Das Hauptziel dieser Arbeit ist es, eine effiziente, effektive und zufriedenstellende Lösung (Usability) für den Nutzungskontext smartes Fernsehen zu erarbeiten, die ein positives Nutzungserlebnis (User Experience) schafft.
Um dieses Ziel zu erreichen, soll eine konzeptionell und gestalterisch ausgearbeitete Anwendung für ein personalisiertes Fernsehen entwickelt werden, welche die Vorteile des linearen TV-Erlebnisses und die des individuell gestaltbaren Video on Demand Konsums miteinander verbindet. Platziert werden soll diese Anwendung innerhalb eines neuartigen Smart-TV Konzepts, welches die Anwendungsmöglichkeiten für den Bewegtbildkonsum bündelt und zur Personalisierung der Anwendung beiträgt.
Das neuartige Smart-TV Konzept soll sich lediglich mit dem Thema Fernsehen auseinander setzen und die entsprechenden Anwendungen, die der Markt derzeit anbietet, zusammenfassen. Denn Angebote, die diese Vielfalt vereinfachen, werden in der Zukunft relevant sein.
Diese Bündelung umfasst drei Hauptbestandteile, die aktuell zum Bewegtbildkonsum am TV-Gerät benutzt werden: das lineare Live TV, die Mediatheken der Sender und Video on Demand Anbieter.
Hinzu kommt als viertes Element die in dieser Arbeit ausgearbeitete Anwendung für ein personalisiertes Fernsehen. Jegliche Zusatzfunktionen, die nicht zum eigentlichen Fernseherlebnis beitragen, wie z.B. Gaming Apps, Browser oder Social Media Apps, sollen zum Zweck der Übersichtlichkeit und genaueren Definition der Zielgruppe ausgeklammert werden. Sie werden derzeit nur im geringen Umfang von den Smart-TV Anwendern benutzt und sind daher nicht relevant für den Nutzungskontext TV.
Das grundlegende Konzept der personalisierten Anwendung besteht darin, dass bereits veröffentlichte TV-Inhalte durch einen Algorithmus so ausgewählt werden, dass der Nutzer ein individuelles Programm angeboten bekommt, ohne dabei aktiv Inhalte auszusuchen. Es soll ein personalisiertes Nutzererlebnis geschaffen werden, welches sich am klassisch passiven Fernsehkonsum orientiert.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehensweise
2 Nutzeranalyse: Klassisches Fernsehen und Smart-TV
2.1 Nutzerverhalten und -bedürfnisse für den Bewegtbildkonsum per TV-Gerät .
2.1.1 Lineares Fernsehen
2.1.2 Non-lineares Fernsehen
2.2 Nutzereingrenzung für die geplante Anwendung
2.2.1 Primärzielgruppe
2.2.2 Sekundärzielgruppe
2.3 Anforderungen für die geplante Anwendung
3 Personalisierung
3.1 Formen der Personalisierung: Allgemein und für Bewegtbild
3.2 Best Practice Spotify
3.3 Konzeption der Personalisierung für die geplante Anwendung
3.3.1 Kriterien Metadaten
3.3.2 Inhaltliche und kollaborative Filterung der Programminhalte
3.3.3 Ausnahmeregeln und Besonderheiten im Rahmen der Filterung
3.3.4 Anforderungen für das weiteres Vorgehen
4 Usability Test der konzeptionierten Personalisierung
4.1 Planung und Vorbereitung
4.2 Durchführung
4.3 Ergebnisse und Erkenntnisse des Tests
4.4 Fazit des Tests
5 Gestaltung: Smart-TV und personalisierte Anwendung
5.1 Funktionen und Organisationsstruktur (Sitemap)
5.2 Bedienung und Interaktionen
5.2.1 Fernbedienung
5.2.2 Wireframes
5.3 Visual Design
5.3.1 Logogestaltung
5.3.2 Screendesign
5.4 Hinweise für eine zukünftige Ausarbeitung der Gestaltung
6 Fazit und Ausblick
Anhang A: Umfrage Nutzerverhalten und -bedürfnisse Bewegtbildkonsum
A.1 Demographische Angaben der Befragten
A.2 Ergebnisse Befragung
Anhang B: Quellen Statistiken, Umfragen, Prognosen
Anhang C: Personas Primär- und Sekundärzielgruppe
C.1 Primärzielgruppe
C.2 Sekundärzielgruppe
Anhang D: Wireframes yourTV
Anhang E: Screendesigns yourTV
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Literatur- und Quellenverzeichnis
1 Einleitung
Im Rahmen der Medienkonvergenz verändert sich auch die Mediennutzung von Fernseh- geräten. Immer mehr Fernseher werden in Deutschland mit dem Internet verbunden und stellen eine Verschmelzung von Computer, Tablet, Smartphone und TV-Gerät dar. Die Grenzen der Funktionen dieser Medien können zunehmend nicht mehr klar definiert werden. So können z.B. auf allen Geräten Videos konsumiert werden, Spiele gespielt oder im Internet via Browser gesurft werden.
Die Gerätschaften, die unter diese Verschmelzung fallen, werden als smarte Geräte (zu Deutsch intelligente Geräte) bezeichnet. So werden auch TV-Geräte, die mit dem Internet verbunden werden können, Smart-TVs genannt. Doch beschreibt weniger der technische Aspekt Internet ein Smart-TV, als vielmehr die Eigenschaft, dass das Gerät durch die Nutzung der Internettechnologie Funktionen intelligent verbindet, um Nutzerbedürfnisse zu erfüllen.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass trotz Verschmelzung jedes smarte Gerät in einem anderen Nutzungskontext steht und dadurch unterschiedliche Nutzerbedürfnisse erfüllt werden müssen. Die Anforderungen an ein Smart-TV sind demnach nicht die gleichen wie für ein Smartphone. Auch wenn beide Geräte teils gleiche Funktionen besitzen.
Für den sehr jungen Nutzungskontext „Smart-TV“ gibt es noch keine fest etablierten Konzepte, welche die Nutzerbedürfnisse in einem so hohen Umfang befriedigen, dass sich sogenannte Gatekeeper, wie z.B. das iPhone für den Markt der Smartphones, etabliert haben.1 Im Rahmen dieser Arbeit soll solch ein möglicher Gatekeeper konzeptionell und gestalterisch entwickelt werden.
Einleitend hierfür verschafft die tabellarische Darstellung auf der folgenden Seite einen Überblick darüber, welche inhaltlichen Angebote sowohl das smarte als auch das klassische Fernsehen aktuell anbieten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten2 3
Tab. 1-1: Übersicht inhaltliche Angebote klassisches Fernsehen und Smart-TV Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an die Medienanstalten 2013, S. 13
1.1 Problemstellung
Um audiovisuelle Inhalte über das TV-Gerät zu konsumieren gibt es, wie bereits in der Einleitung dargestellt, verschiedene inhaltliche als auch technische Möglichkeiten. In dieser Arbeit werden die Probleme zweier Ebenen betrachtet. Die erste Ebene befasst sich mit den programm-inhaltlichen Konzepten, zu denen das klassische Fernsehen, Pay-TV und Video on Demand zählen. Die zweite Problemebene betrachtet die gesamte Konzeption eines Smart-TVs.
Erste Ebene
Die gängigste Form Bewegtbild auf einem TV-Bildschirm zu konsumieren ist das klassische Fernsehen. Beim linearen Fernsehen werden Programminhalte zu festen Sendezeiten auf verschiedenen Kanälen angeboten, auf deren Planung der Nutzer keinen direkten Einfluss nehmen kann.
Eine im Rahmen dieser Arbeit durchgeführte Umfrage zeigt, dass besonders die zeitliche und inhaltliche Inflexibilität neben dem Faktor Werbung den größten Nachteil darstellt.4 Durch den vorgegebenen Ablauf kann der Nutzer allerdings die Kontrolle abgeben und sich in einer passiven Haltung „berieseln“ lassen. Diese Lean Back5 Haltung wird bei der Umfrage mit fast 50 % als größter Vorteil des klassischen Fernsehens genannt.6 Außerdem ermöglicht diese Form einen spontanen Konsum. Der Nutzer schaltet nur das Gerät an und das Programm wird automatisch gestartet.
