Mit der verstärkten Flüchtlingszuwanderung nach Deutschland in den Jahren 2014 bis 2016 wurde das Thema Flüchtlinge sehr präsent. Wie haben sich die Geflüchteten seitdem in den deutschen Arbeitsmarkt integriert? Wie viele von ihnen haben die Möglichkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen?
Eine erfolgreiche Integration hängt nicht nur von den Geflüchteten selbst ab, sondern ebenso von der Bereitschaft der Unternehmen, sie zu beschäftigen. Kirsten Dues analysiert in ihrem Buch förderliche und hemmende Faktoren, die sich auf die Integration auswirken.
Die Integration von Geflüchteten ist ein komplexes Thema, bei dem Bund, Länder und Gemeinden eng zusammenarbeiten müssen. Davon hängt auch ab, inwieweit die Neuankömmlinge die Chance bekommen, am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben der Aufnahmegesellschaft teilzuhaben. Kirsten Dues spricht Handlungsempfehlungen für Jobcenter und Beratungseinrichtungen aus.
Aus dem Inhalt:
- Flüchtlinge;
- Flüchtlingswelle;
- Integration;
- Arbeitsmarkt;
- Aufnahmegesellschaft
Inhaltsverzeichnis
Hinweis zur Anlage dieser Bachelorarbeit
Zusammenfassung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Hintergrund
1.2 Fragestellung
1.3 Zielsetzung
1.4 Vorgehensweise und Ablauf der Arbeit
2 Abgrenzung Integration und Migration
3 Situation der Geflüchteten, die derzeit Zugang zum Arbeitsmarkt suchen
4 Zusammenhang zwischen dem Ausgang des Asylverfahrens und dem Aufenthaltsstatus bis zur Möglichkeit einer Arbeitsmarktintegration
5 Herausforderungen bei der Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt
5.1 Gesetzliche und rechtliche Hindernisse
5.2 Persönliche Hindernisse
5.3 Sonstige Herausforderungen
6 Chancen durch die Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt
7 Bereitschaft von Unternehmen, Geflüchtete einzustellen
7.1 Methodik der Befragung
7.2 Ergebnisse aus der Befragung von Unternehmen
7.3 Ergebnisse aus der Befragung von Flüchtlingsberatungsstellen
7.4 Diskussion
8 Handlungsempfehlungen für Arbeitsmarktorganisationen und Beratungseinrichtungen für Geflüchtete
9 Fazit
10 Literatur
11 Anhang
Hinweis zur Anlage dieser Bachelorarbeit
Der Anhang dieser Bachelorarbeit wurde aus datenschutzrechtlichen Gründen gekürzt. Die Anhänge 7 – 18 sind nicht mehr vorhanden. Diese beinhalten die Interviews mit den Unternehmen und den Flüchtlingsberatungsstellen. Die Verweise im Fließtext wurden jedoch belassen, um Rückschlüsse ziehen zu können, welche Meinungen ein Unternehmen bzw. eine Flüchtlingsberatungsstelle hat.
Zusammenfassung
Die vorliegende Bachelorarbeit soll einen Überblick über die aktuelle Situation der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten geben. Das Ziel ist es, die Bereitschaft von Unternehmen, Geflüchtete zu beschäftigen, sowie die damit einhergehenden Herausforderungen aufzeigen. Dazu werden zunächst vorhandene theoretische Konzepte aufgeführt, die anhand empirischer Interviews überprüft bzw. ergänzt werden. Dazu wurden vier Unternehmen sowie acht Flüchtlingsberatungsstellen bzw. -projekte in qualitativen Interviews befragt. Die Ergebnisse bestätigen zum großen Teil die theoretischen Annahmen. Es handelt sich verstärkt um junge männliche Geflüchtete, die den Zugang zum Arbeitsmarkt suchen und gerade die Sprachkenntnisse der Geflüchteten sind das Haupteinstellungshemmnis für Unternehmen. Dennoch ist die Bereitschaft von Unternehmen, Geflüchtete einzustellen, vorhanden, die aber durch weitere Unterstützungsmaßnahmen noch gesteigert werden kann.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieer Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Asylerstanträge vom 01.01.2015 bis 31.03.2018 nach Herkunftsländern
Abbildung 2: Anteil an 18-Jährigen und Älteren, die eine Schule besuchten bzw. abgeschlossen haben (in Prozent).
