Die Frage ob ein Wort – oder besser: mehrere Wörter – getrennt- oder zusammengeschrieben werden, stellt sich nicht selbstverständlich, unterliegt doch Sprache und ihre Schrift einem stetigen Wandel. Angefangen bei einer Orthographie, die sich von der heutigen (bezieht man sich nur auf den deutschen Sprachraum) weitgehend unterscheidet, bis hin zu den Rechtschreibreformen der letzten Jahrzehnte. Nicht anders liegt es mit der Getrennt- und Zusammenschreibung; wurde zu den Anfängen der Schriftsprache noch am Stück geschrieben, sieht es heute ganz anders aus, sodass einzelne Wörter auseinander geschrieben werden müssen. Doch spätestens hier stellt sich dann die Frage – und damit ist man schon mitten in der Thematik der Arbeit – wann ist ein Wort ein Wort?
Im Verlauf dieser Arbeit soll sich unter anderem dieser Frage zugewandt werden. Jedoch nach Beantwortung dieser Frage entstehen zwangsläufig weitere Fragen. Es geht daher weiterhin darum, entlang der Problematiken der Getrennt- und Zusammenschreibung eine Systematisierung der zugrunde liegenden Regeln unter Rückgriff auf die Grammatik zu finden, um dann die Theorie und die Praxis miteinander zu vergleichen und damit mögliche didaktische Umsetzungen zu analysieren.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Wie hat sich die Getrennt- und Zusammenschreibung in der deutschen Schriftsprache entwickelt und welche Funktionen hat sie?
2.1 Funktion und Grundlagen der Getrennt- und Zusammenschreibung
2.2 Entwicklung der Getrennt- und Zusammenschreibung
3 Klassifizierung der Getrennt- und Zusammenschreibung nach der amtlichen Regelung
4 Klassifizierung der Getrennt- und Zusammenschreibung nach Fuhrhop
4.1 Unproblematische Fälle (Kernbereich)
4.2 Problematische Fälle (Randbereich)
5 Zusammenführung des amtlichen Regelwerks und der Herangehensweise von Fuhrhop
6 Welche didaktischen Möglichkeiten gibt es, die Getrennt- und Zusammenschreibung zu vermitteln? – Didaktische Überlegungen
7 Wie werden diese didaktischen Überlegungen konkret in Schulbüchern realisiert?
7.1 Lehrwerkanalyse
8 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
1 Einleitung
Die Frage ob ein Wort – oder besser: mehrere Wörter – getrennt- oder zusammengeschrieben werden, stellt sich nicht selbstverständlich, unterliegt doch Sprache und ihre Schrift einem stetigen Wandel. Angefangen bei einer Orthographie, die sich von der heutigen (bezieht man sich nur auf den deutschen Sprachraum) weitgehend unterscheidet, bis hin zu den Rechtschreibreformen der letzten Jahrzehnte. Nicht anders liegt es mit der Getrennt- und Zusammenschreibung; wurde zu den Anfängen der Schriftsprache noch am Stück geschrieben (siehe S.4), sieht es heute ganz anders aus, sodass einzelne Wörter auseinander geschrieben werden müssen. Doch spätestens hier stellt sich dann die Frage – und damit ist man schon mitten in der Thematik der Arbeit – wann ist ein Wort ein Wort? Im Verlauf dieser Arbeit soll sich unter anderem dieser Frage zugewandt werden. Jedoch nach Beantwortung dieser Frage entstehen zwangsläufig weitere Fragen. Es geht daher weiterhin darum, entlang der Problematiken der Getrennt- und Zusammenschreibung eine Systematisierung der zugrunde liegenden Regeln unter Rückgriff auf die Grammatik zu finden, um dann die Theorie und die Praxis miteinander zu vergleichen und damit mögliche didaktische Umsetzungen zu analysieren.
