Nahezu sechs Jahrzehnte nach der Zerschlagung des nationalsozialistischen Regimes sind viele Fragen zu den Auswirkungen der Jahre 1938 bis 1945 auf die österreichischen Medien noch offen. In der kommunikationswissenschaftlichen Forschung mehren sich Beiträge über die nationalsozialistische Propaganda- und Pressepolitik, die einen Exodus des geistigen Potentials aus Österreich bewirkte und die gesamte Presselandschaft nachhaltig prägte.
Der 11. März 1938, der Tag des „Anschlusses“, war der offizielle Beginn der „Gleichschaltung“, Umwälzung und „Säuberung“ der österreichischen Presse. Was fünf Jahre zuvor in Deutschland begonnen worden war, wurde nun in der „Ostmark“ fortgesetzt.
Dass der „Anschluss“ weder überraschend noch ungeplant vonstatten gegangen war, wird anhand von verschiedenen Akten, die im Bundesarchiv Berlin lagern, deutlich. Die Eingriffe im Pressewesen der „Ostmark“ waren in Berlin Monate vor dem Einmarsch von Hitlers Truppen geplant worden. So stellte zum Beispiel der reichsdeutsche Journalist Harro Spoerl bereits im Februar 1938 an den „Reichsverband der deutschen Presse“ (RDP) die Anfrage, „ob nicht in Österreich eine allmähliche Umgruppierung auch im Pressewesen eintritt und ob eine deutsche Stelle über eine Entsendung geeigneter Kräfte beschließt“. Bereits einen Monat später bezog Harro Spoerl seinen Posten als „kommissarischer Leiter“ des Neuen Wiener Journals in Wien. Seine Versetzung war kein Einzelfall: Allein innerhalb der ersten 12 Monate nach Gründung des RDP wurden zumindest 113 „Schriftleiter“ aus dem „Deutschen Reich“ in die „Ostmark“ überwiesen, um Arbeitsplätze in der österreichischen Presse einzunehmen.
Inhaltsverzeichnis
- ABKÜRZUNGEN
- I. EINLEITUNG
- Problemstellung und Zielsetzung
- Untersuchungsgruppe
- Der Untersuchungszeitraum
- Kategorienbildung und Fragestellungen
- Fragestellungen der Analysen I und II
- Aufbau der Arbeit
- Methodisches Vorgehen
- Quellen
- Archive
- Institutionen und Verbände
- Literatur und Nachschlagewerke
- Fachzeitschriften
- Andere Quellen
- Literatur
- Literatur zum Thema „Anschluss“ und Presse
- Literatur zum Nachkriegsjournalismus
- Anmerkungen der Verfasserin
- Grenzen der Aussage und Bewertung
- Geschlechtsspezifische Benennung
- II. ENTWICKLUNG DER PRESSE IM „DEUTSCHEN REICH“ AB 1933
- Nationalsozialistische Pressepolitik
- Das „Schriftleitergesetz“
- Presselenkung - Berliner Pressekonferenz und DNB
- Die demokratische Presse
- Die Parteipresse der Nationalsozialisten
- Bürgerlich-konservative Presse
- Resümee: Nationalsozialistische Pressepolitik
- III. ANALYSE I: „SCHRIFTLEITER“, DIE 1938/39 AUS DEM „DEUTSCHEN REICH“ NACH ÖSTERREICH KAMEN
- Kategorien
- Auswertung: „Schriftleiter“- Biografien 1938 bis 1945
- Regionale Herkunft und politischer Hintergrund
- Aufenthaltsort der „Schriftleiter“ in der „Ostmark“
- Alter zum Zeitpunkt der Überweisung
- Arbeitsbereiche der „Schriftleitern“ in der „Ostmark“
- Kategorie I: „Schriftleiter“ in der Propaganda für Staat und Partei
- „Schriftleiter“ in Institutionen zur Presselenkung
- Durchführung der „Gleichschaltung“ - der „Reichsverband der deutschen Presse“ in Österreich
- „Schriftleiter“ in Nachrichtenagenturen
- Kategorie II: „Schriftleiter“ in der österreichischen Zeitungen
- „Anschluss“ und „Gleichschaltung“ der Presse in der „Ostmark“
- „Schriftleiter“ in der Presse der „Ostmark“
- Zeitungen privater Verleger
- Leitende Funktionen in der Presse
- Schriftsteller
- Kategorien III und IV: Berufe in anderen Bereichen
- Kriegsdienst
- „Schriftleiter“ im Wehrmachtseinsatz
