Thematisch befaßt sich die vorliegende Arbeit mit den zwei Frauengestalten Mme Arnoux und Rosanette, mit welchen Frédéric Moreau, die Hauptperson des Buches, jeweils auf unterschiedliche Weise eine Beziehung führt.
Zwei weitere Frauen, Mme Dambreuse sowie Louise Roque, spielen zwar auch eine Rolle in dem Liebesleben Frédérics, jedoch eine sekundäre. Eine Ausarbeitung über alle vier Frauen würde den Rahmen einer Proseminararbeit sprengen.
Bei der Gegenüberstellung von der Bürgersfrau und der Dirne stehen zunächst Äußerlichkeiten im Vordergrund, die notwendig sind, um sich eine Vorstellung der zwei Figuren zu machen. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der inneren Beschaffenheit der Frauen und ihren Gefühlen zu Frédéric. In welchen Bereichen eine Differenz der beiden weiblichen Charaktere existiert und ob die Frauen völlig konträr von Flaubert angelegt worden sind, wird im Hauptteil der Arbeit zu überprüfen sein. Die Aspekte, welche unter Punkt 2 aufgeführt sind, werden unter dialektischem Vorgehen behandelt, das heißt, daß eine direkte Gegenüberstellung zu jedem Thema vorgenommen wird.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Gegenüberstellung von Mme Arnoux und Rosanette unter verschie- denen Aspekten
2.1. Name
2.2 Aussehen
2.3 Kindheit
2.4 Familienstand
2.5. Atmosphäre und Farbgebung
2.6. Innere Beschaffenheit
2.6.1 Mme Arnoux
2.6.2 Rosanette
2.7. Liebe zu Frédéric
2.7.1 Mme Arnoux - Frédéric
2.7.2 Mme Arnoux - M. Arnoux
2.7.3 Rosanette - M. Arnoux
2.7.4 Rosanette - Frédéric
3. Schlußbemerkung
4. Literaturverzeichnis.
1. Einleitung
Thematisch befaßt sich die vorliegende Arbeit mit den zwei Frauengestalten Mme Arnoux und Rosanette, mit welchen Frédéric Moreau, die Hauptperson des Buches, jeweils auf unterschiedliche Weise eine Beziehung führt.
Zwei weitere Frauen, Mme Dambreuse sowie Louise Roque, spielen zwar auch eine Rolle in dem Liebesleben Frédérics, jedoch eine sekundäre. Eine Ausarbeitung über alle vier Frauen würde den Rahmen einer Proseminararbeit sprengen.
Bei der Gegenüberstellung von der Bürgersfrau und der Dirne stehen zunächst Äußerlichkeiten im Vordergrund, die notwendig sind, um sich eine Vorstellung der zwei Figuren zu machen. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der inneren Beschaffenheit der Frauen und ihren Gefühlen zu Frédéric. In welchen Bereichen eine Differenz der beiden weiblichen Charaktere existiert und ob die Frauen völlig konträr von Flaubert angelegt worden sind, wird im Hauptteil der Arbeit zu überprüfen sein. Die Aspekte, welche unter Punkt 2 aufgeführt sind, werden unter dialektischem Vorgehen behandelt, das heißt, daß eine direkte Gegenüberstellung zu jedem Thema vorgenommen wird.
2. Gegenüberstellung von Mme Arnoux und Rosanette unter verschie- denen Aspekten
2.1 Name
Mme Arnoux heißt mit Vornamen Marie-Angèle (vgl. Flaubert S.131)[1]. Lediglich zu Beginn des Buches wiederholt der verliebte Frédéric für sich den Namen Marie (vgl. Flaubert S. 55) und in einer bestimmten Zeit der Besuche bei ihr darf er sie beim Vornamen nennen: il l`appelait <Marie> (Flaubert S. 340), doch generell wird sie mit ihrem Nachnamen Mme Arnoux tituliert. Bei dem Namen Marie erscheint der Gedanke an die heilige Maria nicht abwegig, desweiteren steckt in Angèle ange ‘Engel’ . Durch diese Namengebung wird Mme Arnoux eine religiöse Seite, allein durch ihren Vornamen, zuerkannt.
