"Fragen Sie Reich-Ranicki", nennt sich die Kolumne der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in der Marcel Reich-Ranicki (1920-2013) Fragen zum Thema Literatur und literarisches Leben beantwortet. So antwortet er im Jahr 2007 auf die Frage, inwiefern man Parallelen zwischen Oscar Wilde und Thomas Mann ziehen darf, folgendermaßen: „Parallelen zu Thomas Mann [...]? Warum nicht? Es fragt sich nur: wozu? Ich meine: Diese Parallelen würden nichts bringen und sind also überflüssig.“
Im Rahmen der Literaturwissenschaft möchte ich seiner letzten Aussage widersprechen und mich im Folgenden dieser Frage widmen. Schon in einigen Arbeiten wurden Oscar Wilde und Thomas Mann miteinander verglichen. Dabei ist man weniger auf ihre Werke selbst als auf die Thematik der Homosexualität eingegangen, die sich bei beiden wiederfinden lässt. Dabei lassen sich weitaus mehr Ähnlichkeiten zwischen den beiden Werken finden. Sowohl der Roman "The picture of Dorian Gray" wie auch die Novelle Tod in Venedig beschäftigen sich, ganz im Sinne der Dekadenz, mit dem Alter und verschiedenen Altersbildern.
Einen Forschungsstand zu diesem Thema im engeren Sinne gibt es nicht. Es fehlt in der deutschsprachigen Forschung zwar nicht an vielfältigen Studien zur Dekadenz oder Jugend als Epoche um die Jahrhundertwende, aber eine eingehende Untersuchung zur Verflechtung der beiden Autoren steht bisher noch aus. Einblicke in dieses Themengebiet bieten unter anderem Dieter Kafitz´ Arbeit Décadence in Deutschland. Studien zu einem versunkenen Diskurs der 90er Jahre des 19. Jahrhunderts oder auch Ulrike Kunz´ Dissertation Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit. Ästhetizistischer Realismus in der europäischen Décadence-literature um 1900. Auch zur Altersthematik gibt es namenhafte Beispiele in der Forschung. Darunter unter anderem Jacob Grimms Rede über das Alter und verschiedene Publikationen von Miriam Haller.
Das Augenmerk dieser Arbeit wird demnach auf der Altersthematik liegen, die bedeutungstragend für die Literatur der Jahrhundertwende ist, um die beide Werke erschienen sind. Es soll untersucht werden, wie das Alter in beiden Werken inszeniert wird, welche Altersbilder aufgegriffen werden und mit welchen Motiven gearbeitet wird. Der Analyse der beiden Texte werde ich einen kurzen Abriss über das Fin de siècle und die Dekadenzthematik voranstellen. Am Ende der Arbeit sollen die Werke und die dargestellte Altersthematik in einer vergleichenden Zusammenfassung gegenübergestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Ein theoretischer Abriss zum Fin de siècle
- 3. Analyse
- 3.1 Oscar Wildes Das Bildnis des Dorian Gray
- 3.2 Thomas Manns Der Tod in Venedig
- 4. Vergleichende Zusammenfassung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Inszenierung des Alters in Oscar Wildes "Das Bildnis des Dorian Gray" und Thomas Manns "Der Tod in Venedig". Ziel ist es, die jeweiligen Altersbilder und Motive zu analysieren und in einem vergleichenden Ansatz gegenüberzustellen. Die Arbeit berücksichtigt den historischen Kontext des Fin de Siècle und der Dekadenzthematik.
- Inszenierung des Alters in literarischen Werken des Fin de Siècle
- Vergleichende Analyse der Altersbilder bei Wilde und Mann
- Motive und Symbole im Zusammenhang mit Alter und Vergänglichkeit
- Der Einfluss des Fin de Siècle auf die Darstellung des Alters
- Dekadenz und Ästhetizismus als kulturelle Hintergründe
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach Parallelen zwischen Oscar Wilde und Thomas Mann in Bezug auf die Altersthematik in ihren Werken in den Mittelpunkt. Sie verweist auf die bisherige Forschungslandschaft, in der vor allem die Homosexualität der Autoren im Fokus stand, und kündigt eine Analyse der Altersbilder in "Das Bildnis des Dorian Gray" und "Der Tod in Venedig" an. Der Fokus liegt auf der Inszenierung des Alters, den verwendeten Altersbildern und Motiven, eingebettet in den Kontext des Fin de Siècle.
