In der folgenden Arbeit geht es um den Zusammenhang zwischen dem Gesundheitszustand und dem Beziehungsstatus von Menschen in Deutschland. Dabei soll die Frage „Hat der Beziehungsstatus einen Einfluss auf den Gesundheitszustand?“ diskutiert und abschließend beantwortet werden. Gesundheit ist sowohl für Individuen, als auch für die Gesellschaft ein wichtiges Thema. Sie ist eine zentrale Voraussetzung für die Lebenszufriedenheit und für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Auch ökonomisch betrachtet, ist ein positiver Gesundheitszustand erstrebenswert, da so für Individuen und die Gesellschaft erhebliche Kosten gespart werden. Um dieses Ziel zu erreichen ist es nötig, möglichst viele Variablen zu identifizieren, welche einen Einfluss auf das Wohlergehen haben. Im Folgenden soll der Zusammenhang zwischen romantischen Beziehungen und dem Gesundheitszustand genauer untersucht werden. Dafür wird im ersten Schritt der aktuelle Forschungsstand des Themas vorgestellt und beurteilt, sowie die theoretischen Zusammenhänge genau erläutert. Auf dieser Basis werden zwei Forschungshypothesen formuliert und begründet, welche untersucht werden sollen. Darauf folgt die Erläuterung der verwendeten Analyseverfahren und eine Begründung, warum genau diese Methoden angewandt werden. Im Anschluss steht die Beschreibung des Datensatzes, sowie eine kurze Ausführung zu den in der Analyse verwendeten Variablen. Danach werden die Ergebnisse der Datenanalyse ausführlich dargestellt und interpretiert. Am Ende steht eine Zusammenfassung der zentralen Befunde und ein Ausblick für weitere Forschung. Eine derartige Analyse kann dazu beitragen, die Ursachen für einen schlechten Gesundheitszustand zu erklären und dient somit der Lösung eines zentralen Problems von Individuen und der Gesellschaft. Politische, sowie medizinische Interventionen, sind ohne Ursachenforschung nicht möglich.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische Herleitung
3. Daten und Methoden
3.1. Analysemethode
3.2. Verwendete Daten
4. Ergebnisse
5. Fazit
Literatur
A. R-Code
Abbildungsverzeichnis
1. Ein guter Gesundheitszustand im Zeitverlauf
Tabellenverzeichnis
1. Verteilung der Antworten in Prozent
2. Kreuztabelle - Gute Gesundheit
3. Logistische Regression - Gute Gesundheit
4. Logistische Regression - Schlechte Gesundheit
1. Einleitung
In folgender Arbeit geht es um den Zusammenhang zwischen dem Gesundheitszustand und dem Beziehungsstatus von Menschen in Deutschland. Dabei soll die Frage ״Hat der Beziehungsstatus einen Einfluss auf den Gesundheitszustand?“ diskutiert und abschließend beantwortet werden.
Gesundheit ist sowohl für Individuen, als auch für die Gesellschaft ein wichtiges Thema. Sie ist eine zentrale Voraussetzung für die Lebenszufriedenheit und für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Auch ökonomisch betrachtet, ist ein positiver Gesundheitszustand erstrebenswert, da so für Individuen und die Gesellschaft erhebliche Kosten gespart werden. Um dieses Ziel zu erreichen ist es nötig, möglichst viele Variablen zu identifizieren, welche einen Einfluss auf das Wohlergehen haben.
Im Folgenden soll der Zusammenhang zwischen romantischen Beziehungen und dem Gesundheitszustand genauer untersucht werden. Dafür wird im ersten Schritt der aktuelle Forschungsstand des Themas vorgestellt und beurteilt, sowie die theoretischen Zusammenhänge genau erläutert. Auf dieser Basis werden zwei Forschungshypothesen formuliert und begründet, welche untersucht werden sollen. Darauf folgt die Erläuterung der verwendeten Analyseverfahren und eine Begründung, warum genau diese Methoden angewandt werden. Im Anschluss steht die Beschreibung des Datensatzes, sowie eine kurze Ausführung zu den in der Analyse verwendeten Variablen. Danach werden die Ergebnisse der Datenanalyse ausführlich dargestellt und interpretiert. Am Ende steht eine Zusammenfassung der zentralen Befunde und ein Ausblick für weitere Forschung.
Eine derartige Analyse kann dazu beitragen, die Ursachen für einen schlechten Gesundheitszustand zu erklären und dient somit der Lösung eines zentralen Problems von Individuen und der Gesellschaft. Politische, sowie medizinische Interventionen, sind ohne Ursachenforschung nicht möglich.
2. Theoretische Herleitung
Dass soziale Beziehungen einen großen Einfluss auf verschiedene Lebensbereiche haben, ist gut dokumentiert. Der Gesundheitszustand ist hier keine Ausnahme. Schon von Beginn des Lebens an sind Menschen grundsätzlich soziale Wesen, welche den Kontakt zueinander aufgrund von biologischen Gegebenheiten benötigen. Bereits als Baby verspüren Menschen dieses Bedürfnis. So zeigt sich, dass physischer Kontakt bei Babys einen positiven Effekt auf die Entwicklung hat (vgl. Ardiel und Rankin 2010). Der Einfluss von romantischen Beziehungen verschiedener Art auf den Gesundheitszustand ist ebenfalls oft untersucht worden (vgl. Markey u. a. 2007; Braithwaite und Holt-Lunstad 2017). Im Anschluss sollen die Ergebnisse dieser Forschung kurz dargestellt werden.
Generell scheint die Existenz einer romantischen Beziehung einen positiven Effekt auf sowohl die mentale, als auch die physische Gesundheit zu haben (Markey u.a. 2007, s. 435). Es konnte von verschiedenen Autoren in unterschiedlichen Untersuchungen gezeigt werden, dass die Wahrscheinlichkeit an Herzproblemen zu leiden bei Verheirateten weit geringer ist als bei Singles, Verwitweten und Geschiedenen (vgl. Koskenvuo и. a. 1981; Moud и. a. 2014; Hayes и. a. 2016) Außerdem erholen sie sich auch schneller von Herzinfarkten (vgl. Molloy u. a. 2008). Das gleiche gilt für verschiedene Arten von Krebs, wobei hier die überlebensrate von Verheirateten im Vergleich zusätzlich erhöht ist (vgl. Aizer u. a. 2013; Jin и. a. 2016; Не и. a. 2017). Die generelle Mortalität ist bei Verheirateten ebenfalls niedriger (vgl. Rendali и. а. 2011; Frisch und Simonsen 2013). Zudem gibt es Evidenz dafür, dass durch romantische Beziehungen die allgemeine Lebenszufriedenheit ansteigt, was ebenfalls einen positiven Einfluss auf den Gesundheitszustand hat (vgl. Cohen 1988; Wickrama u. a. 1997).