Als Einstieg soll zuerst die Funktion der Getrennt- und Zusammenschreibung geklärt werden und wie diese sich historisch entwickelt hat. Im nächsten Punkt sollen die derzeit gültigen Regelungen des amtlichen Regelwerks dargelegt werden und anschließend soll ein systematischer Zugang mit Hilfe von Fuhrhops Herangehensweise gegeben werden. Ausgehend davon werden dann im nächsten Schritt didaktische Überlegungen abgeleitet, um schließlich einige Lehrwerke im Hinblick auf ihre zugrunde liegenden didaktischen Konzepte zu analysieren. Zuletzt werden die gewonnen Erkenntnisse zusammengetragen.
2 Wie hat sich die Getrennt- und Zusammenschreibung in der deutschen Schriftsprache entwickelt und welche Funktionen hat sie?
Um sich genauer mit der Thematik der Getrennt- und Zusammenschreibung befassen zu können, ist es notwendig, zunächst deren Bedeutung für die deutsche Schriftsprache und Herausbildung auszuführen. Deshalb wird sich dieses Kapitel mit der Funktion und der Entwicklung der Getrennt- und Zusammenschreibung beschäftigen.
2.1 Funktion und Grundlagen der Getrennt- und Zusammenschreibung
Zuerst soll der Frage nachgegangen werden, welche Funktion die Getrennt- und Zusammenschreibung in der Orthographie einnimmt.
Dürscheid führt aus, dass die Getrennt- und Zusammenschreibung hauptsächlich die Funktion hat, dem Leser Erleichterung zu schaffen; dies erfolgt durch eine grammatische Strukturierung der Sätze (vgl. Dürscheid 2006, S. 148). Diese Strukturierung der Sätze durch die Getrennt- und Zusammenschreibung betrifft „Einheiten, die im Text unmittelbar benachbart und aufeinander bezogen sind“ (amtl. Regelung 2017, S.33). Dabei folgt die Getrennt- und Zusammenschreibung zunächst dem grundlegenden Prinzip: „Wörter werden zusammengeschrieben. Entsprechend werden ‚Nicht-Wörter‘ (Syntagmen) getrennt geschrieben“ (Fuhrhop 2015 a, S. 54). Die getrenntgeschriebenen Wörter werden laut Dürscheid durch Leerstellen zwischen den Wörtern, sogenannte Spatien, graphisch kenntlich gemacht (vgl. Dürscheid 2006, S. 148). Die Problematik im Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung existiert häufig in den „Unsicherheiten darüber, ob benachbarte Wörter getrennt oder zusammengeschrieben werden“ (ebd., S. 149). Diese Unsicherheiten kommen dann zustande, „wenn sich die Wörter in einer Univerbierungs- oder Inkorporationsprozess befinden“ (ebd.). Dürscheid erläutert den Univerbierungs- und die Inkorporationprozess wie folgt:
Unter Univerbierung […] versteht man den Prozess des Zusammenwachsens einer zwei- und mehrgliedrigen syntaktischen Konstruktion zu einem Wort. Eine Inkorporation liegt vor, wenn das Objekt eines transitiven Verbs zum Erstglied eines komplexen Worts wird. (ebd.)
Fuhrhop nennt in diesem Zusammenhang noch die Rückbildung (vgl. Fuhrhop 2015 a, S. 20): Darunter versteht man, dass zunächst ein Wortbildungsprozess stattfindet: z. B. fahr - Fahrer. Daraus wird dann ein Kompositum gebildet: Radfahrer. Das Kompositum kann dann rückgebildet werden: radfahren. So treten immer wieder Fälle auf, bei denen sich Wörter im Übergang befinden und „zwar (noch) die graphische Form von Wortgruppen, aber (schon) inhaltliche Merkmale eines Kompositums haben“ (Nerius 2007, S. 169). Hierbei geht es dann um die „Entscheidung, ob und wann der Übergang von der graphischen Wortgruppenform mit Spatium (Spatien) zur graphischen Univerbierung vollzogen werden soll“ (ebd.).