Abbildung 3: Schulbildung der volljährigen Asylerstantragssteller/innen nach höchster besuchter Bildungseinrichtung im Herkunftsland für die Jahre 2015, 2016 und erstes Halbjahr 2017 (in Prozent).
Abbildung 4: Verteilung guter und sehr guter Sprachkenntnisse (Sprechen) bei Geflüchteten, die ab 2013 in Deutschland angekommen sind nach Aufenthaltsdauer (in Prozent).
Abbildung 5: Verteilung guter und sehr guter Sprachkenntnisse (Sprechen) bei Geflüchteten, die ab 2013 in Deutschland angekommen sind nach Geschlecht (in Prozent).
Abbildung 6: Übersicht der Aufenthaltstitel und Aufenthaltspapiere
Abbildung 7: Übersicht der Herausforderungen.
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Zugang zum Arbeitsmarkt nach Rechtsstatus
Tabelle 2:Anerkennungsquoten der Jahre 2015 bis 2017 nach Herkunftsländern (in Prozent)
Tabelle 3: Anzahl der Asylerstanträge der Jahre 2015 bis 31.03.2018 nach Herkunftsländern
Tabelle 4: Anzahl der Asylerstanträge der Jahre 2015 bis 2017 nach Altersgruppen und Geschlecht
Tabelle 5: Verhältnis der Asylerstanträge zwischen männlichen und weiblichen Antragssteller der Jahre 2015 bis 2017
Tabelle 6: Verhältnis der Asylerstanträge zwischen männl. und weibl. Antragssteller der Jahre 2015 bis 2017
1 Einleitung
Zur Einführung in die Thematik soll zunächst der Hintergrund der Bachelorarbeit dargestellt werden. Anschließend werden die daraus entstandenen und für die Arbeit relevanten Fragestellungen, sowie die Zielsetzung und die Vorgehensweise zur Beantwortung dieser erläutert
1.1 Hintergrund
Flüchtlinge, Geflüchtete, Asylanten, Geduldete, etc. – all‘ das sind Bezeichnungen, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben. Aufgrund der verstärkten Flüchtlingszuwanderung nach Deutschland in den Jahren 2014 bis 2016 ist das Thema Geflüchtete, deren Integration und die damit verbundenen Schwierigkeiten in vielen Bereichen heiß diskutiert. Dabei kommt immer wieder die Frage auf, ob es den Geflüchteten gelingen kann, sich erfolgreich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren Bei der Integration handelt es sich um ein komplexes Thema, welches in Zusammenarbeit von Bund, Bundesländern und Gemeinden bewerkstelligt werden muss. Darunter fällt nicht allein die Versorgung der Geflüchteten, sondern auch die Möglichkeit, dass Geflüchtete eine Erwerbstätigkeit ausüben und die Chance bekommen, am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben der Aufnahmegesellschaft teilzuhaben. Eine erfolgreiche Integration in den deutschen Arbeitsmarkt hängt jedoch nicht nur von den Geflüchteten selbst ab, sondern ebenso von der entgegengebrachten Unterstützung sowie der Bereitschaft der Unternehmen, Geflüchtete zu beschäftigen. Die vorliegende Arbeit soll untersuchen, welche förderlichen und hemmenden Faktoren bei einer Arbeitsmarktintegration auftreten können und wie sich diese auf die Bereitschaft von Unternehmen auswirken.
1.2 Fragestellung
Um zum genannten Thema Erkenntnisse zu gewinnen, soll folgende Leitfrage sowie ihre Unterfragen erforscht werden:
Sind Unternehmen bereit, Geflüchtete zu beschäftigen?
Im Kontext der Leitfrage sollen die folgenden Unterfragen beantwortet werden:
1. Welche Phasen durchläuft ein/e Geflüchtete/r bis zur Integration in Ausbildung und Arbeit?
2. Welchen Herausforderungen stellen sich Geflüchtete beim Zugang zu Ausbildung, Arbeit und Beschäftigung?
3. Wie hoch ist die Bereitschaft von Unternehmen unterschiedlicher Größenordnung, Geflüchtete zu beschäftigen, unter Berücksichtigung von Erfahrungen und Chancen der Unternehmen (aus Sicht der Unternehmen)?