Außerdem existieren verschiedene Untersuchungen zum Einfluss von romantischen Beziehungen und der Ehe auf die mentale Gesundheit (vgl. Horwitz u. a. 1996; Price и. а. 2016; Braithwaite und Holt-Lunstad 2017). Dabei finden die meisten Autoren einen positiven Effekt von sowohl nicht-ehelichen romantischen Beziehungen als auch der Ehe auf einen guten mentalen Zustand. Verglichen mit Alleinstehenden haben verheiratete beispielsweise eine niedrigere Chance an Depressionen, Stimmungsschwankungen, Angst-Störungen und anderen psychischen Beschwerden zu erkranken (Braithwaite и. а. 2010, s. If). Bei der Untersuchung von 889 Studenten im Alter von 18 bis 25 fanden Whitton u. a. (2013, s. 181) einen positiven Zusammenhang zwischen langfristigen romantischen Beziehungen und einem besseren mentalen Gesundheitszustand. Braithwaite и. a. (2010) kamen bei einer anderen Untersuchung von 1.621 Studenten zum gleichen Ergebnis.
Auf der anderen Seite ist der negative Effekt von Einsamkeit auf den Gesundheitszustand ebenso gut dokumentiert (vgl. Hawkley u. a. 2003; Hawkley und Cacioppo 2010; Stickley u. a. 2013; Ca- cioppo und Cacioppo 2014). Einsamkeit kann zu ungesunden Verhaltensweisen führen, welche dann den Gesundheitszustand signifikant beeinträchtigen. So ist das Risiko auf Übergewicht, Herzinfarkte und Bluthochdruck bei einsamen Menschen erhöht (Hawkley und Cacioppo 2010). Ebenso beeinflusst wahrgenommene Einsamkeit die mentale Gesundheit. Ihre Zusammenfassung der Literatur schließen Mushtaq u. a. (2014, s. 3) mit folgenden Worten ab: ״loneliness can have serious consequences for mental and physical health“. Da Einsamkeit generell mit dem Beziehungsstatus korreliert (Stickley u. a. 2013, s. 5f), kann dies ebenfalls indirekt als positiver Effekt einer romantischen Beziehung auf den Gesundheitszustand interpretiert werden. Dadurch, dass Einsamkeit gelindert, beziehungsweise vermieden wird, werden auch auch die damit assoziierten negativen Konsequenzen vermieden oder gelindert.
Bei dem Zusammenhang von intimen Beziehungen und Gesundheit handelt es sich um einen bidirektionalen Effekt. Einerseits haben mental und physisch gesündere Individuen eine größere Wahrscheinlichkeit eine langfristige Beziehung wie die Ehe einzugehen, andererseits hat diese Art der sozialen Bindung auch einen positiven Einfluss auf die Gesundheit (Braithwaite und Holt-Lunstad 2017, s. 120f). Um zu untersuchen, welcher dieser kausalen Mechanismen einen größeren Einfluss auf den Gesundheitsunterschied zwischen Alleinstehenden und Menschen mit Partnern hat, sind Längsschnittuntersuchungen nötig. So zeigte eine derartige Untersuchung von
Mastekaasa (1992), dass eine bessere Gesundheit signifikant die Wahrscheinlichkeit des Eintritts in eine eheliche Partnerschaft erhöht.
Ebenso konnten Lucas и. а. (2003) in einer andere Längsschnittuntersuchung nachweisen, dass Menschen die heiraten und verheiratet bleiben auch im Durchschnitt glücklicher sind als sie es vor dem Eintritt in die Ehe waren. Da die Lebenszufriedenheit stark mit dem Gesundheitszustand korreliert (vgl. Sabatini 2014) ist dies ein Hinweis darauf, dass die Eigenschaften der Beziehung selbst den Gesundheitszustand beeinflussen. Nach einer Besprechung des Forschungsstandes kommen Braithwaite und Holt-Lunstad (2017, s. 120) zu dem Schluss, dass ״the causal arrow flows more strongly from relationships to mental health than vice versa“.
Zur Erklärung dieses Effekts wurden in der Vergangenheit verschiedene Ursachen theoretisiert. Die Stress/Social-Support Hypothese besagt beispielsweise, dass in einer intimen Beziehung durch verschiedene Arten von emotionaler oder physischer Unterstützung das persönliche Befinden von Stress durch den Partner gesenkt wird. Daraus resultieren dann die observierten positiven Effekte der Ehe und anderen romantischen Beziehungsformen (Robles und Kiecolt-Glaser 2003, s. 410). Ein Indiz für die Korrektheit dieser Hypothese ist, dass positive Effekte auf die Gesundheit bei Beziehungen generell nur dann auftreten, wenn die Qualität der Partnerschaft mindestens mittelmäßig ist (vgl. Robles и. a. 2014).
Nach anderen Theorien entsteht der positive Effekt auf die Gesundheit durch ökonomische Unterstützung des Partners, durch mehr soziale Integration generell oder durch die Ermutigung zu gesünderen Verhaltensweisen durch den Partner (Markey u. a. 2007, s. 436). Bei der zuletzt genannten Hypothese motivieren sich die Partner also gegenseitig ihre Gesundheit zu verbessern. Dies kann in verschiedenen Formen auftreten, wie etwa durch die Änderung von Ernährungsweisen, die vermehrte Ausübung von sportlichen Aktivitäten oder die Reduzierung von Alkoholund Tabakkonsum.
Es existieren einige Untersuchungen, deren Ergebnisse mit dieser Theorie übereinstimmen. So fanden verschiedene Autoren, dass beim Eintritt in die Ehe der Alkoholkonsum von beiden Partnern allgemein sinkt (vgl. Temple и. а. 1991; Prescott und Kendler 2001; Rauer и. а. 2016). Auch in einer Untersuchung von Studenten zeigte sich, dass Individuen, die eine langfristige romantische Beziehung führen, im Vergleich zu anderen weniger Alkohol konsumieren (Salvatore и. а. 2014, S. 584ff). Ebenso konnten Pettee и. а. (2006) bei einer Untersuchung von 3075 Personen im Alter von 70-79 einen positiven Effekt von der Ehe auf physische Aktivitäten identifizieren. Sowohl verheiratete Frauen, als auch verheiratete Männer gaben an, aktiver zu sein als die nicht-verheirateten. Burke und Segrin (2014) fanden für romantische Beziehungen generell einen ähnlichen Effekt für Männer. Die Wahrscheinlichkeit auf gesunde Ernährungsweisen und sportliche Betätigung wurden durch den Partner positiv beeinflusst.