Als individuellere Variante besteht die Möglichkeit zusätzlich zum klassischen Fernsehpro- gramm Pay-TV Sender dazu zu buchen. Diese sind meist thematisch sortiert und dessen lineares Programm kann, sofern eine Festplatte angeschlossen wird, mit der sogenannten Time-Shift Funktion aufgezeichnet werden. Somit kann durch Pausieren, Fortsetzen und Vor- und Zurückspulen der Fernsehkonsum flexibilisiert werden.
In Deutschland ist Sky der erfolgreichste Pay-TV Anbieter.7 So können bei Sky Filmliebhaber z.B. das Paket Sky Cinema buchen, Sportliebhaber Sky Sport usw. Allerdings wird auch beim Pay-TV die Programmplanung im Detail vom Sender vorgegeben und es kann außerhalb der Time-Shift-Funktionen kein Einfluss genommen werden.
Wer zeitlich und inhaltlich völlig flexibel sein möchte, nutzt das Angebot von Video on Demand Anbietern. Darunter zählen Mediatheken der Sender ebenso wie bezahlte Videos auf Abruf. Die erfolgreichsten Anbieter von kostenpflichtigen Inhalten sind derzeit Netflix und Amazon Prime Video.8
Bei Video on Demand greift der Nutzer über das Internet auf die Online-Bibliotheken des Anbieters zu und kann sich aus diesem Angebot zu einer gewünschten Zeit individuell Inhalte aussuchen und anschauen. Diese Flexibilität ist laut einer Umfrage des Forschungs- unternehmens Nielsen für 80% der Teilnehmer der Hauptgrund, um Video on Demand Anbieter zu nutzen.9 Allerdings ist bei der Video on Demand Nutzung im Vergleich zum klassischen Fernsehkonsum mehr Einsatz vom Nutzer gefragt. Die Inhalte werden nicht mehr passiv, sondern aktiv in einer Lean Forward10 Haltung konsumiert. Der Nutzer verbringt aktiv Zeit damit sich einen Überblick über das Angebot zu verschaffen, um anschließend eine Auswahl zu treffen und das Programm abzuspielen. Genau dieses lange Suchen nach passenden Inhalten ist neben dem Kostenpunkt für die Nutzer der zweitgrößte Nachteil an Video on Demand Angeboten.11
Im Hinblick auf die Individualisierbarkeit und Nutzungshaltung können die Eigenschaften der verschiedenen Möglichkeiten Bewegtbild über das TV-Gerät zu konsumieren wie folgt zusammengefasst werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1.1-1: Eigenschaften des Bewegtbildkonsums über das TV-Gerät Quelle: eigene Darstellung
Der Nutzer hat demnach die Möglichkeit zu entscheiden, ob er ein personalisiertes Programm schauen möchte, für das er mehr Einsatz bringen muss oder ob er ein wenig bis gar nicht personalisiertes Programm mit wenig Einsatz schauen möchte. Die Wünsche
nach individuell zugeschnittenen Programminhalten auf der einen Seite und nach passiver und spontaner Benutzung auf der anderen, stehen sich also gegenüber ohne mit einem Mehrnutzen für den Konsumenten verbunden zu werden.
Es gibt derzeit keine Anwendung, die eine Kombination der beiden Wünsche darstellt und dem Nutzer ein personalisiertes Programm in einer Lean Back Haltung ermöglicht. Dieses Problem wird innerhalb dieser Arbeit als Schwerpunkt unter konzeptionellen und gestalteri- schen Gesichtspunkten bearbeitet.
Zweite Ebene
Neben der vorangehend beschriebenen Problemstellung gibt es noch eine weitere, die sich auf das allgemeine Konzept eines Smart-TVs bezieht.
Durch die stark fragmentierten und zahlreichen Möglichkeiten einen Smart-TV zu benutzen, wird das Erlebnis Fernsehen unübersichtlich und überfordert den Nutzer.12 Es gibt noch keine Lösung, die den Zugriff auf die verschiedenen Anwendungen so bündelt, dass sie zu einem zufriedenen Nutzererlebnis führen, welches sich durch eine positive Einstellung dem System gegenüber und der Freiheit von Beeinträchtigungen auszeichnet.13 Das lässt sich daraus ableiten, dass es noch keinen Gatekeeper für ein Smart-TV Konzept gibt. Auch dieses Problem wird im Rahmen der Arbeit in Ansätzen konzeptionell und gestalterisch bearbeitet.
1.2 Zielsetzung
Das Hauptziel dieser Arbeit ist es, eine effiziente, effektive und zufriedenstellende Lösung (Usability) für den Nutzungskontext smartes Fernsehen zu erarbeiten, die ein positives Nutzungserlebnis (User Experience) schafft.14
Um dieses Ziel zu erreichen, soll eine konzeptionell und gestalterisch ausgearbeitete Anwendung für ein personalisiertes Fernsehen entwickelt werden, welche die Vorteile des linearen TV-Erlebnisses und die des individuell gestaltbaren Video on Demand Konsums miteinander verbindet. Platziert werden soll diese Anwendung innerhalb eines neuartigen Smart-TV Konzepts, welches die Anwendungsmöglichkeiten für den Bewegtbildkonsum bündelt und zur Personalisierung der Anwendung beiträgt.
Das neuartige Smart-TV Konzept soll sich lediglich mit dem Thema Fernsehen auseinander setzen und die entsprechenden Anwendungen, die der Markt derzeit anbietet, zusammen- fassen. Denn Angebote, die diese Vielfalt vereinfachen, werden in der Zukunft relevant sein.15
Diese Bündelung umfasst drei Hauptbestandteile, die aktuell zum Bewegtbildkonsum am TV-Gerät benutzt werden: das lineare Live TV, die Mediatheken der Sender und Video on Demand Anbieter. Hinzu kommt als viertes Element die in dieser Arbeit ausgearbeitete Anwendung für ein personalisiertes Fernsehen. Jegliche Zusatzfunktionen, die nicht zum eigentlichen Fernseherlebnis beitragen, wie z.B. Gaming Apps, Browser oder Social Media Apps, sollen zum Zweck der Übersichtlichkeit und genaueren Definition der Zielgruppe ausgeklammert werden. Sie werden derzeit nur im geringen Umfang von den Smart-TV Anwendern benutzt und sind daher nicht relevant für den Nutzungskontext TV.16
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1.2-1: Schaubild geplantes Smart-TV Konzept Quelle: eigene Darstellung
Das grundlegende Konzept der personalisierten Anwendung besteht darin, dass bereits veröffentlichte TV-Inhalte durch einen Algorithmus so ausgewählt werden, dass der Nutzer ein individuelles Programm angeboten bekommt, ohne dabei aktiv Inhalte auszusuchen.
Es soll ein personalisiertes Nutzererlebnis geschaffen werden, welches sich am klassisch passiven Fernsehkonsum orientiert.
Aus wirtschaftlicher Sicht finanziert sich dieses Prinzip durch Werbung, dessen Einbindung ebenfalls durch Personalisierung und innovativen Interaktionen einen Mehrwert für Nutzer und Werbetreibende darstellen könnte. Innerhalb der Konzeption und Gestaltung für die Smart-TV Anwendung zur Personalisierung des Programms wird darauf aber nicht weiter eingegangen.
Zum besseren Verständnis visualisiert die nachfolgende Darstellung kurz das Geschäfts- modell hinter der Anwendung für das personalisierte TV-Programm.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1.2-2: Geschäftsmodell Smart-TV Anwendung für personalisiertes TV-Programm Quelle: eigene Darstellung
1.3 Vorgehensweise
Um eine erfolgreiche konzeptionelle und gestalterische Umsetzung des Smart-TVs und im Detail der personalisierten Anwendung zu erlangen, werden zu Beginn Recherchen und Analysen zur Bildung einer fundierten Grundlage für spätere Entscheidungen durchgeführt. Diese sollen Aufschluss über das Nutzerverhalten in Bezug auf das smarte und klassische Fernsehen geben und eine Zielgruppe hervorbringen.
Außerdem soll aufgezeigt werden, was eine Personalisierung beinhaltet, wie sie vorge- nommen werden kann und welche bereits etablierten Anwendungsbeispiele als Orientierung dienen können. Im Rahmen der Konzeption werden dann die Möglichkeiten der Personali- sierung verglichen und entsprechende konzeptionelle Entscheidungen getroffen. Die erarbei- teten Mechanismen der Personalisierung werden daraufhin teilweise in einem Usability Test auf ihre Funktionalität überprüft. Diese Überprüfung erfolgt nur in Ansätzen, da kein Algorithmus programmiert wird und es sich um einen Prototypen handelt.
