Iran - ein Land mit einer Sonderstellung im Nahen Osten und im internationalen System. Obwohl das politische System in Iran durchaus demokratische Züge hat, betrachten die USA die Regierung in Teheran mit Skepsis. Doch auch im arabischen Raum selbst hat der schiitisch geprägte Iran mit außenpolitischer Isolation zu kämpfen, bedingt durch seinen Großmachtanspruch und den Versuch, die Revolution auch in die arabischen Nachbarstaaten zu tragen. Als Konsequenz dessen befindet sich das Land in einer wirtschaftlichen Misere und die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der herrschenden Regierung wächst. Seit einigen Jahren schaut die Welt mit Besorgnis auf die Entwicklungen in der Islamischen Republik. Das Atomprogramm der Iraner scheint nicht mehr nur friedlichen Zwecken zu dienen, obwohl dies von der Regierung in Teheran vehement bestritten wird. Besonders die USA befürchten, dass Iran im Geheimen schon lange Pläne für den Bau von Atomwaffen schmiedet. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob Iran tatsächlich nach der Atombombe strebt, was das für die Welt bedeuten würde und wie einzelne Akteure auf Teherans Ambitionen reagieren.
Ein kurzer historischer Überblick bietet den Einstieg für die Thematik und soll die Hintergründe schildern, die zu Irans heutiger Situation geführt haben. Das Verhältnis der USA zu Iran ist dabei ein wichtiger Aspekt, da die Geschichte des Landes entscheidend vom Einfluss der Amerikaner in der Region geprägt wurde.
Die Schilderung des historischen Hintergrunds leitet dann zu der zentralen Fragestellung dieser Arbeit hin, nämlich ob Iran tatsächlich auf dem Weg ist, ein atomares Pulverfass zu werden. Welche Indizien sprechen dafür und was spricht dagegen? Warum hat die iranische Regierung überhaupt ein Interesse daran, zu einer Atommacht aufzusteigen? An diese Fragen schließt sich eine weitere: Was würde es für das internationale System bedeuten, wenn Iran tatsächlich im Begriff wäre, Atomwaffen zu entwickeln?
Der dritte Teil dieser Arbeit untersucht die Reaktionen des internationalen Systems auf die Ambitionen und das Verhalten der iranischen Regierung. Dabei ist wiederum die Beziehung zwischen Iran und den USA von Bedeutung. Wie reagieren die Amerikaner auf die mögliche Bedrohung und woraus erklärt sich ihr Verhalten? Welche Rolle spielt dabei Israel? Doch auch die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Iran sind von Bedeutung.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Historischer Hintergrund
2. Iran und die Atombombe
a) Ziviles oder militärisches Atomprogramm?
b) Bedeutung für Iran
c) Bedeutung für das internationale System
3. Internationale Reaktionen
a) USA
b) EU
„USA gegen Iran – Der nächste Krieg?“ (Schlussbetrachtung)
Bibliographie
Einleitung
Iran - ein Land mit einer Sonderstellung im Nahen Osten und im internationalen System. Obwohl das politische System in Iran durchaus demokratische Züge hat, betrachten die USA die Regierung in Teheran mit Skepsis. Doch auch im arabischen Raum selbst hat der schiitisch geprägte Iran mit außenpolitischer Isolation zu kämpfen, bedingt durch seinen Großmachtanspruch und den Versuch, die Revolution auch in die arabischen Nachbarstaaten zu tragen. Als Konsequenz dessen befindet sich das Land in einer wirtschaftlichen Misere und die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der herrschenden Regierung wächst. Seit einigen Jahren schaut die Welt mit Besorgnis auf die Entwicklungen in der Islamischen Republik. Das Atomprogramm der Iraner scheint nicht mehr nur friedlichen Zwecken zu dienen, obwohl dies von der Regierung in Teheran vehement bestritten wird. Besonders die USA befürchten, dass Iran im Geheimen schon lange Pläne für den Bau von Atomwaffen schmiedet.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob Iran tatsächlich nach der Atombombe strebt, was das für die Welt bedeuten würde und wie einzelne Akteure auf Teherans Ambitionen reagieren.
Ein kurzer historischer Überblick bietet den Einstieg für die Thematik und soll die Hintergründe schildern, die zu Irans heutiger Situation geführt haben. Das Verhältnis der USA zu Iran ist dabei ein wichtiger Aspekt, da die Geschichte des Landes entscheidend vom Einfluss der Amerikaner in der Region geprägt wurde.
