In der vorliegenden Arbeit soll es um den deutschen Film gehen, der im Ersten Weltkrieg zum modernen Massenmedium avancierte. Neu an diesem Krieg war u.a. eine allumfassende Massenpropaganda, welche durch den technischen Fortschritt möglich gemacht werden konnte. Es wurden verschiedenste Medien als Träger von Propaganda genutzt, dabei wurden auch neue Propagandamedien, insbesondere der Film, entdeckt. Die filmische Kriegsberichterstattung und der Kriegs-Spielfilm wurden geboren. Ich möchte der Frage nachgehen, welchen Stellenwert der deutsche Film als neues Propagandamittel bereits 1914-1918 inne hatte, welcher dann spätestens im Dritten Reich ein wesentlicher Faktor politischer Beeinflussung wurde. Der Propagandaaspekt des Films in Deutschland während des Ersten Weltkriegs wird also Schwerpunkt meiner Arbeit sein, weniger filmpolitische und filmwirtschaftliche Entwicklungen. Die Arbeit ist chronologisch in zwei Hauptteile aufgeteilt. Der erste Teil wird sich mit der deutschen Filmpropaganda in der ersten Kriegshälfte beschäftigen, in welcher der Film als Propagandamittel noch recht zaghaft in Betracht gezogen und entsprechend wenig gefördert wurde. Der darauf folgende Teil thematisiert die Neubewertung des Films als Propagandamedium in der zweiten Kriegshälfte, die schließlich die Gründung der traditionsreichsten deutschen Filmgesellschaft Universum Film AG aus Propagandazwecken zur Folge hatte und dadurch die deutsche Filmbranche bis Kriegsende zur bedeutendsten in Europa wurde.
Inhalt
Einleitung
1. Deutsche Filmpropaganda in der ersten Kriegshälfte
1.1 Erste Versuche einer staatlichen Filmpropaganda
1.2 Propaganda und Filmgattungen
1.3 Beliebte Filmgenres, Filminhalte und deren Intentionen
2. Die Neubewertung des Films als Propagandamedium in der zweiten Kriegshälfte
2.1 Wirtschaftspropaganda mit Hilfe des Films: Die Gründung der Deutschen Lichtbild-Gesellschaft
2.2 Die Gründung des Bild- und Filmamtes
2.3 Die Universum Film AG
Fazit
Literaturverzeichnis
Einleitung
In der vorliegenden Hauptseminararbeit soll es um den deutschen Film gehen, der im Ersten Weltkrieg zum modernen Massenmedium avancierte. Neu an diesem Krieg war u. a. eine allumfassende Massenpropaganda, welche durch den technischen Fortschritt möglich gemacht werden konnte.[1] Es wurden verschiedenste Medien als Träger von Propaganda genutzt, dabei wurden auch neue Propagandamedien, insbesondere der Film, entdeckt. Die filmische Kriegsberichterstattung und der Kriegs-Spielfilm wurden geboren.[2]
Ich möchte der Frage nachgehen, welchen Stellenwert der deutsche Film als neues Propagandamittel bereits 1914-1918 inne hatte, welcher dann spätestens im Dritten Reich ein wesentlicher Faktor politischer Beeinflussung wurde. Der Propagandaaspekt des Films in Deutschland während des Ersten Weltkriegs wird also Schwerpunkt meiner Arbeit sein, weniger filmpolitische und filmwirtschaftliche Entwicklungen.
Die Arbeit ist chronologisch in zwei Hauptteile aufgeteilt. Der erste Teil wird sich mit der deutschen Filmpropaganda in der ersten Kriegshälfte beschäftigen, in welcher der Film als Propagandamittel noch recht zaghaft in Betracht gezogen und entsprechend wenig gefördert wurde. Der darauf folgende Teil thematisiert die Neubewertung des Films als Propagandamedium in der zweiten Kriegshälfte, die schließlich die Gründung der traditionsreichsten deutschen Filmgesellschaft Universum Film AG aus Propagandazwecken zur Folge hatte und dadurch die deutsche Filmbranche bis Kriegsende zur bedeutendsten in Europa wurde.