2.2 Entwicklung der Getrennt- und Zusammenschreibung
Bevor die orthographische Regelung der Getrennt- und Zusammenschreibung näher erläutert wird, soll zunächst ein kurzer Überblick über die Entwicklung der Getrennt- und Zusammenschreibung gegeben werden.
Betrachtet man die historische Entwicklung der Getrennt- und Zusammenschreibung, wird deutlich, dass es nicht schon immer üblich war, Wörter durch Zwischenräume (Spatien) zu trennen. So wurden beispielsweise die Wörter „in den frühesten lateinischen Inschriften (um 600 v.u.Z.) […] noch nicht durch Zwischenräume voneinander getrennt“ (ebd., S. 170). Gemäß Strübe handelt es sich hierbei um eine Schreibweise nach dem phonographischen Prinzip (vgl. Strübe 2009, S. 15). Dabei „basierte [das Schreiben] auf der Umsetzung der Korrespondenz zwischen den Lauten des Gesprochenen und den Buchstaben als Einheiten der Schrift“ (ebd., S. 16). Die Texte, die nach diesem Prinzip geschrieben wurden, waren alle in scriptio continua verfasst, „das heißt ihnen fehlten jegliche Hinweise auf syntaktische oder Lexem-grenzen“ (ebd.). So wurden Wörter in Texten ohne Zwischenräume aneinandergereiht. Diese Schreibweise war für den Produzenten unkompliziert, „da die einzige Abstraktionsleistung in der Segmentierung des Gesprochenen in Phoneme und deren Zuordnung zu den entsprechenden Graphemen bestand“ (ebd.). Das Lesen der in sciptio continua geschriebenen Texte, stellte sich hingegen so Stübe weiter als problematisch dar (ebd.). Die Schwierigkeiten ergaben sich hierbei „vorwiegend aus dem Fehlen der Wortmarkierungen“ (ebd.). Laut Strübe hat es immer wieder Phasen gegeben, in denen unterschiedliche Formen von Wortmarkierungen als Lösungsansätze im Schreiben genutzt wurden, diese fanden jedoch zunächst keinen bleibenden Einzug in die Schreibpraxis (ebd.). Erst im frühen Mittelalter konnte sich „eine dauerhafte Markierung von Wortgrenzen“ (ebd., S. 19) etablieren und somit Texte besser optisch strukturieren. Mit diesen Worttrennungen kam nun auch die Forderung nach einer Regelung der Getrennt- und Zusammenschreibung auf. Bis zu einer allgemeingültigen ersten offiziellen Regelung verging jedoch viel Zeit. Denn Nerius führt aus, dass erst mit der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung von 1996 zum ersten Mal eine offizielle Regelung für die Getrennt- und Zusammenschreibung aufgestellt wurde (vgl. Nerius 2007, S. 177).
Dass diese Regelung nicht vollends zufriedenstellend war und welche Problemfälle sich im Bereich der Getrennt- und Zusammenschreibung immer wieder ergeben, soll im nachfolgenden Kapitel dargestellt werden.
3 Klassifizierung der Getrennt- und Zusammenschreibung nach der amtlichen Regelung
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Regelung der Getrennt- und Zusammenschreibung basierend auf der ‚Aktualisierten Fassung des amtlichen Regelwerks entsprechend den Empfehlungen des Rats für deutsche Rechtschreibung 2016‘. Die aktualisierte Fassung ist 2017 erschienen und beinhaltet die derzeit allgemeingültigen Regelungen der deutschen Rechtschreibung. Damit sind diese Regelungen grundlegend für diese Arbeit.
