukturierung des Problemlösungs- und Projektmanagementprozesses verwendet.[139] Da jedes Projekt seine eigenen Rahmenbedingungen, Zielsetzungen und Aufgabenstellungen hat, an die der jeweilige Projektablauf angepasst werden muss, sollte ein Phasenmodell grundsätzlich projektindividuell definiert werden.[140] Dabei kann zur Orientierung auch zunächst auf Standardmodelle, wie sie in der PM-Literatur in den vielfältigsten Formen vorgestellt werden, zurückgegriffen werden (siehe Anhang, S. 27 f.).[141] Am vorteilhaftesten ist es hingegen, wenn im Rahmen der (Weiter-)Entwick-
lung des institutsinternen Projektmanagementkonzepts standardisierte Projektablaufschemata entsprechend den unternehmenstypischen Projekten „institutionalisiert“ werden. Im Einzelfall bedarf das gewählte Modell dann zur Praxisanwendung i. d. R. nur noch geringfügiger Veränderungen.
Generell bietet die Anwendung von Phasenmodellen eine Reihe von Vorteilen und erfüllt verschiedene Zwecke (siehe Anhang, S. 29 f.). Sie kann zu einer wirtschaftlichen Projektdurchführung beitragen und entspricht zudem der Maxime der Projektplanung, vom Groben zum Detail vorzugehen (siehe Anhang, Abschnitt 2.2.4, S. 30). Durch sie wird bereits im Anfangsstadium eines Projekts ein gewisses Maß an Transparenz geschaffen, die innerhalb der darauf folgenden Planungstätigkeiten schrittweise zu erhöhen ist. Hierzu ist jedoch die Bereitschaft erforderlich, sich zunächst von Einzelheiten zu lösen und das grundlegende Problem aus verschiedenen Richtungen ganzheitlich zu betrachten. Eventuelle mit dem Einsatz von Phasenmodellen verbundene Probleme sind im Anhang auf S. 31 f. dargestellt.
[...]
[69] Vgl. dazu und zum Folgenden BECKMANN, H./NOTH, T. (2004), S. 58.
[70] Vgl. dazu und zum Folgenden GRÖGER, M. (2004), S. 10.
[71] Vgl. SCHRÖDER, G. A. (2004), S. 44.
[72] Vgl. dazu und zum Folgenden MAYRSHOFER, D./KRÖGER, H. A. (2001), S. 13.
[73] Vgl. LITKE, H.-D. (2004), S. 18.
[74] DIN (1987), S. 1.
[75] Vgl. dazu und zum Folgenden LITKE, H.-D. (2004), S. 18.
[76] Vgl. SCHELLE, H. (2003), S. 28, 29; ZELL, H. (2003), S. 57.
[77] Vgl. MAYRSHOFER, D./KRÖGER, H. A. (2001), S. 28.
[78] Vgl. LITKE, H.-D. (2004), S. 20.
[79] Vgl. dazu und zum Folgenden MÖLLER, T./DÖRRENBERG, F. (2003), S. 5.
[80] Vgl. CAUPIN, G. u. a. (1999), S. 23.
[81] Vgl. zu diesem Absatz LITKE, H.-D. (2004), S. 20.
[82] DIN (1987), S. 1.
[83] PMI (2003), S. 6. Der US-amerikanische „Guide to the Project Management Body of
Knowledge“ (kurz: PMBOK Guide) wird vom Project Management Institute (PMI) her-
ausgegeben. Er wurde in den USA vom American National Standards Institute (ANSI)
als Standard anerkannt. Vgl. WASCHEK, G. (2003), S. 259.
[84] Vgl. dazu und zum Folgenden RINZA, P. (1998), S. 3, 4.
[85] Vgl. LITKE, H.-D. (2004), S. 21.
[86] Vgl. KALUS, K./WITTER, S. (2003), S. 16.
[87] Vgl. RINZA, P. (1998), S. 15.
[88] Vgl. dazu und zum Folgenden MÖLLER, T./DÖRRENBERG, F. (2003), S. 5, 21 - 23.
[89] Vgl. LITKE, H.-D. (2002), S. 18.
[90] Vgl. dazu und zum Folgenden BURGHARDT, M. (2002), S. 14.
[91] Vgl. MÖLLER, T./DÖRRENBERG, F. (2003), S. 23.
[92] Vgl. zu diesem Absatz BOY, J./DUDEK, C./KUSCHEL, S. (2003), S. 25, 27.
[93] Vgl. dazu und zum Folgenden MOTZEL, E./PANNENBÄCKER, O. (1998), S. 36.
[94] Vgl. dazu und zum Folgenden MÖLLER, T./DÖRRENBERG, F. (2003), S. 128, 129.
