Der Soziologe Pierre Bourdieu hat in seiner jahrzehntelangen Forschungs- und Theoriebildungsarbeit ein umfassendes System zur Beschreibung sozialen Handelns und sozialer Interaktion entwickelt. Zu den bekanntesten seiner Konzepte gehören sicherlich der "Habitus" und die verschiedenen Formen des "Kapitals" (ökonomisches Kapital, soziales Kapital, kulturelles und symbolisches Kapital). Nicht so bekannt dürfte der Begriff der "symbolischen Gewalt" sein, der aber sicherlich genauso gewinnbringend für die Beschreibung und Analyse sozialer Prozesse genutzt werden kann wie Bourdieus bekanntere Kategorien und Konzepte.
Bei der "symbolischen Gewalt" handelt es sich um einen bestimmten Gebrauch von Symbolen (v.a. der Sprache), der die wertende Bedeutung vieler Symbole (v.a. sprachlicher Ausdrücke) bewusst einsetzt, um das Verhalten anderer zu steuern bzw. zu beeinflussen. Diese Eigenschaften der gebrauchten Symbole sind den Betroffenen in der Regel nicht bewusst, so dass sie durch die unkritische Akzeptanz jener Symbole und ihres Wertgehalts zu opfern der symbolischen Gewalt derjenigen werden, die die Symbole bewusst oder gezielt einsetzen. Im Zusammenhang mit dem System Schule / Erziehung sind es beispielsweise Begriffe wie "intelligent, gebildet, klug, schnell" einerseits und "unsozial, ungebildet, unfähig, faul, langsam" andererseits, die oft eingesetzt werden, um die psychischen Einstellungen und das Verhalten der Schülerinnen und Schüler zu steuern.
Obwohl die Schülerinnen und Schüler die Bedeutung der Begriffe und die mit ihnen assoziierten Werthaltungen begreifen, sind sie in der Regel nicht in der Lage, einen kritischen Abstand zu ihnen zu wahren und ihre historische Bedingtheit und soziale Konstruiertheit zu durchschauen. Sie halten die mit den Begriffen verbundenen Werthaltungen für einen integralen Bestandteil ihrer Bedeutung und daher für "objektiv" gültig.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Epistemologie sozialer Interaktion
- Das Kapital
- Der soziale Raum
- Das Feld
- Der Habitus
- Die Schule als ein Ort systematischer symbolischer Gewalt
- Der Begriff der symbolischen Gewalt
- Der scholastische Habitus
- Der scholastische Habitus und symbolische Gewalt in der Schule
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Pierre Bourdieus Konzept der symbolischen Gewalt im Kontext des Bildungswesens. Ziel ist es, Bourdieus theoretische Konzepte verständlich darzulegen und deren Anwendung auf die Schule zu analysieren. Die Arbeit beleuchtet die Mechanismen, durch die soziale Ungleichheit im Bildungssystem reproduziert wird.
- Bourdieus Theorie sozialer Interaktion und Kapital
- Konzepte des sozialen Raumes, des Feldes und des Habitus
- Symbolische Gewalt und ihre Manifestation in der Schule
- Der scholastische Habitus und seine Rolle bei der Reproduktion sozialer Ungleichheit
- Kritik des Bildungswesens aus Bourdieus Perspektive
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und stellt Pierre Bourdieu als wichtigen Soziologen vor, dessen Werk sich mit der sozialen Funktion von Bildung und Bildungsgerechtigkeit auseinandersetzt. Sie betont die Notwendigkeit, Bourdieus komplexe theoretische Konzepte zu verstehen, um seine Kritik am Bildungssystem nachvollziehen zu können. Die Einleitung skizziert den Aufbau der Arbeit und kündigt die Auseinandersetzung mit den zentralen Begriffen Bourdieus an.