Für den Konsum von anderen Drogen zeichnet sich ein ähnliches Bild ab (vgl. Wadsworth u.a. 2004; Heinz u.a. 2009; Gudonis u.a. 2012). So zeigten unverheiratete Individuen eine größere Wahrscheinlichkeit Kokain zu konsumieren als Verheiratete (Merline u.a. 2004, s. 97ff). Da es sich bei dieser Studie um eine Querschnittsuntersuchung handelt, kann die Richtung des Effekts nicht bestimmt werden. Es ist möglich, dass die Ehe einen negativen Effekt auf den Drogenkonsum hat, ebenso wäre es aber denkbar, dass Menschen, die mehr Drogen konsumieren, eine niedrigere Wahrscheinlichkeit haben zu heiraten. Um dieses Problem zu umgehen, untersuchten Moos u. a. (2002) insgesamt 8.427 Individuen, welche bereits für Drogensucht behandelt wurden. Dabei fanden sie einen signifikanten negativen Effekt von der Ehe auf die Rückfallquote.
Generell ist festzuhalten, dass es einige empirische Evidenz für die Korrektheit der Social Support Hypothese gibt. Analog zu dieser Hypothese und der großen Zahl an Untersuchungen, die einen positiven Zusammenhang zwischen dem Gesundheitszustand und intimen Beziehungen zeigen, lautet die erste Forschungshypothese:
HI: Menschen, welche sich in einer romantischen Beziehung befinden, haben insgesamt einen besseren Gesundheitszustand als Alleinstehende.
Einige Untersuchungen konnten zeigen, dass dieser allgemein positive Effekt auf die Gesundheit bei verheirateten Paaren im Vergleich zu nicht-verheirateten Partnern zusätzlich erhöht ist (Braithwaite und Holt-Lunstad 2017, s. 120). Eine mögliche Erklärung für diese Phänomen ist die stärkere Institutionalisierung dieser Beziehungsform. Manche Autoren argumentieren, dass allein durch die Institution der Ehe selbst schon positive Gesundheitseffekte auftreten können (Wood u.a. 2007, s. 2f). Die zweite Forschungshypothese lautet daher:
H2: Verheiratete haben allgemein einen besseren Gesundheitszustand als nicht-verheiratete Paare.
Um diese Hypothesen zu überprüfen, ist es wichtig, bei der Analyse die Effekte von anderen Variablen zu kontrollieren, da sonst Scheineffekte beobachtet werden könnten. Viele verschiedene Variablen haben einen signifikanten Effekt auf den Gesundheitszustand. Trivialerweise nimmt mit zunehmenden Alter auch die Gesundheit eines Menschen ab. Funktionelle Beeinträchtigungen, chronische Beschwerden und allgemeine Altersschwächen sind bei höherem Alter kaum zu verhindern (vgl. Santoni u.a. 2015). Aus diesem Grund wird in der späteren Analyse das Alter des Befragten zur Kontrolle in den Modellen aufgenommen.
Eine weitere Variable welche erwiesenermaßen die Gesundheit beeinflusst, ist das Gewicht einer Person. Bei starkem Übergewicht erhöht sich das Risiko auf Bluthochdruck, Diabetes und koronare Herzkrankheiten (vgl. Alexander 2001; Jahangir u.a. 2014; Stenholm u.a. 2017). Zusätzlich beeinträchtigt exzessives Übergewicht auch die mentale Gesundheit von Individuen. In einer Meta-Analyse konnten Magallares und Pais-Ribeiro (2014) zeigen, dass Übergewicht bei Frauen einen negativen Einfluss auf die psychische Gesundheit hat. Ebenso fanden Luppino u. a. (2010) in einer anderen Meta-Analyse von Längsschnittuntersuchungen einen signifikanten Effekt von starkem Übergewicht auf die Entwicklung von Depressionen.
Das Einkommen stellt ebenfalls einen guten Prädikator für einen guten Gesundheitszustand dar. Durch die größere Menge an materiellen Ressourcen kann der Akteur sich bessere Behandlungen, sowie einen gesünderen Lebensstil leisten. In verschiedenen Untersuchungen konnte der positive Einfluss von Einkommen auf den Gesundheitszustand dargestellt werden (vgl. Marmot 2002; Wilkinson und Pickett 2006). So scheint die Gesundheit in weniger wohlhabenden Gesellschaften allgemein schlechter zu sein (vgl. Pickett und Wilkinson 2015). Aus diesem Grund wird auch das Einkommen als Kontrollvariable in der Analyse berücksichtigt.
Neben den bereits genannten Einflussfaktoren spielt ebenfalls der Bildungsstand einer Person eine wichtige Rolle für die Gesundheit. Durch verschiedene Verhaltensweisen, welche den Gesundheitszustand beeinflussen, haben höher gebildete Personen generell ein größeres Maßan Wohlbefinden zu verzeichnen. Verschiedene Studien zeigen einen positiven Effekt von Bildung auf die Gesundheit (vgl. Goldman und Smith 2011; Brunello и. а. 2015). Ihre ausführliche Sichtung der Forschungsliteratur fassen Mirowsky und Ross (2003) mit den Worten ״education has an enduring, consistent, and growing effect on health“ zusammen. Da dieser Effekt relativ abgesichert ist, muss dies ebenfalls in der Analyse berücksichtigt werden.
3. Daten und Methoden
3.1. Analysemethode
Um die Fragestellung dieser Arbeit zu untersuchen, werden in der folgenden Datenanalyse unter anderem vier verschiedene logistische Regressionsmodelle gebildet. Bei der logistischen Regression handelt es sich um eines der am meisten verwendeten Verfahren in den Sozialwissenschaften. Im Anschluss soll kurz beschrieben werden, warum dieses Verfahren hier angewendet wird, welche Vorteile dieses Vorgehen hat und welche möglichen Probleme dabei auftreten könnten.
Zunächst stellt sich die Frage, warum nicht einfach eine standardmäßige lineare Regression zur Analyse der Daten verwendet wird. Dies geht auf verschiedene Unterschiede zwischen den beiden Modellen zurück. Zunächst sind sowohl das lineare, als auch das logistische Regressionsmodell Generalisierte lineare Modelle (GLM) im Sinne von Neider und Wedderburn (1972). Das GLM hat generell die Form einer üblichen linearen Regression, nur das hier der Fehlerterm nicht der Normalverteilung folgen muss, sondern auch beispielsweise logistisch verteilt sein kann (Neider und Wedderburn 1972, s. 370f). Ein zentraler Unterschied zwischen den beiden Verfahren ist das benötigte Skalenniveau der abhängigen Variable. Bei der normalen linearen Regression muss diese Variable ein metrisches Skalenniveau aufweisen, bei der logistischen Regression hingegen muss es sich um eine dichotome Variable handeln. Die unabhängigen Variablen können bei beiden Modellen entweder dichotom oder metrisch sein.
