In Fachpublikationen und vor allem in der kommunalen Praxis wird der abstrakt wirkende Begriff "Stadtmarketing" oftmals unterschiedlich ausgelegt. Dies führt zu Missverständnissen, die bereits im Vornherein den Erfolg späterer Stadtmarketingaktivitäten gefährden können. Von Vielen wird Stadtmarketing z.B. mit Stadtwerbung und "Verkaufen" einer Stadt gleichgesetzt. Befürworter verbinden damit Hoffnungen und finden den Begriff zeitgemäß. Gegner befürchten allerdings, dass Stadtmarketing jeden Lebensbereich einer Stadt nur unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten betrachtet und sie führen an, dass man eine Stadt nicht verkaufen könne.4
Diese Interpretationen stellen allesamt nicht zufrieden, weshalb in Kapitel 2 die Begriffe "Marketing" und "Stadtmarketing" auf wissenschaftliche Weise definiert werden. Anschließend wird Stadtmarketing von den ähnlich klingenden Bezeichnungen "Regionalmarketing" und "City-Marketing" abgegrenzt. Stadtmarketing unternimmt den Versuch ein Instrument der Betriebswirtschaftslehre auf den öffentlichen Sektor zu übertragen. Das Marketing für Non-Profit-Organisationen hat bereits gezeigt, dass Marketing erfolgreich auf den nicht-kommerziellen Bereich übertragen werden kann. Zwar ist zu berücksichtigen, dass die Aktivitäten einer Kommunalverwaltung durchaus auch in den kommerziellen Bereich hineinragen (Bsp.: Tourismusförderung), dennoch besteht Zuversicht, dass sich auch hier Erfolge einstellen. Am Ende des zweiten Kapitels wird gezeigt, welche Restriktionen bei der Übertragung des betriebswirtschaftlichen Marketinginstrumentariums auf den öffentlichen Sektor zu beachten sind.
Das dritte Kapitel vermittelt wichtige Hintergründe des Stadtmarketings. Es wird dessen historische Entwicklung dargestellt und auf die Gründe für das starke Interesse der Kommunen an diesem neuen Instrument eingegangen. Sie waren ursächlich für die rasante Verbreitung, die dem Stadtmarketing testiert werden darf. Das Kapitel schließt mit der Untersuchung, in welchem Zusammenhang Stadtmarketing mit den Reformbemühungen des New Public Managements zu sehen ist.
Das vierte Kapitel ist der hinter dem Stadtmarketing stehenden Philosophie gewidmet. Es beginnt mit einer kompakten Übersicht der wichtigsten Merkmale. Daraufhin wird der Kreis der Mitwirkenden durchleuchtet und die unterschiedlichen Zielgruppen und Zielsetzungen werden thematisiert. Es folgt eine Erörterung verschiedener Institutionalisierungsformen und Finanzierungsmöglichkeiten.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Begriffsdefinitionen und -abgrenzungen
2.1 Marketing
2.2 Stadtmarketing
2.3 Abgrenzung von Stadtmarketing zu Regional- und City-Marketing
2.4 Restriktionen bei der Übertragung des Marketinginstrumentariums aus der Betriebswirtschaftslehre auf den öffentlichen Sektor
3 Hintergründe des Stadtmarketings
3.1 Historische Entwicklung
3.2 Gründe für das starke Interesse der Kommunen am Stadtmarketing
3.2.1 Verschärfter Standortwettbewerb
3.2.2 Veränderte Beurteilungskriterien für die Qualität einer Stadt
3.2.3 Attraktivitätsverlust der Stadtzentren
3.2.4 Mitbeteiligung der Bürger an der Kommunalpolitik
3.2.5 Sonstige
3.3 Stadtmarketing im Kontext des New Public Managements
4 Stadtmarketing-Philosophie
4.1 Merkmale des Stadtmarketings
4.2 Mitwirkende am Stadtmarketingprozess und dessen differenzierte Maßnahmenplanung
4.2.1 Zielgruppen und Akteure
4.2.2 Externe Berater
4.3 Ziele des Stadtmarketings
4.4 Institutionalisierung
4.5 Finanzierung
4.6 Public Private Partnership
5 Der Stadtmarketingprozess
5.1 Initialisierung
5.2 Situationsanalyse
5.2.1 Analyse von Stärken und Schwächen
5.2.2 Analyse von Chancen und Risiken
5.2.3 Image-Analyse
5.3 Zielbestimmung
5.3.1 Vorgehensweise
5.3.2 Entwicklung von Stadtvisionen und Zusammenfassung zu einem Leitbild
5.3.3 Stadtidentität (City Identity)
5.3.4 Stadtmarketingzielsystem
5.4 Strategie- und Maßnahmenplanung
5.4.1 Strategieentwicklung
5.4.2 Maßnahmen- und Detailplanung
5.4.3 Arbeitskreise
5.5 Umsetzung
5.6 Erfolgskontrolle
5.6.1 Allgemeine Einführung
5.6.2 Effektivitätsmatrix von Pal/Sanders
5.6.3 Interkommunaler Leistungsvergleich
5.6.4 Verdichtung der Indikatoren zu Erfolgsindizes
5.6.5 Nutzen-Kosten-Analyse
5.6.6 Zusammenfassung
6. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang - Das Leitbild der Stadt Gelsenkirchen
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Die räumlichen Dimensionen von City-Marketing, Stadtmarketing und Regionalmarketing
Abb. 2: Die Akteure und die Zielgruppen des Stadtmarketings
Abb. 3: Der Stadtmarketingprozess
Abb. 4: Fiktives Profildiagramm zweier Kommunen
Abb. 5: Ausgewählte Stadtlogos
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Vor- und Nachteile unterschiedlicher Formen der Institutionalisierung
Tab. 2: Finanzierungsmöglichkeiten des Stadtmarketings
Tab. 3: Beispielhafte Ausgestaltung einer Effektivitätsmatrix
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die finanzielle Lage der deutschen Kommunen ist dramatisch! Für dieses Jahr erwarten sie ein Haushaltsdefizit von fast 10 Mrd. €. Gravierende Einbrüche bei der Gewerbesteuer gehen einher mit immer höheren Sozialausgaben. Ein Beispiel für die alarmierende Finanznot: 40 Prozent der bayerischen Gemeinden können nicht einmal mehr die Tilgungsraten für ihre Kredite erwirtschaften. Um in dieser Krise ein Zeichen zu setzen rief der Bayerische Gemeindetag alle Kommunalpolitiker dazu auf, am 21. Mai 2003 unter dem Motto "Rettet die Kommunen!" im bayerischen Berching auf die Straße zu gehen. Rund 5.000 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister[1], Stadt- und Gemeinderatsmitglieder, Landräte, Rathausmitarbeiter und kommunale Ehrenamtliche folgten dem Aufruf. Geschlossen appellierte man an die Bundes- und Landesregierung, den Städten und Gemeinden mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Die Veranstalter schätzten die Zahl der anwesenden Bürgermeister auf 1.500 - so viele, wie bei noch keiner Demonstration seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland.[2]
Seit Ende der achtziger Jahre gibt es ein neues Instrument in der Kommunalpolitik. "Stadtmarketing" hat in kürzester Zeit zahlreiche Anhänger gefunden und wurde schnell zu einem regelrechten Modethema. Es gibt heute kaum eine Stadt, die sich noch nicht damit beschäftigt hat. Ein Großteil setzt es bereits in der einen oder anderen Form ein.[3] Obwohl explizit im Namen erwähnt, beschränkt sich Stadtmarketing nicht ausschließlich auf Städte, sondern kann theoretisch von jeder Kommune, unabhängig von der Einwohnerzahl, betrieben werden. Das eingangs beschriebene Szenario lässt jedoch auf den ersten Blick vermuten, dass die bislang gestarteten Stadtmarketingaktivitäten nicht mit großen Erfolgen gekrönt waren. Würden die Kommunen sonst in einer solchen Krise stecken? Die vorliegende Arbeit geht der Sache genauer auf den Grund und analysiert, was sich hinter der Bezeichnung "Stadtmarketing" tatsächlich verbirgt.