Rosanette ist dem Leser unter ihrem Vornamen oder unter la Maréchale (Flaubert S.181) geläufig. Bei ihrem Spitznamen ‘Marschallin’ klingt eine herrische und dominante Art an. Mit vollständigem Namen heißt sie Mlle Rose-Annette Bron (Flaubert S.169). Bei der Wahl der Namen zeigt sich ein gezieltes Einsetzen der Vor- und Nachnamen. So soll die Verwendung des Nachnamens den eher distanzierten und respektvollen Umgang zwischen Mme Arnoux und Frédéric hervorheben, während der Gebrauch des Vornamens Rosanette die unmittelbare Nähe und Vertrautheit untermalt.[2]
2.2 Aussehen
Als erstes werden die großen, schönen schwarzen Augen von Mme Arnoux erwähnt, die einen gewissen Glanz ausstrahlen (vgl. Flaubert S. 50f, 191). Ein ovales Gesicht, lange Wimpern, eine gerade Nase (vgl. Flaubert S. 51, 327), feinporige Haut (vgl. Flaubert S. 340) und ein winziges Muttermal an der rechten Schläfe (vgl. Flaubert S. 106) kennzeichnen ihren schönen Kopf (vgl. Flaubert S. 57), der von schwarzem, glattgescheiteltem langem Haar (vgl. Flaubert S. 51, 106, 247) umgeben wird. Ihre Haut schimmert bräunlich (vgl. Flaubert S. 51). Es werden lediglich noch ihre kleinen Hände (vgl. Flaubert S. 202) mit den zarten Fingern (vgl. Flaubert S. 51) und ihre winzigen Füße (vgl. Flaubert S. 55) erwähnt, somit steht hauptsächlich die Beschreibung ihres Kopfes im Vordergrund.
Die äußere Erscheinung von Mme Arnoux bleibt schleierhaft, sie wird nicht auf das Körperliche herabgesetzt. Auffällig ist, daß Flaubert bei ihrer Beschreibung doppelt soviele Adjektive benutzt wie bei der Rosanettes.[3] Generell wird sie durch die Augen Frédérics gesehen und durch seine Empfindungen dem Leser nahe gebracht, für die anderen Menschen ihres Umfeldes stellt sie kein Ideal dar:[4] pas mal, sans avoir pourtant rien d`extraordinaire (Flaubert S. 111) konstatiert sein Freund Deslauriers, Elle passe pour très jolie (Flaubert S. 250) sagt Mme Dambreuse und Rosanette äußert sich folgendermaßen: Une personne d`un âge mûr, le teint couleur de réglisse, la taille épaisse, des yeux grands comme des soupiraux de cave, et vides comme eux! (Flaubert S. 492). Auch die Mitreisenden auf dem Schiff bemerken nichts Auffälliges an ihrer Person, was Frédéric sehr verwundert (vgl. Flaubert S. 53). Fest steht, daß es sich bei ihr um einen dunklen Frauentyp handelt.
Rosanette besitzt ebenfalls wie Mme Arnoux ein ovales Gesicht (vgl. Flaubert S. 400), niedliche Fingerchen (vgl. Flaubert S. 265) und trägt ein hellbraunes Haarband (vgl. Flaubert S. 400), ansonsten gibt es keine weiteren Ähnlichkeiten zwischen den zwei Frauen. Rosanette hat blonde, lange Haare (vgl. Flaubert S. 73, 182), hübsche helle Augen (vgl. Flaubert S. 177, 205), ein geschminktes Gesicht (vgl. Flaubert S. 177), wulstige Lippen (vgl. Flaubert S. 400 ), einen feuchten Mund und mollige Arme (vgl. Flaubert S. 205). Die anfangs festen Formen ihres Körpers (vgl. Flaubert S. 205) verändern sich im Verlaufe des Romanes zu weichen, rundlichen (vgl. Flaubert S. 430), wobei sie in ihrer Schwangerschaft eine aufgedunsene und fleckige Haut hat (vgl. Flaubert S. 435). Am Ende des Buches ist sie unförmig dick (vgl. Flaubert S. 507). Bei der Beschreibung dieser Frau fällt auf, daß ihre Mundpartie sowie ihre Figur hervorgestellt werden.