[95] Vgl. dazu und zum Folgenden ADLER, A./SEDLACZEK, R. (2005), S. 115, 129.
[96] Vgl. dazu und zum Folgenden MÖLLER, T./DÖRRENBERG, F. (2003), S. 129.
[97] Vgl. dazu und zum Folgenden ADLER, A./SEDLACZEK, R. (2005), S. 114, 115.
[98] Vgl. MÖLLER, T./DÖRRENBERG, F. (2003), S. 129.
[99] Vgl. LITKE, H.-D. (2004), S. 80.
[100] Vgl. dazu und zum Folgenden ADLER, A./SEDLACZEK, R. (2005), S. 114, 126.
[101] DIN (1987), S. 3.
[102] Vgl. WICHER, H. (2003), S. 71.
[103] Vgl. dazu und zum Folgenden LITKE, H.-D. (2004), S. 63.
[104] Vgl. MEYER, H. (2003), S. 1218.
[105] Vgl. dazu und zum Folgenden HORSCH, J. (2003), S. 185, 186.
[106] Vgl. zu diesem Absatz HANSEL, J./LOMNITZ, G. (2003), S. 37, 160.
[107] Vgl. HORSCH, J. (2003), S. 187.
[108] Vgl. PATZAK, G./RATTAY, G. (2004), S. 120.
[109] Vgl. HANSEL, J./LOMNITZ, G. (2003), S. 38.
[110] Vgl. CHROBOK, R. (2003), S. 898; RICHARTZ, D./KURPICZ, B. (2003), S. 288.
[111] Vgl. KESSLER, H./WINKELHOFER, G. (2004), S. 96.
[112] Vgl. dazu und zum Folgenden SIZ (2001), S. 25.
[113] Vgl. dazu und zum Folgenden KESSLER, H./WINKELHOFER, G. (2004), S. 80, 96.
[114] Vgl. zu diesem Absatz HANSEL, J./LOMNITZ, G. (2003), S. 157.
[115] Vgl. zu diesem Absatz LITKE, H.-D. (2004), S. 164, 168, 169.
[116] Vgl. zu diesem Absatz HANSEL, J./LOMNITZ, G. (2003), S. 157.
[117] Vgl. SIZ (2001), S. 32.
[118] Vgl. HANSEL, J./LOMNITZ, G. (2003), S. 52.
[119] Vgl. KESSLER, H./WINKELHOFER, G. (2004), S. 103.
[120] Vgl. LITKE, H.-D. (2004), S. 67.
[121] Vgl. HORSCH, J. (2003), S. 192.
[122] Vgl. HANSEL, J./LOMNITZ, G. (2003), S. 38.
[123] Vgl. zu diesem Absatz KESSLER, H./WINKELHOFER, G. (2004), S. 97.
[124] Vgl. zu diesem Absatz LITKE, H.-D. (2004), S. 65.
[125] Vgl. MÖLLER, T./DÖRRENBERG, F. (2003), S. 9.
[126] Vgl. MACHARZINA, K. (2003), S. 429.
[127] Vgl. HORSCH, J. (2003), S. 197.
[128] Vgl. MÖLLER, T./DÖRRENBERG, F. (2003), S. 9.
[129] Vgl. BIRKER, K. (2003), S. 14.
[130] Vgl. dazu und zum Folgenden CHROBOK, R. (2003), S. 900.
[131] Vgl. dazu und zum Folgenden BIRKER, K. (2003), S. 15.
[132] Vgl. dazu und zum Folgenden CHROBOK, R. (2003), S. 901.
[133] Vgl. PATZAK, G./RATTAY, G. (2004), S. 120.
[134] Vgl. BIRKER, K. (2003), S. 16.
[135] Vgl. CHROBOK, R. (2003), S. 901, 902.
[136] Vgl. dazu und zum Folgenden KESSLER, H./WINKELHOFER, G. (2004), S. 25, 30, 90.
[137] Vgl. zu diesem Absatz MÖLLER, T./DÖRRENBERG, F. (2003), S. 17.
[138] Vgl. dazu und zum Folgenden LITKE, H.-D. (2002), S. 28.
[139] Vgl. MAYRSHOFER, D./KRÖGER, H. A. (2001), S. 16.
[140] Vgl. MÖLLER, T./DÖRRENBERG, F. (2003), S. 48.
[141] Vgl. dazu und zum Folgenden LITKE, H.-D. (2004), S. 26, 28, 31.
- Arbeit zitieren
- Silke Theilen (Autor:in), 2005, Projekt- und Multiprojektmanagement in Kreditinstituten. Ziele, Anforderungen und Instrumente, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44483
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