In Fachpublikationen und vor allem in der kommunalen Praxis wird der abstrakt wirkende Begriff "Stadtmarketing" oftmals unterschiedlich ausgelegt. Dies führt zu Missverständnissen, die bereits im Vornherein den Erfolg späterer Stadtmarketingaktivitäten gefährden können. Von Vielen wird Stadtmarketing z.B. mit Stadtwerbung und "Verkaufen" einer Stadt gleichgesetzt. Befürworter verbinden damit Hoffnungen und finden den Begriff zeitgemäß. Gegner befürchten allerdings, dass Stadtmarketing jeden Lebensbereich einer Stadt nur unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten betrachtet und sie führen an, dass man eine Stadt nicht verkaufen könne.[4] Diese Interpretationen stellen allesamt nicht zufrieden, weshalb in Kapitel 2 die Begriffe "Marketing" und "Stadtmarketing" auf wissenschaftliche Weise definiert werden. Anschließend wird Stadtmarketing von den ähnlich klingenden Bezeichnungen "Regionalmarketing" und "City-Marketing" abgegrenzt. Stadtmarketing unternimmt den Versuch ein Instrument der Betriebswirtschaftslehre auf den öffentlichen Sektor zu übertragen. Das Marketing für Non-Profit-Organisationen hat bereits gezeigt, dass Marketing erfolgreich auf den nicht-kommerziellen Bereich übertragen werden kann. Zwar ist zu berücksichtigen, dass die Aktivitäten einer Kommunalverwaltung durchaus auch in den kommerziellen Bereich hineinragen (Bsp.: Tourismusförderung), dennoch besteht Zuversicht, dass sich auch hier Erfolge einstellen. Am Ende des zweiten Kapitels wird gezeigt, welche Restriktionen bei der Übertragung des betriebswirtschaftlichen Marketinginstrumentariums auf den öffentlichen Sektor zu beachten sind.
Das dritte Kapitel vermittelt wichtige Hintergründe des Stadtmarketings. Es wird dessen historische Entwicklung dargestellt und auf die Gründe für das starke Interesse der Kommunen an diesem neuen Instrument eingegangen. Sie waren ursächlich für die rasante Verbreitung, die dem Stadtmarketing testiert werden darf. Das Kapitel schließt mit der Untersuchung, in welchem Zusammenhang Stadtmarketing mit den Reformbemühungen des New Public Managements zu sehen ist.
Das vierte Kapitel ist der hinter dem Stadtmarketing stehenden Philosophie gewidmet. Es beginnt mit einer kompakten Übersicht der wichtigsten Merkmale. Daraufhin wird der Kreis der Mitwirkenden durchleuchtet und die unterschiedlichen Zielgruppen und Zielsetzungen werden thematisiert. Es folgt eine Erörterung verschiedener Institutionalisierungsformen und Finanzierungsmöglichkeiten. Abschließend wird eine Verbindung zwischen Stadtmarketing und "Public Private Partnerships" hergestellt.
Kapitel fünf klärt über den prozessartigen Ablauf eines Stadtmarketings auf. Im Normalfall werden nacheinander verschiedene, aufeinander abgestimmte Phasen durchlaufen. Jede Phase wird in einem eigenen Unterkapitel ausführlich beschrieben, wobei die Phase
"Erfolgskontrolle" den Schwerpunkt bildet.
Das sechste Kapitel zieht zum Abschluss ein Fazit, das die wichtigsten Erkenntnisse noch einmal aufgreift und dabei die positiven und negativen Auswirkungen des Stadtmarketings diskutiert.
2 Begriffsdefinitionen und -abgrenzungen
2.1 Marketing
Marketing entstand zu Beginn des vorherigen Jahrhunderts als Reaktion auf den Übergang der Märkte von Anbieter- zu Käufermärkten. Durch das beständig gewachsene Angebot an Waren entstand in einigen Bereichen ein Überangebot. Kunden hatten nun die freie Auswahl zwischen verschiedenen Anbietern. Um weiterhin erfolgreich agieren zu können, wurde es für Unternehmer sehr wichtig, sich intensiv mit den Wünschen ihrer Kunden zu beschäftigen und ihr Angebot darauf auszurichten. Dies ist ein Grundsatz des Marketings.
Marketing (als Maxime) steht für die dauerhafte Ausrichtung aller Unternehmensaktivitäten an den Bedürfnissen der Kunden. Dies setzt die systematische Erforschung der Kundenbedürfnisse auf den relevanten Märkten voraus. Marketing (als Mittel) versucht Präferenzen für das eigene Unternehmen bzw. dessen Produkte zu schaffen und dadurch Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Eine systematische, moderne Techniken nutzende Entscheidungsfindung beschreibt Marketing (als Methode).[5]
Hinter der Bezeichnung Marketing verbirgt sich somit ein marktorientiertes Steuerungskonzept für Unternehmen. Es handelt sich um eine Strategie, die unter Berücksichtigung der Kundenbedürfnisse, der eigenen Kompetenzen und der vorgegebenen Unternehmensziele, alle Aktivitäten eines Unternehmens zur Erreichung der Ziele koordiniert. Das Vorgehen des Marketings ist prozessartig strukturiert. Der "Marketingprozess" besteht aus unterschiedlichen, nacheinander ablaufenden und aufeinander abgestimmten Phasen. Er ist bspw. in visionäre Vorstellung, Zielfindung, Informationsbeschaffung, Stärken-Schwächen-Analyse, Strategieplanung, Durchführung und Erfolgskontrolle gegliedert.[6]
Die Maßnahmen, die während des Marketingprozesses angeregt, geplant und durchgeführt werden, können den Bereichen Produkt-, Preis-, Distributions- und Kommunikationspolitik zugeordnet werden. Diese Politiken versuchen das Produkt, den Preis, die Vertriebswege bzw. die Kommunikation des Unternehmens zu den Verbrauchern hinsichtlich der Kundenwünsche und der Unternehmensziele zu optimieren. Laien setzen Marketing oft mit Werbung gleich. Werbung, als Teil der Kommunikationspolitik, macht jedoch nur einen Teilbereich des Marketings aus.[7]
2.2 Stadtmarketing
Stadtmarketing ist durch Begriffsvielfalt und Abgrenzungsprobleme geprägt. Es ist zu beobachten, dass oftmals ganz unterschiedliche Assoziationen mit dem Begriff Stadtmarketing verbunden werden. Dadurch kommt es immer wieder zu Missverständnissen, die u.a. den Erfolg von Stadtmarketingmaßnahmen gefährden können. Ein Grund für unterschiedlichen Auffassungen könnte darin liegen, dass Stadtmarketing nicht einer einzelnen Wissenschaftsrichtung zuzuordnen ist, sondern Themen aus Betriebs- und Volkswirtschaft, Geographie, Soziologie und Politologie in sich vereinigt. Des weiteren hängt die konkrete Ausgestaltung von Stadtmarketingmaßnahmen von den speziellen Rahmendaten vor Ort ab, was dazu führt, dass jede Stadt ein individuelles Stadtmarketing kreiert. So ist es nicht verwunderlich, dass in verschiedenen Städten unterschiedliche Stadtmarketingmaßnahmen ergriffen werden. Die hinter den Maßnahmen stehende Grundidee sollte aber auf einen einheitlichen Nenner zurückgehen. Es folgt eine Definition von Stadtmarketing, wie es heute von der überwiegenden Mehrheit der wissenschaftlichen Literatur verstanden wird.[8]
Beim Stadtmarketing steht die Stadt als Ganzes im Mittelpunkt der Betrachtung. Es wird nicht nur das wirtschaftliche, sondern auch das kulturelle, soziale, ökologische und infrastrukturelle Umfeld einer Stadt thematisiert und dabei nicht nur auf Belange der Innenstadt, sondern auf jene des kompletten Stadtgebietes eingegangen. Folglich wird kein Themenfeld und kein Gebiet ex ante ausgeklammert. Der hier beschriebene Ansatz wird auch als ganzheitliches oder umfassendes Stadtmarketing bezeichnet. Verfolgt wird eine im Sinne der "Kundenbedürfnisse" optimale Gestaltung und Vermarktung der Stadt. Stadtmarketing zielt auf die Verbesserung der Standortqualität für die Wirtschaft, die Erhöhung der Lebensqualität für die Bewohner, die Steigerung der Attraktivität für auswärtige Konsumenten, Touristen und Investoren, die Verbesserung des Images einer Stadt, als auch auf die Effektivierung von Verwaltung und Politik ab. Wie beim betriebswirtschaftlichen Marketing ist die Vorgehensweise des Stadtmarketings als fortlaufender, iterativer Prozess gestaltet (vgl. Kap. 5).[9]
