Mit jeder EU-Erweiterung hat die Regional- und Strukturpolitik innerhalb der Europäischen Union immer mehr an Bedeutung gewonnen; daher wurden im Verlauf der Zeit Reformen der Arbeitsmethoden und eine Ausweitung des Budgets, zur Finanzierung der Ziele der Regionalpolitik, vorgenommen. Das Budget für Struktur- und Regionalpolitik wurde von 1987 bis 1993 real verdoppelt, 1993 bis 1999 wurden die Mittel noch mal aufgestockt. Alle strukturpolitischen Ausgaben verfügen insgesamt im Zeitraum von 2000 bis 2006 über 257 Mrd. Euro, das sind rund 13 Mrd. Euro mehr als in der Periode von 1993-1999, aber real etwas weniger als in der Periode davor. Heute machen die strukturpolitischen Ausgaben rund ein Drittel des Haushaltesbudgets der Europäischen Union aus, und sind somit der zweitgrößte Ausgabenposten nach den Agrarausgaben. Auf dem Prinzip der Solidarität sollen die Fonds zur Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhaltes in der Gemeinschaft beitragen. Die Kommission hat die Möglichkeit im Bereich der Regional- und Strukturpolitik direkt und indirekt tätig zu werden. Der Gesamtetat für Struktur- und Regionalpolitik wird über verschiedene Ausgabenkanäle, sowohl auf wirtschaftliche als auch soziale Maßnahmen, verteilt, die im Rahmen dieser Hausarbeit erläutert werden. Anschließend wird darauf eingegangen, inwieweit der Wandel der Regionen der „unsichtbaren Hand des Marktes“ überlassen werden sollte, oder ob eine Notwendigkeit für das aktive Eingreifen in den Markt von Seite der Europäischen Union besteht und daher eine Umverteilung zwischen den Mitgliedsstaaten gerechtfertigt ist.
1. Vom föderalen Gedanken zum System der europäischen Strukturfonds
Obgleich die Geschichte Europas durchsetzt ist von Kriegen und hegemonialen Ansprüchen von Nationalstaaten, finden sich schon seit dem Mittelalter auch immer wieder Ideen eines föderativen Zusammenlebens der europäischen Völker. So ersann beispielsweise schon Georg von Podiebrad (1420-1471), König von Böhmen, 1662 einen Vertragsentwurf für einen europäischen Staatenbund.1 Nach den zwei furchtbaren Weltkriegen des 20. Jahrhunderts wurde der Gedanke eines vereinigten Europas dann sukzessive wieder aufgegriffen, zunächst mit der Zielperspektive Frieden und Sicherheit zu erhalten. Bereits damals wurde erkannt, dass eine wichtige Voraussetzung in der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Konvergenz der Einzelstaaten lag. Am 25.3.1957 unterzeichneten die sozial und wirtschaftlich relativ homogenen Länder Frankreich, Italien, Deutschland, Belgien, Niederlande und Luxemburg die Römischen Verträge zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), die zum 1.1.1958 in Kraft treten. Schon in der Präambel des EWG Vertrages wurde festgeschrieben, dass die Gemeinschaft dafür Sorge tragen soll „eine harmonische Entwicklung zu fördern, in dem sie den Abstand zwischen einzelnen Gebieten und den Rückstand weniger begünstigter Gebiete verringert“. Zunächst wurde eine Annäherung des Wohlstandsniveaus alleine über den Markt angestrebt, doch schon ein Jahr später werden die ersten zwei sektoralen Strukturfonds eingerichtet: 1. der Europäische Sozialfonds (ESF) und 2. der Europäische Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL). Im Jahre 1973 traten die zum damaligen Zeitpunkt strukturschwachen Länder Großbritannien, Dänemark und Irland in die Gemeinschaft ein. Als Kompromiss zur stark ausgeprägten Agrarpolitik wird 1975 vom Rat der Europäischen Gemeinschaft der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) eingerichtet. 