Die Schilderung des historischen Hintergrunds leitet dann zu der zentralen Fragestellung dieser Arbeit hin, nämlich ob Iran tatsächlich auf dem Weg ist, ein atomares Pulverfass zu werden. Welche Indizien sprechen dafür und was spricht dagegen? Warum hat die iranische Regierung überhaupt ein Interesse daran, zu einer Atommacht aufzusteigen? An diese Fragen schließt sich eine weitere: Was würde es für das internationale System bedeuten, wenn Iran tatsächlich im Begriff wäre, Atomwaffen zu entwickeln?
Der dritte Teil dieser Arbeit untersucht die Reaktionen des internationalen Systems auf die Ambitionen und das Verhalten der iranischen Regierung. Dabei ist wiederum die Beziehung zwischen Iran und den USA von Bedeutung. Wie reagieren die Amerikaner auf die mögliche Bedrohung und woraus erklärt sich ihr Verhalten? Welche Rolle spielt dabei Israel? Doch auch die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Iran sind von Bedeutung. Gerade die EU könnte Entscheidendes in Bezug auf die weiteren Entwicklungen leisten, wenn auch nur als Vermittler zwischen Washington und Teheran.
Die Problematik der vorliegenden Arbeit ist aktuell. Gerade in den letzten Jahren beschäftigten sich die Medien verstärkt mit der Frage, welche Bedrohung von Iran ausgeht. Zurzeit gibt es zwei aktuelle und sehr umfangreiche Monographien zu der Thematik von Roger Howard „Iran in Crisis? Nuclear Ambitions and the American Response” und Kenneth Pollack „The Persian Puzzle“. Größtenteils bezieht sich diese Arbeit auf die zahlreichen Zeitungs- und Zeitschriftenartikel der letzten Monate. Diese sind auch die Grundlage für die Schlussbetrachtung am Ende der Arbeit und die Zukunftsaussichten für Iran unter der neuen Regierung nach den Wahlen im vergangenen Juni. An dieser Stelle werde ich einige Szenarien und deren Wahrscheinlichkeit und Erfolgsaussichten analysieren. Wie soll die Frage auf dem Titelblatt des Magazins „Der Spiegel“ Anfang dieses Jahres beantwortet werden: „USA gegen Iran – Der nächste Krieg?“[1]
1. Historischer Hintergrund
Wie bereits in der Einleitung beschrieben, nimmt Iran im Nahen Osten eine besondere Stellung ein, die sich auch auf das politische System Irans bezieht. Die Islamische Republik ist ein „weltweit einzigartiges theokratisch-republikanisches Hybridsystem“[2], d.h. es existieren republikanische Elemente, die in der Verfassung festgelegt sind. Demnach wählt das Volk direkt einen Präsidenten, der auch Regierungschef ist, das Parlament sowie einen Expertenrat. Doch werden diese demokratischen Elemente von den theokratischen überlagert, denn eine viel wichtigere Rolle kommt dem Wächterrat zu, der die vom Parlament verabschiedeten Gesetze auf ihre Vereinbarkeit mit dem Islam überprüft, alle Wahlen überwacht und die Verfassung interpretiert.[3] Die wahre Macht hat jedoch der auf Lebenszeit gewählte religiös-politische Revolutionsführer oder ‚Herrschende Rechtsgelehrte’[4], da er alle Entscheidungen des Parlaments und des Präsidenten für nichtig erklären und diesen sogar entlassen kann.
Die in der Verfassung verankerten republikanisch-demokratischen Momente sind eine Errungenschaft der iranischen Revolution von 1977. In diesem Punkt unterscheidet sich Iran wesentlich von anderen Staaten des Nahen Ostens, in denen es nie zu einer politischen Revolution kam.
Bereits 1905 erfolgte die erste Revolution in Iran, deren Ergebnis eine konstitutionelle Monarchie nach europäischem Vorbild war.[5] Diese unterschied sich „grundsätzlich von dem üblichen Muster des Regime- und Machtwechsels im Nahen Osten durch das Militär. Sie [glich] vielmehr den europäischen Revolutionen, die durch die Partizipation der Intellektuellen wie auch der Massen gekennzeichnet sind.“[6] Seit der Kolonialzeit stand Iran stark unter dem europäischen Einfluss der Briten. Allerdings war es auch „von den Aggressionen der Kolonialmacht Russland direkt betroffen“[7]. 1907 teilten Briten und Russen das iranische Hoheitsgebiet in zwei Einflusszonen auf.[8]
1926 wurde die Pahlawi-Dynastie gegründet. Resa Schah war mit Hilfe der Briten an die Macht gekommen und obwohl seine Herrschaft auf einer ausgesprochen despotischen, säkularen Diktatur aufbaute, kam es zu einer „Ära der rasanten Modernisierung der iranischen Gesellschaft in allen Lebensbereichen und der schrittweisen Demokratisierung“[9].