Die Grundlage des umfassenden Stadtmarketings bildet die Kooperation von öffentlichen und privaten Akteuren einer Stadt. Stadtmarketing ist offen gestaltet - niemand sollte von der Teilnahme ausgeschlossen werden. Auf diese Weise wird versucht, die in der Umwelt einer Stadt vorhandenen, aber bislang nicht für gemeinschaftliche Interessen genutzten Entwicklungspotentiale, zu aktivieren. Als zentral wird der Aspekt der Kommunikation angesehen. In einer offen geführten Art soll sie zunächst die bei den Teilnehmern des Stadtmarketings vorhandenen, vielfältigen und häufig unterschiedlichen Interessen bezüglich ihrer Stadt ans Tageslicht befördern. Die aufgedeckte Interessenlage erlaubt es, Zielvorstellungen für die Entwicklung einer Stadt zu formulieren, die von den Beteiligten mehrheitlich mitgetragen werden. Zielkonflikte werden offen und konsensorientiert diskutiert und aus den gesammelten Positionen gemeinschaftliche Visionen für die Zukunft der Stadt abgeleitet. Diese werden zu einem Leitbild für die Stadt ausformuliert. Stadtmarketing leistet somit Interessenmanagement im "Unternehmen Stadt". Auch im betriebswirtschaftlichen Marketing muss ein Unternehmen die verschiedenen innerbetrieblichen Interessen und Aktivitäten berücksichtigen und einen Konsens für ein gemeinsames Marketing anstreben. Die Komplexität der Interessen ist im Stadtmarketing jedoch erheblich diffiziler. Auf die Phase der Zielfindung und -festlegung folgt die Planung und Umsetzung konkreter Maßnahmen. Stadtmarketing ist auf Aktionen ausgerichtet. Dabei kommt es häufig zu einem projektbezogenen Zusammenwirken von privaten und öffentlichen Akteuren, im Sinne eines "Public Private Partnership" (vgl. Kap. 4.6). Auf der Basis gemeinsamer Zielvorstellungen wird auch abgestimmtes, individuelles Handeln möglich. Jeder Bürger, Einzelhändler, Verein etc. kann selbstverständlich nach wie vor nach persönlichem Belieben walten - Stadtmarketing schafft lediglich Möglichkeiten, individuelle Maßnahmen im Vorfeld zu koordinieren. Ein Durchlauf des Stadtmarketingprozesses endet mit der Durchführung einer Erfolgskontrolle, welche die Wirkung von durchgeführten Maßnahmen / Projekten analysiert (vgl. Kap. 5.6). Daraus können Rückschlüsse gezogen und ggf. Anregungen für zukünftige Aufgaben gewonnen werden. Diese werden in neuen Durchläufen angegangen und umgesetzt. Auf diese Weise bildet sich eine Art Kreislauf im Stadtmarketingprozess. Das Projekt "Stadtmarketing" ist somit langfristig ausgelegt und endet im Idealfall nie.[10]
Das umfassende Stadtmarketing möchte die öffentlichen und privaten Akteure einer Stadt in einem institutionalisierten, transparenten und integrativen Verfahren "an einen Tisch bringen". Es strebt eine neuartige Partnerschaft zwischen Verwaltung, Wirtschaft, Bürgern und anderer Interessengruppen an. Kommunikation und Kooperation bilden die tragende Säule des gesamten Stadtmarketingprozesses. Grabow kritisiert in diesem Zusammenhang, dass der Begriff "Stadtmarketing" häufigen Fehlinterpretationen unterliegt und besser durch "partizipative, kooperative Stadtentwicklung" ersetzt werden sollte. Wie oben beschrieben, kommt es tatsächlich vielfach zu Missdeutungen und der alternative Namensvorschlag erscheint durchaus brauchbar, jedoch ist die ursprüngliche Bezeichnung inzwischen äußerst weit verbreitet und hat sich sogar als Überbegriff für weitere Ansätze, wie z.B. Regionalmarketing und City-Marketing etabliert. In der vorliegenden Arbeit wird deshalb an "Stadtmarketing" festgehalten.[11]
In der kommunalen Praxis werden oftmals lediglich partielle Ansätze des ganzheitlichen, umfassenden Stadtmarketings verfolgt. Nur Teilbereiche, wie bspw. "Stadtwerbung" oder "Einzelhandelsmarketing" werden verwirklicht. Die wissenschaftliche Literatur hebt jedoch in den meisten Fällen die Vorteile einer ganzheitlichen, umfassenden Umsetzung hervor.[12]
2.3 Abgrenzung von Stadtmarketing zu Regional- und City-Marketing
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Die räumlichen Dimensionen von City-Marketing, Stadtmarketing und Regionalmarketing
(eigene Darstellung)
Das Stadtmarketing beabsichtigt nicht, dass sich Kommunen von ihrem Umland abkapseln. Im Gegenteil: Es wäre zu kurz gedacht, wenn Städte sich darauf beschränken würden, Vorteile gegenüber ihren Nachbarstädten zu erreichen. Das Regionalmarketing stellt deshalb eine räumliche Ausweitung des Stadtmarketings auf eine ganze Region dar. Es sind in der Literatur verschiedene Definitionen von "Region" zu finden - es sei an dieser Stelle jedoch lediglich darauf hingewiesen, dass es sowohl normativ gesetzte, als auch mental, im Bewusstsein der Bevölkerung konstruierte Regionen gibt. Beim Regionalmarketing steht die Region als Ganzes im Mittelpunkt der Betrachtung, die optimale Gestaltung und Vermarktung der gesamten Region ist das Ziel. Manchmal reicht es bereits aus, wenn die Kommunen einer Region nach außen hin kollektiv auftreten, um Erfolge zu erzielen. Als Beispiel sei die Vergabe von Fördermitteln durch die Europäische Union, oder den Bund genannt. Durch die Bündelung der Kräfte steigt die Chance, finanzielle Forderungen durchzusetzen.[13]
Der Prozessablauf und die eingesetzten Methoden ähneln sich im Regional- und im Stadtmarketing. Literarische Beiträge zum Regionalmarketing lassen sich meist auch auf das Stadtmarketing übertragen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Regional- und Stadtmarketing identisch sind. Es gibt Unterschiede, die nicht nur aus der größeren räumlichen Dimension des Regionalmarketing resultieren. Beispielsweise sind die Initiatoren eines Regionalmarketings, im Vergleich zum Stadtmarketing, bislang häufig nicht die Kommunen selbst (vgl. Kap. 5.1). Oftmals geben Industrie- und Handelskammern, Raumordnungsbehörden, oder andere Institutionen, die bereits regional agieren, dazu den Anstoß. Es ist auch nur eine Aufgabe des Regionalmarketings, ländliche und städtische Interessen zu integrieren und aufeinander abzustimmen. Das Regionalmarketing hat aber auch Probleme zu bewältigen, die sich tatsächlich aus der Größe des Raums ergeben. Bereits beim Stadtmarketing hat sich gezeigt, dass eine Umsetzung des ganzheitlichen, umfassenden Ansatzes in kleinen bzw. mittelgroßen Städten leichter fällt, als in Großstädten. Dies liegt an der überschaubareren Anzahl von Problemen und beteiligten Akteuren. Die regionale Vielschichtigkeit und Differenziertheit, sowie unterschiedliche politische Mehrheiten erschweren eine Konsensfindung beim Regionalmarketing. Durch das häufig zwischen benachbarten Kommunen vorherrschende Konkurrenz- und Kirchturmdenken wird diese ebenfalls nicht einfacher. Regionalmarketing sollte daher bei den Gemeinsamkeiten der Beteiligten ansetzen. Darüber hinaus ist es ratsam, alle bestehenden Stadtmarketingkonzepte in der Region einzubeziehen und deren jeweilige Zielsetzungen zu berücksichtigen. Nach Möglichkeit sind Schnittstellen zwischen Stadt- und Regionalmarketing, beispielsweise durch Einrichtung spezieller Arbeitskreise, zu schaffen. Aufgrund der großen Themen- und Aufgabenvielfalt, die sich im Regionalmarketing ergibt, wird vielerorts nur eine spezielle Auswahl bearbeitet. Erstrebenswert wäre jedoch ebenfalls ein ganzheitlicher, umfassender Ansatz, wie beim Stadtmarketing (s. Kap. 2.2).[14]
Die bayerische Landesentwicklung versucht durch Regionalmarketing folgende drei Ziele zu erreichen:
- "Standortattraktivität bayerischer Teilräume im Wettbewerb um Ansiedlungen nach außen stärken
- Attraktivität der Räume der eigenen Bevölkerung und Wirtschaft (nach innen) noch deutlicher bewusst machen
- Förderung einer Kultur von Kreativität und Innovation, um Schwächen ab- und Stärken auszubauen"[15]
Der Begriff "City-Marketing" entspricht in anderen europäischen Ländern (z.B. Niederlande, Frankreich, UK) unserem "Stadtmarketing". In der deutschsprachigen Literatur wird City-Marketing enger aufgefasst. Hier ist es auf Marketingbemühungen für einen Teil einer Stadt, in den meisten Fällen die Innenstadt, beschränkt. Das hat zur Folge, dass City-Marketing, so wie es in Deutschland verstanden wird, meist sehr auf einzelhandelsspezifische Themen fixiert ist. Typische Ziele sind bspw. die Steigerung der Innenstadtattraktivität und damit verbunden längere Verweildauern, die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit des innerstädtischen Einzelhandels gegenüber großflächigen Einrichtungen außerhalb der Stadt, oder die umweltgerechte Gestaltung des Innenstadtverkehrs. City-Marketing ist eine Reaktion auf den in der Vergangenheit beobachtbaren Attraktivitätsverlust der Stadtzentren (s. Kap. 3.2.3). Es versucht die Aktivitäten des Innenstadt-Einzelhandels zu koordinieren. Werden dabei bestimmte Aktionen nicht von einem Großteil der Händler mitgetragen, bereitet die "Trittbrettfahrer-Problematik" Schwierigkeiten. Händler, die sich nicht an kostspieligen Maßnahmen zur Steigerung der Innenstadt-Attraktivität beteiligen, profitieren dennoch im gleichen Maß von deren Durchführung wie die Konkurrenz, die dafür bezahlt.[16]
Wiederum ist darauf hinzuweisen, dass auch beim City-Marketing ein ganzheitlicher Ansatz möglich, wenn nicht sogar notwendig ist. Urbanität drückt sich schließlich nicht nur durch ein attraktives Einzelhandelsangebot aus.
