Die Zahl der Einpersonenhaushalte in Deutschland wächst ständig. 1961 bestand erst jeder fünfte Haushalt, 2002 schon mehr als jeder dritte (36,7 Prozent) [Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Deutschland in Zahlen (2004), 9.] in Deutschland aus nur einer Person.
So ist es nicht verwunderlich, dass man bei Verfolgung der Themen, die Zeitungen, Fernsehmagazine und Hörfunk in den letzten Jahren aufgegriffen haben, früher oder später unweigerlich auf "Einpersonenhaushalte" bzw. "Singles" stößt.
In den diversen Beiträgen wird diese Personengruppe charakterisiert: Sehnsüchte, Verhaltensweisen, Probleme, etc. werden beschrieben, bebildert, mit Beispielen belegt und von Wissenschaftlern untermauert. Hierbei fällt auf, dass diese Berichte in den seltensten Fällen neutral und sachlich gehalten sind. Oft wird versucht, öffentlich-wirksam zu polarisieren: Entweder erfolgt eine positive Darstellung, in der Singles als Verkörperung von Autonomie, Emanzipation und beruflicher Leistung betrachtet werden, oder eine negative Version, in der ihnen Eigenschaften wie Egoismus, Beziehungsunfähigkeit und Einsamkeit nachgesagt werden.
Aber auch reale Sorgen sind mitverantwortlich für die steigende Popularität der Thematik "Einpersonenhaushalte". So steht unsere Gesellschaft vor enormen demographischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen. Angesichts deren fragt man sich mit einigem Recht, welche Auswirkungen das immer häufigere Alleinleben haben wird: Wer wird beispielsweise die alt gewordenen Singles pflegen, wer entsorgt ihren überproportionalen Müllanfall, wer baut die vielen notwendigen Wohnungen, usw.?
Im Folgenden soll versucht werden, diese und weitere Fragen zu beantworten. Zuvor ist aber das zu tun, was in Zeitschriften und Rundfunkbeiträgen üblicherweise nicht geschieht:
- Eine Charakterisierung und Differenzierung der Zielgruppe (Wer ist Single bzw. lebt in einem Einpersonenhaushalt?).
- Ein Abriss über die historische Entwicklung von Alleinlebenden, ausgehend vom 19. Jhd.
- Die Erfassung der Werte und Einstellungen von Alleinlebenden.
- Eine Analyse von Ursachen und Auswirkungen der Zunahme von Einpersonenhaushalten auf die Gesellschaft.
Gliederung
A. Einführung: Die wachsende Bedeutung von Einpersonenhaushalten in unserer Gesellschaft
B. Lebensform Einpersonenhaushalt
1. Begrifflichkeit und Definition
2. Historische Entwicklung
2.1 19. Jahrhundert: Beginn der Industrialisierung
2.2 20. Jahrhundert: Die Zunahme der Einpersonenhaushalte und Singles
3. Die Singles von heute
3.1 Alter und Ausbildung
3.2 Lebensraum und Beruf
3.3 Einkommen und Lebenshaltung
3.4 Sozialstruktur, Werte und Einstellungen
4. Ursachen für die Zunahme von Einpersonenhaushalten
4.1 Demographische Entwicklung
4.2 Gestiegene Anforderungen der Wirtschaft
4.3 Wandel von gesellschaftlichen Werten und Normen
5. Auswirkungen
5.1 Wohnsituation
5.2 Einkaufsverhalten
5.3 Mobilität und Versorgungswege
5.4 Steigender Bedarf an Pflege und Betreuung
5.4.1 Bestandsaufnahme der Ist - Situation
5.4.2 Lösungsansätze
5.5 Singles in Bedarfsgemeinschaften nach SGB II
5.6 Erbschaftsproblematik bei Alleinlebenden
C. Kritische Reflexion
A. Einführung: Die wachsende Bedeutung von Einpersonenhaushalten in unserer Gesellschaft
Die Zahl der Einpersonenhaushalte in Deutschland wächst ständig. 1961 bestand erst jeder fünfte Haushalt, 2002 schon mehr als jeder dritte (36,7 Prozent)[1] in Deutschland aus nur einer Person.
So ist es nicht verwunderlich, dass man bei Verfolgung der Themen, die Zeitungen, Fernsehmagazine und Hörfunk in den letzten Jahren aufgegriffen haben, früher oder später unweigerlich auf „Einpersonenhaushalte“ bzw. „Singles“ stößt.
