In Zeiten der digitalen Revolution verändert sich vor allem der Arbeits- und Führungsalltag in Unternehmen kontinuierlich. Immer komplexere Aufgaben erfordern neue Teamstrukturen und eine moderne Führung.
Um hier mitzuhalten, müssen Unternehmen die entsprechenden Maßnahmen ergreifen. Wie das gelingt, zeigt Lena Weinhut in ihrer Publikation. Sie erklärt, welche Herausforderungen die Führungskräfte heutzutage erwarten.
Welche Kompetenzen sollte eine erfolgreiche digitale Führung mitbringen? Wie gelingt es in jedem Unternehmen, den digitalen Wandel erfolgreich zu gestalten? Weinhut verdeutlicht, dass die digitale Transformation über die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens entscheidet.
Aus dem Inhalt:
- Digitalisierung;
- Digitale Transformation;
- Mitarbeiter;
- Führung;
- Leadership
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Leadership
2.1 Definition und Bedeutung
2.2 Führungsaufgaben
2.3 Begriffsabgrenzung: Management versus Leadership
2.4 Traditionelle Führungsansätze
2.5 New Leadership Approach
3 Aktuelle Herausforderungen für Führung und Führungskräfte
3.1 Megatrend Digitalisierung
3.2 Auswirkungen der Digitalisierung auf Arbeitswelt und Führung
4 Digital Leadership
4.1 Definition und Bedeutung
4.2 Neue Anforderungen an Führung und Führungskräfte
4.3 Ausgewählte Digital-Leadership-Ansätze
4.4 Relevanz der Digital Leadership
4.5 Kompetenzen einer digitalen Führungsfigur
4.6 Kritische Betrachtung des Digital-Leadership-Ansatzes im Rahmen der Digitalisierung
5 Schlussbetrachtung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Führungsaufgaben im Führungskreislauf
Abbildung 2: Inhalte und Grenzen der transaktionalen und transformationalen Führung
Abbildung 3: Gegenüberstellung der Organisationsqualitäten im Kontext der Digitalisierung
Abbildung 4: Zentrale Veränderungen von Führung durch Digitalisierung
Abbildung 5: Die fünf größten Stolpersteine für Führungskräfte
Abbildung 6: Die Beidhändigkeit der Führung der Robert Bosch GmbH
Abbildung 7: Vier Kategorien digitaler Reife
Abbildung 8: Die vier Phasen der digitalen Transformation
Abbildung 9: Phasen und Aufgaben des Managements virtueller Teams
Abbildung 10: Strategische Umsetzung von Social-Media-Aktivitäten im Überblick
Abbildung 11: Ergebnisse der Studie des Instituts für Führungskultur im digitalen Zeitalter März 2015
Abbildung 12: Die aktuelle (2016) Bedeutung von Digital Leadership in den Unternehmensbereichen
Abbildung 13: Betrachtung der Bedeutung von Digital Leadership in den verschiedenen Branchen
Abbildung 14: Die aktuelle Situation zu Digital Leadership in den Unternehmen
Abbildung 15: Die eigene und fremde Einschätzung der Fähigkeiten der Führungskräfte zu Digital Leadership
Abbildung 16: Kernkompetenzen für einen Digital Leader
Abbildung 17: Kernkompetenzen für die digitale Transformation
1 Einleitung
Bisher war man es gewohnt, seine Einkaufsliste auf einen Zettel per Hand zu schreiben. Heutzutage funktioniert dies bei einem Großteil der Gesellschaft über eine App für Einkaufszettel. Es könnte sogar irgendwann so weit kommen, dass man sich mit Familienmitgliedern vernetzt, um die nötigen Einkaufe möglichst zeitsparend zu organisieren. Zusätzlich könnte die App mit dem Kühlschrank zuhause vernetzt sein und eine direkte Benachrichtigung senden, wenn Lebensmittel aufgebraucht sind bzw. welche Lebensmittel noch vorhanden sind. Darüber hinaus könnte die App anzeigen, in welchem Geschäft die benötigten Lebensmittel vorhanden sind. Außerdem könnte der Kühlschrank über die App Vorschläge bringen, welches