Ich halte eine chronologische Herangehensweise in diesem Fall für die sinnvollste, da dass Medium Film und dessen Bewertung als (Kunst- und) Propagandamittel sich im genannten Zeitraum in mehrerlei Hinsicht entwickelte bzw. veränderte. Entsprechend müssen meiner Ansicht nach Aspekte wie z.B. Institutionen oder Inhalte immer mit Blick auf den jeweiligen Zeitpunkt untersucht werden.
Der Begriff „Propaganda“ wurde im Laufe der Geschichte immer wieder neu besetzt.[3] Was Reichsleitung, Militärs und Schwerindustrie unter dem Begriff verstanden soll im Laufe der Arbeit deutlich werden.
Der Stand der Forschung ist dürftig. Wenige Arbeiten setzen sich explizit mit dem Film (als Propagandamittel) auseinander. Ein Grund wird sicherlich die problematische Quellenlage sein. Nur noch etwa zehn Prozent aller deutschen Filmproduktionen von 1896 bis 1918 existieren heute noch.[4] Damals gab es noch keine Filmarchive, außerdem wurden die Filme in der Regel so lange genutzt, bis die Bilder kaum noch zu erkennen waren. Ein weiterer Grund des Quellenmangels ist der, dass infolge der Rohstoffknappheit während des Krieges auch unbrauchbar gewordenes Filmmaterial gegen Bezahlung abgegeben wurde. Das Defizit an Quellen betrifft ebenso die Zensurkarten, die kaum überliefert sind.[5]
Während die deutsche Öffentlichkeit zum 90. Jahrestag des Kriegsausbruches von 1914 eine publizistische Großoffensive erlebt[6], scheint der Film dabei vernachlässigt zu werden. Bezeichnend ist auch, dass erst im letzten Jahr (2004) erstmals ausführlich die deutsche Filmgeschichte während des 1. Weltkriegs von Wolfgang Mühl-Benninghaus beschrieben wurde.[7]
Entsprechend wird sich diese Arbeit nicht mit Quellen sondern ausschließlich mit Forschungsliteratur zum Thema beschäftigen. Die Quellenproblematik trägt außerdem dazu bei, dass die Rezeption der Filme im Ersten Weltkrieg bzw. die (propagandistische) Wirkung auf Zuschauer und Soldaten heutzutage nur schwer nachvollziehbar ist. Trotzdem versuche ich diese Thematik, wenn auch nicht ausführlich und explizit, im Laufe der Arbeit zu thematisieren.
1. Deutsche Filmpropaganda in der ersten Kriegshälfte
Auf dem Weg zum modernen Massenmedium begann die deutsche Filmproduktion erst im Jahre 1910 in nennenswertem Umfang. Vier Jahre später betrug der Anteil deutscher Produktionen auf dem deutschen Markt noch lediglich 15 Prozent.[8] Der Anteil französischer, amerikanischer und italienischer Filme auf dem deutschen Markt war weitaus größer.[9]
Nichtsdestotrotz entwickelte sich das Kino bei breiten Massen der Bevölkerung schon vor dem Ersten Weltkrieg zu einem der erfolgreichsten Unterhaltungsinstitutionen des spätwilhelminischen Reiches.[10] Die Zahl deutscher Produktionen stieg kontinuierlich an, 2900 Kinos gab es 1913 im Deutschen Reich mit fast anderthalb Millionen Besucher täglich.[11]
Nach Ausbruch des Krieges aber stürzten Produzenten, Verleiher, Theaterbesitzer und das Publikum in ein Vakuum. Der Import von Filmen aus Frankreich wurde von heute auf morgen gestoppt, aktuelle Bilder von den Fronten wurden schmerzlich vermisst.[12]
Ebenso entfielen englische und italienische (ab 1917 auch amerikanische) Filme. Es musste also etwas geschehen, für die Befriedigung der ständig wachsenden Nachfrage des deutschen Publikums brauchte man immer mehr deutsche Filme.[13]
1.1 Erste Versuche einer staatlichen Filmpropaganda