Da die Regelungen, genauso wie sie dort formuliert sind, offiziell gelten, macht es nun keinen Sinn, sie an dieser Stelle inhaltlich zusammenzufassen oder nur teilweise zu nennen – daher sei hier auf die zugrundeliegende Literatur im Literaturverzeichnis verwiesen. Vom Inhalt der Regelungen abgesehen, lässt sich, von der Form und der Art und Weise der Darstellung ausgehend, folgendes feststellen: Im Kapitel der Getrennt- und Zusammenschreibung des amtlichen Regelwerks werden zunächst in den Vorbemerkungen in einem kurzen Abschnitt Grundvoraussetzungen der Getrennt- und Zusammenschreibung genannt (vgl. amtl. Regelwerk 2017, S. 33). Nach dieser Hinführung findet eine Unterteilung in Verb, Adjektiv, Substantiv und andere Wortarten statt (ebd.). Anschließend werden die Regelungen für die einzelnen Wortarten genauer ausgeführt und mit Hilfe von Beispielen untermauert (ebd., S. 33ff).
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es sich lediglich um prägnante Regelformulierungen handelt, ohne dass hierbei explizite Erklärungen der Regeln mit ausgeführt wären. Aber um das System verstehen zu können, das der Getrennt- und Zusammenschreibung zu Grunde liegt und aus dem sich die angegebenen Regeln ergeben, braucht es einen systematischen Ansatz. Wie eine solche Herangehensweise im Konkreten aussehen kann, dem soll im nächsten Kapitel nachgegangen werden.
4 Klassifizierung der Getrennt- und Zusammenschreibung nach Fuhrhop
Im Folgenden wird es nun darum gehen, anhand der Herangehensweise von Fuhrhop einen möglichen systematischen Zugang zur Regelung der Getrennt- und Zusammenschreibung zu eröffnen. Dazu werden die nach dem Ansatz von Fuhrhop der Getrennt- und Zusammenschreibung zu Grunde liegenden Prinzipien zusammengefasst und anhand von Beispielen erläutert.
Dass eines der schwierigsten Gebiete der deutschen Rechtschreibung die Getrennt- und Zusammenschreibung sei, habe den Grund, dass es nicht immer eindeutig sei, wann es sich um ein Wort und wann es sich um ein Syntagma handle (vgl. Fuhrhop 2007, S. 157). Ausgehend von dieser Schwierigkeit hebt Fuhrhop zunächst hervor, „dass die Zusammenschreibung als das zu Regelnde“ (ebd., S. 265) gilt und die Getrenntschreibung als der Normalfall betrachtet wird (ebd., S. 165). Demnach gilt für die Zusammenschreibung das grundlegende Prinzip: „Was ein Wort ist, wird zusammengeschrieben“ (ebd., S. 158). Ausgehend von dieser Grundregel, stellt sich dann die Frage: „Was ist ein Wort?“ (ebd.) Um diese Frage grammatisch beantworten zu können, werden zwei Prinzipien systematisch angewandt. Für die morphologische Seite nimmt Fuhrop zunächst das Wortbildungsprinzip an, denn „komplexe Wörter werden durch Wortbildung gebildet“ (Fuhrhop 2015 a, S. 55). Genauer definiert sie das Wortbildungsprinzip folgend:
‚Verbindungen‘ aus zwei oder mehr Stämmen werden zusammengeschrieben, wenn sie aufgrund einer Wortbildung miteinander verbunden sind. (ebd.)
Fuhrhop führt weiter aus, dass es sich bei komplexen Wörtern aus morphologischer Sicht, nicht nur um ein sondern auch um zwei einfache Wörter handeln kann (ebd., S. 55f). Deshalb muss im nachfolgenden Schritt überprüft werden, „ob die beiden nebeneinanderstehenden Wörter als zwei getrennte syntaktische Einheiten möglich sind oder nicht“ (ebd., S. 56). Dies geschieht sodann über das Relationsprinzip, welches damit die Annäherung an das graphematische Wort von der syntaktischen Seite aus einnimmt. Fuhrhop zu Folge versteht sich unter dem Relationsprinzip folgendes:
Einheiten, die syntaktisch nicht analysierbar sind, das heißt insbesondere, die nicht in syntaktischer Relation zu anderen Einheiten in einem Satz stehen, sind Bestandteile von Wörtern. Dies führt zur Zusammenschreibung. (ebd.)