Ein lineares Regressionsmodell mit einer dichotomen abhängigen Variable zu bilden wäre unangemessen, da bei der linearen Regression auch eine lineare Form der Wahrscheinlichkeit postuliert wird. Dies würde dazu führen, dass durch das Modell Werte vorhergesagt werden könnten, die größer oder kleiner als 0 sind, was bei einer dichotomen Variable unsinnig ist. Deutlich wird dies wenn man die Formel der einfachen linearen Regression betrachtet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Außerdem werden die Modellannahmen der linearen Regression bei diesem Vorgehen verletzt. Die Normalverteilung der Residuen kann nicht mehr angenommen werden. Damit ist auch die Annahme der Homoskedastizität der Residuen verletzt. Unverzerrte Ergebnisse sind nur zu erwarten, wenn alle Modellannahmen erfüllt sind. Bei Untersuchungen sollte also generell auch immer geprüft werden, ob dies für die vorliegenden Daten angenommen werden kann.
In der Praxis liegen in vielen verschiedenen Wissenschaften und Anwendungsbereichen aber Variablen vor, welche nicht metrisch sind. Oft stehen dem Analysten nur diskrete oder dichotome Variablen zur Verfügung, wie verschiedene Items einer Frage innerhalb eines Surveys oder ob ein Patient eine Behandlung überlebt oder nicht. Um das Problem der Linearität zu lösen wird in der logistischen Regression eine nicht-lineare Funktion zur Modellierung der Wahrscheinlichkeiten verwendet. Formal sieht das Modell folgendermaßen aus:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die logistische Regression ist als Schwellenwertmodell aufzufassen. Das zu erklärende Ereignis tritt immer dann ein, ״wenn eine latente, nicht-beobachtbare Variable y* eine bestimmte Schwelle überschreitet“ (Auspurg und Hinz 2011, s. 64). Es wird also eine Wahrscheinlichkeit p geschätzt, ob ein bestimmtes Ereignis Pjßyi = 1) vorliegt. Neben der logistischen Regression existieren andere binäre Regressionsmodelle, welche ähnlich funktionieren, wie beispielsweise die ProbitRegression. Da diese meist sehr ähnliche Ergebnisse produzieren, konzentriert sich diese Arbeit ausschließlich auf die logistische Regression.
Eine derartige Spezifikation des Modells hat die Folge, dass die errechneten Koeffizienten nicht mehr als marginale Effekte im Bezug zur unabhängigen Variable interpretiert werden, da diese sich auf logarithmierte Odds beziehen. Es kann also analog zur linearen Regression gesagt werden, dass bei einer Erhöhung der unabhängigen Variable um eine Einheit sich der Logit der Eintrittswahrscheinlichkeit der abhängigen Variablen um ßEinheiten erhöht. Dies ist offensichtlich nicht einfach interpretierbar. Um dennoch einfache, bewertbare Maßzahlen zu erhalten, werden oft die Odds berechnet. Formal lassen diese sich folgendermaßen darstellen:
Bei den Odds handelt es sich um einfache Chancenverhältnisse. Sie sind das Verhältnis zwischen der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses i und der Wahrscheinlichkeit, dass es nicht eintritt. Demnach haben sie einen Wertebereich von 0 bis unendlich. Bei einem Wert von 1 sind die Wahrscheinlichkeit für den Eintritt des Ereignisses i und die Wahrscheinlichkeit dafür, das es nicht auftritt, gleichgroß. Werte, die größer als 1 sind, sprechen also dafür, dass die EintrittsWahrscheinlichkeit größer ist als die Nicht-Eintrittswahrscheinlichkeit. Das genaue Gegenteil gilt für Odds, die kleiner als 1 sind. Da im logistischen Regressionsmodell logarithmierte Odds verwendet werden, kann durch das exponentialisieren beider Seiten der Gleichung der Einfluss der Variablen auf die Odds wieder klar gemacht werden.
Eine andere Möglichkeit zum Erlangen von sinnvoll interpretierbaren Zahlen ist die Berechnung von Average-Marginal-Effects (AME). Diese haben verschiedene Vorteile. Zum einen ist die Interpretation sehr einfach und kann folgendermaßen zusammengefasst werden:
״Sie geben an, um wie viele Prozentpunkte sich die Wahrscheinlichkeit des interessierenden Ereignisses im Mittel aller (gruppenspezifischer) Beobachtungen verändert, wenn sich die betreffende erklärende Variable um eine Einheit (marginal) erhöht.“ (Auspurg und Hinz 2011, s. 66, Hervorhebungen im Original)
Außerdem ist es durch die AME möglich, direkte Vergleiche zwischen verschiedenen Gruppen zu machen. Dies gilt aufgrund der unbeobachteten Heterogenität nicht für Odds oder Logit- Koeffizienten. Da sich die Residual Varianz, beziehungsweise die unbeobachtete Heterogenität zwischen verschiedenen Gruppen unterscheiden kann, ist es möglich, dass die Schätzer systematisch verzerrt sind. Dies kann zu inhaltlichen Fehlschlüssen bei einem direkten Vergleich der Koeffizienten zwischen Gruppen führen (Auspurg und Hinz 2011, s. 63f). Aufgrund der intuitiven Interpretation und anderen Vorzügen werden in der folgenden Analyse hauptsächlich die AME interpretiert.
Zur Regressionsdiagnostik stehen verschiedene Maßzahlen zur Verfügung, die an das R2 der linearen Regression angelehnt, aber nicht äquivalent sind (vgl. Mittlböck und Schemper 1996). Die in der Forschung generell am meisten verwendeten Maße sind McFaddens Pseudo-R2 (vgl. McFadden 1974), Cox h Snells Pseudo-R2 (vgl. Cox und Snell 1989) und Nagelkerkes Pseudo-R2 (vgl. Nagelkerke 1991). Dabei besteht in der Literatur kein eindeutiger Konsens dafür, welches das beste Maßist. Die Ergebnisse von verschiedenen Maßen sind nicht direkt miteinander vergleichbar.
