Der moderne Leser stößt bei der Lektüre der Schriften Carl Schmitts immer wieder auf Passagen, die Befremdung auslösen. So konstatiert der Staatsrechtler in seinem Werk "Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus", Bolschewismus und Faschismus seien zwar wie jede Diktatur antiliberal, nicht aber notwendig antidemokratisch (GLP, 22). Schmitt postuliert einen radikalen Gegensatz zwischen Liberalismus und Demokratie. Während Liberalismus für ihn gleichbedeutend mit Individualismus und gesellschaftlichem Pluralismus ist, versteht er Demokratie als die Herrschaft eines homogenen Volkskollektivs. Carl Schmitts Demokratiebegriff steht somit einer pluralistischen Demokratiekonzeption wie der Ernst Fraenkels, der gerade das Vorhandensein von gesellschaftlicher Pluralität als Kennzeichen von Demokratie gilt, diametral entgegen. Die konsequente Trennung von Liberalismus und Demokratie im Gedankengut Carl Schmitts ruft beim Leser vor allem deshalb Irritationen hervor, weil die westlichen Demokratien seit beinahe einem Jahrhundert liberale Demokratien sind. Dennoch handelt es sich bei Liberalismus und Demokratie um unterschiedliche Phänomene, die nie untrennbar miteinander verknüpft waren. Zakaria weist auf die Existenz liberaler Autokratien und illiberaler Demokratien hin und konstatiert in der heutigen Zeit den „Trend zur illiberalen Demokratie“. Ihm zufolge blüht die Demokratie, nicht jedoch der konstitutionelle Liberalismus. Auch das Demokratiemessverfahren von Freedom House, das sich aus der Skala der politischen Rechte und der der Bürgerrechte zusammensetzt, trägt diesem möglichen Auseinanderfallen von Demokratie und Liberalismus Rechnung. Basierend auf derartigen Informationen erscheint die von Schmitt vorgenommene Trennung zwischen Liberalismus und Demokratie weniger irritierend und erstaunlich aktuell.
Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt auf der Analyse des Demokratiebegriffes Carl Schmitts. Auf der Grundlage der Ausführungen zum Demokratieverständnis Carl Schmitts soll abschließend gefragt werden, ob das Aufzeigen von Kontinuitäten zwischen seiner Parlamentarismuskritik und der Hans Herbert von Arnims, wie dies Andreas Wirthensohn tut, legitim ist oder ob hierbei einzelne Gedanken zu stark aus dem sie umgebenden Kontext gelöst werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I Liberalismuskritik und Demokratiebegriff bei Carl Schmitt
- I.1 Wurzeln der Liberalismuskritik
- I.2 „Totaler Staat aus Stärke“ vs. „totaler Staat aus Schwäche“
- I.3 Homogenität des Volkes
- I.4 Parlamentarismuskritik
- I.4.1 Identität von Regierenden und Regierten
- I.4.2 Geheime Wahl vs. acclamatio
- II Carl Schmitt und Hans Herbert von Arnim
- II.1 Die Kritik Hans Herbert von Arnims am politischen System der BRD
- II.2 Carl Schmitt und Hans Herbert von Arnim – Parallelen im Denken?
- Schluss
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit Carl Schmitts Demokratiekonzeption und analysiert seine Kritik am Liberalismus. Ziel ist es, Schmitts Demokratieverständnis zu verstehen und seine Kritik am parlamentarischen System zu beleuchten. Dabei wird auch auf mögliche Parallelen zwischen Schmitts Denken und dem von Hans Herbert von Arnim eingegangen.
- Liberalismuskritik Carl Schmitts
- Schmitts Demokratiebegriff
- Parlamentarismuskritik
- Homogenität des Volkes
- Parallelen zu Hans Herbert von Arnim
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung führt in die Thematik ein und beleuchtet die Besonderheiten des Demokratieverständnisses von Carl Schmitt. Sie stellt die These auf, dass Schmitts Trennung von Liberalismus und Demokratie im Kontext der Entwicklungen der westlichen Demokratien relevant ist. Die Hausarbeit soll Schmitts Demokratiekonzeption analysieren und mögliche Parallelen zu Hans Herbert von Arnim aufzeigen.
I. Liberalismuskritik und Demokratiebegriff bei Carl Schmitt
I.1 Wurzeln der Liberalismuskritik
Dieses Kapitel untersucht die Wurzeln von Carl Schmitts Kritik am Liberalismus. Es werden seine anthropologische Auffassung vom Menschen, sein Begriff des Politischen, seine Kritik am Parlamentarismus sowie sein geistiger Habitus beleuchtet, die seine Ablehnung des Liberalismus erklären.
I.2 „Totaler Staat aus Stärke“ vs. „Totaler Staat aus Schwäche“
Dieses Kapitel thematisiert Schmitts Kritik an der Unfähigkeit des liberalen Staats, eine politische Einheit zu bilden. Es wird die Frage erörtert, wie Schmitt die von ihm intendierte illiberale Demokratie vorstellt.
I.3 Homogenität des Volkes
Dieses Kapitel erläutert Schmitts Forderung nach Homogenität des Volkes als Bedingung für eine funktionierende Demokratie. Es wird die Frage gestellt, wie diese Forderung mit der pluralistischen Gesellschaft vereinbar ist.
I.4 Parlamentarismuskritik
Dieses Kapitel analysiert Schmitts Kritik am parlamentarischen System. Es werden seine Vorstellungen zur Identität von Regierenden und Regierten sowie seine Kritik am Wahlsystem diskutiert.
II. Carl Schmitt und Hans Herbert von Arnim
II.1 Die Kritik Hans Herbert von Arnims am politischen System der BRD
Dieses Kapitel stellt die Kritik von Hans Herbert von Arnim am politischen System der Bundesrepublik Deutschland kurz vor. Es wird auf seine Werke „Vom schönen Schein der Demokratie“ und „Das System“ eingegangen.
II.2 Carl Schmitt und Hans Herbert von Arnim – Parallelen im Denken?
Dieses Kapitel untersucht mögliche Parallelen zwischen Schmitts Parlamentarismuskritik und der von Hans Herbert von Arnim. Es wird die Frage erörtert, ob die beiden Denker in ihren Kritikpunkten übereinstimmen oder ob es sich um eine Überinterpretation handelt.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen der Arbeit sind Carl Schmitts Demokratiekonzeption, seine Liberalismuskritik, der Begriff des Politischen, die Homogenität des Volkes, der Parlamentarismus und mögliche Parallelen zwischen Schmitts Denken und dem von Hans Herbert von Arnim.
- Citar trabajo
- Judith Blum (Autor), 2004, Demokratie bei Carl Schmitt - Darstellung seiner Demokratiekonzeption und Diskussion möglicher Parallelen zu Hans Herbert von Arnim, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44256