Im Hinblick auf die Gestaltung der Benutzeroberfläche des Smart-TVs und der personali- sierten Anwendung werden Funktionen festgelegt, die auf Grundlage der durchgeführten Nutzeranalyse zu einem positiven Nutzererlebnis führen.
Zur Auswahl der benötigten Funktionen werden daraufhin Interaktionsmöglichkeiten durch eine entsprechend einfach zu bedienende Fernbedienung erarbeitet. Funktionen und Inter- aktionen werden anschließend in Wireframes und Screendesigns umgesetzt. Die optische Gestaltung wird dabei nach Designregeln und -prinzipien vorgenommen.
Nicht betrachtet werden innerhalb dieser Arbeit technische Hürden, wie z.B. die Program- mierung des Algorithmus, sowie rechtliche und wirtschaftliche Hürden, wie das Erlösmodell von öffentlich-rechtlichen Sendern, die sich nur begrenzt durch Werbung finanzieren dürfen.
2 Nutzeranalyse: Klassisches Fernsehen und Smart-TV
Als Grundlage für die Konzeption und Gestaltung des Smart-TVs im Allgemeinen und der Anwendung für ein personalisiertes Fernsehprogramm im Detail, werden in diesem
Kapitel das Nutzerverhalten und -bedürfnisse beim Bewegtbildkonsum am TV-Gerät näher betrachtet. Da das geplante Konzept für die personalisierte Anwendung eine Mischung aus den Vorteilen des klassischen Fernsehens und des smarten Fernsehens zum Ziel hat, werden das Verhalten und die Bedürfnisse für beide Formen analysiert. Zusätzlich soll aufgrund der Nutzeranalyse eine Zielgruppe für das geplante Smart-TV definiert werden.
2.1 Nutzerverhalten und -bedürfnisse für den Bewegtbildkonsum per TV-Gerät
Laut dem Digitalisierungsbericht 2015 der Medienanstalten haben 20,1 % der Deutschen ein Smart-TV, also ein TV-Gerät, das ohne externes Zusatzgerät mit dem Internet verbunden werden kann. Gut die Hälfte der Besitzer hat diese Verbindung eingerichtet. Hinzu kommen noch Peripheriegeräte, die nicht smarte TV-Geräte mit dem Internet verbinden können.
In der Summe verfügen dadurch 28 % der Haushalte über ein Gerät, das mit dem Internet verbunden werden kann und fast 20 % sind effektiv angeschlossen. Die Tendenz ist steigend.17
Interessant ist daher vor allem die Betrachtung des Nutzerverhaltens auf dem sich wandelnden Gebiet des intelligenten Fernsehens und die Akzeptanz der neuen Möglich- keiten. Das Angebot von Bewegtbildinhalten mittels einem internetfähigen TV ist sehr komplex und es ist fraglich, was zur Auswahl und zufriedenstellenden Nutzung und somit auch zum Erfolg des jeweiligen Konzepts führt.18
Trotz des Wandels zum smarten Internetfernsehen ist das klassische Fernsehen aktuell noch das meistgenutzte Medium. Es gilt herauszufinden welche Argumente dafür sprechen, dass das klassische Fernsehen seine Bedeutung behält und wie diese Aspekte mit denen des smarten Fernsehens vereint werden können.
2.1.1 Lineares Fernsehen
Die Deutschen haben eine tägliche Mediennutzung von 572 Minuten und das Fernsehen ist mit einer durchschnittlichen täglichen Nutzungsdauer von 270 Minuten mit Abstand das meistgenutzte Medium. Die Nutzungsdauer stieg 2016 sogar noch einmal im Vergleich zum Jahr 2014. Dies war das Ergebnis einer Forsa Studie aus dem Frühjahr 2016, die von SevenOne Media für den Media Activity Guide 2016 in Auftrag gegeben wurde.
SevenOne Media ist ein Tochterunternehmen der ProSiebenSat.1 Group und vermarktet die deutschsprachigen Sender der Gruppe (SAT.1, ProSieben, kabel eins, sixx, SAT.1 Gold, ProSieben MAXX), ihre digitalen Plattformen (Pay-TV, Video on Demand, Online, Mobile, Games, Teletext), sowie verschiedene Drittangebote (Teletext) und führt seit Jahren Forschungen im TV-Bereich durch.
Aus derselben Studie ging auch hervor, dass das klassische lineare Fernsehen mit einer Nutzungsdauer von 262 Minuten durchschnittlich am Tag weit vor non-linearen Angeboten wie kostenlose Online-Videos, Video on Demand oder DVDs liegt. Das lineare Fernsehen ist also noch stark verankert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2.1.1-1: Vergleich tägliche Mediennutzungsdauer und täglicher Bewegtbildkonsum Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an SevenOne Media 2016, S. 9-14
Eine ethnografische Studie der Medienanstalten, die im Herbst 2013 durchgeführt wurde, brachte zum Vorschein, dass die Probanden, obwohl sie die Möglichkeit hatten über smarte Geräte Inhalte individuell auszuwählen, bei einer spontanen Alltagsnutzungssituation dennoch zuerst das lineare TV-Programm ausgewählt und „durchgezappt“ haben.
Erst als keine passenden Inhalte gefunden wurden, wurde auf die non-linearen Inhalte zurückgegriffen.19
Doch die Bedeutung neuer Konzepte für den Bewegtbildkonsum steigt und es lässt sich erahnen, dass langfristig gesehen der klassische TV-Konsum zurückgehen wird. Die Ergeb- nisse des Media Activity Guide zeigen auch, dass im Vergleich zum Jahr 2014 in allen Altersgruppen die Nutzung von non-linearen Angeboten zunimmt, insbesondere bei der jüngeren Generation. Bei den 14 - 29-Jährigen ist eine deutliche Verschiebung vom klassi- schen Fernsehen zu non-linearen Angeboten zu beobachten. Besonders sticht der Anstieg in der Nutzung von bezahlten Video On Demand Angeboten hervor. Zusätzliche Kosten werden also für ein individuelles Programm in Kauf genommen.20
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2.1.1-2: Tägliche Bewegtbildnutzung nach Zielgruppen Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an SevenOne Media 2016, S. 15
Die Kernzielgruppe des klassischen Fernsehens bewegt sich demnach ab 30 Jahre aufwärts.
Sie haben im Vergleich zu jüngeren Zuschauern eine höhere Sehdauer pro Tag. Die nachfol- gende Statistik der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF), welche seit über 50 Jahren Fernsehzuschauerforschung betreibt, bestätigt dies als zweite Quelle.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2.1.1-3: Durchschnittliche Sehdauer pro Tag nach Altersgruppen
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an AGF 2015, tägliche Fernsehdauer nach Altersgruppen, Anhang B
Die großen Vorteile der non-linearen Bewegtbildangebote liegen in der zeitlichen Flexibi- lität und der individuellen Auswahl der Programminhalte.21 Dennoch findet nur langsam ein Wechsel statt und es scheint Argumente für das klassische Fernsehen zu geben, welche die Konsumenten weiterhin an dieses Konzept binden. Es ist zu ermitteln, welche Eigenschaften des klassischen TV-Erlebnisses bei der Entwicklung einer Alternative bestehen bleiben müssen und welche zu ersetzen sind.
Eine Eigenschaft des linearen TV-Programms ist die häufige Nutzung des Fernsehers, um vom Alltag abzuschalten und sich „berieseln“ zu lassen. Dies geht ebenfalls aus dem Media Activity Guide 2016 sowie aus der für diese Arbeit durchgeführte Umfrage hervor. Der Nutzer kann einfacher abschalten, wenn nicht viel Einsatz gefragt wird. Dies ist beim klassi- schen Fernsehen der Fall. Man schaltet das TV-Gerät an und ein vorgegebenes Programm wird automatisch gestartet. Der Nutzer kann sich zurücklehnen und entspannen.