2.4 Restriktionen bei der Übertragung des Marketinginstrumentariums aus der Betriebswirtschaftslehre auf den öffentlichen Sektor
Zwischen Kommunen und Unternehmen der Privatwirtschaft bestehen wesentliche Unterschiede, die eine Eins-zu-eins-Übertragung des betriebswirtschaftlichen Marketings auf den öffentlichen Sektor unmöglich machen. Bei kaum einen Aspekt sind Rahmenbedingungen, Gestaltungsmöglichkeiten etc. identisch. Beispielsweise handelt es sich bei dem Verhältnis zwischen Stadt und Bürgern nicht um eine gewöhnliche Produzenten-Kunden-Beziehung. Die Bürger sind selbst in den Stadtmarketingprozess miteingebunden und deshalb gleichzeitig Zielgruppe und Akteur des Stadtmarketings (vgl. Kap. 4.2.1). Das "Produkt" bzw. die Entwicklung der Stadt wird nicht nur von außen auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten, sondern sie sollen auch selbst als Ideengeber und Gestalter aktiv sein. Des weiteren sind viele kommunale Aufgaben gesetzlich festgelegt und können schon aus diesem Grund nicht flexibel gestaltet werden. Eine Steuerung der Nachfrage über Preise ist ebenfalls nur bedingt möglich. Neben Zielen wie Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit und Gewinnerzielung, müssen Kommunen immer auch gemeinwirtschaftliche und soziale Ziele berücksichtigen und während sich privatwirtschaftliche Unternehmen auf spezielle Marktsegmente und Zielgruppen beschränken können, ist dies für eine Stadt oftmals nicht möglich. Sie kann sich bspw. genauso wenig ihre Bürger frei auswählen, wie sie ihre gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben einschränken kann. Außerdem gilt es zu berücksichtigen, dass Stadtmarketing eine sehr politische Methode ist, die zu Problemen mit den lokalen Politikern führen kann, wenn sich diese ihrer alleinigen Entscheidungsbefugnis beraubt fühlen.[17]
Aus den genannten Umständen muss für eine erfolgreiche Übertragung auf den öffentlichen Sektor ein erweitertes Marketing-Verständnis entwickelt werden. Die traditionelle Auffassung, Absatzmärkte zu bearbeiten und dabei Kaufprozesse auszulösen, muss dahingehend erweitert werden, dass bereits alle Beziehungen, die Austauschprozesse anregen und erleichtern, zum Gegenstand des Marketings werden.[18]
3 Hintergründe des Stadtmarketings
3.1 Historische Entwicklung
In Ansätzen hat es Stadtmarketing auch früher schon gegeben. Städte sind seit jeher um Wachstum, Stabilität und Attraktivität bemüht und haben ihre Leistungen nach außen kommuniziert. Beispielsweise befand sich die Standortwerbung im 18./19. Jahrhundert bei der Besiedelung des Westens Nord-Amerikas in einer Hochphase. Neben Stadtvertretern setzten auch die Regierung, Eisenbahngesellschaften, Landverkäufer und andere Interessenvertreter stark auf Werbung und Promotiontätigkeiten, um neue Siedler für das Grenzgebiet im Westen zu gewinnen. Standortwerbung macht aber nur einen Teil des Stadtmarketings aus. In der Vergangenheit wurde nicht der umfassende Stadtmarketing-Gedanke, sondern nur Teilbereiche davon umgesetzt (vgl. Kap. 2.2).[19]
Das umfassende, ganzheitliche Stadtmarketing stammt ursprünglich aus den USA. Es wurde dort Anfang der achtziger Jahre populär.[20] Zur Mitte des Jahrzehnts fand das Thema seinen Weg über den großen Teich und hielt Einzug in die deutsche Fachliteratur. Die ersten Städte in Deutschland begannen sich mit Stadtmarketing auseinander zusetzen. Eine Vorreiterrolle nahmen die Städte Schweinfurt und Frankenthal ein, die bereits 1986 mit der Planung von Stadtmarketingkonzepten begannen. Als erste deutsche Kommunalverwaltung richtete Schweinfurt 1987 eine eigene Planstelle für Stadtmarketing ein. 1989 flossen die ersten öffentlichen Fördermittel für Stadtmarketingaktivitäten. Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr förderte Modellprojekte in Kronach, Mindelheim und Schwandorf. Anfang/Mitte der neunziger Jahre kam es zu einem deutlichen Anstieg an Stadtmarketingtätigkeiten. Kontinuierlich stieg die Zahl der Städte, die Stadtmarketingprojekte neu einführten. Stadtmarketing war "in" und seine weitere Entwicklung geradezu rasant.[21]
Im Herbst 1995 führte das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) eine schriftliche Befragung bei insgesamt 323 Städten und Gemeinden zum Thema Stadtmarketing durch. Von 241 Städten und Gemeinden erhielt man Antwort, was einer Rücklaufquote von 75 Prozent entspricht. 83 Prozent aller Befragten gaben an, Stadtmarketingaktivitäten bereits zu diesem Zeitpunkt entweder realisiert, oder aber für die nächste Zukunft geplant zu haben.[22] Kritisch bleibt hier allerdings anzumerken, dass aus den gemachten Angaben nicht hervorgeht, was die Kommunen im einzelnen mit dem Begriff "Stadtmarketing" assoziierten. Wie oben geschildert, ist anzunehmen, dass dabei unterschiedliche Auffassungen vorherrschten (vgl. Kap. 2.2).
Entgegen der angedeuteten Prognose von Grabow/Hollbach-Grömig stieg die Zahl, der mit Stadtmarketing neu beginnenden Städte auch Mitte/Ende der neunziger Jahre weiter an. Erst seit 1999 ist die Zahl an Stadtmarketing-Debütanten rückläufig.[23] Wie sich jedoch die Absolutzahl Stadtmarketing betreibender Städte in den letzten Jahren veränderte, bleibt unklar. Einer Schätzung der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland e.V. (bcsd) zufolge, betreiben gegenwärtig ca. 450 Institutionen im Bundesgebiet Stadtmarketing.[24]
3.2 Gründe für das starke Interesse der Kommunen am Stadtmarketing
Für die Kommunalpolitik sind gewisse Rahmenbedingungen maßgebend. Diese unterliegen einem ständigen Wandel. Die Veränderungen der letzten Jahre waren von solch gravierendem Ausmaß, dass bisherige Methoden der Kommunalpolitik nun nicht mehr funktionieren. Bei Städten und Gemeinden ist ein dringender Handlungsbedarf entstanden. Daraus erklärt sich das äußerst starke Interesse der Kommunen am Stadtmarketing. Sie hoffen durch dieses Instrument den neuen Herausforderung begegnen zu können. Die wesentlichsten Veränderungen werden im Folgenden ohne Anspruch auf Vollständigkeit aufgeführt.