In einem Artikel über das R2 schlägt Kvälseth (1985) insgesamt acht Eigenschaften vor, die ein gutes R2 erfüllen sollte. Demnach sollte es (1) eine einfache Interpretation haben; (2) von der Einheit der unabhängigen Variablen unabhängig sein; (3) einen Wertebereich von 0 bis 1 haben, wobei 1 einem perfekten Modell entspricht; (4) so generell wie möglich sein; (5) nicht von der Art des Modells beeinflusst werden; (6) den Vergleich zwischen verschiedenen Modellen bei gleichen Daten ermöglichen; (7) mit anderen Maßzahlen wie dem Standardfehler kompatibel sein und (8) positive und negative Residuen gleich stark gewichten (Kvälseth 1985, s. 281).
Nach Menard (2000) erfüllt McFaddens Pseudo-R2 beinahe alle dieser Eigenschaften. Ein Nachteil ist, dass es aufgrund der Art der Berechnung die 1 nie komplett erreichen kann, womit Eigenschaft (3) nur bedingt erfüllt ist. In der folgenden Analyse wird daher auf Nagelkerkes Pseudo-R2 zurückgegriffen. Dieses kann die 1 erreichen und erfüllt ebenfalls viele der von Kvål- seth (1985) vorgeschlagenen Eigenschaften (Nagelkerke 1991, s. 691f). Die Interpretation dieser Kennzahl entspricht nicht der Bedeutung des normalen Determinationskoeffizienten aus einem linearen Regressionsmodell. Für Vergleiche zwischen ähnlich gebildeten Modellen, welche auf die selben Daten angewandt werden, ist sie dennoch hilfreich, um festzustellen, welches der Modelle eine größere Erklärungskraft hat.
3.2. Verwendete Daten
Für die Analyse wurden die Daten der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften (ALLBUS) von 20f4 verwendet. Dieser stellt eine repräsentative Querschnittserhebung der deutschen Bevölkerung dar. Die Grundgesamtheit besteht aus ״allen in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Personen (Deutsche und Ausländer), die zum Befragungszeitpunkt in Privathaushalten lebten und vor dem Of ·Of .4996 geboren sind“ (Baumann und Schulz 2015, s. XV). Aus dieser wurde eine zweistufige, disproportional geschichtete Stichprobe gezogen, bei der die östlichen Bundesländer überrepräsentiert sind. Insgesamt konnten Daten von 3.471 Personen mit Hilfe einer persönlichen computergestützten Befragung erhoben werden.
Die zentrale unabhängige Variable ist der Beziehungsstatus. Aufgrund der niedrigen Fallzahl wird hier nur berücksichtigt, ob der Befragte verheiratet ist und ob er andernfalls generell eine romantische Beziehung führt oder nicht. Deshalb wurden aus den Fragen V297 und V333 zwei verschiedene dichotome Variablen gebildet. In Frage V297 wird nach dem Familienstand des Befragten gefragt. Falls der Befragte angab, verheiratet zu sein oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft zu führen, wurde dieser als 1 in der neuen Variable kodiert, egal ob die Partner Zusammenleben oder nicht. Die eingetragene Lebenspartnerschaft wird in der Analyse mit der Ehe gleichgestellt, da es sich ebenfalls um eine stark institutionalisierte Form einer Beziehung handelt. Falls der Befragte keine Angabe machte, wurde dies als fehlender Wert kodiert. Alle anderen Antwortmöglichkeiten wurden als 0 übernommen.
Bei Frage V333 wird nach einem festen Lebenspartner gefragt. Falls der Befragte mit ״Ja“ antwortete, wurde er in einer neuen Variable als 1 kodiert, bei keiner Angabe als fehlender Wert und andernfalls als 0. Zu beachten ist, dass diese Frage nur den Befragten gestellt wurde, die in Frage V297 angaben nicht verheiratet zu sein und nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zu leben. Die Kontrollvariablen sind Einkommen, Bildungsgrad, Alter und Übergewicht und wurden lediglich von fehlenden Werten bereinigt. Bildung ist hier operationalisiert als die Schulausbildungsdauer in Jahren. Die Einkommensvariable bildet sich aus einer offenen Frage nach dem Einkommen und einer kategorialen Frage, die nur gestellt wurde, falls die offene Frage verweigert wurde. Das Alter wurde aus dem Geburtsdatum gebildet.
Als Indikator für Übergewicht steht in der folgenden Analyse der Body-Mass-Index der Befragten zur Verfügung (V279). Die Formel zur Berechnung des Body-Mass-Index (BMI) lautet:
Körpergewicht in kg
(Körpergröße in m)2
Dieser wird routinemäßig in Untersuchungen von großen Populationen erhoben und zur Formulierung von politischen Entscheidungen verwendet (Nuttall 2015, s. 117). Dennoch ist die Verwendung des BMI als Indikator für Fettleibigkeit und Übergewicht nicht unumstritten, da lediglich das Körpergewicht und die Körpergröße erfasst wird, nicht aber der tatsächliche Fett- und Muskelanteil der Person. So kann es zu falschen Einschätzungen kommen, da zum Beispiel ein Bodybuilder aufgrund der großen Muskelmasse als fettleibig eingestuft werden kann. Die
World Health Organization beschreibt den BMI dennoch als ״the most useful, albeit crude, population-level measure of obesity“ (World Health Organization 2000, s. 9).
Als abhängige Variable wird der von den Befragten selbst berichtete, allgemeine Gesundheitszustand verwendet. Eine derartige Messung basiert also nicht auf objektiven Kriterien wie einer ärztlichen Untersuchung, sondern auf einer subjektiven Einschätzung des Befragten. Dies kann man sicherlich kritisieren, da es so möglich ist, dass situationale Faktoren die Messung beeinflussen. Einige Untersuchungen zeigen jedoch, dass die von Befragten selbst berichtete Gesundheit durchaus reliable und valide Ergebnisse erzieh (vgl. Zajacova und Dowd 2011; Ploubidis und Grundy 2011; Smith und Goldman 2011).
In einer Untersuchung von Smith und Goldman (2011) wurden verschiedene Arten der Messung des Gesundheitsszustands verglichen. Insgesamt wurden bei allen untersuchten Individuen sowohl objektive Indikatoren für das Wohlergehen, wie die Fähigkeit von einem Stuhl aufzustehen, durch den Interviewer, als auch die subjektive Einschätzung durch den Befragten selbst erhoben, sowie eine ärztliche Untersuchung durchgeführt. Insgesamt konnten nur geringe Unterschiede zwischen den Messungen gefunden werden, welche die Autoren auf unterschiedliche Fokussierungen bei der Bewertung der Gesundheit zwischen den Bewertern zurückführen (Smith und Goldman 2011, s. 261f). Insgesamt spricht dies für eine gute Validität dieses Messinstruments.