Häufig ist das Fernsehen auch lediglich ein angenehmes Begleitmedium, das im Hintergrund konsumiert wird, wenn z.B. der Haushalt gemacht oder im Internet gesurft wird. Auch in diesem Fall ist ein passives Nutzungserlebnis die präferierte Eigenschaft.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2.1.1-4: Parallelnutzung TV
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an SevenOne Media 2016, S. 26
Die passive Haltung ist somit ein erfolgreicher Aspekt des klassischen Fernsehens, da sie eine Rückzugsmöglichkeit von den unendlichen und damit auch überfordernden Alterna- tiven des Internets mit seiner Schnelllebigkeit und all seinen Angeboten und Interaktionen ist.22
Des Weiteren ist der gesellschaftliche Faktor des linearen Fernsehens nicht zu unter- schätzen. Im Rahmen einer Umfrage im Jahr 2007 gaben ca. 75 % der Befragten an, den Fernseher zu nutzen, um mitreden zu können.23 Auch für die Zukunft ist eine qualita- tiv-psychologische Grundlagenstudie des WDR zur Mediennutzung im Jahr 2024 davon überzeugt, dass ein Bedürfnis bestehen wird in Gemeinschaft Medien wie das Fernsehen zu nutzen.24
Auch wenn die Mobilität und Flexibilität als Nutzungsmotive an Bedeutung gewinnen, schaffen z.B. feste Sendeplätze Konstanten im Alltag und tragen zur Entspannung bei. Für die Schweiz, welche einen ähnlichen TV-Markt zu Deutschland hat, hat eine Umfrage aus dem Jahr 2014 hervorgebracht, dass sich 51% der Befragten sicher sind auch in Zukunft ihre Lieblingsserien nicht zu verpassen.25
Eine zunehmend negativ betrachtete Eigenschaft des klassischen Fernsehens ist die Qualität der Programminhalte. Bei der offenen Frage nach Wünschen für das Fernsehen der Zukunft wurde im Rahmen der für die Arbeit durchgeführten Umfrage (Anhang A) überwiegend
eine steigende Qualität der TV-Inhalte genannt. Auch eine BBC Umfrage aus dem Jahr 2013 spiegelt wieder, dass die Qualität des TV-Programms eher durchwachsen wahrgenommen wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2.1.1-5: Qualität des deutschen Fernsehprogramms
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BBC 2013, Qualität deutsches Fernsehprogramm, Anhang B
Diese Qualitätsansprüche sind allerdings für jeden Nutzer unterschiedlich und können nur individuell erfüllt werden. Derzeit ist dies nur per aktiven Einsatz über non-lineare Angebote möglich, wobei davon auszugehen ist, dass auch beim herkömmlichen
TV-Programm für jeden ein passendes Programm enthalten ist. Diese Inhalte sind unter Umständen aber nicht bekannt, da sie entweder zu den nicht passenden Zeiten laufen oder aber auf einem Spartensender, auf den der Nutzer in der Regel nicht schaltet.
Zusammenfassend liegen die positiven Eigenschaften des klassischen Fernsehens in der passiven Nutzungshaltung, dem Gemeinschaftsfaktor und der täglichen Routine die zur Stabilisierung des Alltags beiträgt. Diese Eigenschaften sollten bei der Konzeption des personalisierten Programms berücksichtigt werden. Negativ fallen die zeitliche Inflexibi- lität und die Qualität der Inhalte ins Gewicht. Diese Nachteile sollten bei der geplanten Anwendung nicht auftauchen.
2.1.2 Non-lineares Fernsehen
Wie bereits in der Analyse des linearen Fernsehens genannt, verschiebt sich - wenn auch langsam - der Konsum von Bewegtbild in den Online-Bereich. Ein großer Faktor ist hierbei die zeitliche Flexibilität und der Vorteil die Inhalte nach eigenen Interessen auszuwählen. Außerdem können so beispielsweise mehrere Episoden einer bereits veröffentlichten Serie hintereinander geschaut werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2.1.2-1: Nutzungsgründe Video on Demand Angebote
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Nielsen 2015, Nutzungsgründe für Video on Demand Angebote, Anhang B
Eine Nutzung von online bezogenen non-linearen Inhalten findet vor allem an im Voraus geplanten Abenden statt, an denen mit dem Partner oder Freunden Filme oder Serien angesehen werden.26 Das lineare Programm scheint also tendenziell eine Alltagslösung zu sein und die non-linearen Angebote werden für z.B. klassische Filmabende genutzt.
Eine negative Eigenschaft der non-linearen Online-Angebote ist, dass bei der spontanen Suche nach passenden Inhalten mehr Einsatz vom Nutzer gefordert wird und die Suche deutlich länger dauert als bei dem klassischen Fernsehprogramm, sofern nicht bereits ein expliziter Programminhalt im Fokus steht. Das lange Suchen nach Inhalten wurde auch bei der durchgeführten Umfrage (Anhang A) als einer der größten Nachteile bei non-linearen Online-Angeboten angegeben.
Dass ein gesteigertes Interesse für individuell ausgesuchte Videos besteht, wurde nun durch mehrere Umfragen und Statistiken bestätigt. Allerdings stellt sich mit Blick auf die geplante Anwendung die Frage, ob auch ein Interesse besteht übliche TV-Inhalte personalisiert zu konsumieren. Im Unterschied zu Video on Demand Angeboten zum Beispiel, die vorwiegend Filme und Serien in ihren Katalogen führen, werden hier neben Filmen und Serien auch Nachrichten, Shows, Magazine, Reality Dokus usw. angeboten.
Dass Interesse besteht, zeigt ein Vergleich der Nutzung von Angeboten zum Konsum von Online-Videos. Mit 63 % liegt die Nutzung von Sendermediatheken nur knapp hinter der Nutzung von Youtube (66%) und ist fast doppelt so hoch wie die von Video on Demand Inhalten (34%).27 Außerdem fällt bei der Betrachtung der Nutzung der immer häufiger in Haushalten vorkommender Smart-TVs auf, dass die meistgenutzte Funktion der Zugriff auf verpasste Sendungen in Online Mediatheken der Sender ist.28
Wie im vorangegangenen Abschnitt vermutet, gibt es somit TV-Programme, welche die Nutzer explizit sehen wollen, aber z.B. aufgrund der Sendezeit nicht im linearen Fernseh- programm schauen. Diese Inhalte treffen scheinbar so stark die Bedürfnisse, dass von den Nutzern eine aktive Lean Forward Haltung eingenommen wird und die Inhalte explizit ausgesucht werden.
Was mit hoher Wahrscheinlichkeit weiterhin nicht vom Nutzer wahrgenommen wird sind Inhalte, die ihn interessieren könnten, aber von denen er keine Kenntnis hat. Ein Grund dafür ist die fehlende Kenntnis über das Programm- und Senderangebot. So könnte es z.B. sein, dass sich ein Nutzer, der in der Regel gerne Unterhaltungsshows bei den bekannten Privatsendern wie RTL oder ProSieben schaut, auch gerne Dokumentationen über Künstler schauen würde, auf diese aber nicht aufmerksam wird, da er z.B. in der Regel nicht auf Sender wie arte schaltet.
Die zu übernehmenden Vorteile der Video on Demand Angebote liegen zusammengefasst in der zeitlichen Flexibilität und der vom Nutzer gewünschten inhaltlichen Qualität. Zu
vermeiden ist hingegen die zeitaufwändige Suche nach Programminhalten. Wünschenswert ist zudem die Erweiterung des Horizonts der Nutzer durch das Anbieten von Inhalten, die sich außerhalb der üblichen Nutzerpräferenzen bewegen.
2.2 Nutzereingrenzung für die geplante Anwendung
Die Recherchen im Kapitel 2.1 haben ergeben, dass vor allem 14 – 29-Jährige von einem personalisierten Fernsehkonzept angesprochen werden könnten. Da aber die Nutzungsmög- lichkeit der personalisierten Anwendung mit einem Kauf des ganzen TV-Geräts zusammen- hängt, wird die Primärzielgruppe auf Kunden zwischen 20 und 29 Jahren festgelegt, da die Kaufkraft der unter 20-Jährigen vergleichsweise gering ist.29
Nach der Etablierung des Produkts soll der Kundenkreis sekundär auf Personen ab 30 Jahren ausgeweitet werden, die derzeit noch überwiegend vom klassischen Fernsehmodell angesprochen werden, aber grundlegend ein Interesse an einem personalisierten Fernsehen haben und somit eine attraktive und große Zielgruppe für die Zukunft darstellen.30
In den nachfolgenden Punkten werden jeweils für die Primär- und Sekundärzielgruppe zwei Personas beschrieben, die sich aus einer dem Activity Guide 2016 der SevenOne Media ergeben. Diese Eigenschaften der Personas werden in der Priorität vor die Alterseingrenzung gesetzt. Eine visuelle Übersicht mit den wichtigsten Eigenschaften der Personas sind im Anhang C zu finden.