2. Ein theoretischer Abriss zum Fin de siècle: Dieses Kapitel bietet einen Überblick über das kulturelle und gesellschaftliche Klima des Fin de Siècle. Es beschreibt das Endzeitbewusstsein, die rasanten gesellschaftlichen Veränderungen durch Industrialisierung und Urbanisierung, und die daraus resultierende existenzielle Verunsicherung. Der Abschnitt erläutert den Einfluss dieser Krisenstimmung auf die Literatur und die Entstehung verschiedener Stile wie Ästhetizismus und Dekadenz als Reaktion auf den Naturalismus. Der Zusammenhang zwischen den gesellschaftlichen Umbrüchen und dem literarischen Interesse an Themen wie Tod und Vergänglichkeit wird herausgestellt. Die Ambivalenz dieser Epoche – geprägt von Lebenslust und Lebensüberdruss zugleich – wird als wichtiger Kontext für die Analyse der beiden Romane vorgestellt.
Schlüsselwörter
Alter, Altersbilder, Fin de Siècle, Dekadenz, Ästhetizismus, Oscar Wilde, Thomas Mann, Das Bildnis des Dorian Gray, Der Tod in Venedig, Vergleichende Literaturwissenschaft, Vergänglichkeit, Moderne.
Häufig gestellte Fragen zu: Analyse der Altersdarstellung bei Wilde und Mann
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Darstellung des Alters in Oscar Wildes "Das Bildnis des Dorian Gray" und Thomas Manns "Der Tod in Venedig". Im Mittelpunkt steht ein vergleichender Ansatz, der die jeweiligen Altersbilder, Motive und den Einfluss des Fin de Siècle beleuchtet.
Welche Ziele verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die Altersbilder und Motive in den beiden Romanen zu analysieren und gegenüberzustellen. Dabei wird der historische Kontext des Fin de Siècle und die damit verbundene Dekadenzthematik berücksichtigt.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Inszenierung des Alters in literarischen Werken des Fin de Siècle, einen Vergleich der Altersbilder bei Wilde und Mann, Motive und Symbole im Zusammenhang mit Alter und Vergänglichkeit, den Einfluss des Fin de Siècle auf die Darstellung des Alters sowie Dekadenz und Ästhetizismus als kulturelle Hintergründe.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, einen theoretischen Abriss zum Fin de Siècle, eine Analyse von Wildes "Das Bildnis des Dorian Gray" und Manns "Der Tod in Venedig", sowie eine vergleichende Zusammenfassung und ein Fazit. Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und den methodischen Ansatz vor. Das zweite Kapitel bietet einen Überblick über das Fin de Siècle. Kapitel 3 analysiert die beiden Romane, und Kapitel 4 fasst die Ergebnisse zusammen und zieht ein Fazit.
Welchen Stellenwert hat der historische Kontext?
Der historische Kontext des Fin de Siècle spielt eine zentrale Rolle. Die Arbeit beleuchtet das Endzeitbewusstsein, die gesellschaftlichen Veränderungen und die existenzielle Verunsicherung dieser Epoche und deren Einfluss auf die literarische Darstellung von Alter und Vergänglichkeit. Die Ambivalenz des Fin de Siècle, geprägt von Lebenslust und Lebensüberdruss, wird als wichtiger Kontext für das Verständnis der Romane hervorgehoben.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Alter, Altersbilder, Fin de Siècle, Dekadenz, Ästhetizismus, Oscar Wilde, Thomas Mann, Das Bildnis des Dorian Gray, Der Tod in Venedig, Vergleichende Literaturwissenschaft, Vergänglichkeit, Moderne.
Welche Literatur wird analysiert?
Die Arbeit analysiert Oscar Wildes "Das Bildnis des Dorian Gray" und Thomas Manns "Der Tod in Venedig".
Was ist die zentrale Forschungsfrage?
Die zentrale Forschungsfrage untersucht Parallelen zwischen Oscar Wilde und Thomas Mann in Bezug auf die Altersthematik in ihren Werken. Bisherige Forschung konzentrierte sich oft auf die Homosexualität der Autoren; diese Arbeit lenkt den Fokus auf die Darstellung des Alters.
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- Anonym (Author), 2016, Das Alter in der Literatur. Ein Vergleich der Altersthematik in Oscar Wildes "Das Bildnis des Dorian Gray" und Thomas Manns "Tod in Venedig", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/439578