In den diversen Beiträgen wird diese Personengruppe charakterisiert: Sehnsüchte, Verhaltensweisen, Probleme, etc. werden beschrieben, bebildert, mit Beispielen belegt und von Wissenschaftlern untermauert. Hierbei fällt auf, dass diese Berichte in den seltensten Fällen neutral und sachlich gehalten sind. Oft wird versucht, öffentlich-wirksam zu polarisieren: Entweder erfolgt eine positive Darstellung, in der Singles als Verkörperung von Autonomie, Emanzipation und beruflicher Leistung betrachtet werden, oder eine negative Version, in der ihnen Eigenschaften wie Egoismus, Beziehungsunfähigkeit und Einsamkeit nachgesagt werden.
Aber auch reale Sorgen sind mitverantwortlich für die steigende Popularität der Thematik „Einpersonenhaushalte“. So steht unsere Gesellschaft vor enormen demographischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen. Angesichts deren fragt man sich mit einigem Recht, welche Auswirkungen das immer häufigere Alleinleben haben wird: Wer wird beispielsweise die alt gewordenen Singles pflegen, wer entsorgt ihren überproportionalen Müllanfall, wer baut die vielen notwendigen Wohnungen, usw.?
Im Folgenden soll versucht werden, diese und weitere Fragen zu beantworten. Zuvor ist aber das zu tun, was in Zeitschriften und Rundfunkbeiträgen üblicherweise nicht geschieht:
- Eine Charakterisierung und Differenzierung der Zielgruppe (Wer ist Single bzw. lebt in
einem Einpersonenhaushalt?).
- Ein Abriss über die historische Entwicklung von Alleinlebenden, ausgehend vom 19. Jhd.
- Die Erfassung der Werte und Einstellungen von Alleinlebenden.
- Eine Analyse von Ursachen und Auswirkungen der Zunahme von Einpersonen- haushalten auf die Gesellschaft.
B. Lebensform Einpersonenhaushalt
1. Begrifflichkeit und Definition
Als der Begriff „Singles“ in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts aus den USA nach Europa kam, war damit die Lebensform des Alleinlebens, zugleich aber auch eine bestimmte Lebensweise gemeint: Jüngere Menschen, die es vorzogen, lieber bewusst und freiwillig alleine zu leben, statt eine Familie zu gründen oder eine Paarbeziehung zu führen. Seit dieser Zeit wurde der Begriff „Single“ immer wieder neu definiert. Verständlich, den es wäre zu einfach, über 14 Millionen Alleinlebende in Deutschland (2002) in einen Topf zu werfen. Nicht vergleichbar sind beispielsweise eine 78-jährige Witwe, ein 40-jähriger Geschiedener und ein 21-jähriger Student in den Ursachen und Motiven ihres Alleinlebens.
Heute besteht in Deutschland die Tendenz, jeden als Single zu bezeichnen, der alleine lebt. Diese „Simplifizierung“, nicht zuletzt mitverursacht durch eingangs erwähnte Medienbeiträge, reduziert den Begriff „Single“ auf eine reine Synonymfunktion für den Begriff „Einpersonenhaushalt“. Um aber aufzuzeigen, in welchem Kontext die Begriffe „alleinstehend“, „alleinlebend“ und „Single“ zueinander stehen, dient folgende Grafik.
Abb.1: Hierarchische Anordnung der Begriffe
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Gräbe, S., Lebensform Einpersonenhaushalt (1994), 8.
Gemeinsam ist allen drei Begriffen, dass damit Erwachsene bezeichnet werden, die nicht mit einem Ehepartner zusammenleben. Hierbei lässt der Begriff „alleinstehend“ die weiteste Definition zu, aber je tiefer man in der hierarischen Struktur von oben nach unten geht, umso enger und präziser wird der Lebensumstand des betreffenden Individuums beschrieben.
Für die folgende analytische Arbeit ist es wichtig, bei einer Definition des Singlebegriffs darauf zu achten, dass a) die betroffene Gruppe der als Single bezeichneten im Hinblick auf die zu untersuchende Aspekte relativ homogen ist, und b) der Singlebegriff operationalisierbar wird.