3.2.1 Verschärfter Standortwettbewerb
Jede Stadt steht mit anderen Standorten im Wettbewerb, wenn es um die Gunst von Touristen, Konsumenten, Freizeittreibenden, ansiedlungswilligen Unternehmen und potentiellen Neubürgern geht. Um große Kongresse bzw. Kultur- und Sportveranstaltungen wird allerorten gebuhlt. Durch die deutsche Wiedervereinigung, den gefestigten europäischen Binnenmarkt und die Öffnung der EU nach Osten hat sich die Zahl potentieller Konkurrenzstädte erhöht. Heute konkurrieren Städte nicht mehr nur regional untereinander, sondern sie haben es mit internationalen Mitbewerbern zu tun. Die potentielle Gefahr, die von der neuen Konkurrenz ausgeht, erhöht sich durch die gestiegene Mobilität von Bürgern, Touristen, Unternehmern etc. Zum Einen stehen moderne (Massen-) Verkehrsmittel in ausreichender Anzahl zur Verfügung, die immer leistungsfähiger und komfortabler werden, zum Anderen lassen neue Informations- und Kommunikationstechniken auch die weitesten Entfernungen fast gänzlich dahinschmelzen. Die Möglichkeit, immer größere Distanzen immer leichter zu überwinden, hat zu einer Verschärfung des Wettbewerbs geführt. Da von nahezu überall auf der Welt sekundenschnell erreichbar, ist es beispielsweise für einen Internetshop von untergeordneter Bedeutung, ob sein Sitz an einer stark frequentierten Straße bzw. in einer Großstadt liegt.[25]
In einer empirischen Untersuchung der Forschungsgruppe Management + Marketing aus dem Jahr 1993/94 gaben 78% der befragten Kommunen an, sie rechneten für die Zukunft mit einer weiteren Zunahme des Wettbewerbs. Nur 5% gingen von einer Abnahme der Konkurrenzintensität aus. Es wurden alle 361 ost- und westdeutschen Kommunen mit mehr als 20.000 Einwohnern befragt - die Rücklaufquote betrug 63%.[26] Nach H. Leimer, Präsidentin der IHK für Augsburg und Schwaben, mag Globalisierung einerseits und das Bemühen zur Schaffung von mehr regionaler Identität andererseits, auf den ersten Blick zwar widersprüchlich erscheinen. In Wirklichkeit sei jedoch der starke Anstieg regionaler Marketingaktivitäten "die logische Konsequenz aus der Dimensionsvergrößerung des wirtschaftlichen Handelns [...]. In einer Zeit, in der die wirtschaftlichen Austauschbeziehungen immer größere Distanzen überwinden, gewinnen die Standortfaktoren einer Region ständig an Bedeutung"[27]. Eine Stadt darf vor diesem Hintergrund ihre Augen nicht verschließen, sondern sie sollte den Wettbewerb annehmen, ihre Stärken herausstellen und an den Schwächen arbeiten.
3.2.2 Veränderte Beurteilungskriterien für die Qualität einer Stadt
So bedeutend die traditionellen "harten" Standortfaktoren auch weiterhin sein mögen, sowohl Unternehmen als auch Bewohner einer Stadt legen immer mehr Wert auf die sogenannten "weichen" Standortfaktoren. Lokales Kulturangebot, Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten, Umweltqualität, Wohnumfeld, historische Substanz, Lebensstil, Ambiente, breites Einkaufsstättenangebot und Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt sind einige Einflussgrößen, die heute bei der Beurteilung der Qualität einer Stadt bzw. der Entscheidung über den richtigen Standort für eine Neuansiedlung immer wichtiger werden. Um geeignetes, knappes Fachpersonal akquirieren zu können, ist es für Unternehmen durchaus entscheidend, den Mitarbeitern neben guten Arbeitsbedingungen einen attraktiven Stand- bzw. Wohnort präsentieren zu können. Die Städte müssen dem Rechnung tragen und ihren Anstrengungen zur Steigerung der Lebensqualität mehr Gewicht verleihen. Dabei ist ein Verfahren, das die Wünsche aller kommunalen Akteure aufdeckt und im Rahmen der Stadtentwicklung berücksichtigt, gewiss förderlich.[28]
3.2.3 Attraktivitätsverlust der Stadtzentren
Städte konkurrieren nicht nur mit den neu hinzugekommenen, weit entfernten Mitbewerbern (vgl. Kap. 3.2.1), sondern auch mit den Standorten "vor der Haustüre". Auf diesem lokalen Markt haben Innenstadtzentren, beispielsweise wegen unzureichend ausgeprägter, "weicher" Standortfaktoren oder wegen zu hoher Mieten, schlechter Verkehrskonzepte etc. an Attraktivität für Einzelhandel und Bewohner verloren. Neue Einkaufszentren werden statt im Stadtkern, lieber auf der "grünen Wiese" eröffnet. Darunter leidet die Grundversorgung der Innenstadtbevölkerung. Dahlheimer schreibt dazu: "Es gibt schon heute Großstädte, in denen können Sie keinen Nagel mehr kaufen. Mehr als 50% der Verkaufsflächen sind heute außerhalb der Citys und Nebenzentren."[29]. Dadurch verlieren Stadtzentren zusätzlich an Attraktivität für die Bevölkerung, die sich ebenfalls vermehrt in vorgelagerte Gebiete ausquartiert. Daraus resultiert letztlich in beiden Fällen ein Abzug von Kaufkraft und ein Rückgang der städtischen Steuereinnahmen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Städte daher verstärkt versuchen ihre Innenstadtzentren aufzuwerten, um so Teile der Bevölkerung und des Einzelhandels zurückzugewinnen.[30]
Man sieht aber auch schon Licht am Ende des Tunnels. Wie Monheim berichtet, dominierte bei der Standortwahl für neu zu eröffnende Einkaufszentren zwischen 1991 und 1995 klar die "grüne Wiese" gegenüber der "Innenstadt" und dem "Stadtteil". Zwischen 1996 und 1998 gewann jedoch die Innenstadt im Präferenzurteil stark hinzu und von 1999 bis 2000 fiel der Großteil der Standortentscheidungen wieder auf die Innenstadt, deutlich vor "Stadtteil" und "grüner Wiese".[31] Unter Umständen ist aus dieser Entwicklung bereits ein erster Erfolg des Stadtmarketings ableitbar.