4. Welche Erfahrungen haben Flüchtlingsberatungsstellen bei der beruflichen Integration von Geflüchteten gemacht?
5. Wie bewerten die Unternehmen die Arbeitsmarktintegration jetzt und in Zukunft?
Zur Einordnung der späteren Ergebnisse sowie zur Aufarbeitung bereits bestehender Erkenntnisse soll in einem ersten Schritt eine Grundlage für diese Arbeit durch die Beantwortung der folgenden Fragen geschaffen werden:
-Worin besteht der Unterschied zwischen Integration und Migration?
-Welche Merkmale haben die Geflüchteten, die den Zugang zum Arbeitsmarkt suchen?
-Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Aufenthaltsstatus und der Möglichkeit einer Arbeitsmarktintegration?
-Welche Herausforderungen bei der Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt sind bereits bekannt?
-Was für Chancen ergeben sich durch die Integration von Geflüchteten?
Um diese Fragestellungen untersuchen zu können und um die theoretischen Konzepte zu verifizieren oder zu falsifizieren, wurden Hypothesen (H) aufgestellt. H1 bis H3 beziehen sich auf die theoretischen Konzepte ohne einer Frage direkt zugehörig zu sein. H4 bezieht sich auf die Unterfrage (1), H5 bis H7 auf Unterfrage (2) und H8 und H9 betreffen die Unterfrage (3). H10 und H11 beziehen sich auf Unterfrage (4) und H12 und H13 betreffen die Unterfrage (5).
-H1. Vor allem junge und männliche Geflüchtete suchen den Zugang zum Arbeits-bzw. Ausbildungsmarkt.
-H2. Die geflüchteten Personen haben oftmals geringe schulische und berufliche Erfahrungen.
-H3. Bei der Einstellung von Geflüchteten achten die Unternehmen auf den Aufenthaltsstatus.
-H4. Die geflüchteten Menschen müssen bis zur Arbeitsmarktintegration verschiedene Phasen durchlaufen, sodass der Integrationsprozess eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt.
-H5. Es gibt sowohl rechtliche als auch persönliche Hürden, die den Zugang zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt erschweren.
-H6. Vor allem die Sprache ist ein Einstellungshindernis.
-H7. Den Herausforderungen des Arbeitsmarktzugangs kann mit Hilfe von Fördermaßnahmen entgegengewirkt werden.
-H8. Aufgrund positiver Erfahrungen und den einhergehenden Chancen ist die Bereitschaft von Unternehmen unterschiedlicher Größenordnung, Geflüchtete einzustellen, gegeben.
-H9. Der höhere Aufwand hemmt Unternehmen, geflüchtete Menschen zu beschäftigen.
-H10. Die Erfahrungen der Flüchtlingsberatungsstellen im Hinblick auf die Herausforderungen stimmen mit denen der Unternehmen überein.
-H11. Die Flüchtlingsberatungsstellen erleben die Bereitschaft von Unternehmen, Geflüchtete einzustellen, als positiv.
-H12. Die Integration in den Arbeitsmarkt wird hauptsächlich positiv bewertet.
-H13. Um die Integration in Zukunft zu gewährleisten, müssen die Unternehmen sowie die Geflüchteten mehr Unterstützung erhalten.
1.3 Zielsetzung
Das Ziel dieser Bachelorarbeit ist es, den oben genannten Fragestellungen auf den Grund zu gehen, um die aktuelle Situation sowie die damit einhergehenden Herausforderungen aufzuzeigen. Dabei soll die Bereitschaft von Unternehmen, Geflüchtete zu beschäftigen im Mittelpunkt stehen. Diese soll am Beispiel von Betrieben in Nordrhein-Westfalen untersucht werden. Dazu wird eine qualitative Befragung von Unternehmen durchgeführt. In diesem Zusammenhang sollen sie Auskunft darüber geben, wie sie zur Einstellung von Geflüchteten stehen und welche Probleme sie bei der Beschäftigung dieser Zielgruppe sehen. Mit dieser Befragung sollen auch Aussagen über die Chancen und die Akzeptanz von Geflüchteten im Arbeitsalltag getroffen werden.