Für folgende Ausführungen soll sich an dem „weiten Singlebegriff“ nach HRADIL[2] angelehnt werden, der zugleich auch die Definition der amtlichen Statistik darstellt. Es gelten: „[...] all diejenigen als „Singles“, […], die alleine leben und haushalten. Unerheblich dabei ist,
- ob sie ledig, geschieden, getrennt lebend oder verheiratet sind,
- ob sie „freiwillig“ oder durch äußere Umstände „gezwungen“ allein leben,
- ob sie kurzfristig, längerfristig oder immer allein leben (wollen),
- ob sie wirtschaftlich eigenständig sind, und wenn ja, ob sie viel oder wenig verdienen,
- ob sie eine feste Partnerschaft unterhalten oder nicht,
- ob sie Kinder außer Haus haben (wer Kinder im eigenen Haus hat, ist per Definition alleinerziehend und kein Single) […]“.
Abweichend von Hradil’s Definition, die zusätzlich nach Lebensphasen differenziert, spielt für eine reine Betrachtung der Haushalts – Form (Alleinlebender) das Alter der Personen eine untergeordnete Rolle.
HRADIL spricht ferner noch von Singles im „engeren Sinne“: verschärfend zu obigen Eigenschaften kommt hinzu, dass diese Singles keine feste Partnerschaft führen, und aus eigenem Willen langfristig allein leben (vgl. Abb. 1). Für diese Arbeit jedoch ist diese engere Definition ungeeignet, da unter dem Thema: „Lebensform Einpersonenhaushalt“ sowohl diejenigen erfasst werden sollten, die absolute Singles sind (keine Beziehung) als auch diejenigen, die eine Partnerschaft führen, jedoch in getrennten Haushalten leben.
2. Historische Entwicklung
Möchte man das Phänomen „Einpersonenhaushalt“ näher untersuchen, dann bleibt die Frage nach dem Ursprung und der Entwicklung dieser speziellen Haushaltsform nicht aus.
Betrachtet man die vorindustrielle Gesellschaft, so waren Alleinlebende stets die krasse Ausnahme. Um erfolgreich wirtschaften und damit auch existieren zu können, war das Zusammenwirken mehrerer Menschen notwendig. So verwundert es kaum, dass während des Kaiserreichs der Anteil der Einpersonenhaushalte lediglich 6 bis 7 % aller Haushalte betrug, was deren relativ unbedeutende Rolle zu dieser Zeit wiederspiegelt.[3]
Aber nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ war das historische Alleinleben anders als das heutige Singletum. Während für moderne Singles das Alleinleben meist eine bewusste, freie Entscheidung ist, entstand das Alleinleben in früherer Zeit durchweg aus Zwangssituationen sozialer und materieller Art (Todesfälle, Geldmangel, etc.).
2.1 19. Jahrhundert: Beginn der Industrialisierung
Seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts stieg die Lebenserwartung spürbar. Insofern fanden dann auch die Sorgen und Nöte der immer mehr werdenden, älteren Alleinstehenden, insbesondere Witwen, mehr öffentliche Aufmerksamkeit. Durch die Einführung von Witwenkassen wurde die Versorgung dieser Personengruppe deutlich verbessert. Dies hatte zur Folge, dass der Zwang zur Wiederheirat zumindest aus wirtschaftlichen Gründen abnahm, und das vor allem in der Stadt und weniger auf dem Lande. Verstärkt wurde dieser „Trend“ zum Alleinleben aber auch von den damaligen bürgerlichen Vorstellungen vom Familienideal. Hier bekamen wiederheiratende Witwen schnell den Vorwurf zu hören, dass sie das Andenken an ihren verstorbenen Ehemann verletzen würden. Die Mehrfachheirat geriet in die Nähe der Untreue. Liebesheirat und Wiederheirat vertrugen sich schlecht.3
Im weiteren Verlauf des 19. Jhd. lösten sich aber auch die alten Hausgemeinschaften mehr und mehr auf: Meister und Kaufleute drängten ihr Personal und ihre Gesellen aus dem Haus. Aber dies beruhte auf Gegenseitigkeit, denn auch Gesellen und Bedienstete hegten mehr und mehr den Wunsch, mit ihrem Familienleben auf Distanz zum Arbeitsplatz zu gehen. Dies begünstigte den Zerfall des „ganzen Hauses“. Jedoch verlief dieser Prozess der Individualisierung sehr langsam, da viele Gesellen und Arbeiter aus finanziellen Gründen häufig zur Untermiete wohnten, oft alleine zwar, aber eben nicht in einem Einpersonenhaushalt. Desweiteren bestand zur damaligen Zeit ein bedrückender Wohnungsmangel, was zusätzlich auf die Mietpreise drückte. Deshalb blieb das Alleinwohnen primär den oberen Schichten vorbehalten.