Die ´Aufklärung´ des eigenen Volkes (auch durch den Film) war zu Beginn des Krieges noch kein Thema. Sowieso fehlte in dieser Zeit bei nahezu Regierungsstellen die Einsicht in die Notwendigkeit eines Propagandakrieges in größerem Stil. Man gab sich im Deutschen Reich der Illusion der Unbesiegbarkeit kaiserlicher Truppen hin und glaubte an den Sieg noch vor Weihnachten 1914.[14]
Entsprechend waren die deutschen Propagandaaktionen der ersten Kriegswochen sehr unkoordiniert. Um diese zu bündeln, aber auch durch den Druck der Nachrichten aus dem Ausland, der ersten russischen Erfolge im Osten und der Niederlage an der Marne (Scheitern des Blitzkrieges) wurde am 5. Oktober 1914 die dem Auswärtigen Amt zugeordnete Zentralstelle für Auslandsdienst (ZfA) geschaffen.[15]
Die ZfA bekam die Aufgabe, im neutralen und befreundeten Ausland auch mit Hilfe von Wochenschauen[16] für die deutschen Interessen zu werben.[17] Das neutrale und befreundete Ausland sollte ein positives Bild über die Mittelmächte bekommen, der Einfluss der Entente sollte neutralisiert werden.[18]
Dennoch verfiel die Stimmungslage im Ausland.[19] Aus diesem Grund entstand im Oktober 1915 das Kriegspresseamt, welches dem Generalstab und dem Kriegsministerium unterstellt war. Die im Reich tätigen ausländischen Journalisten wurden zusammengeschlossen und mit Informationen versorgt.[20] Die neue Dienststelle bekam seine Weisungen von der OHL. Aufgabe war es, die Heeresleitung über deutsche und ausländische Nachrichten zu informieren. Außerdem sollte die Volksstimmung durch entsprechende Berichte (im Sinne der OHL) über die Frontlage beeinflusst werden; wie durch die ZfA sollte so in befreundetem und neutralem Ausland Deutschlands Interessen gedient werden.[21] Des Weiteren fungierte das Kriegspresseamt als Oberzensurbehörde[22], welche auch für den Film zuständig war.[23] Im Oktober 1914 gab es knapp 30 Stellen im Deutschen Reich, die sich mit der Propaganda im Ausland befassten. Von Anfang an mangelte es jedoch an einer sinnvollen Koordination, um die deutsche Propaganda in einheitliche Bahnen zu lenken.[24]
Letztlich gingen alle Bemühungen in der ersten Kriegshälfte, den Film als Propagandamittel im Ausland zu nutzen, über vereinzelte und unkoordinierte Bemühungen nicht hinaus.[25]
Vor allem die Militärs und ein großer Teil der deutschen Geisteselite waren durch das Vertrauen auf die eigene militärische Stärke der Meinung, dass die Beeinflussung von neutralem und befreundetem Ausland, sowie der eigenen Bevölkerung nur von untergeordneter Bedeutung sei.[26]
[...]
[1] Vgl. Hamann, Brigitte: Der Erste Weltkrieg. Wahrheit und Lüge in Bildern und Texten. Mit 425 meist farbigen Abbildungen, München 2004, S. 10f.
[2] Vgl. Paul, Gerhard: Bilder des Krieges. Krieg der Bilder. Die Visualisierung des modernen Krieges, Paderborn 2004, S. 128.
[3] Vgl. Oppelt, Ulrike: Film und Propaganda im Ersten Weltkrieg. Propaganda als Medienrealität im Aktualitäten- und Dokumentarfilm, Stuttgart 2002 (= Beiträge zur Kommunikationsgeschichte. 10), S. 28. Die Autorin verweist an dieser Stelle auf die unterschiedlichen Definitionen von Propaganda und gibt Beispiele. Dazu außerdem Mühl-Benninghaus, Wolfgang: Vom Augusterlebnis zur Ufa-Gründung. Der deutsche Film im 1. Weltkrieg, Berlin 2004, S. 176f.
[4] Vgl. Oppelt, S. 13, mit Bezug auf Elsaesser, Thomas: Wilhelminisches Kino: Stil und Industrie, in: Kessler, F.; Lenk, S.; Loiperdinger, M. (Hg.): KINtop 1: Früher Film in Deutschland. Jahrbuch zur Erforschung des frühen Films, Basel; Frankfurt/M. 1992, S. 10-27, hier S. 12.