Gleichzeitig werden Flüchtlingsberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen befragt, um Erkenntnisse über etwaige Erfahrungen zur Arbeitsmarktintegration zu sammeln. Die Beratungsstellen werden zu den gleichen Themen befragt wie die Unternehmen. So soll herausgearbeitet werden, ob die Aussagen der Unternehmen mit der Wahrnehmung und Erfahrung der Beratungsstellen im Hinblick auf die Herausforderungen übereinstimmen oder ob sich Diskrepanzen abzeichnen. Des Weiteren soll herausgearbeitet werden, wie sie die Bereitschaft von Unternehmen einschätzen, Geflüchtete zu beschäftigen.
Ziel der Arbeit wird es außerdem sein, den langen Weg in Ausbildung bzw. Arbeit aufzuzeigen und deutlich zu machen, warum die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt ein Thema zunehmender Wichtigkeit ist.
1.4 Vorgehensweise und Ablauf der Arbeit
Um die oben genannten Fragestellungen zu beantworten und die beabsichtigten Zielsetzungen zu erreichen, werden zunächst die Begriffsbezeichnungen Integration und Migration, die Merkmale der geflüchteten Menschen sowie der Zusammenhang zwischen dem Aufenthaltsstatus und dem Arbeitsmarktzugang erläutert. Im Weiteren werden die Herausforderungen und Chancen, die mit einer Integration in Ausbildung und Arbeit einhergehen, herausgearbeitet.
Im Anschluss wird die Befragung von Unternehmen und Flüchtlingsberatungsstellen analysiert. Die Untersuchung der Bereitschaft von Unternehmen, Geflüchtete zu beschäftigen wird mittels qualitativer Interviews umgesetzt. Der zeitliche Aufwand für diese Vorgehensweise ist hoch, da Planung, Durchführung, Transkription und Analyse qualitativer Interviews viel Zeit in Anspruch nehmen, sodass nur eine kleine Stichprobe realisiert werden kann.
Nach Durchführung der Interviews werden diese inhaltsanalytisch ausgewertet und eine Bewertung verfasst. Im letzten Schritt werden Handlungsempfehlungen für Arbeitsmarktorganisationen und Beratungseinrichtungen für Geflüchtete herausgearbeitet. Abschließend wird ein Fazit über die gesamte Arbeit gezogen.
2 Abgrenzung Integration und Migration
Bereits im Titel dieser Thesis stoßen Sie auf den Begriff „Integration“, weshalb dieser erläutert werden muss. Häufig kommt es zu Verwechslungen zwischen dem Begriff der Integration und dem der Migration. Daher gilt es diese Begrifflichkeiten voneinander abzugrenzen.
Integration ist kein Ereignis, welches zu einem bestimmten Zeitpunkt eintritt, sondern ein komplexer und langfristiger Prozess. Das Ziel des Prozesses ist es, Teil einer bereits bestehenden Gesellschaft oder Gruppe zu werden (vgl. Heckmann, 2015, S. 21). Somit kann Integration nicht nur bei Geflüchteten erfolgen, sondern auch in anderen Bereichen auftreten. Beispielhaft kann hier die Integration behinderter Menschen an Schulen genannt werden.
Nach Esser (2000) teilt sich der Prozess der Integration in vier Bereiche auf. Dazu zählt
-die kulturelle Integration (soziale Werte und Sprache),
-die strukturelle Integration (Arbeitsmarktintegration und Bildungsbeteiligung),
-die soziale Integration (soziale Beziehungen) und
-die emotionale Integration (Identifikation der Individuen).