Zum anderen war es aber auch die bürgerliche Sexualmoral, die die Familie als Hort der Anständigkeit sah. Singlehaushalte schienen wie geschaffen zum Ausleben der Sexualität außerhalb der Ehe. So besaß diese Form des Daseins kaum Chancen auf soziale Anerkennung. Die Norm, verheiratet zu sein, geriet nach und nach zur Verpflichtung.
„…Trotz dieser rigiden Normen hat vor allem die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts den Einpersonenhaushalt junger Männer zwar zähneknirschend, aber dann doch vereinzelt akzeptiert. Gegenüber den Frauen aber duldete das Bürgertum keine Ausnahme…“[4]
Eine vollwertige Anerkennung durch die damalige Gesellschaft gab es für alleinstehende Frauen nur, wenn sie als Dienstpersonal in einer Familie tätig waren.
2.2 20. Jahrhundert: Die Zunahme der Einpersonenhaushalte und Singles
Das 20. Jahrhundert ist gekennzeichnet von der Aufweichung des starren bürgerlichen Gefüges. Die zunehmende Verstädterung sorgte für eine Lockerung der Familienverbände und Generationsbeziehungen. Es waren die Großstädte, die eine geringe soziale Kontrolle und - damit verbunden - eine Anonymität anboten, die in dieser Form bis dato gänzlich unbekannt war, und dem Alleinleben zu einer höheren Einschätzung verhalfen.
Die kulturellen Barrieren des 19. Jhd. gegen das Alleinwohnen (s.o.) wurden im 20. Jhd. relativ zügig eingeebnet. Die materiellen Hindernisse jedoch, namentlich vor allem der Wohnungsmangel, ließen den Anteil der Einpersonenhaushalte nur langsam anwachsen. Nachdem dieser zwischenzeitlich sogar abgesunken war (1. Weltkrieg), sorgten erst wieder die „goldenen Jahre“ der Weimarer Republik für einen neuen Anstieg. Von hieran nahm der Frauenanteil bei den Singlehaushalten immer mehr zu (1939: 74,8%), zusätzlich verstärkt durch den folgenden 2. Weltkrieg.
So blieb bis in die 60er Jahre hinein das Alleinleben meist Ausdruck des Verlustes des Ehepartners. Alleinlebende waren nach wie vor im Großteil ältere Menschen. Erst als Mitte der 60er Jahre der Wohlstand wuchs und so auch mehr Wohnungen gebaut werden konnten, waren die Grundlagen dafür geschaffen, dass auch jüngere Menschen häufiger allein, das heißt als „Singles“, leben konnten. Insofern ist „der Single“ im heutigen Verständnis eher ein neu-historisches Phänomen.[5]
Abb. 2: Private Haushalte nach der Zahl der Mitglieder 1871 bis 1990
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Hradil, S., Auf dem Wege zur Single-Gesellschaft? (1994) in: Gerhardt, Uta u.a., Familie der
Zukunft (1995), 193.
3. Die Singles von heute
Versucht man Einpersonenhaushalte zu zählen, so wird diese Arbeit durch Zweitwohnungen und unklare Verhältnisse in vielen Wohngemeinschaften und -heimen beträchtlich erschwert. In Folge kann die Zahl von Einpersonenhaushalten nur ungefähr ermittelt werden. Die amtlichen Statistik versucht, über eine große, jährlich – stattfindende Haushaltsbefragung (Mikrozensus) Daten über einen Querschnitt der Bevölkerung zu erhalten. Diese Daten werden dann für die Gesamtbevölkerung extrapoliert (vgl. Abb. 2).
Abbildung 3 zeigt den Anteil der Einpersonenhaushalte im Vergleich zu den Haushalten in Deutschland insgesamt. Dies geschieht sowohl in absoluten Zahlen als auch in Prozent. Zudem wird nach neuen und alten Bundesländern, sowie Gesamtdeutschland differenziert. So lässt sich konstatieren, dass in den Jahren 1950 – 60 etwa jeder fünfte Haushalt Westdeutschlands ein Einpersonenhaushalt darstellte. 1970 war es schon jeder vierte, und in den 80er Jahren machten die Singlehaushalte schon mehr als ein Drittel aller Haushalte Westdeutschlands aus. Obwohl Einpersonenhaushalte in Ostdeutschland noch seltener waren als in Westdeutschland, gilt diese Entwicklungstendenz für ganz Deutschland: Im Jahre 1992 waren von den rund 35 Millionen Haushalten in Gesamtdeutschland knapp 12 Millionen Haushalte von Alleinlebenden. Im Jahre 2002 gab es dagegen schon 14 Millionen Singlehaushalte.