2.2.1 Primärzielgruppe
Für die junge Primärzielgruppe (20-29 Jahre) lassen sich folgende zwei Personas benennen: Die digitalen Avantgardisten und die Gemeinschaftsseher.
Die digitalen Avantgardisten stellen den jüngsten Mediennutzungstyp dar. Sie sind zu fast 70 % unter 30 Jahre alt, überwiegend männlich und ledig (82%) ohne Kinder (79%). Die digitalen Avantgardisten sind sehr technikaffin und probieren gerne neue Technologien aus. Sie gehören auch zu denen, die am stärksten von individuellen Inhalten angesprochen werden. Dabei greifen sie auf verschiedene kostenlose und kostenpflichtige Angebote zurück, die einen Bezug zum Fernsehprogramm haben können (Mediatheken) aber nicht zwangsweise haben müssen (z.B. Video on Demand Anbieter wie Netflix).
Die Gemeinschaftsseher sind echte Fernsehfans und schauen gerne zusammen mit anderen. Mobilität und Technik sind ihnen nicht so wichtig, aber es besteht ein Interesse an perso- nalisierten Inhalten. Diese individuellen Bedürfnisse befriedigt die Nutzergruppe haupt- sächlich durch die Nutzung von Mediatheken statt durch Angebote außerhalb des Fernseh- programms. Die Gemeinschaftsseher sind im Gegensatz zu den digitalen Avantgardisten gleichermaßen männlich und weiblich, aber auch mehrheitlich ledig (67%) und kinderlos (73%).31
2.2.2 Sekundärzielgruppe
Auch wenn die Sekundärzielgruppe erst in Zukunft angestrebt wird, müssen bei Entschei- dungen über Eigenschaften und Funktionen der personalisierten Anwendung als auch für das Smart-TV an sich bereits Charakteristika dieser Zielgruppe berücksichtigt werden. Diese Eigenschaften können mit den zwei Personas „Echte Klassiker“ und „Die Anspruchsvollen“ beschrieben werden.
Die echten Klassiker sind absolute Fernsehliebhaber ab 30 Jahren und nutzen im Vergleich zu anderen Mediennutzungstypen das Fernsehen am häufigsten. Zusätzlich besteht eine hohe Affinität für das Radio. Auf Mobilität und Technik legen sie keinen großen Wert. Das Fernsehen soll sie unterhalten und informieren. Die echten Klassiker sind meist verheiratet und haben Kinder.
Die Konsumenten, die den Anspruchsvollen angehören, schauen Fernsehen lieber allein und möchten dabei gedanklich gefordert werden. Mobilität und Technik sind ihnen nicht so wichtig, aber dennoch konsumieren sie viele verschiedene Medien. Sie lesen überdurch- schnittlich oft Zeitung, hören gerne Radio und lesen häufig Bücher und Zeitschriften. Die Anspruchsvollen setzen sich überwiegend aus Personen ab 40 Jahren zusammen und sind wie die echten Klassiker meist verheiratet oder geschieden und haben Kinder. 32
2.3 Anforderungen für die geplante Anwendung
Wie bereits in Kapitel 1 erläutert, soll die geplante Anwendung für das personalisierte Fernsehprogramm keine Applikation sein, die auf bestehenden Geräten installiert wird. Es soll eine Anwendung innerhalb eines eigenem smarten Geräts sein, das ausschließlich dem Fernsehkonsum dient und somit ein übersichtliches und zufriedenstellendes Fernseherlebnis für den Nutzer darstellt.
Aus diesem Grund sind die Übersichtlichkeit und Reduzierung auf das Wesentliche Hauptan- forderungen an die Konzeption und Gestaltung. Dies zieht sich von der Bedienung über die Benutzeroberfläche bis hin zum Programminhalt.
Im Bezug auf das Fernseherlebnis haben die Nutzer das Bedürfnis in einer entspannten, passiven Lean Back Haltung sich vom Programm „berieseln“ zu lassen ohne dabei inhaltlich oder zeitlich eingeschränkt zu werden. Daher soll die Personalisierung von TV-Inhalten bestmöglich völlig automatisch und ganz ohne zeitintensiven, aktiven Einsatz erfolgen.
3 Personalisierung
Durch die unfassbare Vielfalt der linearen als auch non-linearen Bewegtbildinhalte sind die Konsumenten überfordert. Die Befragten einer Schweizer Umfrage gaben zu 31 % an, dass es ihnen schwer fällt sich für Medieninhalte zu entscheiden. Dabei ist die Überforderung bei den 15 – 39-Jährigen (35%) nahezu genau so groß, wie die der über 60-Jährigen (36%).33
Außerdem nehmen die Mediennutzer diese Vielfalt als einen Sog der Medien wahr, der ihnen auf der einen Seite hohe Möglichkeiten der Unterhaltung bietet, aber sie auf der anderen Seite auch einer Beliebigkeit und Oberflächlichkeit aussetzt. Dies wird als negativ und eben auch überfordernd wahrgenommen.34 Die unbegrenzte Vielfalt führt außerdem dazu, dass Inhalte nicht mehr als etwas Besonderes wahrgenommen und dadurch auch uninteressant werden.35
Eine Lösung für dieses Problem ist es die Inhalte auf verschiedene Weisen zu personali- sieren. Vor allem jüngere Mediennutzer, die mit dem Internet aufgewachsen sind, sehen in den Personalisierungen eine Möglichkeit der Vielfalt Herr zu werden und einen Überblick zu erlangen.36
Ein Beweis für den Mehrwert von Personalisierung im TV-Bereich lässt sich bereits in aktuellen Anwendungen finden. Neben den Empfehlungen durch Freunde und Bekannte sind die der Online Anbieter (wie z.B. von Netflix) der Hauptgrund dafür, dass z.B. neue Serien entdeckt werden. Auffällig ist, dass bei den Jüngeren die Empfehlungen der Anbieter eine höhere Trefferquote erreichen als bei den Älteren.37 Das lässt sich dadurch erklären, dass die jüngeren Zuschauer Video on Demand Angebote stärker nutzen und die Algorithmen hinter den Systemen, durch die größere Menge an Daten zum Nutzungsverhalten, auf diese Gruppe optimiert sind.
Es ist zu erwarten, dass die Personalisierung im TV-Bereich in der Zukunft zunimmt38. In diesem Kapitel wird eine Personalisierung für ein individuelles Fernsehprogramm auf Grundlage bestehender Konzepte erarbeitet.
3.1 Formen der Personalisierung: Allgemein und für Bewegtbild
Grundlegend bedeutet eine Personalisierung die Zuordnung von Merkmalen zu einem Nutzer, welche wiederum dafür eingesetzt werden die Anwendung auf die persönlichen Vorlieben und Bedürfnisse des Nutzers anzupassen.
Damit diese Zuordnung und Anpassung funktioniert, ist das Anlegen eines Profils bei fast allen Formen der Personalisierung eine Voraussetzung.
Die persönlichen Vorlieben und Bedürfnisse können auf zwei Wege in Erfahrung gebracht werden. Entweder explizit durch die Eingabe von Daten durch den Nutzer oder implizit durch die Beobachtung des Nutzerverhaltens.39
Für die Umsetzung der automatisch greifenden Personalisierung gibt es wiederum drei Möglichkeiten:
- Regelbasierte Personalisierung
- Kollaborativ gefilterte Personalisierung
- Inhaltsbasierte Personalisierung
Eine regelbasierte Personalisierung ist eine unflexible Anpassung von Inhalten an festge- legte Informationen aus dem Profil. Zum Beispiel kann es die farbliche Anpassung nach Geschlecht sein oder die persönliche Ansprache mit dem Profilnamen.
Das kollaborative Filtern ist eine automatisierte Personalisierung und führt Zusammenhänge von Benutzergruppen, die Ähnlichkeiten aufweisen, zu einer Empfehlung für den Einzelnen zusammen. Der bekannteste Vertreter dieses Empfehlungssystems ist der Online Shop von Amazon. Die Empfehlungen lauten dann meist „Kunden, die dieses Produkt kauften, kauften auch...“.