Diese Teilbereiche sind eng miteinander verbunden. So sind beispielsweise gute Sprachkenntnisse sowohl Teil der kulturellen Integration, aber gleichzeitig Voraussetzung für die strukturelle Integration. Im Verlauf dieser Arbeit wird hauptsächlich Bezug auf die strukturelle Integration genommen. Wird die Integration im Hinblick auf Geflüchtete betrachtet, ist die Arbeitsmarktintegration nach allgemeiner Ansicht einer der wichtigsten Aspekte für eine gelungene Integration in die Gesellschaft (vgl. Rich, 2016, S. 2). Zum einen ist die Arbeitsmarktintegration eine wesentliche Voraussetzung dafür, sich längerfristig in Deutschland aufzuhalten (vgl. Genge, 2018, S. 12). Zum anderen ebnet diese für Geflüchtete den Weg, eigenständig ihre Grundbedürfnisse nach Wohnung und Lebensmitteln zu befriedigen. Sie verfügen über eigenes Einkommen, welches sie in Eigenverantwortung einsetzen können und erlangen durch ihre Tätigkeit einen sozialen Status sowie Anerkennung und Selbstwertgefühl (vgl. Toprak & Weitzel, 2017, S. 18). Damit stellt sie einen entscheidenden Schritt für den Integrationserfolg dar (vgl. Frintrup, 2018, S. 118). Somit ist die strukturelle Integration aufgrund des verfügenden Kapitals gleichzeitig ein wichtiger und notwendiger Aspekt der sozialen Integration und die enge Verbundenheit aller vier Bereiche wird erneut sichtbar.
Neben der Integration in alle gesellschaftlichen Bereiche, verpflichten sich die Geflüchteten zugleich sich der bestehenden Gesellschaft in gewissen Bereichen anzupassen, indem sie beispielsweise die Gesetze und die Verfassung respektieren und befolgen (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 2018).
Der von der Integration abzugrenzende Begriff der Migration thematisiert hingegen den räumlichen Wechsel des Lebensmittelpunktes von Menschen. Migration umfasst also sowohl den Prozess innerhalb eines Landes (Binnenmigration) als auch die internationale Migration in und aus einem Land (Außenwanderung). Die Außenwanderung lässt sich wiederum in die Ein- und Auswanderung aufteilen (vgl. Heckmann, 2015, S. 23). Im Kontext mit der Integration von Geflüchteten wird der Einwanderungsprozess betrachtet. Hier wird bereits deutlich, dass beide Prozesse miteinander verbunden sind, denn eingewanderte Menschen sollen, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind, in die neue Gesellschaft eingegliedert werden. Die in der Literatur häufig genutzte Metapher „zwei Seiten einer Medaille“ drückt die Verbundenheit der Prozesse aus und stellt die Beziehung der beiden Begriffe zueinander dar. Gleichzeitig macht diese aber deutlich, dass es sich um zwei getrennte Prozesse handelt (vgl. z.B. Düvell, 2006, S. 3, Hoesch, 2018, S. 13).
Die Betrachtung des jeweiligen Forschungshintergrundes macht die zwei unterschiedlichen Prozesse nochmals deutlich. Die Migrationsforschung untersucht hauptsächlich die Migrationsursachen, individuelle Entscheidungsprozesse und die rechtliche Regelung von Grenzübertritt und Aufenthalt durch Nationalstaaten. Das Interesse der Integrationsforschung hingegen beschäftigt sich damit, Menschen in die Gesellschaft einzugliedern und ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Dennoch sind beide Konzepte eng miteinander verbunden, da potenzielle Migranten die zu erwartenden Teilhabechancen in anderen Gesellschaften berücksichtigen und abwägen (vgl. Hoesch, 2018, S. 13).
Somit kann zusammenfassend gesagt werden, dass zunächst die Migration erfolgt und anschließend die Integration in den neuen Lebensmittelpunkt.
3 Situation der Geflüchteten, die derzeit Zugang zum Arbeitsmarkt suchen
Unter der Situation der Geflüchteten, die derzeit Zugang zum Arbeitsmarkt suchen, sind die persönlichen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Eigenschaften, wie das Qualifikationsniveau, berufliche Erfahrungen, Alter und Herkunft der Geflüchteten, zu betrachten. Dabei wird zwischen soziodemografischen und sozioökonomischen Merkmalen unterschieden.
Soziodemografische Merkmale
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Asylerstanträge vom 01.01.2015 bis 31.03.2018 nach Herkunftsländern
Quelle: Anhang 2.
Zu den soziodemografischen Merkmalen gehören unter anderem Herkunft, Alter und Geschlecht. Diese Aspekte werden mit Hilfe von Statistiken herausgearbeitet.