2.3 Kindheit
Mme Arnoux stammt aus Chartres, wo ihre Eltern als bescheidene Kleinbürger wohnen (vgl. Flaubert S. 229). Sie erzählt Frédéric, wie sie als Zwölfjährige fromm sowie gläubig war und sehr viel gesungen hat (vgl. Flaubert S. 339), mehr erfährt der Leser nicht von dieser Lebensphase.
Rosanette hat bei ihren Eltern, die Seidenweber in einer Lyoner Vorstadt waren, als Lehrmädchen gearbeitet. Obwohl ihr Vater ein fleißiger und tüchtiger Mann war, fand er bei seiner Ehefrau keine Anerkennung, denn sie schalt ihn ständig und vertrank das erarbeitete Geld. Mit fünfzehn Jahren wurde Rosanette von ihrer Mutter an einen fremden, abstoßenden Mann vermittelt, der sie mit in ein Nebenzimmer eines Restaurants nahm. Von dem Tag an blieb sie widerwillig dort und kehrte nicht mehr zu ihrer Familie zurück (vgl. Flaubert S. 402f).
2.4 Familienstand
Wie die Anrede Madame schon erkennen läßt, ist Mme Arnoux verheiratet. Ihr Mann ist zunächst Inhaber des Geschäftes L`Art industriel, wechselt dann aber das Gewerbe und betreibt eine Fabrik, die Geschirr herstellt, auf dem Land. Zusammen hat das Ehepaar zwei Kinder, Marthe und Eugène. M. Arnoux führt ein Verhältnis mit Rosanette, wovon Mme Arnoux auch weiß (vgl. Flaubert S. 224). Interessant erscheint die Personenkonstellation an Beziehungen, da Rosanette sowohl die Dirne von M. Arnoux als auch die von Frédéric ist. Die befreundeten Männer verbindet jeweils die Liebe zu Mme Arnoux, wobei Mme Arnoux und Frédéric sich zwar lieben, es aber nie zu einem Ehebruch kommt. Die beiden Frauen wissen voneinander, kennen sich aber nur flüchtig.
Rosanette hat viele Männer, neben den eben erwähnten können u.a. noch M. Cisy, Delmar, Fürst Tschernukoff und M. Oudry namentlich aufgeführt werden. Von letzterem wird Rosanette Witwe und adoptiert einen Sohn, nachdem sie das gemeinsame Kind mit Frédéric kurz nach seiner Geburt verloren hat. Auch Mme Arnoux ist beim letzten Zusammentreffen mit Frédéric verwitwet und lebt bei ihrem Sohn in Rom.
2.5 Atmosphäre und Farbgebung
Dunkle Farben wie dunkelblau, braun und schwarz sind typisch für die Kleidung von Mme Arnoux: Elle avait une robe de velours noir (Flaubert S.95); elle porta une robe de chambre en soie brune (Flaubert S. 341) . In ihrem ganzen Auftreten zeigt sich ein gediegener und seriöser Stil.[5] Auffallend erscheint die häufige Verwendung des Wortfeldes paraître (vgl. Flaubert S. 95, 270), zu Beginn des Romans heißt es: ce fut comme une apparition (Flaubert S. 50). Diese ‘Erscheinung’ trägt sich an einem sehr hellen, sonnigen Tag unter freiem Himmel zu, dieser Aspekt ist von Bedeutung, da Frédéric diese Frau nie wieder unter solchem Lichteinfluß sehen wird. Für die darauffolgenden Treffen mit Mme Arnoux ist stets eine finstere, dunkle und schattige Umgebung typisch: elle se trouvait enveloppée d`ombre (Flaubert S. 95); une ombre mystérieuse (Flaubert S. 121).[6] Meistens hat bereits der Spätnachmittag bzw. Abend begonnen, so auch bei der letzten Begegnung Frédérics mit Mme Arnoux (vgl. Flaubert S. 500).