Abb. 3: Einpersonenhaushalte im früheren Bundesgebiet und in den neuen Bundesländern, 1950-2002
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Statistisches Bundesamt 2003 in: Peuckert, R., Familienformen im sozialen Wandel (2004), 61.
Dabei gibt es jedoch deutliche Unterschiede in der Alters- und Geschlechtsstruktur. Im jüngeren und mittleren Erwachsenenalter (25 bis unter 55 Jahre) wohnen Männer häufiger als Frauen in Einpersonenhaushalten, was sich in erster Linie aus dem höheren Anteil lediger Männer erklären lässt (vgl. Abb. 4). Mit zunehmendem Alter lebt jedoch ein wachsender Anteil an Frauen allein im Haushalt, vor allem auf Grund der Verwitwungen.
Abb. 4: Alters- und geschlechtsspezifische Häufigkeit der Alleinwohnenden in Deutschland, 2000 (in % der gleichaltrigen Bevölkerung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Engstler/Menning 2003, 226 in: Peuckert, R., Familienformen im sozialen Wandel (2004), 62.
Wenn es aber gemäß obiger Statistiken zu einem drastischen Zuwachs von Einpersonenhaushalten kam, so stellt sich die Frage, ob hierfür ausschließlich die alleinlebenden Studenten und Jugendlichen (Bildungsexpansion, s.o.) sowie ältere Menschen (vor allem Witwen) mit einer höheren Lebenserwartung verantwortlich sind?
Studien, die Einpersonenhaushalte nach Altersgruppen kategorisiert haben, zeigen, dass der Anteil von jüngeren Alleinlebenden (bis 25 Jahre) nur durchschnittlich zum Anwachsen der Singlehaushalte beigetragen hat (vgl. Abb. 5). Ursachen für diesen moderaten Anstieg sind die längere (Aus-)Bildung, aber auch der Wunsch nach Alleinleben und Individualisierung. Dass die alleinlebenden Jüngeren nicht, wie oft angenommen, noch zahlreicher geworden sind, liegt an den kleiner werdenden Geburtsjahrgängen und am immer längeren Verweilen im Elternhaus.[6]
Abb. 5: Anteil der Einpersonenhaushalte nach Altersgruppen an allen Einpersonenhaushalten in den Jahren 1961, 1970, 1980 und 1990
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Volkszählung 1961, 1970; Mikrozensus 1980, 1990; Stat. Bundesamt Lange Reihen 104; in: Hradil, S., Die Single-Gesellschaft (1995), 21.
Auch die Anzahl der älteren Menschen (65 Jahre und älter), die in einem Einpersonenhaushalt leben, ist seit 1980 rückläufig, was in der Grafik ebenfalls deutlich wird. Dieser unterdurchschnittliche Beitrag zur Vermehrung der Alleinlebenden ist eine Folge der Altersstruktur: Die schwach besetzten Geburtenjahrgänge aus und nach dem Ersten Weltkrieg kamen nach 1980 ins Rentenalter. Dies weist zugleich darauf hin, dass ältere Menschen in Zukunft wieder mehr zur Zunahme von Singlehaushalten beitragen werden, insbesondere in den Jahren 2015 bis 2030 (geburtenstarke Jahrgänge).
[...]
[1] Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Deutschland in Zahlen (2004), 9.
[2] Hradil, S., Die Single-Gesellschaft (1995), 7.
[3] Vgl. Borscheid, P., Von Jungfern, Hagestolzen und Singles (1994), 23-54.
[4] Borscheid, P., Von Jungfern, Hagestolzen und Singles (1994), 43.
[5] Bachmann, R., Singles (1992), 51.
[6] Schneider, Norbert, Familie und private Lebensführung in West-und Ostdeutschland (1994), 119.
- Arbeit zitieren
- Lucas Schmid (Autor:in), 2005, Lebensform Einpersonenhaushalt - Charakeristiken, Ursachen, Auswirkungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/43348
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