Das Konzept des Nachtstücks findet sich bereits zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert wieder und erfährt ihre Renaissance in der Romantik. Dieses Konzept spiegelt sich in mehreren Künsten wieder. So konstatiert man in der Malerei oftmals Hell-Dunkel Kontraste, sowie Mondscheinmotive oder geheimnisvolle und romantische Lichtverhältnisse. In der Musik dominieren Musikstücke mit nächtlichen Stimmungen und Abendaufführungen. In der Literatur hingegen lässt sich das Nachtstück als Hybridform verschiedener Konventionen des 18. und 19. Jahrhunderts interpretieren. Doch welche Merkmale spiegeln sich in dieser Literatur wieder und welche ominöse Relation besteht zu E.T.A Hoffmanns Werken?
E.T.A Hoffmanns Werke als Nachtstücke
Das Konzept des Nachtstücks findet sich bereits zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert wieder und erfährt ihre Renaissance in der Romantik. Dieses Konzept spiegelt sich in mehreren Künsten wieder. So konstatiert man in der Malerei oftmals Hell-Dunkel Kontraste, sowie Mondscheinmotive oder geheimnisvolle und romantische Lichtverhältnisse. In der Musik dominieren Musikstücke mit nächtlichen Stimmungen und Abendaufführungen. In der Literatur hingegen lässt sich das Nachtstück als Hybridform verschiedener Konventionen des 18. und 19. Jahrhunderts interpretieren.[1] Doch welche Merkmale spiegeln sich in dieser Literatur wieder und welche ominöse Relation besteht zu E.T.A Hoffmanns Werken?
Erste Merkmale der trivialromantischen Nachtstücke beziehen sich auf bereits bekannte Motivelemente der Nachtliteratur. So kommt es auf einer thematischen Ebene zu einer tragischen Liebesgeschichte, die durch ominöse und mysteriöse Umstände zum Scheitern verurteilt ist. Des Weiteren stehen das Nachtgeschehen und nächtliche Aktivitäten im Zentrum der Handlung .Stilistische Hell-Dunkel Kontrastierungen verleihen dem Geschehen einen besonderen ästhetischen Ausdruck, wobei diese in den sonstigen trivialromantischen Nachtstücken eher weniger intensiv sind.[2] Ein Beispiel für diese Elemente ist Hoffmanns „Der Sandmann“. Bereits die zentrale Stelle der mysteriösen, nächtlichen Machenschaffen des Vaters zentralisieren das Motiv der Nacht und der menschlichen Schattenseiten, wie in Nathanaels Brief an Lothar deutlich wird: „Da hörten wir, als es plötzlich Neune schlug die Haustür in den Angeln knarren […]“[3] und „Es mochte wohl schon Mitternacht sein, als ein entsetzlicher Schlag geschah […]“[4]. Auch das Element der tragischen Liebesgeschichte findet Einzug in diese Geschichte. So verliebt sich der junge Nathanael in die mysteriöse junge Olympia. Nach der Erkenntnis einer fälschlichen Liebesbeziehung zu einer Automate, verfällt Nathanael dem Wahnsinn und findet schließlich Erlösung im Freitod. Auch die Geschichte „Die Elixiere des Teufels“ ist durchdrungen von teuflischen Vorahnungen, satanischen Einflüssen böser Geister und Wahnsinnmotiven.