1981 traten Griechenland und 1986 Spanien und Portugal der EG bei. Mit Griechenland, Spanien und Portugal nahm auch die Nachfrage nach Regional- und Strukturpolitik2 zu, deshalb verabschiedeten die Regierungschefs die Einheitliche Europäische Akte und schufen somit die Grundlage für eine gemeinsame Kohäsionspolitik, die vor allem dem Schutz der am stärksten benachteiligten Gebiete dienen sollte.3 1992 unterzeichneten die 12 Mitgliedsstaaten der EG den Vertrag über die Europäische Union in Maastricht, der zum 1.11.1993 nach Ratifizierung aller Mitgliedsstaaten in Kraft trat. Es kam zur Einrichtung des Kohäsionsfonds. Im Zeitraum zwischen 1994 und 1999 traten Österreich, Schweden und Finnland der EU bei. Die Strukturfonds wurden, um das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF) und das bereits 1989 aufgelegte Programm zur allgemeinen Beitrittsvorbereitung (Phare), um zwei neue Finanzinstrumente, 1. Instrument zur Vorbereitung auf den Beitritt (ISAP) und 2. Instrument für die Förderung der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes der Beitrittskandidaten (Sapard), ergänzt. 2000 bis 2001 wurde unter stark beschäftigungsorientierten Gesichtspunkten vom Rat von Lissabon beschlossen, die EU „bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen“ – eine mehr oder weniger offene Ankündigung zur Industriepolitik der Union und damit auch eine Weichenstellung für die Strukturfonds. Der Gipfel von Nizza (2000) manifestierte hingegen die Armutsbekämpfung und eine soziale Eingliederung. Der Rat von Göteborg vervollständigt diese Strategien um eine Umweltdimension basierend auf dem Prinzip der nachhaltigen Entwicklung. Demnach sollen die gegenwärtigen Bedürfnisse erfüllt werden, ohne die Fähigkeit der Erfüllung zukünftiger Bedürfnisse zu beeinträchtigen. Mit der Erweiterung im Jahre 2004 um die 10 neuen Mitglieder Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern schlug die Kommission eine Reform der Kohäsionspolitik vor, die unter den Leitspruch „Eine neue Partnerschaft für die Kohäsion: Konvergenz – Wettbewerbsfähigkeit – Kooperation“ steht. Es wurde angeführt, dass die Erweiterung zu einer Verlagerung der Disparitäten nach Osten führe, was eine stärkere Kohäsionspolitik erfordere. Hauptziele sind Stabilität, Vollbeschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit in der EU. Mit jeder Erweiterung um neue Mitglieder hat die Regional- und Strukturpolitik immer mehr an Bedeutung gewonnen; daher kamen im Verlauf der Zeit Reformen der Arbeitsmethoden und eine Ausweitung des Budgets, zur Finanzierung der Ziele der Regionalpolitik, zustande. Das Budget für Struktur- und Regionalpolitik wurde von 1987 bis 1993 real verdoppelt, 1993 bis 1999 wurden die Mittel noch mal aufgestockt. Alle strukturpolitischen Ausgaben verfügen insgesamt im Zeitraum von 2000 bis 2006 über 257 Mrd. Euro, das sind rund 13 Mrd. Euro mehr als in der Periode von 1993-1999, aber real etwas weniger als in der Periode davor.4 Heute machen die strukturpolitischen Ausgaben rund ein Drittel des Haushaltesbudgets der Europäischen Union aus, und sind somit der zweitgrößte Ausgabenposten nach den Agrarausgaben. Auf dem Prinzip der Solidarität sollen die Fonds zur Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhaltes in der Gemeinschaft beitragen. Die Kommission hat die Möglichkeit im Bereich der Regional- und Strukturpolitik direkt und indirekt tätig zu werden. Der Gesamtetat für Struktur- und Regionalpolitik wird über verschiedene Ausgabenkanäle, sowohl auf wirtschaftliche als auch soziale Maßnahmen, verteilt, die ich im Rahmen dieser Hausarbeit ausführen möchte. Anschließend werde ich darauf eingehen, inwieweit der Wandel der Regionen der „unsichtbaren Hand des Marktes“ überlassen werden sollte, oder ob eine Notwendigkeit für das aktive Eingreifen in den Markt von Seite der Europäischen Union besteht und daher eine Umverteilung zwischen den Mitgliedsstaaten gerechtfertigt ist.