Auch in der englischsprachigen Literatur werden die Gründe für das starke Interesse am Stadtmarketing untersucht. Pal und Sanders führten Anfang 1995 eine empirische Untersuchung im Nordwesten von England und in Nord-Wales durch. Es wurde allerdings nur eine sehr kleine Stichprobe untersucht - 45 Kommunen wurden angeschrieben, 85 Prozent antworteten. In neun Kommunen wurde zu diesem Zeitpunkt "Town Centre Management" betrieben (TCM entspricht weitestgehend der bei uns gängigen Bezeichnung "City Marketing" - vgl. Kap. 2.3). Bei diesen neun stellte sich heraus, dass als Grund für die Einführung von TCM der verstärkte Wettbewerb mit Nachbarstädten ausschlaggebender war, als der Druck von der "grünen Wiese" vor der Stadt.[32]
3.2.4 Mitbeteiligung der Bürger an der Kommunalpolitik
Für das starke Interesse der Kommunen am Stadtmarketing gibt es auch einen gänzlich anderen Grund. Die Aufgaben einer Kommunalverwaltung ändern sich mit der Zeit, doch das Ziel, für einzelne Problemfelder alle öffentlichen und privaten Interessen gegeneinander und untereinander sachgerecht abzuwägen und am Gemeinwohl orientierte Lösungsvorschläge abzuleiten, bleibt. Um dieses Ziel zu erreichen, bedienen sich Kommunalverwaltungen verschiedener Instrumente. Der hier beschriebene Grund für das starke Interesse am Stadtmarketing rührt von den Fehlern der bisher angewendeten Instrumente her. Zwar gab es auch in der Vergangenheit systematische, logisch geschlossene und zielgerichtete Konzepte in der Kommunalverwaltung. Eine Zusammenarbeit von Behörden und Privaten war auch früher schon bewährtes Mittel zur Lösung gemeinsamer Aufgaben. Dennoch leiden alle bisher eingesetzten Instrumente an folgender Unzulänglichkeit: Ein Ausgleich der Ziele von betroffenen Interessengruppen wurde nicht zufriedenstellend organisiert und es gab daher zu wenig abgestimmtes Handeln in einer Stadt. In Folge kam es häufig zu unkoordinierten, zum Teil sogar kontraproduktiven Aktionen, Doppelarbeiten und Energieverlusten. Es mangelte an einem "institutionalisierten, organisatorischen Ansatz für gemeinsames, vernetztes, strategisches, kommunikatives Handeln aller (oder wenigstens der wichtigsten) Interessengruppen in einer Stadt."[33]. Man hat sich bisher mit den Interessen des Bürgers zu sehr von oben herab beschäftigt, hat sie abgewogen, aber man hat die Betroffenen nicht teilhaben lassen an dem Prozess der Zieldefinition und der Vereinbarung der Handlungen.[34]
Das starke Interesse am Stadtmarketing wird daher u.a. auf das Scheitern der bisherigen "Stadtentwicklungsplanung" zurückgeführt. Man gewann die Erkenntnis, dass Verwaltung und Politik nur einen kleinen Teil der Stadtentwicklung tatsächlich steuern können. Sie möchten eigentlich alles selbst bestimmen, können es aber de facto nicht. Als Beispiel sei hier die Fassadengestaltung privater Häuser, oder die Auswahl eines neuen Mieters für eine leerstehende, gewerbliche Immobilie genannt. Teulings stellt dazu die These auf, dass Verwaltung und Politik nur 15 Prozent von dem steuern, was Stadt, Stadtentwicklung und Stadtgestaltung ausmacht und der Rest durch Private beeinflusst wird.[35] Die Verbesserung der Qualität einer Stadt sollte deshalb gemeinschaftlich angegangen werden. Stadtmarketing greift diese Sichtweise auf, indem es die Privaten in die Entscheidungsfindung mit einbezieht und die "Aufgabe Stadt" als einen kooperativen Prozess aller Akteure versteht. Es fördert das Miteinander aller städtischen Akteure durch verstärkte Kommunikation und schafft durch die Koordination von heterogenen Ziel- und Nutzenvorstellungen sinnvolle Lösungen für die Stadtentwicklung. Die Probleme bisheriger Instrumente werden vermieden, wenn Stadtmarketing mit der Zielsetzung betrieben wird, gemeinsames, zielgerichtetes Handeln aller beteiligten Interessengruppen auszulösen.[36]
Die Idee des Stadtmarketings entspricht auch dem veränderten Demokratieverständnis in weiten Teilen Deutschlands. Intransparente Entscheidungsprozesse in der Politik und die Nichtbeteiligung der Bürger führen zu Politikverdrossenheit, Protestbewegungen und Identitätsverlusten. Sind diese Fronten erst einmal entstanden, müssen sie meist im Nachhinein mit hohem Energieaufwand seitens der Politik wieder abgebaut werden. Man sollte es erst gar nicht so weit kommen lassen! Ein Mittel, um gegen die gestiegene Politikverdrossenheit anzukämpfen, ist auf die Partizipationsforderungen der Bürger einzugehen. Dieser Weg wird auch auf Bundesebene immer mehr eingeschlagen. In seiner Regierungserklärung vom 29. Oktober 2002 sprach Bundeskanzler Gerhard Schröder vor dem Deutschen Bundestag: "Wir werden unsere rechtsstaatliche Demokratie stärken und ausbauen. Die demokratische Teilhabe werden wir weiter entwickeln und fördern. Deshalb halten wir an unserem Ziel fest, Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid auf Bundesebene einzuführen."[37] Am 7. Juni 2002 stimmte erstmals seit 1949 eine Mehrheit des Bundestages für einen Gesetzentwurf zur Einführung bundesweiter Volksabstimmungen. Letztlich wurde die notwendige Zweidrittel-Mehrheit jedoch verfehlt. Auf Kommunalebene ist das Stadtmarketing der Weg zum Ziel, die Bürger mit an den Tisch zu holen und ihnen Gelegenheit zur Mitsprache zu verschaffen.[38]
3.2.5 Sonstige
Je weiter sich Stadtmarketing ausbreitet, desto stärker wächst der Druck auf die Kommunen, die sich bis dato noch nicht damit beschäftigt haben. Besonders wenn Erfolge in Nachbarkommunen publik werden, löst das Begehren in der eigenen Bevölkerung aus und der Ruf an die lokale Politik, endlich auch etwas zu unternehmen, wird lauter. Verschließt man sich dem Thema, so gilt man schnell als altmodisch.
Ein weiterer Grund für das starke Interesse am Stadtmarketing liegt in den Bestrebungen zur Verwaltungsmodernisierung. Viele Aspekte des Stadtmarketings sind identisch mit Reformvorhaben, die im Zuge des New Public Managements gefordert werden (vgl. Kap. 3.3).[39]
Auch die eingangs der Arbeit geschilderte akute Finanznot der Kommunen, dürfte in Städten, die damit noch nicht experimentierten, das Interesse an neuen Formen der Kommunalpolitik geweckt haben.
Es gäbe an dieser Stelle noch zahlreiche andere Gründe aufzuzählen, die jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen würden. Dennoch sollte klar geworden sein, dass Städte heute mit Problemen zu kämpfen haben, die Veränderungen in der Stadtpolitik erfordern und ein starkes Interesse an dem neuen Instrument Stadtmarketing ausgelöst haben.
3.3 Stadtmarketing im Kontext des New Public Managements
New Public Management (NPM) charakterisiert eine internationale Bewegung zur Modernisierung öffentlicher Verwaltungen. Es handelt sich dabei um kein einheitliches Reformmodell, sondern die Bewegung ist durch unterschiedliche Ansätze geprägt, die jedoch insgesamt in die selbe Richtung gehen.[40] Privatwirtschaftliche Managementkonzepte sollen auf den Verwaltungsbereich übertragen und dort angewandt werden. Synonym zu NPM wird auch die Bezeichnung "Neues Steuerungsmodell" verwendet.[41]
Als zentrale Ziele gelten die Effektivitäts- und die Effizienzsteigerung der Verwaltungstätigkeit, die mit einer höheren Kostenwirtschaftlichkeit insbesondere des Faktors Personal verbunden sind.[42] Der Wandel der öffentlichen Verwaltungen hin zu kunden- bzw. bürgerorientierten Dienstleistungseinrichtungen markiert dabei den übergeordneten Leitgedanken. Er beabsichtigt, dass Verwaltungen ihr Leistungsangebot nicht mehr starr vorgeben, sondern es vermehrt nach den Bedürfnissen der Empfänger ausrichten.[43] Die Umsetzung des NPM verläuft auf zwei Ebenen. Zum einen wird in einer externen Strukturreform auf die Rahmenbedingungen des Verwaltungshandelns eingewirkt. In diesem Zusammenhang werden bspw. Wettbewerbsbedingungen für Verwaltungsaufgaben und Wahlmöglichkeiten für Nutzer öffentlicher Dienstleistungen geschaffen. Zum Anderen geht es in einer Binnenmodernisierung um die Reformierung des verwaltungsinternen Bereichs. Beispielsweise möchte man das Verhalten der Verwaltungsangestellten beeinflussen bzw. steuern. Dazu werden zeitgemäße Leistungsanreizsysteme eingeführt, die Eigenverantwortung der Beschäftigten intensiviert und die Inhalte von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen geändert. Des weiteren kommen neue Verfahren zur Anwendung (Bsp.: "Neues Kommunales Rechnungswesen") und unter dem Stichwort "Dezentralisierung" werden die bisherigen Organisationsstrukturen aufgebrochen und erneuert.[44]
Auch das Stadtmarketing strebt die Orientierung der öffentlichen Leistungserstellung an den Bedürfnissen der "Kunden" an. Es existieren einige Berührungspunkte, an denen sich Aspekte sowohl des Stadtmarketings, als auch des NPM entsprechen.[45] Beiden gemein ist bspw. auch, dass es für eine erfolgreiche Umsetzung kein generelles Patentrezept gibt, sondern die konkrete Ausgestaltung auf die Gegebenheiten vor Ort abzustimmen ist und dass dabei nicht nur einzelne Personen/Bereiche, sondern die gesamte Stadt bzw. Verwaltung einzubeziehen ist. Die weit verbreitete Bestrebung zur Verwaltungsmodernisierung hat aufgrund der Gemeinsamkeiten sicherlich auch ihren Teil zum "Boom" des Stadtmarketings beigetragen.
4 Stadtmarketing-Philosophie
4.1 Merkmale des Stadtmarketings
An dieser Stelle werden die sieben wichtigsten Merkmale des Stadtmarketings kurz und prägnant aufgeführt. Für diese kompakte Übersicht wird teilweise auf Gedanken anderer Kapitel zurück- oder vorgegriffen (vgl. u.a. Kap. 2.2, 4.2.1 und 5).