Wie aus Abbildung 1 ersichtlich ist, waren die mit Abstand meisten Asylsuchenden in der Zeit vom 01.01.2015 bis zum 31.03.2018 aus Syrien. 34,46 % (483.597) aller Erstanträge wurden von syrischen Geflüchteten gestellt. Mit über 300.000 Erstanträgen weniger folgen geflüchtete Personen aus Afghanistan mit 12,63 % (177.293) und dem Irak mit 10,84 % (152.195). Auch eritreische und iranische Geflüchtete zählen mit 2,96 % (41.568) bzw. 3,02 % (42.443) zu den Hauptherkunftsländern. Es werden jedoch nicht alle Asylbewerber/innen anerkannt und daher sollten die Anerkennungsquoten berücksichtigt werden. Diese waren in einigen Fällen der zugangsstärksten Staatsangehörigkeiten hoch. Die höchste Quote erlangte von 2015 bis 2017 jeweils Syrien mit einer durchschnittlichen Anerkennung von rund 95 %. Für beispielsweise eritreische Asylsuchende rund 89 % und für irakische knapp 72 %. Bei iranischen und afghanischen Personen wurde jeweils nur die Hälfte aller Schutzsuchenden anerkannt (siehe Anhang 1). Somit kommt der Großteil der in Deutschland anerkannten Schutzsuchenden aus den fünf genannten Ländern. Ohne Berücksichtigung der Anerkennungsquote kamen knapp 64 % aller Erstanträge aus diesen Ländern (siehe Anhang 2). Albaner/innen waren mit 5,19 % (72.906) Asylerstanträgen zwar über den Erstanträgen von iranischen und eritreischen Asylbewerbern/innen, allerdings wurden nur 0,3 % der geflüchteten Personen anerkannt (siehe Anhang 1 und 2).
Neben den Herkunftsländern waren auch einzelne Altersgruppen stärker vertreten als andere. Bei den Asylerstanträgen ist auffällig, dass die Schutzsuchenden in den Jahren 2015 bis 2017 überwiegend junge Menschen waren. Am größten ist dabei der Anteil der 18 bis 24-Jährigen mit gut 23 % (316.910). Mit rund 14 % (191.343) sind die 25 bis 29-Jährigen ebenfalls stark vertreten. Der Anteil der nachfolgenden Altersgruppen sinkt mit steigendem Alter. Herausstechend ist noch die Gruppe der unter 4-Jährigen, die mit gut 12 % (165.541) den drittgrößten Anteil ausmachen. In der Summe sind rund 59 % (804.982) aller Schutzbewerber unter 25 Jahren und knapp 90 % (1.218.181) unter 40 (siehe Anhang 3).
Bei der Gegenüberstellung der Geschlechter ist ebenfalls eine ungleiche Verteilung erkennbar. Mit 66,05 % (900.054) waren fast zwei Drittel aller Geflüchteten in der Zeit von 2015 bis 2017 männlich. Der männliche Anteil überwiegt in allen Altersgruppen außer in der Gruppe der 65-Jährigen und älter. Noch eindeutiger ist die Ungleichmäßigkeit bei den am stärksten vertretenen Altersgruppen zu erkennen. Bei den 18 bis 24-Jährigen sind rund 77 % (244.174) männlich, bei den 25 bis 29-Jährigen 72 % (137.769). Die Gruppe der 16 bis 17-Jährigen liegt mit knapp 80 % (58.927) auch weit über dem durchschnittlichen männlichen Anteil (siehe Anhang 4 Tab. 3).
Unter der Berücksichtigung, dass nicht alle Asylbewerber/innen anerkannt werden, sind die meisten Geflüchteten, die Zugang zum Arbeitsmarkt suchen, jung und männlich, da oftmals Familienväter oder alleinstehende Männer den gefährlichen und beschwerlichen Weg der Flucht auf sich nehmen. Frauen und Kinder werden gegebenenfalls über den Familiennachzug nachgeholt, wobei diese Personen nicht als Geflüchtete gezählt werden (vgl. Geis, 2017, S. 28).