Weitere Merkmale der Nachtsstücke beziehen sich auf die Figurendarstellung. Merkmal ist beispielsweise die Darstellung verschiedener Schurkengestalten mit abstoßender Physiognomie, wie auch ominöse Männergestalten unbekannter Herkunft, die in die Sphäre des Teuflischen zu gehören scheinen.[5] Auch dies bezüglich kann wieder einmal „der Sandmann“ als Exempel dienen. So verkörpert Coppelius, ein bekannter der Familie und mysteriöser Arbeitskollege des Vaters, genau diese Vorlage: „Der verhasste abscheuliche Coppelius stand vor mir mit funkelnden Augen und lachte mich hämisch an.“[6] Während der ganzen Handlung gilt er als omnipräsente Figur, die unter anderem für Nathanaels Kindheitstrauma verantwortlich ist. Eine weitere Demonstration kann uns „Der Magnetiseur“ liefern. Nach Mariens Zusammenbruch in lustiger Gesellschaft, taucht der merkwürdige Dr. Alba in einem abgeschlossenen Raum auf, bringt sie wieder zu Bewusstsein und verschwindet wieder auf mysteriöse Art und Weise, wobei der Text keine rationale Erklärung liefert und somit die Situation und den Rezipienten selbst in einer paranormalen Sphäre stehen lässt. Zudem verkörpert der abwesende Vater in „Die Elixiere des Teufels“ eine gewisse teuflische Konnotation: „[…] mein Vater, einst durch den Satan verlockt zum verruchten Frevel, eine Todsünde beging […]“.[7]
Diese Aura des Unheimlichen bildet ein weiteres Element der Trivialromane. So tauchen oftmals alte Damen auf, die sich der Hexerei verschreiben, Wahrsagerei praktizieren, aus Karten lesen oder Flüche aussprechen.[8] Besonders deutlich wird dies in Hoffmanns Stück „Der goldene Topf“:
„Ein langes hagres in schwarzen Lumpen gehülltes Weib! – indem sie sprach, wackelte das hervorragende Kinn spitze Kinn, verzog sich das zahnlose Maul von der knöchernen Habichtsnase beschattet zum grinsenden Lächeln und leuchtenden Katzenaugen flackerten Funkenwerfend durch die große Brille.“[9]
Dargestellt wird das klischeehafte Bild der Hexe, wie sie auch in romantischen Märchen zur Schau gestellt wird. Auch ihr häusliches Umfeld erscheint eher auffallend mysteriös und gehört in die Sphäre der schwarzen Magie:
„Allerhand hässliche ausgestopfte Tiere hingen von der Decke herab, unbekanntes seltsames Geräte lag durch einander auf dem Boden und in dem Kamin brannte ein blaues sparsames Feuer […] aber dann rauschte es von oben herab und ekelhafte Fledermäuse wie mit verzerrten lachenden Menschengesichtern schwangen sich hin und her […] da erklang es wie in schneidendem heulenden Jammer, dass Veronika von Angst und Grausen ergriffen wurde.“[10]
[...]
[1] Vgl. Nickel, Almut Constanze: Zur Nachwirkung des Schauerromans in der Trivialromantik. Das literarische Nachtstück und seine Motive. In: Populäre Erscheinungen. Der deutsche Schauerroman um 1800. Hrsg. von Barry Murnane. München 2011. S. 327.
[2] Ebd. S. 329.
[3] Hoffmann, E.T.A: Nachtstücke Klein Zaches Prinzessin Brambilla Werke 1816-1820. Hrsg. von Hartmut Steinecke und Gerhard Alroggen. Band 36. Frankfurt am Main: Deutscher Klassiker Verlag 2009. S. 18. Z. 31-33.
[4] Ebd., S. 19. Z. 14-16.
[5] Vgl. Nickel 2011: S. 330 u. 332.
[6] Hoffmann 2009: S. 19. Z. 11-12.
[7] Die Elixiere des Teufels S. 13.
[8] Vgl. Nickel 2011: S. 332.
[9] Hoffmann, E.T.A: Fantasiestücke in Callot`s Manier Werke 1814. Hrsg. von Hartmut Steinecke, Gerhard Alroggen und Wulf Segebrecht. Bd. 14. Frankfurt am Main: Deutscher Klassiker Verlag 2006. S. 264. Z. 22-28.
[10] Hoffmann 2006. S. 264 Z. 11-21.
- Quote paper
- Christof Theis (Author), 2014, Schauerroman und Nachtstück. E.T.A Hoffmanns Werke als Nachtstücke, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/444722