Gericht man aus den vorhandenen Lebensmitteln zubereiten könnte. Dieses Beispiel veranschaulicht die digitale Revolution, die wir gerade erleben und die Einfluss auf alle Lebensbereiche nimmt (vgl. Moskaliuk 2017a). Sie verändert unsere Gesellschaft in grundlegender Weise. Einen (Arbeits-) Alltag ohne Computer, Internet, Smartphones und Tablets kann man sich nicht mehr vorstellen (vgl.Becker und Knop 2015a, S.155). Unsere Arbeit gestaltet sich zunehmend virtueller, schneller und flexibler. Stichworte wie Robotik, 3D-Druck und künstliche Intelligenz lassen erahnen, wie die Arbeitswelt von morgen aufgebaut sein wird (vgl. Crummenerl und Kemmer 2015). Zur digitalen Umwälzung von Wirtschaft und Gesellschaft zählen unter anderem auch Ausgangspunkte wie digitale Arbeitsplattformen, bearbeitbare große Datenmengen und selbstreferenzielle Steuerungssysteme. Unternehmen werden mit einem paradigmatischen Wandel konfrontiert. Geschäftsmodelle, Selbstverständnis und Wertschöpfungsketten müssen grundlegend überdacht werden. Der Arbeitsalltag ist bestimmt von neuartigen digitalen, vernetzten und automatisierten Prozessen und Leistungen – in allen Arbeitsbereichen, egal ob Entwicklung, Produktion, Vertrieb oder Marketing und Logistik (vgl. Deutsche Gesellschaft für Personalführung e. V 2015, S. 4).
Ein entscheidender Aspekt, der in allen Bereichen der Arbeitswelt eine große Rolle spielt, ist die Unternehmensführung sowie die Führung von Mitarbeitern (MA). In der Unternehmenswelt wird dies oft mit dem Begriff „Leadership“ bezeichnet. Durch die Digitalisierung wandelt sich zunehmend das Verständnis von Führung. Im Kontext der Digitalisierung versteht man Führung nicht (mehr) als Angelegenheit für (IT)-Manager, sondern als Kernthema für Führungskräfte (FK) im Topmanagement (vgl. Weinman 2015, S.13). In diesem Zusammenhang entwickelte sich der Begriff der Digital Leadership, worauf der Fokus in meiner Bachelorarbeit liegt.
FK gelten nach wie vor als Dreh- und Angelpunkt bei Veränderungsprozessen im Unternehmen und somit auch bei der digitalen Transformation des Unternehmens. Dabei gelten sie nicht nur als Initiator des Wandels, sondern sind auch größtenteils dafür verantwortlich, dass die Zusammenarbeit in der digitalen Welt funktioniert. Um als Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig zu sein und sich auf dem Markt behaupten zu können, sollte man den Anschluss an den Trend der Digitalisierung nicht verpassen. (vgl. Crummenerl und Kemmer 2015, S. 3). Auch Gary Hamel bringt diese Notwendigkeit der Anpassung an die Zukunft und somit an die Digitalisierung zum Ausdruck:
„Die Zukunft macht leicht Narren aus den Unbelehrbaren, die sich zu lange an alte Gewissheiten klammern.“ (Gary Hamel in Petry 2016, S. 11)
Zielsetzung der Arbeit ist es, neben der Erklärung des Begriffes „Leadership“ und der Begriffsabgrenzung von „Leadership“ und „Management“, den Begriff der „Digital Leadership“ abzugrenzen. Es sollen die veränderten Herausforderungen und Anforderungen an Führung und FK im digitalen Zeitalter herausgearbeitet werden, um davon schließlich die Kompetenzen für eine erfolgreiche digitale Führungsfigur abzuleiten.
Im ersten Teil der Bachelorarbeit wird nach einer thematischen Einführung im Hinblick auf die Problemstellung, die sich aus der Digitalisierung ergibt, und die Relevanz im Kontext von Führung zunächst auf das Thema Führung eingegangen. Neben einer Erklärung des Führungsbegriffs werden Führungsaufgaben und grundlegende Führungsansätze, die sich im Laufe der Zeit gewandelt haben, durchleuchtet.