2. Umsetzung der Strukturpolitik heute
Die Maßnahmen im Rahmen der Strukturpolitik spielen im Alltag der EU-Bürger eine gewichtige Rolle, da der Bürger, wenn auch unwissend, über die verschieden Projekte, die aus den Fonds finanziert werden mittelbar oder unmittelbar betroffen ist. Die Basis für die verschiedenen Finanzinstrumente sind die von der Kommission definierten Ziele zur Regionalpolitik, die die Leitlinien zur Förderung der verschiedenen Projekte der Regionen darstellen.
2.1. Leitlinien der Strukturförderung
Die Strukturförderung konzentriert sich auf drei vorrangige Ziele:
Erstens, ein Entwicklungsziel: Ziel ist die Förderung der Entwicklung und der strukturellen Anpassung in den rückständigen Gebieten der Europäischen Union. Mit dem Ziel 1 soll die Lücke zu den andern Regionen geschlossen werden. Mängel in an den Basisstrukturen (Verkehr, Wasserversorgung, Energie, Abfallaufbereitung, Telekommunikation, Gesundheits- und Bildungswesen) sollen beseitigt werden. Die Gewährung der Förderung nach Ziel 1 ist gebietsabhängig und setzt folgende Kriterien voraus: BIP-Pro-Kopf < 75% des EU-Durchschnitts oder Bevölkerungsdichte < 8 Einwohner je km². Die Voraussetzungen erfüllen ca. fünfzig Regionen, das sind 22% der europäischen Bevölkerung.5
Zweitens, ein Umverteilungsziel: Ziel ist die Unterstützung der wirtschaftlichen und sozialen Umstellung in Gebieten mit Strukturproblemen. Ziel 2 stellt eine Umstellungshilfe bei rückläufiger, traditioneller Wirtschaftstätigkeit in monostrukturierten Gebieten dar. Die Förderung nach Ziel 2 ist regionale Gegebenheiten gebunden.
Industriegebiete, ländliche Gebiete, städtische Gebiete und Fischereigebiete werden nach bestimmten Kriterien wie z.B. hohe Arbeitslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit, geringe Bevölkerungsdichte oder Anzeichen für große Armut gefördert. Die Ziel-2-Gebiete dürfen nicht mehr als 18% der Gesamtbevölkerung erfassen.6
Drittens, ein Kompensationsziel: Ziel ist eine Hilfe zur Anpassung und Modernisierung der Bildungs-, Ausbildungs- und Beschäftigungssysteme. Ziel 3 betrifft alle Menschen unabhängig vom geographischen Raum. Die Förderung nach Ziel 3 ist themenabhängig und wird vergeben, wenn eine Diskriminierung bezüglich Geschlecht, Rasse, Herkunft, Religion, Alter, sexueller Orientierung oder Behinderung vorliegt. Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, zur Erleichterung der Anpassung bei wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen, Förderung des Zugangs zum Arbeitsmarkt, der Beschäftigung und der Chancengleichheit werden mit Ziel-3 unterstützt.7
Quelle Abbildung „Aufteilung des Budgets der Strukturfonds“8
Es werden insgesamt 257 Mrd. Euro aus den gesamten Mitteln für Regional- und Strukturpolitik zur Erreichung der Ziele verwendet. Davon fallen 70 % auf Ziel 1, 11,5% auf Ziel 2 und 12,3 % auf Ziel 3, 0,5 % auf Strukturmaßnahmen im Fischereisektor außerhalb von Ziel-2 und 5,35 % auf Gemeinschaftsinitiativen (siehe unten).9 Da der finanzielle Schwerpunkt auf der Regionalförderung liegt, wird auch in der EU, wenn von Strukturpolitik gesprochen wird, vorwiegend Regionalpolitik gemeint.
