1. Aristoteles’Poetikals Maßstab und methodische Autorität
Neben Horaz’Ars Poeticagilt diePoetikdes Aristoteles als ältester poetologischer Text der Antike und damit erste bekannte Literaturtheorie Europas als grundlegendster literaturtheoretischer Text des Abendlandes. Die Rezeptionsgeschichte dieser leider nur unvollständig erhaltenen Schrift, die Aristoteles wohl weniger zur Veröffentlichung, sondern vielmehr als Vorlesungsmanuskripts für eine eingeweihte Hörerschaft konzipiert hatte, beeinflusste die Entwicklung der europäischen Literatur in Theorie und Praxis sehr nachhaltig. Spätestens seit der Wiederentdeckung derPoetikzur Zeit der italienischen Renaissance, die sich im Zuge der zunehmenden Beschäftigung mit der griechischen Literatur vollzog, wurde der Text neu als von der Rhetorik gelöste, eigenständige Schrift erkannt und damit zum Fundament einer bis heute andauernden Tradition europäischer Dichtungstheorie. Innerhalb der aristotelischen Reflexion über die grundlegenden Möglichkeiten dichterischer Schöpfung, spielt das Wesen des Tragischen - die Abhandlungen über die Komödie sind über die Jahrhunderte verloren gegangen - eine besonders nachhaltige Rolle für den folgenden poetologischen Diskurs. DiePoetikwurde nicht nur hinsichtlich einer verstärkten Rezeption und damit eines besseren Verständnisses der griechischen Tragödie, die ihre Blütezeit im europäischen Klassizismus fand, zu einem Schlüsselwerk der europäischen Literatur. Aristoteles’ Werk diente vor allem als zentrale Richtschnur innerhalb der Entwicklung mehr oder weniger verbindlicher Gattungstheorien und wurde bis in die heutige Zeit zu einem umstrittenen Zankapfel der verschiedensten Deutungsmodelle.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Aristoteles' Poetik als Maßstab und methodische Autorität.
- 1.1 Die italienische Renaissance
- 1.2 Der französische Klassizismus
- 1.3 Die deutsche Aristoteles-Rezeption bis Lessing.
- 2. Die Hamburgische Dramaturgie von Gotthold Ephraim Lessing.
- 2.1 Entstehungsgeschichte und Allgemeines.
- 2.2 Einflüsse und Wesen der Hamburgischen Dramaturgie
- 3. Furcht und Mitleid – Lessings Wirkungstheorie (Dramaturgie der Identifikation).
- 4. Der Streit um eleos und phobos als Musterfall für die Hermeneutik.
- 5. Schadewaldt/Furhmann: Jammer und Schaudern vs. Mitleid und Furcht.
- 6. Drei Diskurse zur Kritik an Schadewaldt/Fuhrmann
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit Lessings "Hamburgische Dramaturgie" und untersucht den Zusammenhang zwischen der Wirkungstheorie Lessings und dem aristotelischen Begriffspaar "eleos" und "phobos". Die Arbeit analysiert die Rezeption der Poetik des Aristoteles in der Literaturgeschichte und fokussiert auf die Entwicklung der dramatischen Theorie von der Renaissance bis zu Lessing. Die Arbeit erörtert die Frage, ob "Furcht und Mitleid" oder "Jammer und Schaudern" als die zentralen Wirkungskategorien von Tragödien im Sinne Lessings zu verstehen sind.
- Die Rezeption der Aristoteles' Poetik in der europäischen Literaturgeschichte
- Die "Hamburgische Dramaturgie" von Lessing und seine Wirkungstheorie
- Der Einfluss von "eleos" und "phobos" auf die Dramaturgie
- Die Frage nach den zentralen Wirkungskategorien von Tragödien
- Kritik und Analyse der Interpretationen von Schadewaldt/Fuhrmann
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 beleuchtet die Poetik des Aristoteles als grundlegendster literaturtheoretischer Text des Abendlandes und seine nachhaltige Bedeutung für die Entwicklung der europäischen Literatur. Es werden die italienischen und französischen Auslegungen der Poetik sowie die deutsche Rezeption bis zu Lessing beleuchtet.
Kapitel 2 behandelt die Entstehung, die Einflüsse und das Wesen der "Hamburgischen Dramaturgie" von Lessing.
Kapitel 3 analysiert Lessings Wirkungstheorie der "Dramaturgie der Identifikation" und untersucht die Rolle von "Furcht und Mitleid" als zentrale Wirkungselemente.
Kapitel 4 beleuchtet den Streit um "eleos" und "phobos" als Musterfall für die Hermeneutik und setzt sich mit verschiedenen Interpretationen und Kritikpunkten auseinander.
Kapitel 5 untersucht die Interpretationen von Schadewaldt/Fuhrmann und deren Kritik an Lessings Wirkungstheorie.
Kapitel 6 präsentiert drei Diskurse zur Kritik an Schadewaldt/Fuhrmann.
Schlüsselwörter
Aristoteles, Poetik, "eleos", "phobos", Tragödie, Wirkungstheorie, "Hamburgische Dramaturgie", Lessing, Identifikation, Mitleid, Furcht, Jammer, Schaudern, Hermeneutik, Schadewaldt, Fuhrmann, Interpretation, Kritik.
- Quote paper
- Roman Seda (Author), 2004, Lessings Hamburgische Dramaturgie: 'Furcht und Mitleid' oder 'Jammer und Schaudern' - Das aristotelische Begriffspaar 'eleos' und 'phobos' als Ausgangspunkt verschiedener Wirkungstheorien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/44159