Die wohl anspruchsvollste Variante ist die der inhaltsbasierten Personalisierung. Bei dieser werden den angebotenen Inhalten verschiedene Parameter zugewiesen, die dann den inhaltlichen Präferenzen zugeordnet werden.40 Der erfolgreichste und bekannteste Anbieter, der dieses Prinzip als hauptsächliche Form der Personalisierung nutzt, ist der
Musik-Streaming-Dienst Spotify. Jedes einzelne Musikstück wird mehrfach kategorisiert und anschließend zugeordnet. Das ist unter Berücksichtigung des Produkts besonders komplex, da Musik zwar in groben Genres zusammengefasst werden kann, aber die Feinheiten, die darüber entscheiden, ob etwas gefällt oder nicht schwer zu differenzieren sind. Diese Nuancen werden emotional wahrgenommen und sind im Gegensatz zu z.B. Haushaltsgeräten nur schwer kategorisierbar.
Da dies bei Videoinhalten ähnlich ist, sollen die Prinzipien von Spotify im folgenden Abschnitt „Best Practice Spotify“ näher analysiert werden und die Schlussfolgerungen dem Personalisierungskonzept der geplanten Anwendung dienen.
Automatische Personalisierung durch implizite oder explizite Daten findet beim klassischen Fernsehen aktuell nicht statt. Lediglich eine manuelle Personalisierung durch explizites Handeln des Nutzers ist möglich.
Ein Beispiel für die manuelle Personalisierung ist die Auswahl von TV-Inhalten durch das Studieren von Programmzeitschriften. Der Nutzer kann so analog festlegen was er wann schauen möchte und, wenn er die technische Möglichkeit besitzt, sogar aufzeichnen.
Die Nutzung von Programmzeitschriften ist vor allem bei der älteren Generation vertreten. Die Leserschaft der auflagenstarken Zeitschriften TV Digital und Hörzu bewegen sich beispielsweise zwischen 40 – 60 Jahren und älter.41 42
Auch das Aufzeichnen kann als manuelle Personalisierung gesehen werden, da damit die zeitliche Planung der TV-Sender übergangen wird und der Nutzer vorspulen, zurückspulen und pausieren kann.
Eine moderne und digitale, aber immer noch manuelle Variante der Programmzeitschrift, ist der Electronic Programm Guide (EPG), welcher bei der digitalen TV-Übertragung mitgeschickt wird. Fast die Hälfte der Personen in Haushalten mit digitalem TV-Anschluss hat bereits vom EPG gehört und ein gutes Drittel nutzt diesen auch. Neben den Programminformationen kann so auch die Senderreihenfolge geändert und zusätzlich eine Favoritenliste erstellt werden. Dies ist eine weitere Form der manuellen Personalisierung mit einer Nutzung von gut 70 %.43
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3.1-1: Nutzung Electronic Program Guide (EPG)
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an die Medienanstalten 2015, S. 65
Das EPG kann wie eine Programmzeitschrift auch Empfehlungen beinhalten.
Die ethnografische Studie der Medienanstalten im Herbst 2013 zeigte, dass für diese Empfehlungen sich auch hier vor allem jüngere Nutzer offen zeigen, während ältere Nutzer Programmempfehlungen über das EPG tendenziell ablehnen.44
Allerdings sind die Empfehlungen, wie auch bei Zeitschriften, nicht direkt auf den einzelnen Nutzer zugeschnitten. Dies ist nur durch automatische Personalisierung, die z.B. auf Online- Daten zurückgreift, möglich. Der Video on Demand Anbieter Netflix nutzt eine explizite Erfassung der Nutzerpräferenz, indem der Nutzer beim ersten Öffnen der Anwendung aufge- fordert wird, drei bevorzugte Serien auszuwählen. Auf Grundlage dieser Information und dem Nutzungsverhalten des Einzelnen (implizite Erfassung von Nutzerpräferenzen) sowie den gesamten Nutzern (kollaborativ gefilterte Personalisierung) werden Vorschläge für passende Inhalte ermittelt. Ähnlich funktioniert dies auch bei der Online-Video-Plattform Youtube, bei der allerdings vorab keine Favoriten ausgewählt werden.
Eine weitere Art der Personalisierung, die sowohl analog mit Hilfe eines Festplattenre- corders, als auch online über einen Server vorgenommen werden kann, ist die bereits erwähnte Time-Shift Funktion. Die 2013 veröffentlichte Studie der Medienanstalten testete bei den Probanden die Häufigkeit der Nutzung der Time-Shift-Funktion und stellte eine ausgiebige Nutzung im Alltag fest. Dabei war die Aufnahmefunktion uninteressanter als das Pausieren, Fortsetzen und Vorspulen des Live-Programms.45
Das Hybrid Broadcast Broadband TV (HbbTV) bietet im Vergleich zum EPG weitere Funktionen. Hierbei handelt es sich um eine Mischung aus dem elektronischen Programm- führer, Mediathek und dem Teletext. So werden zahlreiche Zusatzdienste der TV-Sender auf dem Smart-TV angeboten. Während des linearen TV-Programms kann über den roten Knopf auf der Fernbedienung das HbbTV abgerufen werden, sofern es vom Sender angeboten wird. Dies ist ein europaweiter Standard. Das HbbTV bietet dem Nutzer beispielsweise kostenlose Video-Clips zu vielen Sendungen, einen Programmführer nach verschiedenen Kategorien, Vorschau-Trailer zu Sendeinhalten und häufig auch den Zugriff auf Mediatheken der jeweiligen Sender. Zusätzlich werden auf Sendungen zugeschnittene Anwendungen oder auch kundenindividuelle Werbung angeboten.46 Das HbbTV ist also ein erster Versuch das klassische lineare TV mit Funktionen, die durch die Verbindung zum Internet möglich sind, anzureichern. Der Nutzer kann von einer passiven Haltung in eine aktive Haltung wechseln und explizit nach Inhalten und Informationen suchen. Außerdem verbindet diese Anwendung viele Funktionen, für die sonst verschiedene Apps aufgerufen werden müssten (z.B. Mediatheken, Apps der Sender etc.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3.1-2: HbbTV ARD
Quelle: ARD
Die Reichweite von HbbTV wird zukünftig zunehmen47, allerdings waren die Funktionen des HbbTVs bei der ethnografischen Studie der Medienanstalten selbst den technikinteressier- teren Probanden kaum bekannt.48 In einem expliziten User Experience Test, der im Jahr 2011 durch facit digital durchgeführt wurde, zeigte sich jedoch, dass die Funktionen des HbbTV allgemein positiv wahrgenommen werden. Die Hauptpunkte, die für die Probanden einen Mehrwert darstellen, sind der Zugriff vom linearen Programm aus auf die Mediatheken der Sender, der erweiterte Programm Guide mit Trailern für folgende Sendungen und das Angebot von Nachrichten als Video. Außerdem wurde das hochauflösende Design des HbbTV als sehr viel ansprechender empfunden, als der Teletext mit seiner geringen Auflösung.
Eine große Herausforderungen ist neben den technischen Einschränkungen (z.B. die Geschwindigkeit bei Funktionsaufrufen) die Übersichtlichkeit. Das fehlende senderüber- greifende, einheitliche Layout, führt zu einer Behinderung des Lernprozesses bei der Bedienung.
Mit Blick auf die Gestaltung der Nutzeroberfläche, der Auswahl von Funktionen und Inter- aktionen für die personalisierte Anwendung als auch das gesamte Smart-TV, kann an dieser Stelle bereits folgendes zusammengefasst werden:
- Es besteht der Wunsch nach einem einheitlichen Layout für alle Anwendungen, um die Bedienung zu erleichtern.
- Der Nutzer möchte unkompliziert und schnell zwischen den verschiedenen Anwen- dungsmöglichkeiten wechseln.
- Um sich einen Überblick über das Programm zu verschaffen, ist der Zugriff auf Trailer und Programminformationen gewünscht.
- Ein jederzeit möglicher Zugriff auf Nachrichten sollte geschaffen werden. Diese Nachrichten sollten außerdem als Video abrufbar sein.
3.2 Best Practice Spotify
Spotify ist mit 100 Millionen Nutzern weltweit einer der größten Musik-Streaming-An- bieter.49 Innerhalb der Anwendung erhalten diese Nutzer jede Woche ein personalisiertes Mixtape namens Discover Weekly mit 30 neuen Songs zum Entdecken. Voraussetzung dafür ist, dass man einen mindestens zwei Wochen alten Account besitzt und innerhalb der letzten 30 Tage aktiv war.50
Die Vorschläge, die in dieser Playlist unterbreitet werden, erzeugen durch die hohe Treffer- quote eine große Zufriedenheit bei den Nutzern.51 Dahinter steckt ein gut funktionierender Algorithmus, der sich grob aus drei Faktoren zusammensetzt.