- Einsatz in der Kriegsberichterstattung
- „Schriftleiterinnen“, die mit dem „Anschluss“ nach Österreich kamen
- Resümee: „Schriftleiter“, die 1938 in die „Ostmark“ kamen
- IV. ANALYSE II: „GOEBBELS PROPAGANDISTEN“ NACH DEM ENDE DER NS-HERRSCHAFT
- Untersuchung des Berufsverlaufs nach 1945
- Fragestellungen der Analyse II
- Kategorienbildung: Ehemalige „Schriftleiter“ nach 1945
- Entnazifizierung in Österreich
- Allgemeine Entnazifizierungsmaßnahmen
- Entnazifizierung der österreichischen Presse
- Entnazifizierungsverfahren ehemaliger „Schriftleitern“
- Entnazifizierung der deutschen Presse
- Analyse II: Arbeitsfelder und Aufenthaltsort der ehemaligen „Propagandisten Goebbels“ nach 1945
- Ehemalige „Schriftleiter“ nach 1945 in Österreich
- Ehemalige „Schriftleiter“ nach 1945 in Deutschland
- Ehemalige „Schriftleiter“ - 1945 in Österreich, dann in Deutschland
- Im Exil - Ehemalige „Schriftleiter“ nach 1945 im Ausland
- Ehemaliger „Schriftleiter“ mit unbekanntem Aufenthaltsort
- Resümee - Karrieren ehemaliger „Schriftleiter“ nach 1945
- V. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
- VI. BIOGRAFIEN
- VII. ANHANG
- Literatur für die gesamte Darstellung
- Literatur zum Erstellen der Journalisten-Biografien
- Quellen zum Erstellen der Journalisten-Biografien
- Tabellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit befasst sich mit den Journalisten, die nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 in die „Ostmark“ kamen, um in Presse und Propaganda tätig zu werden. Die Arbeit untersucht den Berufsverlauf dieser „Schriftleiter“ von 1938 bis 1945 sowie nach dem Ende der NS-Herrschaft.
- Die Entwicklung der nationalsozialistischen Pressepolitik ab 1933
- Die „Gleichschaltung“ der österreichischen Presse nach dem „Anschluss“
- Der Berufsverlauf der „Schriftleiter“ in der „Ostmark“ von 1938 bis 1945
- Die Entnazifizierung der österreichischen Presse nach 1945
- Die Karrieren der ehemaligen „Schriftleiter“ nach dem Zweiten Weltkrieg
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit erläutert. Anschließend werden die Untersuchungsgruppe, der Untersuchungszeitraum, die Kategorienbildung und die Fragestellungen definiert. Die Arbeit verwendet eine Vielzahl von Quellen, die in Kapitel 4 detailliert beschrieben werden.
In Kapitel II wird die Entwicklung der Presse im „Deutschen Reich“ ab 1933 beleuchtet, einschließlich der nationalsozialistischen Pressepolitik, des „Schriftleitergesetzes“ und der Presselenkung durch die Berliner Pressekonferenz und die DNB.
Kapitel III analysiert die „Schriftleiter“, die 1938/39 aus dem „Deutschen Reich“ nach Österreich kamen. Es werden die Kategorien „Schriftleiter“, ihre Biografien, ihre Arbeitsbereiche in der „Ostmark“ sowie ihre Rolle in der Propaganda für Staat und Partei untersucht.
Kapitel IV untersucht den Berufsverlauf der ehemaligen „Schriftleiter“ nach 1945 und beleuchtet die Entnazifizierung in Österreich und Deutschland. Es wird analysiert, welche Arbeitsfelder die ehemaligen „Propagandisten Goebbels“ nach dem Krieg einnahmen.
Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick auf die Bedeutung der Forschungsergebnisse.
Schlüsselwörter
Die Diplomarbeit konzentriert sich auf die Themen Presse, Propaganda, „Anschluss“, „Gleichschaltung“, Nationalsozialismus, Entnazifizierung, Journalismus, Österreich, Deutschland, „Schriftleiter“, Berufsverlauf und „Goebbels Propagandisten“.
- Quote paper
- Karoline Kühnelt (Author), 2004, 'Goebbels Propagandisten' für die Ostmark, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43741