[5] Vgl. Mühl-Benninghaus, Wolfgang: Vom Augusterlebnis zur Ufa-Gründung. Der deutsche Film im 1. Weltkrieg, Berlin 2004, S. 11.
[6] Vgl. Reimann, Aribert: Der Erste Weltkrieg – Urkatastrophe oder Katalysator?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 29-30 (2004), S. 30-38, hier S. 30.
[7] Siehe Fußnote 5.
[8] Vgl. Oppelt, S. 23, mit Bezug auf Zglinicki, Friedrich von: Der Weg des Films: die Geschichte der Kinematographie und ihrer Vorläufer, Berlin 1956.
[9] Vgl. Rother, Rainer: Vom ´Kriegssofa´ zum ´Flug an die Front´. Anmerkungen zum deutschen Film, in Rother, Rainer (Hg.): Die letzten Tage der Menschheit. Bilder des Ersten Weltkrieges, Berlin 2004, S. 197-206, hier S. 197.
[10] Vgl. Mühl-Benninghaus, S. 7. Im Folgenden erläutert der Autor, dass das Kino/ der Film bei den bürgerlichen Intellektuellen, der Geistlichkeit und Funktionären der Arbeiterbewegung jedoch sehr kritisiert wurde.
[11] Vgl. Kreimeier, Klaus: Die Ufa-Story. Geschichte eines Filmkonzerns, München; Wien 1992, S. 24-26.
[12] Ebd., S. 28.
[13] Vgl. Toeplitz, Jerzy: Geschichte des Films. Band 1: 1895-1928, 3. durchgesehene Auflage, Berlin 1979, S. 137. Auch die dänische Filmfirma „Nodirsk“, welche großen Einfluss auf dem deutschen Filmmarkt hatte, konnte den Mangel an Filmen nicht kompensieren.
[14] Vgl. Oppelt, Ulrike: Film und Propaganda im Ersten Weltkrieg. Propaganda als Medienrealität im Aktualitäten- und Dokumentarfilm, Stuttgart 2002 (= Beiträge zur Kommunikationsgeschichte. 10), S. 105, mit Bezug auf Lasswell, Harold Dwight: Propaganda Technique In The World War, London; New York 1927, S. 198. Außerdem mit Bezug auf Schmidt, E. E. Hermann: Das politische Werbewesen im Kriege, Berlin 1919, S. 5f.
[15] Vgl. Mühl-Benninghaus, S. 93.
[16] Dazu zählte auch die sog. Meester-Woche. Die ZfA kaufte aber auch andere Kriegsfilme.
[17] Vgl. Barkhausen, Hans: Filmpropaganda für Deutschland im Ersten und Zweiten Weltkrieg, Hildesheim 1982, S. 2.
[18] Vgl. Mühl-Benninghaus, S. 94. Eine genauere Beschreibung der Aufgaben und Abteilungen der ZfA liefert Oppelt, Ulrike: Film und Propaganda im Ersten Weltkrieg. Propaganda als Medienrealität im Aktualitäten- und Dokumentarfilm, Stuttgart 2002 (= Beiträge zur Kommunikationsgeschichte. 10), S. 107ff.
[19] Ein Grund dafür war sicherlich auch Inhalt und Qualität der deutschen Filme in dieser Zeit. Dazu genauer unter 1.3.
[20] Vgl. Mühl-Benninghaus, S. 96.
[21] Vgl. Barkhausen, S. 2.
[22] Vgl. Mühl-Benninghaus, S. 96.
[23] Auf den Aspekt der Zensur von Filmen wird im Laufe der Arbeit nochmals genauer eingegangen.
[24] Vgl. Oppelt, Ulrike: Film und Propaganda im Ersten Weltkrieg. Propaganda als Medienrealität im Aktualitäten- und Dokumentarfilm, Stuttgart 2002 (= Beiträge zur Kommunikationsgeschichte. 10), S. 106, mit Bezug auf Erzberger, Matthias: Erlebnisse im Krieg, Stuttgart; Berlin 1920, S.5.
[25] Vgl. Mühl-Benninghaus, S. 98.
[26] Ebd., S. 96f.
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