Der erste Baustein für diesen Algorithmus sind die zahlreichen Playlists der Nutzer. Jede dieser händisch angelegten Playlists spiegelt den persönlichen Musikgeschmack wider.52 Wenn jemand angibt, dass er Rockmusik mag, beinhaltet dies eine ganze Bandbreite von unterschiedlichsten Subgenres. Ähnlich verhält es sich beim Bewegtbild. Auch Komödien können beispielsweise so unterschiedlich sein, dass sie einem Nutzer, der angibt dieses Genre zu mögen, aufgrund persönlichen Geschmacks nicht alle gefallen werden. Da die Technik derzeit nicht an diese menschliche Beurteilung herankommt, sind die Playlists das Herzstück, denn feinere Abstufungen einer Musikkategorie werden bei der Erstellung berücksichtigt.
Der zweite Faktor ist die Aufzeichnung und Auswertung der Nutzungsgewohnheiten des einzelnen Nutzers. Jedem Nutzerprofil wird kleinteilig ein Musikgeschmack zugewiesen. Die oben genannten feinen Unterschiede werden auch hier durch die Zuordnung zu den vielen Unterkategorien eines Musikgenres berücksichtigt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3.2-1: Spotify Geschmacksprofil 1
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Pasick 2015
Anschließend überprüft der Algorithmus beispielsweise in welchen fremden Playlists die Lieblingssongs des Nutzers vorkommen. Die Musikgeschmäcker der Nutzer, die diese Playlists erstellt haben, werden mit dem Musikgeschmack des Nutzers, der die Empfehlung erhalten soll, verglichen. Bei einer Übereinstimmung werden Songs aus den fremden Playlists, die dem Nutzer noch unbekannt sind, in seiner persönlichen Discover Weekly Playlist aufge- nommen. Die Darstellung auf der folgenden Seite veranschaulicht die grundsätzlichen Funktionsstrukturen des Algorithmus für die wöchentliche Playlist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3.2-2: Algorithmus Spotify
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Pasick 2015
Zu dieser inhaltlichen Filterung kommen noch einige weitere Faktoren, welche die Qualität der Empfehlungen weiter steigern. Spotify besitzt ein Lernsystem, welches Muster innerhalb der Nutzung erkennt. Hört der Nutzer z.B. für gewöhnlich Funk und Soul und spielt außer der Norm Kindermusik ab, erkennt das Programm diese außergewöhnliche Nutzung und bezieht sie bei der Zuordnung des Musikgeschmacks nicht mit ein.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3.2-3: Spotify Geschmacksprofil 2
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Pasick 2015
Außerdem werden bestimmte Genres aus der Bewertung für die Empfehlung ausgeschlossen. So finden Weihnachtslieder nach dem 25. Dezember keine Berücksichtigung.
Die Discover Weekly Playlist kann von Woche zu Woche sehr unterschiedlich ausfallen, da das Nutzerprofil und der dazugehörige Musikgeschmack immer den aktuellen und variie- renden Nutzungsgewohnheiten angepasst werden.
Es kann vorkommen, dass mehrere Nutzer den gleichen Song in ihrer personalisierten Playlist finden. Dies hat aber nichts damit zu tun, dass aktiv seitens Spotify Lieder in die Playlists eingefügt werden. Spotify geht keine Deals mit Plattenlabeln ein, um Songs in diesen Listen zu platzieren. Lediglich die Nutzer sollen dafür sorgen, dass etwas in die personalisierten Listen aufgenommen wird. Wenn also mehrere Nutzer den gleichen Song in der Discover Weekly Playlist gelistet bekommen, dann nur, weil dieser Song genreüber- greifend von vielen Nutzern gehört und in deren Playlists gespeichert wird.
So gut der Algorithmus auch ausgearbeitet ist, ist dennoch nicht jeder Song in der persona- lisierten Playlist ein Treffer.
Der Nutzer kann allerdings auch selbst zur Verbesserung des Ergebnisses beitragen. Folgende drei Punkte helfen bei der Steigerung der Qualität:
1. Playlisten erstellen.
2. Songs überspringen, die nicht auf Zustimmung treffen.
3. Bei Nutzungen, die nicht das Profil beeinflussen sollen (z.B. wenn der Account auch von jemand anderem benutzt wird), den privaten Modus einschalten. Das Nutzungsver- halten in diesem Modus wird nicht berücksichtigt.53
Die Funktionsweise des Algorithmus für den wöchentlichen persönlichen Mix greift grund- legend auch für die anderen Empfehlungen innerhalb der Spotify Anwendung. Dazu kommen noch Playlists, die aufgrund von bestimmten Songs vorgeschlagen werden. Diese sind dann gekennzeichnet mit „Empfehlen wir dir basierend auf xy“. Außerdem fließen Nutzungs- gewohnheiten, die mit Tageszeiten und Wochentagen in Verbindung gebracht werden, in die Empfehlung ein. Sollte der Nutzer tendenziell abends unter der Woche ruhigere Musik bevorzugen, wird auch das bei den Vorschlägen berücksichtigt.
3.3 Konzeption der Personalisierung für die geplante Anwendung
Da die Personalisierung der klassischen TV-Inhalte die eigentliche Innovation des geplanten Smart-TVs darstellt, ist ein wichtiges Ziel der Arbeit ein Konzept für eine zufriedenstellende Personalisierung mit hohen Trefferquoten zu entwickeln.
Um dies zu erreichen, orientiert sich das Konzept stark an dem gelungenen Beispiel von Spotify. Die Funktionen sollen auf die geplante Anwendung hin modifiziert und ergänzt werden. Bei der Anpassung und Ergänzung soll auf alle drei Formen der Personalisierung (regelbasiert, kollaborativ und inhaltlich gefiltert) zurückgegriffen werden. Wobei die Regel- basierte lediglich die persönliche Ansprache mit dem Benutzernamen darstellt.
Um den passiven Charakter nicht zu verlieren, soll dabei so wenig Einsatz wie möglich vom Nutzer für die Personalisierung gefordert werden. Daher sollen, im besten Fall vor der Benutzung der personalisierten Anwendung, Daten über das Nutzerverhalten in den Anwendungen „Live TV“ und „Mediatheken“ gesammelt werden. Diese dienen der voll automatisierten Erstellung eines personalisierten Programms. Das bedeutet, dass, ähnlich
wie bei der Discover Weekly Playlist bei Spotify, der Nutzer erst nach einer gewissen Zeit die Anwendung für das personalisierte Fernsehen benutzen kann.
Da aber von Anfang an auch die geplante Anwendung benutzbar sein soll und das trotz fehlender impliziter Daten auch zufriedenstellend, werden zwei Nutzerszenarien angeboten.
Szenario 1: Daten werden über einen gewissen Zeitraum in „Live TV“ und „Mediatheken“ gesammelt und führen zu einem automatisch personalisierten Programm.
Szenario 2: Bei nicht ausreichend gesammelten Daten, kann der Nutzer aktiv Präferenzen festlegen.
Bei den nachfolgenden Beschreibungen der Personalisierung, werden beide Nutzerszenarien berücksichtigt.
3.3.1 Kriterien Metadaten
Genau wie bei Spotify sollen den Programminhalten Metadaten zugeordnet werden, die mit den Nutzerdaten der Anwender kombiniert werden und durch verschiedene Filter zu einem personalisierten Programm führen.
Die Nutzerdaten setzen sich zum einen aus den Profildaten (Alter, Geschlecht usw.) zusammen, welche in einem obligatorischen Profil für die Benutzung des Smart-TVs angegeben werden müssen und zum anderen aus Nutzerpräferenzen. Diese Präferenzen werden für die erste Benutzung im Rahmen des Szenarios 1 durch die Auswertung des Nutzerverhaltens innerhalb der genannten Anwendungen gesammelt und in Bezug auf Szenario 2 durch die explizite Angabe des Nutzers festgelegt. Im weiteren Nutzungs- verlauf werden in beiden Szenarien Daten aus der Benutzung der Anwendungen „Live TV“, „Mediatheken“ und der personalisierten Anwendung selbst zur Optimierung verwendet.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3.3.1-1: Übersicht Datenfluss für die personalisierte Anwendung Quelle: eigene Darstellung
Die Metadaten müssen kleinteilig für jeden Content angelegt werden und mehrere Tags54 beinhalten, da subtile Kriterien über die Zustimmung des Nutzers entscheiden. So können Komödien z.B. neben lustig auch traurig, melancholisch, anspruchsvoll, einfach oder drama- tisch sein. Außerdem kann die Dramaturgie und Gestaltung eines Inhaltes dafür sorgen, dass bestimmte Altersgruppen oder ein Geschlecht bevorzugt angesprochen werden.