Diese Entwicklung dauerte auch nach der Machtübernahme 1941 durch den proamerikanischen Schah Mohammed Resa an. Dessen Vater, Resa Schah, hatte sich zuvor gegen die Briten gewandt und sich den Deutschen angenähert, woraufhin alliierte Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg in Iran einmarschierten und ihn entmachteten. Schon damals galt das Interesse der Briten und Amerikaner den reichen Ölvorkommen des Landes. Daher wurden die zunehmenden Demokratisierungstendenzen und die Entfaltung einer demokratischen Kultur in der politischen Öffentlichkeit mit wachsendem Unbehagen vom Monarchen und seinen Verbündeten, allen voran den Briten, betrachtet.
Zeitgleich entwickelte sich eine neue Partei, die „Nationale Front“, unter der Führung des national-liberalen Politikers Dr. Mohammad Mosaddegh. Dieser wurde bald zur wichtigsten demokratischen und antiimperialistischen Kraft Irans. Er strebte eine unabhängige Nationalökonomie im Rahmen eines Rechtsstaats an und sah die Verstaatlichung der bis dahin von den Briten kontrollierten iranischen Ölindustrie vor.[10] Daraufhin plante der Schah gemeinsam mit Amerikanern und Briten einen Putsch gegen ihn. „Es ging den Briten [dabei] um viel mehr als nur das iranische Öl: Mosaddegh galt gleichzeitig als ein Destabilisierungsfaktor in den ganzen von den Briten kontrollierten Gebieten.“[11] Nach seinem Sturz stand der von den Briten abgelösten amerikanischen Vorherrschaft über die iranische Politik und Wirtschaft nichts mehr im Weg.
Unter dem Einfluss der USA, die Iran strategisch zur Kontrolle der Region, aber vor allem zur Eindämmung des sowjetischen Einflusses als ‚Gendarm des Persischen Golfes’[12] einsetzten und großzügig finanziell unterstützten, entwickelte sich das Land zunehmend zu einer Militärdiktatur, in der der Schah nur noch als Marionette der Amerikaner fungierte. Diese Tatsache blieb über die Jahre hinweg auch in der politischen Öffentlichkeit und der Bevölkerung nicht unbemerkt. So kam es nach 1953 zu einer Anti-Regimebewegung gegen den Schah, die immer radikaler wurde und sich gegen „die blinde Übernahme der rechten wie auch linken Ideologien und Weltanschauungen aus dem Westen“[13] richtete. Dass der Schah das Land in den 70er Jahren in eine politische wie auch wirtschaftliche Krise stürzte, indem er 80 Prozent der Öleinnahmen zum Waffenkauf verwendete, trieb den Widerstand weiter an. 1977 war es die Einhaltung der damaligen iranischen Verfassung, die die Oppositionellen forderten. Denn diese war in einigen zentralen Punkten wie Gewaltentrennung, politische Freiheit und konstitutionelle Monarchie seit Jahrzehnten missbraucht worden.