Der zweite Teil befasst sich mit neuen Herausforderungen für Führung in der heutigen Zeit. Thematisiert wird der Megatrend Digitalisierung zunächst mit einer Begriffsbestimmung. Danach werden die Ausprägungen und Treiber der Digitalisierung erläutert. Anschließend werden die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt und Führung beschrieben, wodurch zu dem Begriff der „Digital Leadership“, dem Kernthema der Arbeit, übergeleitet wird. In diesem Zusammenhang wird zunächst erläutert, was hinter dem Begriff steckt. Dann folgt ein Überblick über die Veränderungen in der Führungsumwelt bzw. über neue Anforderungen an Führung und FK. Auch im Rahmen der Digital Leadership wird auf ausgewählte Führungsansätze eingegangen. Daraufhin werden die erfolgsrelevanten Kompetenzen einer digitalen Führungsfigur analysiert. Zuletzt erfolgt eine kritische Würdigung des Digital-Leadership-Ansatzes. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick ab.
2 Leadership
2.1 Definition und Bedeutung
Leadership lässt sich, nach Hinterhuber und Krauthammer (2015), in drei Säulen unterteilen:
1. Visionär sein: „Den Siegeswillen anspornen“
2. Vorbild sein – vorleben: „Engagement und Mut zeigen. Energien freisetzen sowie Innovationen und Talente fördern.“
3. Den Unternehmenswert nachhaltig steigern: „ Wohlstand für alle Partner schaffen“ (Hinterhuber und Krauthammer 2015, S. 11).
Es existieren unzählige Definitionen des Begriffs „Leadership“, der ins Deutsche übersetzt Führerschaft bzw. Führung bedeutet. Mitunter ist dies darin begründet, dass sich verschiedenste Bereiche, wie z.B. Philosophie, Wirtschaftswissenschaften und Psychologie mit Führung auseinandersetzen (vgl. Au 2016, S. 4). In Anlehnung an Hentze (2005) kann man Führung im allgemeinen Sinn, als „zeitlich übergreifendes, in allen Kulturen existierendes und interdisziplinäres Konstrukt“ (Hentze 2005, S. 25) bezeichnen. In diesem Zusammenhang wird Führung auch oft auch als „zielbezogene Einflussnahme“ (Rosenstiel et al. 2014, S. 3) definiert. Es wird angestrebt, dass die Geführten dazu gebracht werden, Ziele, welche sich oftmals auf die der Organisation zurückführen lassen, zu erlangen (vgl. Rosenstiel et al. 2014).
Ähnlich beschreibt auch Wunderer Führung als „zielorientierte, wechselseitige Beeinflussung zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben, in und mit einer strukturierten Arbeitssituation.“ Dies beinhaltet v.a.: „Wege weisen, die Entscheidungs- und die Beziehungsebene gestalten, günstige Arbeitssituationen fördern und konstruktiv interpretieren.“ Dazu gehört ebenso: „Beeinflussen und sich beeinflussen lassen, kommunizieren, wechselseitig überzeugen, inspirieren, auch entscheiden, anweisen und Konflikte handhaben.“ (Wunderer 1996, S. 386)
Leadership meint zudem die „natürliche und spontane Fähigkeit, Mitarbeiter anzuregen, zu inspirieren und sie in die Lage zu versetzen, neue Möglichkeiten zu erschließen und umzusetzen, sowie sich freiwillig und begeistert für die Verwirklichung gemeinsamer Ziele einzusetzen.“ (Hinterhuber und Krauthammer 2015, S. 13)
Um dies zu erlangen, sind Respekt vor dem Menschen sowie große Energie des Unternehmens bzw. der obersten FK unabdingbar. Leadership-Verhalten vereint Interesse für die MA und für sich selbst. FK leben Visionen und Strategien vor. Die Autorität und Glaubwürdigkeit der FK hängt davon ab, inwieweit die MA die Visionen, Strategien und Einstellungen ihrer Vorgesetzten annehmen. Eine der wichtigsten Grundlagen von Führung bilden Ideale und Werte, sowie der Einsatz der FK, der über den persönlichen Bereich hinausgeht (vgl. Hinterhuber und Krauthammer 2015, 13 f.).