Fuhrhop geht bei ihrer Herangehensweise davon aus, dass die Prinzipien in keiner Hierarchie zueinander stehen und immer beide wirken (vgl. Fuhrhop 2007, S. 181). Daraus ergibt sich, dass „[d]as morphologische Prinzip […] die Möglichkeiten bereit[stellt], mit dem syntaktischen Prinzip wird zwischen den Möglichkeiten ausgewählt“ (ebd.). Jedoch vertritt Fuhrhop auch die Ansicht, dass es in manchen Fällen dazu kommen kann, dass eines der Prinzipien sich als das stärkere erweist und Oberhand gewinnt (ebd.). Dies liege daran, mit welcher Stärke ein jeweiliges Prinzip ausgeprägt sei (ebd.). Auf das Wortbildungsprinzip bezogen bedeutet das, dass es verschiedene Wortbildungsarten gibt. Wortbildungsprozesse wie beispielsweise die Substantiv-Substantiv-Komposition wirken stark, denn „[e]ine Komposition ist unumstößlich ein Wort“ (Furhhop 2015 a, S. 81). Dahingegen gelten die Rückbildung, Univerbierung und Inkorporation als Wortbildungsprozesse, „die für die deutsche Wortbildung nicht besonders typisch sind“ (ebd., S. 65) und damit weniger stark wirken. Denn eine solche Wortbildung kann nur festgestellt werden, „wenn das Relationsprinzip nicht greift“ (ebd., S. 81). Genauso lassen sich auch bezogen auf das Relationsprinzip, stärkere und schwächere Relationen feststellten. Als die am stärksten geltenden Relationen von Verb zu Objekt und Subjekt (ebd.). Als schwächere Relation nennt Fuhrhop als Beispiel die Univerbierung von Präpositionalgruppen zu Adverbien (ebd.). Als konkretes Beispiel führt sie hierzu das Wort zurzeit auf. Es wird zusammengeschrieben trotz syntaktischer Vollständigkeit und Analysierbarkeit. Syntaktisch „wird zur Zeit als Präpositionalgruppe analysiert, die […] Adverbial sein dürfte“ (ebd., S. 81; Hervorhebung im Original). Das „Wort zurzeit wird als Adverb analysiert“, welches auch Adverbial sein dürfte (ebd.; Hervorhebung im Original). Folglich „ändert sich für den gesamten Satz wenig“ (ebd.).
Mit Hilfe dieser Prinzipien betrachtet Fuhrhop nun also die Getrennt- und Zusammenschreibung genauer. Sie unterteilt das System der Getrennt- und Zusammenschreibung in einen Kernbereich und in einen Randbereich, der die Zweifelsfälle näher beleuchtet. Im Nachfolgenden wird die Wirkung der Prinzipien innerhalb des jeweiligen Bereichs deutlich gemacht.
4.1 Unproblematische Fälle (Kernbereich)
Fuhrhop führt die einzelnen Fälle anhand von Beispielen näher aus. In dieser Arbeit soll lediglich darauf verwiesen sein, da eine ausführlichere Erläuterung jedes einzelnen Beispiels den Rahmen der Arbeit sprengen würde. Aus diesem Grund soll daher nur exemplarisch eines der Beispiele näher analysiert werden, um die Vorgehensweise von Fuhrhop zu verdeutlichen. Die restlichen Verbindungen, welche Fuhrhop dem Kernbereich zuordnet, werden im Folgenden nur genannt.