Sozioökonomische Merkmale
Unter sozioökonomischen Merkmalen sind unter anderem Bildungsstand, Sprachkenntnisse und berufliche Qualifikationen zu verstehen (vgl. Ditton & Maaz, 2011, S. 193). Viele Geflüchtete haben ihr Herkunftsland aus Gründen wie Krieg, Flucht und Verfolgung verlassen, deshalb wurde die Bildungsbiographie häufig nicht abgeschlossen (vgl. Brücker, Rother & Schupp, 2017, S. 25). Im Folgenden wird dargestellt, welche Voraussetzungen die Geflüchteten dennoch mitbringen.
Um Aussagen über die Kompetenzen der Geflüchteten machen zu können, wurde eine Befragung in Zusammenarbeit von Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) und Sozio-oekonomische Panel (SOEP) durchgeführt. Die IAB-BAMF-SOEP-Befragung ist eine repräsentative Datengrundlage, die Geflüchtete erfasst, die zwischen dem 01.01.2013 und 31.01.2016 in Deutschland eingereist sind und einen Asylantrag gestellt haben. Es wurden rund 3.300 Haushalte sowie 4.500 volljährige Geflüchtete befragt. Die Befragung erfolgte unabhängig vom Aufenthaltsstatus (vgl. Brücker et al., 2017, S. 15 und 17 und 61).
Die Ergebnisse im Hinblick auf das schulische und berufliche Bildungsniveau zeigen, dass diese sich innerhalb der Geflüchteten stark unterscheiden. Dabei haben 7 bzw. 8 % keine Angaben über ihren Schulbesuch bzw. ihren Schulabschluss gemacht, 1 % besucht noch eine Schule. Diese sind in den folgenden Interpretationen und Darstellungen nicht mit aufgeführt (vgl. Brücker et al., 2017, S. 24 f.).
Laut der Befragung haben 40 % der Geflüchteten eine weiterführende Schule besucht. Mit 35 % haben die meisten dort einen Abschluss absolviert. Eine Mittelschule wurde von 31 % besucht und von 23 % abgeschlossen, eine Grundschule wurde von 12 % besucht. Dabei ist der Anteil der Männer in allen Fällen wenige Prozentpunkte höher. Die Anzahl der Geflüchteten, die keine Schule besucht haben, beläuft sich auf 13 %, wobei hier der Anteil der Frauen höher ist. Abbildung 2 stellt die Ergebnisse bezüglich Schulbesuch und -abschluss grafisch dar. Die durchschnittliche Zahl der Schuljahre beträgt sowohl für Frauen als auch für Männer zehn Jahre (vgl. Brücker et al., 2017, S. 26).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Anteil an 18-Jährigen und Älteren, die eine Schule besuchten bzw. abgeschlossen haben (in Prozent).
Quelle: Brücker et al., 2017, S. 26.
Einen Hochschulabschluss oder eine Promotion schlossen mehr Frauen ab. Insgesamt haben 11 % einen Hochschulabschluss oder eine Promotion abgeschlossen (vgl. Brücker et al., 2017, S. 27).
Es zeigen sich allerdings erhebliche Unterschiede, wenn der Bildungsstand nach Herkunftsländern verglichen wird. Geflüchtete aus dem Iran haben ein überdurchschnittlich hohes Qualifikationsniveau. Dies trifft auch für Syrer/innen zu, allerdings in leicht abgeschwächter Form. Im Gegensatz dazu stehen geflüchtete Personen aus dem Irak, Afghanistan und Eritrea, bei denen ein großer Anteil weniger als Primärbildung nachweisen kann. Der Hauptfaktor dieser Unterschiede lässt sich auf die politische Situation der Herkunftsländer zurückführen. Je länger das Land schon von Bürgerkriegen und politischer Verfolgung betroffen ist, desto geringer ist das Bildungsniveau (vgl. Brücker et al., 2017, S. 31). Wird diese Beobachtung zusammen mit den Anerkennungsquoten des jeweiligen Landes betrachtet, führt dies zu einem positiveren schulischen Bildungsniveau (vgl. Rich, 2016, S. 1). Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat seit 2015 bereits eigene Befragungen durchgeführt, die jedoch nicht repräsentativ sind. Grund dafür ist, dass die Befragungen auf freiwilliger Basis direkt bei Antragsstellung erfolgten. Die Ergebnisse für die Jahre 2015, 2016 und das erste Halbjahr 2017 spiegeln jedoch die Resultate von der IAB-BAMF-SOEP-Befragung weitgehend wieder. Die nachfolgende Abbildung 3 zeigt die Unterschiede im schulischen Bildungsstand nach Herkunftsländern grafisch auf.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Schulbildung der volljährigen Asylerstantragssteller/innen nach höchster besuchter Bildungseinrichtung im Herkunftsland für die Jahre 2015, 2016 und erstes Halbjahr 2017 (in Prozent).