2.2. Instrumente der Strukturpolitik
Zur Verwirklichung der Strukturpolitischen Ziele sollen die vier Strukturfonds, der Kohäsionsfonds, die Europäische Investitionsbank, der Europäische Investitionsfonds, die Gemeinschaftsinitiativen und die Beitragsvorbereitenden Hilfen beitragen. Die Finanzinstrumente der Strukturpolitik haben eine Umverteilungsfunktion zugunsten der rückständigen und benachteiligten Regionen. Die Wettbewerbsfähigkeit dieser Regionen soll so gestärkt und die Arbeitslosigkeit reduziert werden. Die jeweiligen Instrumente sind auf einen bestimmten Themenbereich spezialisiert. Auf die genauen Themenbereiche und die dazugehörigen Fonds möchte ich im folgenden Abschnitt genauer eingehen. An welchem Ziel die vier Strukturfonds beteiligt sind, soll die folgende Übersicht kurz skizzieren:
(Eigene Darstellung)
2.2.1. Die Strukturfonds
Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE):
Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) (Ziel 1 und Ziel 2) ist das wichtigste Finanzinstrument und dient vor allem zur finanziellen Unterstützung der Entwicklung bedürftiger Regionen in der EU. Dabei werden Mittel für die Finanzierung der Infrastrukturen (Entwicklung, Strukturanpassung, Diversifizierung, Revitalisierung, Verkehrsanbindung und Erneuerung von Wirtschaftsstandorten) für Investitionen zur Schaffung von Arbeitsplätzen, für lokale Entwicklungsprojekte und für die Unterstützungen kleinere Unternehmen (u.a. Technologietransfer, Entwicklung von Finanzinstrumenten, direkte Investitionsbeihilfen) freigesetzt. Folgende Bereiche werden mit dem Instrument EFRE gefördert:
- Entwicklung des produktiven Umfelds
- Forschung und technologische Entwicklung
- Entwicklung der Informationsgesellschaft
- Schutz und Verbesserung der Umwelt
- Gleichstellung von Männer und Frauen auf dem Arbeitsmarkt
- Transnationale, grenzüberschreitende und interregionale Zusammenarbeit
Beispiel für eine Projektförderung in Deutschland: In der Stadt Berlin wird das Projekt Zukunft, das Informations- und Kommunikationsprojekte unterstützend über den EFRE, finanziert.10
Europäischer Sozialfonds (ESF):
Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist ein Instrument für Beschäftigungs- und Sozialpolitik und stützt sich auf die Grundlage aller drei Ziele. Er wird hauptsächlich zur Förderung von Ausbildungsmaßnahmen und Arbeitsförderungsprogrammen verwendet, die zum Beispiel Arbeitslosen und benachteiligten Gruppen die Rückkehr auf den Arbeitsmarkt erleichtern. Der Europäische Sozialfonds ist mit 28,3 % der strukturpolitischen Ausgaben dotiert.11 Folgende Bereiche werden mit dem Instrument ESF gefördert:
[...]
1 Vgl. Gruner und Woyke (2004), S. 17
2 Vgl. Neal und Barbezat (1998), S. 97
3 Vgl. EG Vertrag, Artikel 158
4 Vgl. Europäische Union (2003), S. 12
5 Vgl. Europäische Union (2003), S. 12
6 Vgl. Europäische Union (2000)
7 Vgl. Seidel (2002) S. 325 ff. und Axt (2000), S. 49 ff.
8 Vgl. Homepage der Europäischen Union (2004a), Stand 25.11.2004
9 Vgl. Europäische Union (2000)
10 Vgl. Homepage der Stadt Berlin, Stand: 09.08.2005
11 Vgl. Europäische Union (2003), S. 14
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