Nach Hinterhuber und Krauthammer besteht der Kern von Leadership darin
1. „eine gemeinsame Sicht der Gegenwart und Zukunft mit den Führungskräften und Mitarbeitern aufzubauen, die den Kundennutzen in den Mittelpunkt stellt und
2. allen Spielraum für eigenverantwortliches Denken und Handeln auf Basis einer Vision zu geben, an deren Erfüllung jeder mitzuarbeiten bereit ist.“ (Hinterhuber und Krauthammer 2015, S. 14)
Die Zusammenarbeit von FK und MA hat zum einen das Ziel, Ergebnisse zu erarbeiten, zum anderen aber auch, individuelle Bedeutung zu schaffen und Sinn zu vermitteln. Das Erreichen der Ziele ist damit verbunden, dass die Beteiligten verstehen, warum sie bestimmte Dinge tun, wie sie als einzelne Person dazu beitragen können und welcher Mehrwert damit verbunden ist. Es ist demnach Aufgabe der FK, Rahmenbedingungen zu schaffen, die den MA die Bedeutung ihres Handelns aufzeigen. Das klassische Verständnis von Führung enthielt bisher nur den Ansatz der Zielerreichung. Erst in den neueren Ansätzen der transformationalen Führung wurde der Aspekt der Sinnstiftung aufgegriffen (vgl. Landes und Steiner 2013, S. 249).
Wenngleich sich die Definitionen in manchen Punkten voneinander unterscheiden, lassen sich Aspekte herausarbeiten, die allen Definitionen gemein sind: Bei Führung geht es darum, die MA gezielt zu beeinflussen, ihnen sinnstiftend mit einer vorgelebten Vision den richtigen Weg aufzuzeigen und ihnen dabei auch einen großen Teil an Eigenverantwortung zu überlassen, um schlussendlich gemeinsam die Ziele der Organisation zu erreichen.
Abschließend lässt sich festhalten, dass Führung ein komplexer, dynamischer und wechselseitiger Prozess ist, dessen genaue Erfassung und Erklärung nur begrenzt möglich ist (vgl. Wunderer 1996, S. 386).
2.2 Führungsaufgaben
„Wer führen will, muss erstens eine Richtung vorgeben, die Sinn macht und Vernunft und Herz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anspricht. Er hat zweitens eine Vorbildfunktion und muss die Werte der Einrichtung leben und vorleben. Die dritte Führungsverantwortung besteht darin, Werte zu schaffen […] Wer auch nur einer dieser drei Verantwortungen nicht nachkommt, erfüllt seine Führungsaufgabe nicht.“ (Hinterhuber 2014, S. 7)
Die Beschreibung der verschiedenen Führungsaufgaben erfolgt in Anlehnung an Hintz (Hintz 2016)[1]. Zwei der wichtigsten Aufgaben einer FK sind nach Hintz Willensbildung und Willensdurchsetzung, die in einer Wechselwirkung zueinander stehen. Diese wirken zusammen mit den Aufgaben Planung, Entscheidung, Ausführung und Kontrolle, welche wiederum aufeinander aufbauen. Anschließend folgen die Dokumentation der vorhergehenden Tätigkeiten und die Weitergabe der Informationen über die Tätigkeiten. Problemerkennung und –lösung bestimmen den täglichen Führungsprozess. Als FK strebt man danach, die Rentabilität des Unternehmens zu sichern, qualitatives und quantitatives Wachstum zu erreichen und den Bestand des Unternehmens sicherzustellen. Die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens hängt davon ab, inwieweit FK wissen, wie sie mit sich ständig ändernden Problemstellungen umgehen müssen (vgl. Hintz 2016, S. 30). Dabei kann man deren Aufgaben in drei Kerngebiete aufteilen: Organisation, Mitarbeiter und Arbeitsprozesse (vgl. Hintz 2016, S. 31)