Quelle: Rich, 2016, S. 5, Neske, April 2017, S. 7, Neske, September 2017, S. 7.
Auch im Hinblick auf die beruflichen Qualifikationen liefert die IAB-BAMF-SOEP-Studie erste Ergebnisse. Nur 5 % der Geflüchteten geben an, eine Ausbildung erfolgreich absolviert zu haben. Dieser geringe Anteil von Ausbildungsabschlüssen lässt sich dadurch erklären, dass es in den Herkunftsländern der Geflüchteten kein Ausbildungssystem gibt, wie beispielsweise in Deutschland. Allerdings geben knapp drei Viertel der Befragten zwischen 18 und 65 Jahren an, über berufliche Erfahrungen zu verfügen. In diesem Punkt zeigt sich jedoch eine große Diskrepanz zwischen Männern und Frauen. 81 % der Männer geben an, Berufserfahrungen gesammelt zu haben, von den Frauen jedoch nur 50 %. Von diesen Personen waren 27 % selbstständig, 30 % als Arbeiter/in tätig, 25 % als Angestellte/r ohne Führungsposition und 13 % als Angestellte/r mit Führungsposition tätig. 6 % der Geflüchteten waren im Staatsdienst beschäftigt (vgl. Brück, Rother & Schupp, 2016, S. 48). Hier kann ebenfalls zwischen den einzelnen Herkunftsländern unterschieden werden. Iranische Geflüchtete waren beispielsweise überdurchschnittlich viel in Ingenieur-, IT-, Elektro- oder technischen Berufen sowie im Bereich Büro, Banken und Versicherungen tätig. Dies bestätigt auch den höheren Bildungsstand der Iraner/innen (vgl. Rich, 2016, S. 7 f., Neske, April 2017, S. 8 f., Neske, September 2017, S. 8 f.). Doch unabhängig davon, welche beruflichen Qualifikationen die Geflüchteten bereits in ihrem Heimatland erworben haben, müssen diese zunächst in Deutschland anerkannt werden. Das ist sinnvoll, um die Arbeitsmarktpotenziale besser nutzen zu können. Ungefähr ein Viertel aller Geflüchteten, die im Heimatland einen Beruf erlernt haben, haben die Anerkennung ihrer Qualifikationen beantragt. Davon hat ein gutes Drittel bereits eine Rückmeldung erhalten, die in den meisten Fällen positiv ausgefallen ist. Bei drei Viertel aller Befragten wurden die beruflichen Qualifikationen vollständig anerkannt und bei 15 % teilweise. Unter den Personen, die einen Antrag stellen, sind vermehrt Menschen mit einer sicheren Bleibeperspektive (vgl. Brücker et al., 2017, S. 48 und 50).
Neben den beruflichen und schulischen Qualifikationen spielen die deutschen Sprachkenntnisse für die Integration eine wesentliche Rolle. Bei der Befragung geben 16 % an, gut oder sehr gut deutsch sprechen zu können. 23 % berichten, gut oder sehr gut lesen zu können haben und 19 %, gut schreiben zu können. Allerdings geben ungefähr die Hälfte der Geflüchteten an jeweils schlechte Sprach-, Lese- und Schreibkenntnisse zu haben (vgl. Brücker et al., 2017, S. 38). Diese Zahlen sind aber mit Vorsicht zu betrachten, da die Sprachkenntnisse nur auf Basis von Selbsteinschätzungen erfolgten (vgl. Brücker et al., 2017, S. 35).
[...]
- Arbeit zitieren
- Kirsten Dues (Autor:in), 2018, Flüchtlinge auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Wie ist eine erfolgreiche Integration möglich?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/441578
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