1. Stadt als Ganzes betrachten
Stadtmarketing bezieht sich auf alle kommunalpolitischen Themenbereiche und auf das komplette Territorium einer Kommune. Es handelt sich um einen ganzheitlichen Ansatz, der nicht nur einzelne Gebiete, wie "Stadtwerbung" oder "Marktforschung" beinhaltet.[46]
2. Orientierung am "Kunden"
Die Probleme, Wünsche und Bedürfnisse der Adressaten städtischer Politik stehen im Mittelpunkt. Die Leistungen einer Stadt werden verstärkt danach ausgerichtet.[47]
3. Denken in Zielgruppen
Eine differenzierte "Marktbearbeitung" innerhalb und außerhalb der Stadt ist beabsichtigt. Die Adressaten städtischer Politik bilden keine geschlossene, homogene Gruppe, sondern viele unterschiedliche Zielgruppen, mit differenzierten Problemen, Wünschen und Bedürfnissen.[48]
4. Kommunikation, Koordination und gemeinsames Handeln
Vom Stadtmarketingprozess wird niemand ausgeschlossen. Öffentlicher und privater Sektor gehen eine langfristige Partnerschaft ein. Durch intensive Kommunikation wird die jeweilige Interessenlage der teilnehmenden Akteure offengelegt. Dies schafft die Möglichkeit zur Koordinierung der Interessen und für gemeinsames Handeln.[49]
5. Umsetzungsorientiertes Handeln
Stadtmarketing stellt nicht nur graue Theorie dar, sondern es zielt auf konkrete
Aktionen ab.[50]
6. Stadtmarketing als Prozess
Es kommt auf die Durchführung des kompletten Stadtmarketingprozesses an. Dieser beinhaltet Planung, Steuerung und Kontrolle. Einzelmaßnahmen machen noch kein Stadtmarketing aus.[51]
7. Langfristigkeit
Stadtmarketing verlangt eine langfristige Orientierung. Zum Einen entziehen sich viele Elemente der Kommunalpolitik kurzfristigen Anpassungsmaßnahmen. Zum Anderen ermöglicht erst das langfristige Miteinander eine gegenseitige Vertrauensbasis aufzubauen.[52]
4.2 Mitwirkende am Stadtmarketingprozess und dessen differenzierte Maßnahmenplanung
4.2.1 Zielgruppen und Akteure
Zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen variiert die Einschätzung, was einen attraktiven Standort ausmacht, in der Regel sehr stark. So legen beispielsweise Unternehmen Wert auf eine funktionierende Infrastruktur, Touristen auf ein großes Kulturangebot, auswärtige Konsumenten auf ein umfangreiches Warenangebot in der Innenstadt und die Bewohner erwarten ein breites Angebot an attraktiven Arbeitsplätzen, Freizeitmöglichkeiten, Schulen und Fortbildungseinrichtungen usw. Ferner suggerieren diese Beispiele, dass Standortbedürfnisse und -wünsche innerhalb der gesellschaftlichen Gruppen homogen sind, was nicht der Realität entspricht. Man stelle sich nur einmal einen Betrieb aus der verarbeitenden Industrie neben einem modernen Dienstleistungsunternehmen vor und man wird auch gruppenintern große Unterschiede bei Standortbedürfnissen und -wünschen feststellen. Aus diesem Grund wird ein Stadtmarketing, dass ein Einheitsprogramm für alle Gruppen verfolgt, kaum jedem Anspruch gerecht werden können. Erfolgversprechender erscheint ein differenzierteres Vorgehen, das Zielgruppen für einzelne Stadtmarketingaktivitäten definiert. Man spricht in diesem Fall auch von einer "Segmentierung". Jedes Segment bzw. jede Zielgruppe ist dadurch gekennzeichnet, dass deren Mitglieder sehr ähnliche Bedürfnisse besitzen. Diese gilt es herauszufinden und durch zielgruppenspezifische Maßnahmen zu befriedigen.[53]
Ist eine Maßnahme auf Bedürfnisse von Einwohnern, angesiedelten Unternehmen etc. zugeschnitten, so besitzt sie eine oder mehrere interne Zielgruppen. Richtet sie sich jedoch an auswärtige Konsumenten, Touristen, Investoren etc., so sollte sie die speziellen Wünsche dieser externen Zielgruppe(n) berücksichtigen. Eine Besonderheit des Stadtmarketings, im Vergleich zum betriebswirtschaftlichen Marketing, liegt darin, dass alle gesellschaftlichen Gruppen auch direkt als Akteure in den Stadtmarketingprozess mit einbezogen werden. Somit entsprechen sich die Akteure und die internen Zielgruppen des Stadtmarketings weitgehend. Jeder Bürger, Einzelhändler etc. kann gleichzeitig Träger von Stadtmarketingaufgaben und Betroffener von Stadtmarketingmaßnahmen sein.[54]
Abbildung 2 zeigt die Akteure/Zielgruppen des Stadtmarketings. Jede dargestellte Kategorie ist noch weiter untergliederbar, was z.B. bei der Planung von zielgruppenorientierten Zielen und Maßnahmen Sinn macht. Es sollte aber bedacht werden, dass eine immer feinere Einteilung hin zu einem individuellen Stadtmarketing, wegen des damit einhergehenden hohen Aufwandes genauso wenig praktikabel ist, wie ein Einheitsprogramm alle Bedürfnisse befriedigen kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Die Akteure und die Zielgruppen des Stadtmarketings
(Darstellung angelehnt an: Kuron (1997) S. 3)[55]
Sehr wichtig ist es, die Bürger ausreichend am Stadtmarketingprozess teilhaben zu lassen. Durch Mitwirkung entsteht das Gefühl ernstgenommen zu werden, die Identifikation mit der eigenen Stadt nimmt zu und die bisher oft anzutreffende Meinung, durch die gewählten Politiker nicht ausreichend repräsentiert zu werden, schwindet. Zudem bekommen die Bürger vermittelt, was zu leisten eine Stadt tatsächlich imstande ist und was darüber hinausgeht. Dies könnte zu einer realistischeren Erwartungshaltung seitens der Bürger führen und es besteht die Hoffnung, dass zukünftige kommunale Entscheidungen auch wieder vermehrt von der eigenen Bevölkerung mitgetragen werden. Die Bewohner einer Stadt wirken ferner über deren Grenzen hinaus - sie kommunizieren positive wie negative Meinungen und Eindrücke nach außen. Schon aus diesem Grund sollte man bemüht sein, sie als Multiplikatoren für ein positives Stadtimage zu gewinnen.[56]
Strittiger ist die Frage, ob und in welchem Umfang Politik und Presse in den Stadtmarketingprozess eingebunden werden sollen. Es wird befürchtet, dass politische Polarisation und Parteienstreitereien das auf Integration und Konsensbildung aufbauende Stadtmarketing behindern. Demgegenüber brächte eine Ausgrenzung der Politik ebenfalls Nachteile für den Stadtmarketingprozess mit sich. Stadtmarketing möchte keine Überorganisation zum Stadtrat erschaffen. Auch weiterhin trifft er die Entscheidungen in der Kommunalpolitik. Viele Pläne/Aktivitäten des Stadtmarketings bedürfen deshalb der Zustimmung des Rates und es kann nur förderlich sein, wenn dessen Vertreter die Entstehungsphase dieser Pläne/Aktivitäten miterlebt haben bzw. ausführlich darüber informiert wurden. Ansonsten beginnt der Stadtrat mit der Diskussion der Inhalte bei Null. Es besteht daher überwiegend die Meinung, dass die Politik in den Stadtmarketingprozess einzubeziehen ist. Einige Autoren nennen sie sogar als Pflichtpartner. Parteipolitische Polemik kann durch den Einsatz eines externen, neutralen Moderators und die Einigung auf gewisse "Spielregeln" für Diskussion und Kommunikation unterdrückt werden. Eine wichtige Rolle in der stadtinternen Kommunikation nimmt auch die lokale Presse ein. Durch regelmäßige Berichterstattung über Stadtmarketing kann dessen Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung weiter gesteigert und u.U. neue Bürger zur Teilnahme animiert werden. Um dabei objektiv von den Fortschritten des Stadtmarketings berichten zu können, sollte sich die Presse eine gewisse kritische Distanz bewahren. Allerdings würde ein komplettes Fernbleiben bedeuten, dass das Stadtmarketing auf vorhandenes, wichtiges Know-how verzichten müsste. Ein gangbarer Ausweg ist, Journalisten als nichtaktive Mitglieder mit einzubeziehen und durch vertrauensvolle Hintergrundgespräche ausführlich zu informieren.[57]
[...]