Hintz beschreibt die Führungsaufgaben, aufgrund ihrer periodischen Abfolge, auch in Form eines regelmäßigen Kreislaufs. Dieser wird auf der nachfolgenden Seite abgebildet. Die Kernaufgabe, die sich durch den ganzen Führungskreislauf zieht, ist die Kommunikation. Eine FK sollte wissen, wie man in bestimmten Situationen zielführend mit MA oder Kunden kommuniziert. Voraussetzung für eine erfolgreiche Kommunikation ist die Kenntnis ihrer verschiedenen Wirkungsmechanismen und wie diese gezielt eingesetzt werden können. Kommunikation kann somit als einer der wichtigsten Faktoren für erfolgreiche Führung benannt werden (vgl. Hintz 2016, S. 32).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Führungsaufgaben im Führungskreislauf
(Hintz 2016, S. 32)
1. Ziele entwickeln
Zielbildung ist sowohl im Privatleben als auch im Arbeitsleben einer der wichtigsten Schritte, bevor man ein Vorhaben startet. Ohne eindeutig formulierte Ziele sollte man keine Arbeit beginnen. Deshalb kann Zielbildung als eine der bedeutendsten Führungsaufgaben genannt werden. Die Ziele werden mit den MA besprochen und die FK sorgt dafür, dass die MA bestrebt sind, sie zu verwirklichen. Bei der Zielvereinbarung gilt es, bestimmte Aspekte zu beachten: Das Ziel muss klar, eindeutig und schriftlich formuliert werden. Der Erfolg des Vorhabens hängt von der Klarheit des Ziels ab. Die Zielsetzungen der MA müssen sich mit den Zielvorstellungen des Unternehmens decken. Ist das nicht der Fall, wirkt sich das möglicherweise negativ auf den Erfolg des Unternehmens und auf die Zusammenarbeit aus, da sich die Zielvorstellung immer im Verhalten eines Menschen widerspiegelt. Außerdem ist es wichtig, dass die FK immer als Vorbild agiert und mit Überzeugung vorlebt, was sie von ihren MA erwartet. Toleranz, offenes Verhalten und Akzeptanz zwischen MA und FK sind wichtige Aspekte, um einen wechselseitigen Lernprozess zu erreichen. FK werden täglich mit verschiedenen Handlungsoptionen konfrontiert. Es ist wichtig, dass eine genaue Zielvorstellung formuliert wurde, weil es dadurch der FK leichter fällt, die richtigen Optionen auszuwählen. Außerdem kann man durch überlegte Zielsetzung am Anfang eines Vorhabens Entwicklungen und Erfolge, die sich im Laufe der Zeit ergeben, objektiv messbar machen (vgl. Hintz 2016, S.35 f.).
2. Planen
Hierbei geht es darum, Strategien zu entwickeln und Maßnahmen herauszuarbeiten, mit denen die vorher festgelegten Ziele, in möglichst kurzer Zeit, erreicht werden können. Der Aufwand, der dafür betrieben werden muss, sollte in einem angemessenen Verhältnis zu den Zielen stehen (vgl. Hintz 2016, S. 65).
3. Delegieren
Teilziele, Teilaufgaben und die dafür geforderten Handlungskompetenzen werden von der FK an die dafür befähigten MA weitergegeben. Die FK werden entlastet und die Motivation, das Selbstwertgefühl und die Leistungsbereitschaft der MA steigen. Somit können sich die FK gezielter auf ihre wesentlichen Aufgaben konzentrieren und dadurch gemeinsam mit den MA bessere Arbeitsergebnisse erzielen. Die FK behält die Verantwortung für die delegierten Aufgaben. Deshalb ist es wichtig, durch regelmäßige Überprüfung und Hilfestellung dafür zu sorgen, dass der Fortschritt der Bearbeitung mit möglichen Abweichungen immer transparent bleibt und somit die Delegation erfolgreich ist (vgl. Hintz 2016, S.77 f.).