Ein Tag beschreibt eine Information, die wiederum auf weitere Elemente verweist. Ein Tag dient somit vor allem der Filterung von Inhalten. Zum Beispiel könnten unter dem Tag „Horrorfilm“ alle Filmtitel herausgefiltert werden, die das Etikett „Horrorfilm“ besitzen (vgl. Meiert 2006).
Für die geplante Metadatenzuordnung wurden daher folgende Grundkriterien ausgewählt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 3.3.1-1: Übersicht Grundkriterien Metadaten für die personalisierte Anwendung Quelle: eigene Darstellung
Es wird die Hypothese aufgestellt, dass diese Grundkriterien ausreichen, um passende Programminhalte, explizit im Nutzerszenario 2, zuzuordnen. Die Überprüfung dieser Hypothese folgt im Kapitel 4 im Rahmen eines Usability-Tests der Personalisierung.
Für die Festlegung der Emotionen wird das Rad der Emotionen von Robert Plutchik verwendet. Plutchik benennt in diesem acht Basisemotionen, bei denen er wiederum drei Intensivitätsstufen unterscheidet. Nach außen hin nimmt die Intensität der Emotionen ab und macht sie so schwieriger unterscheidbar von den benachbarten Emotionen innerhalb des Rads. Die jeweiligen Gegensätze der acht Basisemotionen liegen sich in Plutchiks Modell gegenüber. So bilden sich die Gegensatzpaare Freude - Traurigkeit, Erwartung - Überra- schung, Abneigung - Vertrauen, Groll - Angst.55
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3.3.1-2: Rad der Emotionen
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Plutchik 2002
Bei dem Anlegen der Metadaten werden jedem Inhalt alle Emotionen zugeordnet, die beim Betrachter ausgelöst werden können. Aufgrund dieser Zuordnungen wird angenommen, dass in Kombination mit dem Nutzerverhalten beobachtet werden kann, ob der Nutzer z.B.
Komödien bevorzugt, die etwas Nachdenkliches beinhalten oder auch etwas, das die Neugier weckt. Dadurch lässt sich auch das grundlegende Gemüt des Zuschauers ableiten. Die Überprüfung dieser Annahme erfolgt ebenfalls im Kapitel 4 im Rahmen des Usability Tests.
Bei der Zuordnung der Emotionen werden ebenso Abstufungen der Intensität vorge- nommen. Die Emotionen im inneren Kreis binden den Nutzer intensiver ein als die äußeren Emotionen. So werden ruhige Dokumentationen in der Regel die Emotionen des äußeren Kreises als Metadaten besitzen und nervenaufreibende Thriller die Emotionen des inneren Kreises.
Um den Programminhalten mögliche Empfehlungen in Bezug auf Alter und Geschlecht zuzuweisen, kann auf bestehende Quoten bzw. Marktforschungsergebnisse des jeweiligen Formats oder ähnlicher Inhalte zurückgegriffen werden. Die Beschreibung der Rubrik und des Genres/Themas kann durch festgesetzte Definitionen erfolgen.
Der Anspruch der Inhalte wird auf der Metadateneben in die drei Stufen niedrig, mittel und hoch unterteilt. Um einen Referenzwert für diese Beurteilung zu schaffen, werden diesen Stufen Nachrichtensendungen und deren Kompetenz zugeordnet. So kann abgewogen werden, ob das Niveau eines einzustufenden Inhaltes zu einer entsprechenden Nachrich- tensendung passt. Diese indirekte Zuordnung des Inhaltsniveaus ist vor allem für das Nutzerszenario 2 dienlich, da der Nutzer selbst Angaben über seinen Anspruch machen muss. Durch die Abstraktionsebene soll verhindert werden, dass vor allem ein niedriger Anspruch nicht durch den Nutzer verschwiegen wird.
[...]
1 Vgl. Die Medienanstalten 2013, S. 7-11.
2 HbbTV (Hybrid Broadcast Broadband TV ) Das HbbTV ist eine modernisierte Variante des Teletextes eines Senders und bietet zu den klassischen Funktionen via Internet zusätzliche Dienste an. Darunter fallen z.B. der Zugriff auf Trailer der angebotenen Sendungen und auf die Mediathek des jeweiligen Senders (vgl. die Medienanstalten 2013, S. 16).
3 Video on Demand (VoD) Video on Demand Anbieter stellen Online-Videotheken für den individuellen Abruf von Videos den Nutzern zur Verfügung (vgl. Schmidt 2009, S. 4).
4 Vgl. Geuting 2016: Umfrage Nutzerverhalten und –bedürfnisse Bewegtbildkonsum, Anhang A.
5 Lean Back = zurücklehnen.
6 Vgl. Geuting 2016: Umfrage Nutzerverhalten und –bedürfnisse Bewegtbildkonsum, Anhang A.
7 Vgl. Goldmedia 2016: Pay-TV- und IPTV-Abonnenten, Anhang B.
8 Vgl. Goldmedia 2016: Nutzung Videoportale, Anhang B.
9 Vgl. Nielsen 2015: Nutzungsgründe für Video on Demand Angebote, Anhang B.
10 Lean Forward = nach vorne lehnen.
11 Vgl. Geuting 2016: Umfrage Nutzerverhalten und –bedürfnisse Bewegtbildkonsum, Anhang A.
12 Vgl. WDR media group o. J., S. 12-13.
13 Vgl. Sarodnick/Brau 2011, S. 37.
14 Vgl. Heinecke 2012, S. 30-34.
15 Vgl. WDR media group o. J., S. 12-13.
16 Vgl. ALM 2015: Nutzung Funktionen Smart-TV, Anhang B.
17 Vgl. Die Medienanstalten 2015, S. 67-76.
18 Vgl. Die Medienanstalten 2013, S. 24.
19 Vgl. Die Medienanstalten 2013, S. 27.
20 Vgl. SevenOne Media 2016, S.15.
21 Vgl. Geuting 2016: Umfrage Nutzerverhalten und –bedürfnisse Bewegtbildkonsum, Anhang A.
22 Vgl. WDR media group o. J., S. 13.
23 Vgl. MindSet 2007: Nutzungsmotive für TV und Internet, Anhang B.
24 Vgl. WDR media group o. J., S. 19.
25 Vgl. publisuisse 2014, S. 19.
26 Vgl. Die Medienanstalten 2013, S. 27.
27 Vgl. Zattoo 2016: Vergleich Nutzung Internet-TV Services, Anhang B.
28 Vgl. Fittkau/Maaß Consulting 2012: Nutzung Online-Funktionen Smart-TV, Anhang B.
29 Vgl. Müller 2008, S. 292.
30 Vgl. Kupferschmitt 2016, S. 451.
31 Vgl. SevenOne Media 2016, S. 32 – 39.
32 Vgl. SevenOne Media 2016, S. 32 – 39.
33 Vgl. publisuisse 2014, S. 15.
34 Vgl. WDR media group o. J., S. 4.
35 Vgl. ebenda, S. 23.
36 Vgl. ebenda, S. 5-10.
37 Vgl. Statista 2016: Neuentdeckung von Serien, Anhang B.
38 Vgl. WDR media group o. J., S. 5-10.
39 Vgl. Mobasher/Anand 2005, S. 8-9.
40 Vgl. Mobasher 2007, S. 94 – 96.
41 Vgl. Media Impact 2016a.
42 Vgl. Media Impact 2016b.
43 Vgl. Die Medienanstalten 2015, S. 60 – 65.
44 Vgl. Die Medienanstalten 2013, S. 28.
45 Vgl. ebenda.
46 Vgl. ebenda, S. 16.
47 Vgl. Goldmedia 2016: Prognose Anzahl Haushalte HbbTV, Anhang B.
48 Vgl. Die Medienanstalten 2013, S. 36.
49 Vgl. Donath 2016.
50 Vgl. o.V. 2016a.
51 Vgl. Müller 2016.
52 Vgl. Pasick 2015.
53 Vgl. Pasick 2015.
54 Tag engl. = Etikett, Aushängeschild
55 Vgl. Plutchik, 2002.
- Quote paper
- Christina Geuting (Author), 2017, Konzeption und Gestaltung einer Smart-TV Anwendung zur Personalisierung des Programms, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/443924
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