Ebenso gibt es gute Hinweise darauf, dass zumindest ein mittleres Maßan Reliabilität ebenso gegeben ist. Bei einer Untersuchung von 9.235 Erwachsenen US-Amerikanern konnten Zajacova und Dowd (2011) dies mit Hilfe der Test-Retest Methode zeigen. Dabei wird das selbe Messinstrument zu zwei unterschiedlichen Zeiten an der selben Population angewendet. Sie fanden heraus, dass ca. 40% der Befragten ihren Gesundheitszustand bei der zweiten Befragung anders einschätzen als bei der ersten Befragung (Zajacova und Dowd 2011, s. 979). In einer älteren ähnlichen Untersuchung zum selben Thema fassen Lundberg und Manderbacka (1996, s. 221) ihre Ergebnisse mit den Worten ״We also found that self-rated health is a reliable measure of overall health“ zusammen.
Eine Besonderheit bei den vorliegenden Daten des ALLBUS 2014 ist, dass nicht allen Befragten exakt dieselbe Antwortskala bei der Frage zum Gesundheitszustand vorgelegt wurde. Zwar wurde allen Befragten dieselbe Frage gestellt (״Wie würden Sie ihren Gesundheitszustand im Allgemeinen beschreiben?“), bei der Hälfte der Personen wurde allerdings eine Antwortkategorie mehr angeboten. Diese Technik nennt sich ״Split-Ballot“ und wird in der Methodenforschung verwendet, um Unterschiede zwischen verschiedenen Fragen oder Antwortskalen zu ermitteln (Schnell 2012, s. 70).
Für die folgende Analyse mussten diese kategorialen Variablen zu einer dichotomen Variable umkodiert werden, damit das binäre Regressionsmodell angewandt werden kann. Befragte, welche auf eine der beiden Fragen mit ״Ausgezeichnet“, ״Sehr gut“ oder ״Gut“ geantwortet haben, wurden als 1 kodiert. Damit gibt diese Variable an, ob ein guter Gesundheitszustand vorliegt (1) oder nicht (0). Die Kategorien ״Zufriedenstellend“, ״Weniger Gut“ und ״Schlecht“ wurden als 0 kodiert, alle anderen möglichen Angaben als fehlende Werte. In Tabelle 1 sind die verschiedenen Antwortmöglichkeiten für beide Gruppen, sowie die Prozentzahlen der einzelnen Antworten dargestellt.
Tabelle I: Verteilung der Antworten in Prozent
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Da in Frage V225 die Antwortkategorie ״Ausgezeichnet“ nicht als Antwortmöglichkeit angeboten wurde, konnte diese durch die Befragten, denen diese Version gestellt wurde, nicht gewählt werden. Insgesamt zeigen sich bei den anderen Antwortkategorien aber sehr ähnliche Anteile, was dafür spricht, dass die Messungen sehr ähnlich sind. Nach einem Chi-Quadrat-Test ist der Unterschied in den Anteilen von den als ״Gut“ kodierten Antworten allerdings signifikant (x2 = 12,442, p rii 0,000, df = 1). Dieser Unterschied wird auch bei der Betrachtung der vorherigen Untersuchungen des ALLBUS deutlich.
In Abbildung 1 sind die Anteile der als gut kodierten Gesundheitszustände für alle Erhebungen des ALLBUS seit 2004 mit den dazugehörigen 95% Konfidenzintervallen dargestellt. Dabei wurde in allen Erhebungen dieselbe Frage wie im Jahre 2014 gestellt, wobei die fünf-stufige Antwortskala verwendet wurde. Als ״Gut“ wurden wie vorher nur die Personen kodiert, welche entweder mit ״Sehr gut“ oder ״Gut“ geantwortet haben. Hier ist klar erkennbar, dass der Anteil der Befragten, welche angeben, einen mindestens guten Gesundheitszustand zu haben, im Vergleich etwas erhöht ist. Mit ca. 63,9% ist dieser Anteil im Erhebungsjahr 2014 höher als in allen anderen Jahren, in denen diese Frage gestellt wurde. Da sich das Konfidenzintervall von dem Anteilswert aus dem Jahre 2014 mit keinem der anderen Intervallgrenzen überlappt, ist der Unterschied auf dem 5% Fehlerniveau signifikant. Es ist zwar möglich, dass dieser Unterschied auf tatsächliche Veränderungen im Zeitverlauf zurückzuführen ist, dies ist aber eher unwahrscheinlich.
Die leicht höheren Anteile der positiven Bewertungen bei Frage V226 könnten darauf zurückzuführen sein, dass die Antwortskala keine mittlere Kategorie besitzt. In der Literatur ist die Verwendung einer mittleren Kategorie bei Skalen umstritten (vgl. Garland 1991; Moors 2008; Schnell 2012). In einer Untersuchung zur Frageformulierung fanden Worcester und Burns (1975), dass bei der Eliminierung der mittleren Kategorie die Befragten leicht positivere Antworten geben, da sie ohne mittleren Anker in eine Richtung gedrängt werden. Dies stellt eine mögliche Erklärung für die leicht größere Menge an positiven Bewertungen des Gesundheitszustandes dar. Um zu verhindern, dass dieser Unterschied in der Messung die Ergebnisse beeinflusst, wird eine weitere dichotome Variable als Kontrollvariable in das Modell aufgenommen. Diese gibt an, ob der Befragte auf die fünfstufige Skala geantwortet hat oder nicht.
Abbildung 1: Ein guter Gesundheitszustand im Zeitverlauf
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung
Um zusätzlich den Einfluss des Beziehungsstatus für die Prävention eines eher negativen Gesundheitszustandes zu analysieren, werden dieselben Regressionsmodelle zwei mal auf verschiedene abhängige Variablen angewendet: Einmal auf die oben beschriebene dichotome Variable zum guten Gesundheitszustand und ein weiteres mal auf eine andere dichotome Variable zu einem weniger guten Gesundheitszustand. Diese weist eine f auf, falls der Befragte ״Weniger Gut“ oder ״Schlecht“ auf die Fragen antwortete und ist demnach bewusst nicht spiegelbildlich zu der anderen Variable definiert. So sollen die Einflüsse auf beide Seiten des Gesundheitszustandes analysiert werden.
Fehlende Werte wurden in allen Modellen der logistischen Regression listenweise gelöscht (״listwise- deletion“). Dabei werden alle Reihen des Datensatzes, die mindestens einen fehlenden Wert in einer der verwendeten Variablen enthalten, komplett von der Analyse ausgeschlossen. Dieses
Verfahren ist nicht unproblematisch. Falls der Mechanismus, welcher zur Existenz der fehlenden Werte führt, in einer oder mehreren Variablen nicht komplett zufällig ist, kann es zu systematischen Verzerrungen der Ergebnisse kommen. Dies konnte in verschiedenen Simulationsstudien gezeigt werden (vgl. Pigott 2001 ; Rubright u.a. 2014). Außerdem wird die Fallzahl reduziert, wodurch die Standardfehler größer werden, die Zahl der Freiheitsgraden verringert wird und die statistische Power reduziert wird (Musil u.a. 2002, s. 817f).