Im Zuge dessen entwickelte sich auch die Idee der Rückbesinnung zur eigenen kulturellen Identität zu einer Ideologie, die auf einem revolutionären wie auch progressiven Verständnis des Islam basierte – die Ideologie der Volksmodjahedin.[14]
All diese Entwicklungen sowie die zunehmende Verarmung der Bevölkerung, die nie etwas vom Ölreichtum des Landes zu spüren bekam, und die damit einhergehenden Probleme schufen den Nährboden für die Islamische Revolution des seit 1964 wegen seiner regimekritischen Äußerungen im Exil lebenden Ayatollah Ruhollah Khomeini, der „nichts weniger als den Sturz der Monarchie und die Errichtung eines islamischen Staates wollte“[15]. Nachdem der Schah 1979 endgültig das Land verlassen hatte und Ayatollah Khomeini aus dem Exil zurückkehrte, übernahm er unter großer Zustimmung der Bevölkerung am 11. Februar des gleichen Jahres die Macht in der neu gegründeten Islamischen Republik Iran – die auch von den USA und der UdSSR anerkannt wurde.[16]
Doch die Akzeptanz des neuen Regimes in Iran durch die USA hielt nicht lange an, denn schon am 4. November 1979 besetzten radikal-revolutionäre Studenten die US-amerikanische Botschaft in Teheran. Erst nach 444 Tagen wurden die Opfer freigelassen. Das Geiseldrama sowie die „auf Gegnerschaft zu den USA und den Export der Revolution zielende Ausrichtung der Außenpolitik“[17] Irans ließen die Kluft zwischen den beiden Ländern, deren Sicherheitsinteressen im Gebiet des Nahen und Mittleren Osten gar nicht so grundsätzlich verschieden waren (zum Verhältnis Iran – USA siehe Kapitel 3), fast unüberwindlich werden.
Während unter Ayatollah Khomeini noch eine Radikalisierung, aber auch eine Konsolidierung der revolutionären Strukturen und Institutionen stattgefunden hatte, begann schon 1982 ein gegenläufiger Trend, nämlich der De-radikalisierung der Innen- und Außenpolitik des Systems, der vor allem von pragmatischen Nationalinteressen geleitet wurde.[18] Sowohl Präsident Rafsanjani (1989-1997) als auch Präsident Khatami (1997-2005) versuchten, die Reformbewegung voranzutreiben, allerdings nur mit mäßigem Erfolg. Vor allem die chronische Wirtschaftskrise konnte nicht überwunden werden, was die Unzufriedenheit in der Bevölkerung weiter schürte.
Die Ursachen für die bisher erfolglose Reformbewegung liegen nicht zuletzt in der Struktur des politischen Systems, denn die islamisch fundamentalistischen Kräfte der iranischen Staatsführung sind gegen jede Art von Reformen und in Person des konservativen Revolutionsführers (seit 1989 Ayatollah Khamenei) haben sie auch jederzeit die Möglichkeit, liberale Fortschrittlichkeit zu stoppen.
Wie Iran sich unter dem neuen, konservativen Präsidenten Mahmud Ahmadineschad, der seit dem 3. August 2005 im Amt ist, vor allem im Hinblick auf sein Atomprogramm entwickeln wird, ist zu diesem Zeitpunkt noch fraglich. Einen Ausblick dazu werde ich in der Schlussbetrachtung am Ende der Arbeit geben.
Die Ausführungen zu Irans Geschichte sollen zeigen, dass das Land eng mit dem Weltsystem verknüpft ist - nicht nur, aber vor allem aufgrund seiner Erdölvorkommen. Darauf begründet ist auch das Verhältnis zwischen den USA und Iran. In der Vergangenheit fanden zahlreiche Ereignisse statt, die bei der Betrachtung der heutigen Situation in Iran und der Frage, ob und warum Teheran nach Atomwaffen strebt, nicht außer Acht gelassen werden können, da sie die Gegenwart entscheidend geprägt haben.
[...]
[1] Der Spiegel: USA gegen Iran – Der nächste Krieg?, 4/2005.
[2] Buchta, Wilfried: Ein Vierteljahrhundert Islamische Republik Iran, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B9/2004, S. 6-17, S. 6.
[3] Vgl.: ebd., S. 17.
[4] Ebd., S. 7.
[5] Vgl.: Sheikhzadegan, Amir: Der Griff des politischen Islam zur Macht. Iran und Algerien im Vergleich, Bern 2003, S. 73-223, 314-335, S. 81.
[6] Ebd., S. 82.
[7] Ebd., S.81.
[8] Vgl.: ebd..
[9] Ebd., S. 87.
[10] Vgl.: ebd..
[11] Ebd..
[12] Ebd..
[13] Ebd., S. 95.
[14] Vgl.: ebd., S. 95ff..
[15] Ebd., S. 101.
[16] Vgl.: Buchta, Wilfried: Ein Vierteljahrhundert Islamische Republik Iran, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B9/2004, S. 6-17, S. 6.
[17] Ebd., S. 7.
[18] Vgl.: ebd., S.11.
- Arbeit zitieren
- Julia Schmelter (Autor:in), 2005, Atomares Pulverfass Iran? Irans Streben nach Atomwaffen und die Reaktionen des internationalen Systems, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44380
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