Lange entbrannte in der Forschung eine Diskussion darüber, wie Jakob Michael Reinhold Lenz‘ Werk „Der Hofmeister oder die Vorteile der Privaterziehung“ gattungsspezifisch einzuordnen ist. Der russische Lenz-Biograph und Literaturkritiker M.N. Rosanow bezeichnete den „Hofmeister“ schlicht als „bürgerliches Drama“ und rügte die damals innovative Vermischung aus tragischen und komischen Elementen, die er als gänzlich unkünstlerisch betrachtete.
Es wurden auch Stimmen laut, die die Existenz einer Tragikomödie als eigenständige Form vollständig verneinten, wie etwa der Literarhistoriker Samuel Lublinski, der scharf zwischen den Gattungen trennte. Der Dramatiker Friedrich Dürrenmatt vertrat dahingegen die diametrale Auffassung von einer alleinigen Existenzberechtigung der Komödie, da die Tragödie in einer „sinnlosen“ und „grotesken Welt“ nicht mehr möglich wäre.
Selbst Bertolt Brecht, der sich seinerzeit einer Neubearbeitung des „Hofmeisters“ annahm, trennte zwischen beiden Gattungen. Für ihn sind „alle beseitigbaren gesellschaftlichen Unvollkommenheiten“ Teil der Komödie, und nicht der Tragödie. Überdies gab es eine Reihe von Autoren, die im „Hofmeister“ gar epische Elemente erkannt haben wollen, darunter Rosanow und Oskar Gluth.
Lenz selbst schien sich in der gattungsspezifischen Einordnung seines Dramas nicht festlegen zu können; so erschien „Der Hofmeister“ als Komödie, wurde von Lenz gelegentlich in Briefwechseln als „Trauerspiel“ betitelt, in seiner handschriftlichen Fassung allerdings als „Lust- und Trauerspiel“, was heute äquivalent zu der Bezeichnung „Tragikomödie“ ist, ausgewiesen.
Aufgrund dieser Unstimmigkeiten wird meine Abhandlung der Frage nach der gattungsmäßigen Einordnung des „Hofmeisters“ nachgehen. Dazu erfolgt zunächst eine Konkretisierung der Begriffe „Tragödie“ und „Komödie“, um der formellen und inhaltlichen Analyse des Dramas fähig zu sein. Daraus soll eine Konklusion gezogen werden, inwiefern Lenz seiner Programmatik im Hinblick auf die Vermengung der Genres gerecht wird.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Komik und Tragik im „Hofmeister\" und deren Wirkung
- Komische Elemente
- Tragische Elemente
- Formelle Analyse
- Aufbau und Strukturierung des Dramas
- Kritische Bezugnahme auf Lenzens,,Anmerkungen übers Theater“
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Abhandlung beschäftigt sich mit der gattungsspezifischen Einordnung von Jakob Michael Reinhold Lenzens Werk „Der Hofmeister oder die Vorteile der Privaterziehung“. Dabei wird untersucht, inwiefern Lenz in seinem Drama Elemente der Komödie und der Tragödie miteinander verknüpft und somit der Programmatik der Vermengung der Genres gerecht wird.
- Die gattungsspezifische Einordnung des „Hofmeisters“
- Die Komik und Tragik im „Hofmeister“ und deren Wirkung
- Die formelle Analyse des Dramas
- Die kritische Auseinandersetzung mit Lenzens „Anmerkungen übers Theater“
- Die Frage nach Lenzens Programmatik im Hinblick auf die Vermengung der Genres
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung beleuchtet die historische Debatte um die Einordnung von Lenzens „Hofmeister“ und stellt unterschiedliche Positionen von Literaturkritikern und Dramatikern dar, die das Werk mal als „bürgerliches Drama“, mal als „Tragikomödie“ oder gar als „Lust- und Trauerspiel“ einstufen.
Komik und Tragik im „Hofmeister\" und deren Wirkung
Komische Elemente
Dieser Abschnitt untersucht die komischen Elemente im „Hofmeister“ und beleuchtet die parodistische Darstellung der Figuren, die sich durch Übertreibung und Karikatur auszeichnet. Dabei werden Läuffer, Wenzeslaus, Graf Wermuth, Pätus und der Major als Beispiele für nicht ernstzunehmende Figuren beleuchtet, die den Leser/Zuschauer zum Lachen anregen sollen.
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- Robin Straß (Author), 2018, "Der Hofmeister oder die Vorteile der Privaterziehung" von Jakob Michael Reinhold Lenz. Eine Tragikomödie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/438638