Um die Modelle vergleichbar zu machen, wurden zudem nur die Fälle für die Analyse verwendet, bei denen für alle Variablen des größten Modells gültige Werte vorhanden waren, um die Fallzahl konstant zu halten. Die endgültige Fallzahl für alle Modelle liegt dann bei 1.582. Systematische Verzerrungen durch die fehlenden Werte können dennoch nicht ausgeschlossen werden.
4. Ergebnisse
Im folgenden Abschnitt sollen die Ergebnisse der Datenanalyse dargestellt werden. Der vollständige und kommentierte Code zur Replikation der Analyse befindet sich in Anhang A. In Tabelle 2 sind der gute Gesundheitszustand und die beiden gebildeten dichotomen Variablen zum Beziehungsstatus gegeneinander dargestellt. Dies bietet einen ersten deskriptiven Überblick über ihren Zusammenhang. Hier zeigt sich, dass Individuen, die verheiratet, einen eingetragenen Lebenspartner haben oder eine andere romantische Beziehung führen, generell öfter einen guten Gesundheitszustand haben als die, welche keine derartige Beziehung führen.
Tabelle 2: Kreuztabelle - Gute Gesundheit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anmerkung: Alle Werte sind auf die dritte Nachkommastelle gerundet Quelle: Eigene Darstellung
Ein Chi-Quadrat-Test zeigte für beide Variablenpaare einen hoch-signifikanten (p < 0,01) ungerichteten Zusammenhang mit dem guten Gesundheitszustand. Für die Variable Ehe ist der X2-Wert mit 7,285 etwas kleiner als für die nicht-verheirateten Partnerschaften (x2 = 42,414). Da es sich bei X2 aber nicht um eine standardisierte Effektstärke handelt, kann dies ohne weitere
Berechnungen nicht interpretiert werden. Cramers V hingegen bietet mit einem Wertebereich von 0 bis 1 die Möglichkeit, die Ergebnisse miteinander zu vergleichen und die Größe der Effekte abzulesen. Bei den nicht-verheirateten Partnerschaften liegt der Zusammenhang bei V = 0,079, bei den Verheirateten bei V = 0,033. Dies sind zwar sehr kleine, aber signifikante Effektstärken, die darauf schließen lassen, dass beide Arten von Beziehungen einen positiven Einfluss auf einen guten Gesundheitszustand haben, was Hf entspricht. Der Effekt ist allerdings kleiner für verheiratete Paare. Dieses Ergebnis spricht gegen H2.
Eine derartige Berechnung des Zusammenhangs verschiedener Variablen hat einige Einschränkungen. Die statistische Kontrolle von anderen Variablen ist bei diesem Vorgehen beispielsweise nicht möglich. Die folgenden Ergebnisse der logistischen Regressionsmodelle sollen den Zusammenhang der Variablen genauer analysieren. In Tabelle 3 sind diese dargestellt.
Im ersten Modell wurden zunächst nur die Kontrollvariablen Einkommen, Bildung, Alter, Body- Mass-Index und Skalenart aufgenommen. Die Logit-Koeffizienten, sowie die Average-MarginalEffects, sind hier alle auf dem 1% Fehlerniveau signifikant. Dies lässt darauf schließen, dass die Effekte wahrscheinlich nicht durch puren Zufall entstanden sind. Die Richtung der Effekte entspricht dabei durchweg den durch die Sichtung der Literatur geformten Erwartungen. Wie in anderen Untersuchungen hat das Einkommen mit einem AME von 0,0001 einen positiven Effekt auf einen guten Gesundheitszustand. Ebenso steigt mit der Anzahl der Bildungsjahre die Wahrscheinlichkeit auf eine gute Gesundheit und sinkt mit steigendem Alter und steigendem BMI. Insgesamt weist das erste Modell ein R2 (Nagelkerke) von 0,220 auf. Dies wird erst sinnvoll interpretierbar bei einem Vergleich mit dem anderen geschätzten Modell.
Das zweite Modell enthält dieselben Variablen wie das erste Modell, wobei zusätzlich die beiden relevanten dichotomen Variablen Partnerschaft und Ehe als unabhängige Variablen hinzugefügt wurden. Bei diesem Vorgehen ist es durch einen Vergleich von Maßen der Regressionsdiagnostik wie Nagelkerkes R2 oder der Log-Likelihood zu bestimmen, wie sich die Erklärungskraft des Modells durch die neuen Variablen verbessert hat. Mit einem Nagelkerke R2 von 0,220 hat sich die Erklärungskraft des Modells im Vergleich zum ersten Modell also nicht beziehungsweise kaum verändert. Auch die Log-Likelihood ist nur um einen sehr geringen Betrag gestiegen. Dies spricht dafür, dass weder die Partnerschaft, noch die Ehe bei der Kontrolle der anderen Variablen einen Beitrag zur Erklärung eines guten Gesundheitszustandes leisten.
Die AME von beiden Variablen sind größer als 0, was den anfänglich aufgestellten Hypothesen entspricht. Diese Effekte sind mit 0,0211 bei den nicht-verheirateten Partnerschaften und 0,0127 bei den Verheirateten aber sehr klein. Die Standardfehler sind mit 0,0358 und 0,0266 ebenfalls relativ hoch. Zusätzlich ist keiner der Effekte signifikant. Alle Kontrollvariablen sind auch im zweiten Modell noch auf dem 1% Niveau signifikant, wobei sich ihr relativer Einfluss kaum verändert hat. All dies spricht dafür, dass weder die Führung einer Ehe/eingetragenen Lebenspartnerschaft, noch die Existenz einer anderen romantischen Beziehung einen Einfluss auf einen guten Gesundheitszustand hat. Es konnten also weder Hl noch H2 im Bezug auf einen guten Gesundheitszustand bestätigt werden.
Tabelle 3: Logistiselle Regression - Gute Gesundheit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Standardfehler in Klammern, Alle Werte auf die vierte Nachkommastelle gerundet
Quelle: Eigene Darstellung
Betrachtet man stattdessen einen weniger guten Gesundheitszustand als abhängige Variable, ergibt sich ein leicht anderes Bild. Die Ergebnisse dazu sind in Tabelle 4 dargestellt. Abgesehen von der abhängigen Variable handelt es sich um vollständig gleich spezifizierte Modelle. Im Vergleich zu den Modellen aus Tabelle 3 weisen hier alle Effekte eine entgegengesetzte Richtung auf. Dies ist wenig verwunderlich, da nun statt eines guten Gesundheitszustandes die Wahrscheinlichkeit auf einen eher schlechter Gesundheitszustand geschätzt wird.