4. Entwickeln und Fördern
Zu dieser Führungsaufgabe gehört, den MA bei der Arbeit stets zur Seite zu stehen und sie zu begleiten. Außerdem bekräftigen und fördern die FK Teamarbeit. Aufgabe der Führenden ist es, dafür zu sorgen, dass die MA unverzüglich alle nötigen Informationen über ihre Tätigkeit geliefert bekommen (vgl. Hintz 2016, S. 32).
5. Kontrollieren
FK machen Kontrolltermine mit den MA aus, um die bisherigen Arbeitsschritte zu überprüfen. Ein regelmäßiger Soll-Ist-Vergleich ist unabdingbar. Hierbei werden u.a. Planungsfehler, Fehlentscheidungen, Fehlverhalten oder generell Abweichungen von der Zielerreichung erkannt und gegebenenfalls Korrekturmaßnahmen vereinbart. Manche verbinden das Wort „Kontrollieren“ mit etwas Negativem. Die Kontrolle der Arbeitsschritte ist jedoch essentiell, da die MA dadurch Orientierung bekommen und die Möglichkeit haben, sich weiterzuentwickeln. Ohne Kontrolle könnte man nicht feststellen, wer herausragende Arbeit geleistet hat, oder wem durch konstruktive Kritik geholfen werden kann (vgl. Hintz 2016, S.33 f., S.117).
6. Loben
Auch das Loben der MA zählt zu den wichtigsten Führungsaufgaben. Lob wird als Mittel eingesetzt, um die MA in ihrem Verhalten zu bestärken und ihr Selbstwertgefühl zu erhöhen. FK, die nur selten oder nie loben, werden unzufriedene MA in ihrem Team vorfinden. Die MA verlieren Motivation und Selbstvertrauen, wenn sie keine Anerkennung dafür bekommen, was sie leisten. Der Antrieb der MA zum Handeln entsteht erst durch soziale Akzeptanz. Daher ist es wichtig, dass FK ihren MA regelmäßig Lob aussprechen. Lob dient den MA auch als Orientierungshilfe und gleichzeitig sorgt es dafür, dass Verhaltensweisen, die von FK gefordert werden, verstärkt werden. Damit Lob seine vorgesehene Wirkung hat, gibt es bei der Ausübung viele Punkte, die FK beachten müssen. Diese sollen in dieser Arbeit jedoch nicht genauer aufgeführt werden (vgl. Hintz 2016, S.123 f.).
7. Kritisieren
Kritik ist eine Möglichkeit, bezüglich des Verhaltens der MA Korrekturen zu fordern und abzusprechen. Dabei kann Kritik eine positive Ausrichtung in Form von Lob oder eine negative Ausrichtung in Form von Tadel haben. Außerdem unterscheidet man zwischen konstruktiver Kritik, die in der Regel zur Verbesserung des MA führt und destruktiver Kritik, welche eine Rückwärtsentwicklung der MA zur Folge haben kann. Kritik als Aufgabe der FK ist dazu da, sich gegenseitig zu helfen, da man seine eigenen Fehler meistens nicht so gut sieht, wie andere sie sehen. Ebenso wie beim Loben, gilt es auch beim Kritisieren, einige Aspekte zu beachten, damit die gewünschte Wirkung eintritt (vgl. Hintz 2016, S.33, S.129 f.).
8. Konflikte bearbeiten
Damit Konflikte keinen Einfluss auf die Arbeitsergebnisse und das Arbeitsklima haben, gilt es u.a. als Aufgabe der FK, diese rechtzeitig zu erkennen und sich damit auseinanderzusetzen. Wie man mit Konflikten umgeht, ist der entscheidende Punkt. Mit einer konstruktiven Konfliktaustragung können nicht nur Probleme gelöst werden, sondern oftmals auch komplett neue Perspektiven entstehen und Wertvorstellungen im positiven Sinne verändert werden (vgl. Hintz 2016, S.33, S.145).