Schimmer und Glanz umgeben dagegen Rosanette, für deren Ankleidestil auch farbige Kleidung charakteristisch ist: habillée d`une veste de satin rose ... une calotte rouge (Flaubert S. 324). Ihre Person steht mit dem Tageslicht in Verbindung: Au milieu du jour, le soleil, tombant d`aplomb sur les larges verdures, les éclaboussait, suspendait des gouttes argentines à la pointe des branches, rayait le gazon de traînées d`émeraudes, jetait des taches d`or sur les couches de feuilles mortes (Flaubert S. 397f).
Durch diesen Zusammenhang der Frauen mit den Tageszeiten wird verdeutlicht, daß es sich bei ihnen um Kontrastpersonen handelt, sie sind wie Tag und Nacht.
Die Distanz zu Mme Arnoux, die größtenteils sitzend (vgl. Flaubert S. 162, 224) und allein (Flaubert S. 50) dargestellt wird, verdeutlicht die Erwähnung von gitterartigen Gegenständen: rideau de peupliers pâles (Flaubert S. 50); des grilles (Flaubert S. 48); deux rangs de tilleuls; un grillage d`or (Flaubert S. 132), welche Symbole für die Trennung darstellen.[7]
Generell überzieht die Farbe Gold den ganzen Roman. Die erwähnten Zitate bezüglich der Gitter und der Beschreibung der Umgebung bei Tag zeigen, daß das Umfeld in einen goldenen Schein getaucht wird. Auch im Hinblick auf die Personen des Romanes erscheinen durchgehend goldene Elemente. Mme Arnoux` Handgelenk schmückt ein goldenes Kettchen (vgl. Flaubert. S. 53) und an ihrer Feier zum Namenstag trägt sie Schuhe en peau mordorée, wobei sich ein gitterähnliches goldenes Muster auf ihren Strümpfen abzeichnet (vgl. Flaubert S. 133). Die Brieftasche, ihr Abschiedsgeschenk an Frédéric, ist couvert de palmes d`or (Flaubert S. 501). Doch die goldene Farbe tritt nicht nur bei dieser Frau auf, ein goldenes Kreuz (vgl. Flaubert S. 48) wird in Verbindung mit ihrem Ehemann genannt, und auch auf einem Spaziergang mit Rosanette werden die Fenster der Gebäude mit des plaques d`or (Flaubert S. 209) verglichen.[8]
[...]
[1] Flaubert, G., L`éducation sentimentale, 131. Im folgenden werden alle Zitate aus diesem Werk durch
“Flaubert Seitenzahl” abgekürzt, alle inhaltlich aufgegriffenen Aspekte durch “vgl. Flaubert Seiten
zahl”.
[2] Endress, P., Die Psychologie der Ehebrecherin, 175f.
[3] Cogny, P., Histoire et langage, 28.
[4] Endress, H.-P., Die Psychologie der Ehebrecherin, 215f.
[5] Endress, P., Die Psychologie der Ehebrecherin, 220.
[6] Cogny, P., Histoire et langage, 26.
[7] Endress, P., Die Psychologie der Ehebrecherin, 211.
[8] A.a.o., 218f.
- Quote paper
- Yvonne Dämgen (Author), 2000, Gegenüberstellung der Frauen Mme Arnoux und Rosanette des Romanes 'L`éducation sentimentale' von Gustave Flaubert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44413
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