Die Epistemologie sozialer Interaktion: Dieses Kapitel befasst sich mit Bourdieus erkenntnistheoretischer Perspektive auf die soziale Interaktion. Es untersucht, wie Individuen die soziale Realität wahrnehmen und interpretieren, und wie diese Wahrnehmung ihr Verhalten beeinflusst. Bourdieu betont die Wechselwirkung zwischen objektiven sozialen Bedingungen (Kapital, Feld) und subjektiven, psychisch-kognitiven Strukturen (Habitus). Das Kapitel analysiert den Prozess der Internalisierung objektiver sozialer Verhältnisse durch Individuen und die damit verbundenen epistemischen Eigenschaften sozialer Akteure. Es wird die Frage aufgeworfen, wie Wahrnehmungs- und Bewertungsschemata entstehen und welche Rolle die soziale Position des Einzelnen dabei spielt.
Schlüsselwörter
Pierre Bourdieu, symbolische Gewalt, Habitus, sozialer Raum, Kapital, Bildungsgerechtigkeit, Schule, soziale Ungleichheit, scholastischer Habitus, Epistemologie.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Analyse der symbolischen Gewalt im Bildungssystem nach Bourdieu
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Pierre Bourdieus Konzept der symbolischen Gewalt im Kontext des Bildungssystems. Sie untersucht, wie soziale Ungleichheit durch dieses System reproduziert wird.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt Bourdieus zentrale Konzepte wie sozialen Raum, Feld, Habitus, Kapital und symbolische Gewalt. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Manifestation symbolischer Gewalt in der Schule und der Rolle des scholastischen Habitus bei der Reproduktion sozialer Ungleichheit. Die epistemologische Perspektive Bourdieus auf soziale Interaktion wird ebenfalls beleuchtet.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Epistemologie sozialer Interaktion, Kapitel zum Kapital, sozialen Raum, Feld und Habitus, ein ausführliches Kapitel zur Schule als Ort systematischer symbolischer Gewalt (inklusive der Unterkapitel zum Begriff der symbolischen Gewalt, dem scholastischen Habitus und dessen Wirkung in der Schule) und einen Schluss. Jedes Kapitel bietet eine detaillierte Auseinandersetzung mit den jeweiligen Aspekten von Bourdieus Theorie.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Das Ziel ist es, Bourdieus komplexe Theorie verständlich darzulegen und deren Anwendung auf das Bildungssystem zu analysieren. Die Arbeit möchte die Mechanismen der Reproduktion sozialer Ungleichheit im Bildungssystem aufzeigen und kritisch beleuchten.
Welche Schlüsselbegriffe werden verwendet?
Die Arbeit verwendet zentrale Begriffe aus Bourdieus Werk, darunter: Pierre Bourdieu, symbolische Gewalt, Habitus, sozialer Raum, Kapital, Bildungsgerechtigkeit, Schule, soziale Ungleichheit, scholastischer Habitus und Epistemologie.
Wie wird Bourdieus Theorie in der Arbeit angewendet?
Die Arbeit wendet Bourdieus Theorie an, um die Mechanismen der Reproduktion sozialer Ungleichheit im Bildungssystem zu analysieren. Sie untersucht, wie die unterschiedliche Ausstattung mit Kapital (ökonomisches, kulturelles, soziales) und der Habitus die schulischen Leistungen und den Bildungserfolg beeinflussen. Besondere Aufmerksamkeit gilt der symbolischen Gewalt, die durch den scholastischen Habitus vermittelt wird.
Welche Kritik am Bildungssystem wird geübt?
Die Arbeit übt aus Bourdieus Perspektive Kritik am Bildungssystem, indem sie aufzeigt, wie es soziale Ungleichheiten reproduziert anstatt sie zu überwinden. Die Analyse der symbolischen Gewalt und des scholastischen Habitus zeigt die Mechanismen auf, die dazu beitragen.
Für wen ist diese Arbeit relevant?
Diese Arbeit ist relevant für alle, die sich mit Fragen der sozialen Ungleichheit, Bildungsgerechtigkeit und der Soziologie des Bildungssystems auseinandersetzen. Sie ist insbesondere von Interesse für Studierende der Soziologie, Pädagogik und Bildungswissenschaften.
- Quote paper
- Peter Sutor (Author), 2014, Das Konzept der symbolischen Gewalt im Kontext der Soziologie Pierre Bourdieus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/433499