1955 wurde das von den Bedingungen der Siergermächte des Zweiten Weltkriegs beherrschte Land unabhängig. Bedingung dafür - vor allem von Seiten der Sowjetunion - war die neutrale außenpolitische Ausrichtung Österreichs. Mit dem "Bundesverfassungsgesetz über die immerwährende Neutralität" erfüllte Österreich diese Bedingung. Über die Jahrzehnte veränderte sich die weltpolitische Lage. Die Verpflichtungen der Neutralität verloren dadurch ihre Gültigkeit nicht, sondern erhielt eine differenzierte, engagierte Prägung. Sie ist vereinbar mir der Mitgliedschaft der Vereinten Nationen und den Peacekeeping-Einsätzen im Rahmen eines Mandats des UN-Sicherheitsrates.
Seit dem EU-Beitritt Österreichs 1995 flammt regelmäßig eine Debatte über die Vereinbarkeit der immerwährenden Neutralität und den Verpflichtungen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU auf. Der Vertrag von Lissabon von 2007 brachte gegenseitige Beistandsklauseln zwischen den EU-Mitgliedstaaten mit sich, die auf dem ersten Blick einen klaren Widerspruch zur Neutralität darstellen. Es wird analysiert, wie genau diese Beistandsklausel die militärische Neutralität tangiert. Anhand der in den Vertrag von Lissabon integrierten sogenannten "Irischen Formel" sowie des Fallbeispieles des Einforderns des Bündnisfalls von Frankreich 2016 wird festgestellt, dass eine juristische und realpolitische Vereinbarkeit zwischen der immerwährenden Neutralität Österreichs und der Beistandspflicht in der GSVP der EU zum Zeitpunkt der Veröffentlichung gegeben ist.
Inhaltsverzeichnis
- Österreichs Neutralität
- Historischer Kontext und rechtliche Grundlage
- Die differentielle Neutralität und die UNO
- Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU
- Die Beistandspflicht
- Die Irische Formel
- Juristische Ergebnisse und politische Erkenntnisse
- Frankreich und der Bündnisfall
- Resümee und Ausblick - Wohin geht Österreich? Und kommt die Neutralität mit?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Vereinbarkeit der österreichischen Neutralität mit der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union (GASP). Dabei werden die historische Entwicklung und die rechtliche Grundlage der österreichischen Neutralität sowie die Verpflichtungen im Rahmen der GASP beleuchtet.
- Die Entwicklung der österreichischen Neutralität nach dem Zweiten Weltkrieg
- Die rechtliche Grundlage der österreichischen Neutralität
- Die Beistandspflicht in der GASP und ihre Auswirkungen auf die Neutralität
- Die Rolle der UNO und die differentielle Neutralität
- Die Diskussion um die Vereinbarkeit von Neutralität und GASP
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet den historischen Kontext und die rechtliche Grundlage der österreichischen Neutralität. Es werden die Bedingungen der Nachkriegszeit und die Rolle der vier Besatzungsmächte sowie die Bedeutung des Moskauer Memorandums und des Staatsvertrages von 1955 beschrieben. Das Kapitel analysiert die verfassungsrechtliche Verankerung der Neutralität im Bundesverfassungsgesetz und die völkerrechtliche Anerkennung durch bilaterale Notifikationen.
Im zweiten Kapitel wird die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union (GASP) vorgestellt, insbesondere der Unterbereich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP). Es werden die Grundsätze des auswärtigen Handelns der EU sowie die Debatte um die Vereinbarkeit der österreichischen Neutralität mit der GASP beleuchtet.
Das dritte Kapitel befasst sich mit der Beistandspflicht im Rahmen der GASP und deren Auswirkungen auf die österreichische Neutralität. Es werden verschiedene juristische Interpretationen der Beistandspflicht sowie die Frage der möglichen Verdrängung der Neutralitätsverpflichtungen durch die GASP-Bestimmungen diskutiert.
Schlüsselwörter
Österreichische Neutralität, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), Beistandspflicht, differentielle Neutralität, UNO, Staatsvertrag, Bundesverfassungsgesetz, Lissabon-Vertrag, Völkerrecht, EU.
- Quote paper
- Michael Stellwag (Author), 2017, Österreichische Neutralität und die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/432491