Im Kernbereich führt Fuhrhop die unproblematischen Fälle auf. Unproblematisch deshalb, weil auf den Kernbereich angewandt, Relations- sowie Wortbildungsprinzip zu den jeweils gleichen Schreibungen führen (ebd., S. 56). Zu diesen Fällen zählt Fuhrhop: Substantiv-Komposita, Adjektiv-Komposita (wobei Fuhrhop die Adjektiv-Adjektiv-Verbindungen dem problematischen Bereich zuschreibt), Verbkomposita (bezogen auf die untrennbaren Verben), und schließlich Wortbildungen mit Affixen, welche nun exemplarisch für den Kernbereich näher betrachtet werden (ebd., S. 165ff).
Fuhrhop nennt als Beispiele für mögliche Wortbildungen mit Affixen folgende:
a. Sportler, Lehrer, Lehrerin, Wissenschaft, Wissenschaftler, Wissenschafatlerin, freundlich, Freundlichkeit
b. verlaufen, begradigen, entlaufen, erlaufen, zerlaufen (Fuhrhop 2007, S. 167)
Betrachte man die Wörter aus Sicht des morphologischen Prinzips, führe dies zu dem Ergebnis, dass diese durch Wortbildungsprozesse gebildet seien (ebd.). Folglich „sind sie […] graphematische Wörter und werden zusammengeschrieben“ (ebd.). Ausgehend vom syntaktischen Prinzip lasse sich feststellen, dass die Affixe nicht selbstständig seien und deshalb syntaktisch nicht analysierbar wären (ebd.). Sie erhalten also innerhalb des Satzgefüges keinen eigenen semantischen Wert. Die Affixe sind somit „Bestandteile von graphematischen Wörtern, sie werden mit den entsprechenden Stämmen zusammengeschrieben“ (ebd.). Demzufolge führen das morphologische Prinzip und das syntaktische Prinzip zum gleichen Resultat.
4.2 Problematische Fälle (Randbereich)
Der Randbereich wird ebenfalls nur beschränkt auf die typischen Zweifelsfälle exemplifiziert, von denen wiederum nur einer paradigmatisch ausgeführt werden soll.
In gleicher Weise wie im Kernbereich, „wirken auch bei den Zweifelsfällen sowohl das Wortbildungsprinzip als auch das Relationsprinzip“ (Fuhrhop 2015 a, S. 81). Im Gegensatz zum Kernbereich kommen die beiden Prinzipien aber „zu unterschiedlichen Schreibungen oder sie sind nicht ohne Weiteres anzuwenden“ (ebd.). Fuhrhop führt aus, dass hierbei die Stärke der Prinzipien hilft (ebd.). Im Bezug darauf gilt es dann einerseits die Frage zu beantworten: „Handelt es sich um typische Wortbildungen oder nicht?“ (ebd.) und auf der anderen Seite: „Ist die syntaktische Relation eine strukturell entscheidende oder nicht?“ (ebd.).
Als typische Zweifelsfälle gelten nach Fuhrhop: Substantiv-Verb-Verbindungen, Adjektiv-Verb-Verbindungen, Adjektiv-Adjektiv-Verbindungen, Kompositionen mit nicht, Substantiv-Partizip-I-Verbindungen und Verbindungen mit Stadtadjektiven bei Straßennamen (vgl. Fuhrhop 2007, S.172ff). Um ein Beispiel näher zu erläutern, wird die Wirkung der Prinzipien im Anschluss exemplarisch an Adjektivkomposita beschrieben. Fuhrhop zeigt auf, dass bei der Analyse von Adjektiv-Adjektiv-Verbindungen strukturell zunächst beide Analysen möglich sind (vgl. Fuhrhop 2015 a, S. 75): Wörter wie vollschlank stehen Syntagmen wie voll schlank gegenüber (ebd.). Es handelt sich in vollschlank um eine Wortbildung und in voll schlank ist voll Attribut zu schlank (ebd.) . Unabhängig von der Schreibung ist in diesem Beispiel die unterschiedliche Bedeutung relevant (ebd.).
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- Quote paper
- Teresa Dinkel (Author), 2017, Geschichte und Funktion der Getrennt- und Zusammenschreibung. Ist sie systematisch vermittelbar?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/439448
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