Vor diesem Hintergrund entsprechen die beobachteten Effekte in Modell (I) weiterhin alle den Erwartungen. Das Einkommen hat einen kleinen negativen Effekt auf einen weniger guten Gesundheitszustand, ebenso wie die Bildungsjahre. Das Alter und der BMI haben mit AME von 0,0035 und 0,0058 kleine Effekte positive Effekte auf den eher schlechten Gesundheitszustand. All diese Zusammenhänge sind auf dem 1% Fehlerniveau signifikant. Interessant ist, dass die Art der Antwortskala hier keinen signifikanten Effekt mehr aufweist. Das Hinzufügen einer weiteren Antwortmöglichkeit im positiven Bereich scheint also nur die Verteilung der Antworten im oberen Bereich der Skala zu beeinflussen.
Im zweiten Modell zeigt sich nun, dass trotz der Kontrolle von verschiedenen Variablen die Ehe einen signifikanten negativen Einfluss auf einen weniger guten Gesundheitszustand hat. Mit einem AME von —0, 048 ist die Wahrscheinlichkeit einen eher schlechten Gesundheitszustand zu haben im Durchschnitt also um 4,8% niedriger bei Verheirateten als bei nicht-verheirateten. Dies gilt nicht für andere Formen der Partnerschaft. Im Vergleich zum ersten Modell ist das R2 durch das Hinzufügen der beiden Partnerschaftsvariablen von 0,1669 auf 0,1751 gestiegen. Dies stellt nur eine minimale Veränderung dar und spricht zusammen mit den kleinen Effektstärken der Variablen für einen generell eher kleinen Zusammenhang. Dennoch konnte die Erklärungskraft im Vergleich zum ersten Modell erhöht werden. All dies spricht für die Richtigkeit von H2 im Bezug auf eine eher schlechte Gesundheit. Hl kann auch hier nicht bestätigt werden.
Insgesamt konnte mit den vorliegenden Daten also nicht bestätigt werden, dass eine nichteheliche Partnerschaft einen positiven Einfluss auf die allgemeine Gesundheit hat. Eheliche Partnerschaften spielen ebenfalls keine signifikante Rolle bei der Prognose eines guten Gesundheitszustandes, haben aber einen signifikanten Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einen weniger guten Gesundheitszustand zu haben.
Tabelle 4: Logistiselle Regression - Schlechte Gesundheit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Standardfehler in Klammern, Alle Werte auf die vierte Nachkommastelle gerundet
Quelle: Eigene Darstellung
5. Fazit
Diese Arbeit beschäftigte sich mit dem Thema: ״Hat der Beziehungsstatus einen Einfluss auf den Gesundheitszustand?“. Das Ziel der Untersuchung war es, die Fragestellung mit Hilfe einer Analyse der Daten des ALLBUS 20f4 abschließend zu beantworten.
Dafür wurde zunächst der Forschungsstand zum Einfluss von romantischen Beziehungen, Ehestatus und Intimität auf den Gesundheitszustand dargestellt und diskutiert. Auf dieser Basis wurden zwei zentrale Hypothesen aufgestellt: Hl - Menschen, welche sich in einer romantischen Beziehung befinden, haben insgesamt einen besseren Gesundheitszustand als Alleinstehende und H2 - Verheiratete haben allgemein einen besseren Gesundheitszustand als nicht-verheiratete. Zusätzlich wurden einige Kontrollvariablen identifiziert, welche ebenfalls den Gesundheitszustand beeinflussen.
Im Anschluss wurde die Analysemethode besprochen. Es wurde ausführlich erläutert, warum das Verfahren der logistischen Regression der linearen Regression in dem vorliegenden Fall überlegen ist. Danach wurden die verwendeten Daten des ALLBUS 2014 beschrieben, sowie die Kodierung der neu erstellten Variablen erläutert. Darauf folgte die ausführliche Darstellung der Ergebnisse.
Eine einfacher Chi-Quadrat-Test und die Berechnung von Cramérs V ergaben einen kleinen positiven Effekt von sowohl nicht-ehelichen romantischen Beziehungen als auch ehelichen Beziehungen auf einen guten Gesundheitszustand. Diese Effekte sind signifikant und sprechen für die Korrektheit von Hl.
In der weiteren Berechnung der logistischen Regressionsmodelle konnte gezeigt werden, dass alle identifizierten Kontrollvariablen im ersten Modell einen signifikanten Einfluss auf einen guten Gesundheitszustand haben. Dabei entsprach die Richtung der Effekte den durch die Literatur geformten Erwartungen. Durch die Hinzunahme der Variablen Partnerschaft und Ehe konnte die Erklärungskraft dieses Modells aber kaum verbessert werden. Die Effekte von beiden Arten von Beziehungen sind zwar positiv, haben aber relativ große Standardfehler, sind sehr klein und nicht auf dem 5% Fehlerniveau signifikant. Mit einem schlechten Gesundheitszustand als abhängige Variable zeigt sich hingegen ein signifikanter negativer Effekt von der Ehe, aber nicht von anderen Partnerschaften. Mit den vorliegenden Daten konnte also Hl nicht bestätigt werden. H2 konnte nur teilweise bestätigt werden, da die positiven Effekte der Ehe scheinbar nur präventiv für eine schlechte Gesundheit sind, aber keinen Einfluss auf eine gute Gesundheit haben.
Bei der Interpretation dieser Ergebnisse sind einige Limitationen dieser Untersuchung zu beachten. Zum einen handelt es sich um eine Querschnittsuntersuchung. Da keine Zeitreihendaten vorliegen, kann keine kausale Richtung von möglichen Effekten bestimmt werden. Ebenso konnte die Analyse nicht nach der Partnerschaftszufriedenheit kontrolliert werden, da diese Information im ALLBUS 2014 nicht vorlag. Außerdem ist es möglich, dass die inkorrekte Behandlung von fehlenden Werten zu einer Verzerrung der Ergebnisse geführt hat. Für zukünftige Forschung wäre die Nutzung von Längsschnittdaten, sowie die Erhebung der Partnerschaftszufriedenheit, ratsam.
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A. R-Code
Der folgende R-Code wurde für die Analyse der Daten verwendet:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- Quote paper
- Robin Enrico Denz (Author), 2018, Hat der Beziehungsstatus einen Einfluss auf den Gesundheitszustand?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/444449
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