[1] Im Folgenden findet zur Umsetzung eines flüssigen Schreibstils die maskuline Wortform für beide Geschlechter gleichermaßen Verwendung.
[2] vgl. Bayerischer Gemeindetag (2003): Pressemitteilungen 39 und 42/2003 vom 20.05. bzw. 21.05.03, abrufbar unter: http://www.bay-gemeindetag.de/information/pressemitteilung/2003/pm3903.pdf und http://www.bay-gemeindetag.de/information/pressemitteilung/2003/pm4203.pdf (25.05.2003), Deutscher Städtetag (2003): Pressemitteilung vom 13.05.03, abrufbar unter: http://www.staedtetag.de/10/presseecke/ pressedienst/artikel /2003/05/00104/index.html (25.05.2003), Berichte in der "Augsburger Allgemeinen" Zeitung vom 22.05.03
[3] vgl. Birk (2002) S. 23, Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 9 f.
[4] vgl . Bornemeyer (2002) S. 5 ff., Bertram (1997) S. 15 f., Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 27 ff., S. 63 und 67, Schuster (1997) S. 112, Ward (1998) S. 5
[5] vgl. Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 16, Nieschlag/Dichtl/Hörschgen (1991) S. 8, Schaller (1993) S. 4
[6] vgl. Honert (1991) S.93 f.
[7] vgl. Gierl (1995) S. 479 ff.
[8] vgl. Bertram (1997) S. 15 f., Bornemeyer (2002) S. 5 ff., Fußhöller/Honert/Kendschek (1995) S. 11, Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 27 ff., Klee/Meissner/Wiedmann (2000) S. 9, Schuster (1997) S. 109
[9] vgl. Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland e.V. (2003): Definition Stadtmarketing, abrufbar unter: http://www.bcsd-online.de/konkret.htm#Anchor-CIMA-Stadtmar-8690 (31.05.2003), Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 59 f., Maier/Weber (2002) S. 9 f., Schaller (1993) S. 8 f., Schlösser/Westermann (1997) S. 187
[10] vgl. Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland e.V. (2003): Definition Stadtmarketing, abrufbar unter: http://www.bcsd-online.de/konkret.htm#Anchor-CIMA-Stadtmar-8690 (31.05.2003), Fußhöller (1997) S. 26, Fußhöller/Honert/Kendschek (1995) S. 10 f., Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 29 ff., Honert (1991) S. 98 ff., Maier/Weber (2002) S. 9 f., Meyer (1999) S. 39, Schaller (1993) S. 8 f., Teulings (1997b) S. 194
[11] vgl. Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 19, 26 und 137 ff., Honert (1991) S. 98, Zerweck (1997) S. 39
[12] vgl. Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 38 ff., Klee/Meissner/Wiedmann (2000) S. 68
[13] vgl. Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 127 ff., Kemming (1991) S. 10, Konken (1996) S. 19 ff., Meyer (1999) S. 20
[14] vgl. Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 44 und 127 ff., Hötker (1997) S. 103, Konken (1996) S. 19 ff. und 28, Meyer (1999) S. 20
[15] s. Goppel (1997) S. 18
[16] vgl. Bornemeyer (2002) S. 8, Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 31 f. und 123 ff., Konken (1996) S. 12, Meyer (1999) S. 20, Schaller (1993) S. 8 f.
[17] vgl. Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 17 ff. und 173 f., Honert (1991) S. 96 ff., Schaller (1993) S. 6, Simon (1995) S. 34 f., Zerweck (1997) S. 52 f.
[18] vgl. Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 17, Meyer (1999) S. 10, Simon (1995) S. 34 f.
[19] vgl. Meffert (1989) S. 273, Schaller (1993) S. 6, Ward (1998) S. 7 ff.
[20] vgl. Meyer/Kottisch (1995) S. 6 f.
[21] vgl. Bornemeyer (2002) S. 9 ff., Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 9 f., Maier/Weber (2002) S. 10 f.
[22] vgl. Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 10 f. und S. 183
[23] vgl. Bornemeyer (2002) S.146
[24] vgl. Birk (2002) S. 23
[25] vgl. Bertram (1997) S. 15, Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 14 f., Kemming (1991) S. 9, Klee/Meissner/Wiedmann (2000) S. 2 ff., Meffert (1989) S. 273 f., Meyer (1999) S. 42 f., Meyer/Kottisch (1995) S. 3 ff., Schafmeister (2002) S. 35 f., Schaller (1993) S. 12
[26] zitiert in: Konken (1996) S. 27 f.
[27] s. Leimer (1997) S.3
[28] vgl. Bertram (1997) S.15, Klee/Meissner/Wiedmann (2000) S. 2 ff., Meyer (1999) S. 41, Meyer/Kottisch (1995) S.1 ff., Schaller (1993) S.12
[29] s. Dahlheimer (2002) S. 17
[30] vgl. Dahlheimer (2002) S. 17 f., Klee/Meissner/Wiedmann (2000) S. 2 ff., Meyer/Kottisch (1995) S. 3 ff.
[31] vgl. Monheim (2002) S. 67 f.
[32] vgl. Pal/Sanders (1997) S. 70 ff.
[33] s. Honert (1991) S. 93
[34] vgl. Honert (1991) S. 91 ff., Kuron (1997) S. 2, Schaller (1993) S. 6 f.
[35] vgl. Teulings (1997a) S. 55
[36] vgl. Bornemeyer (2002) S. 7, Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 70, Honert (1991) S. 92, Kemming (1991) S. 8, Kuron (1997) S. 2, Teulings (1997a) S. 55
[37] s. Schroeder (2002): Regierungserklärung von Bundeskanzler Gerhard Schroeder vor dem Deutschen Bundestag am 29. Oktober 2002 in Berlin, abrufbar unter: http://www.bundeskanzler.de/Kanzler-News-.7698.446416/Regierungserklaerung-von-Bundeskanzler-Gerhard-S...htm (28.05.2003)
[38] vgl. Mehr Demokratie e.V. (2003): Direkte Demokratie auf Bundesebene, abrufbar unter: http://www.mehr-demokratie.de/bu/dd/bund.htm (25.05.2003), Schafmeister (2002) S.36
[39] vgl. Budäus (2000) S. 69, Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 18
[40] vgl. Birk (2002) S. 21, Wiechula (2000) S. 68 f.
[41] vgl. Töpfer (2000a) S. 3, Wiechula (2000) S. 68
[42] vgl. Birk (2002) S. 21, Töpfer (2000a) S. 3
[43] vgl. Budäus (2000) S. 66
[44] vgl. Birk (2002) S. 21, Budäus (2000) S. 64 ff., Wiechula (2000) S. 71 ff.
[45] vgl. Budäus (2000) S. 69
[46] vgl. Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 32 f., Kemming (1991) S. 8, Schaller (1993) S. 22
[47] vgl. Kemming (1991) S. 8, Meffert (1989) S. 274, Schaller (1993) S. 21 f.
[48] vgl. Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 32 f., Kemming (1991) S. 8, Meffert (1989) S. 274, Schaller (1993) S. 21
[49] vgl. Honert (1991) S. 99, Kemming (1991) S. 8, Schaller (1993) S. 22
[50] vgl. Honert (1991) S. 103, Kemming (1991) S. 8, Schaller (1993) S. 22
[51] vgl. Kemming (1991) S. 8, Meffert (1989) S. 273, Schaller (1993) S. 21
[52] vgl. Meffert (1989) S. 279, Schafmeister (2002) S. 39
[53] vgl. Klee/Meissner/Wiedmann (2000) S. 18, Meyer/Kottisch (1995) S. 13 und 29, Schaller (1993) S. 21
[54] vgl. Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 65
[55] vgl. auch Meyer (1999) S. 30, 52 und 84 ff., Meyer/Kottisch (1995) S. 1, Kemming (1991) S. 11, Pal/Sanders (1997) S. 71, Schaller (1993) S. 20, Teulings (1997b) S. 190 f.
[56] vgl. Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 93, Konken (1996) S. 32
[57] vgl. Fußhöller/Honert/Kendschek (1995) S. 26, Grabow/Hollbach-Grömig (1998) S. 69 und 72, Kemming (1991) S. 12, Kuron (1997) S. 9
- Quote paper
- Florian Munk (Author), 2003, Stadtmarketing. Ziele, Maßnahmen und Möglichkeiten zur Erfolgskontrolle, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43985
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