9. Motivieren
Nach Dwight D. Eisenhower lässt sich Motivation wie im Folgenden beschreiben: „Motivation ist die Fähigkeit, einen Menschen dazu zu bringen, das zu tun, was man will, wann man es will und wie man es will – weil er selbst es will.“ (Wacha 2016) Die Motivation der MA zu erhalten bzw. zu steigern und gleichzeitig Demotivierendes fern zu halten, gilt als eine der bedeutendsten Aufgaben von FK. Wenn die MA motiviert arbeiten, wird dadurch das Leistungsvermögen des Unternehmens gesteigert und die gemeinsam gesetzten Ziele werden schneller erreicht. Deshalb ist die Fähigkeit, MA zu motivieren, eine der gefragtesten Qualifizierungen von FK (vgl. Hintz 2016, S. 33)
2.3 Begriffsabgrenzung: Management versus Leadership
Die Abgrenzung der Begriffe „Management“ und „Leadership“ erfolgt in Anlehnung an das Modell von John P. Kotter (Kotter 1990)[2]. Das Wort „Führung“ bzw. „Leadership“ wird in wirtschaftlichen Zusammenhängen auf zwei unterschiedliche Arten interpretiert. Zum einen meint es den Vorgang, dass Menschen mobilisiert und gelenkt werden. Man sagt dann z.B., dass jemand die Führungsrolle innehat. Zum anderen beschreibt Führung eine Gruppe von Personen in bestimmten Positionen. In diesem Zusammenhang spricht man vom Führungsbereich einer Firma, in dem eine bestimmte Anzahl an MA beschäftigt ist. Heutzutage werden diejenigen, die eine Führungsposition innehaben, meistens Manager genannt. Daraus könnte man fälschlicherweise schließen, dass Führung und Management die gleiche Bedeutung haben. Das ist jedoch nach Kotter ein Trugschluss. Während Leadership schon immer existiert hat, hat sich Management erst in den letzten hundert Jahren, als Antwort auf die Entstehung komplexer Unternehmen, entwickelt (vgl. Kotter 1991, S. 17). Management wurde geschaffen, „um komplizierte Unternehmen zeitlich und finanziell im Griff zu behalten. Das war und ist ihre wichtigste Funktion.“ (Kotter 1991, S. 19) Leadership hingegen sorgt nicht wie Management für Festigkeit und Ordnung, sondern für Bewegung. Es werden Veränderungen angestoßen, Menschen werden zu Veränderungen motiviert und für Bewegung begeistert (vgl. Kotter 1991, S. 19).
Management und Leadership in komplexen Organisationen weisen nach Kotter auch Ähnlichkeiten auf: „Beide verlangen Entscheidungen über das, was getan werden muss, schaffen Netze von Mitarbeitern und Beziehungen […] und bemühen sich anschließend dafür zu sorgen, dass die Arbeit dann auch getan wird. In diesem Sinne handelt es sich bei beiden um in sich geschlossene Aktionssysteme.“ (Kotter 1991, S. 20) Trotz mancher Ähnlichkeiten gibt es grundlegende Unterschiede zwischen Leadership und Management. Das gilt vor allem bei sehr großen Konzernen und Organisationen. Diese sollen nachfolgend beispielhaft in Anlehnung an Kotter erläutert werden (vgl. Kotter 1991, S. 20).
Dabei werden vier Phasen eines Projekts bzw. eines Vorhabens unterschieden:
Bei der Entwicklung des Zeitplans ist das Management verantwortlich für die allgemeine Finanzplanung und für das Definieren von einzelnen Schritten, Aufgaben und Zielen, während Führung -durch die Entwicklung einer Vision und Strategie- die Richtung vorgibt (erste Phase).
Der nächste Schritt ist die Entwicklung eines menschlichen Netzwerkes, um Planvorgaben zu verwirklichen. Hier unterscheiden sich Management und Leadership in der Hinsicht, dass das Management die Organisationsstruktur festlegt, Arbeitsbereiche einrichtet, qualifizierte MA einsetzt, Verantwortung delegiert und Überwachungsmechanismen einführt, wohingegen Leadership die MA ausrichtet. Sie gibt die Richtung für alle Beteiligten bekannt, um Gruppen mit Verständnis für die Vision und die Erreichung der Ziele zu errichten (zweite Phase).
Bei der eigentlichen Durchführung des Vorhabens ist dem Management die Rechnungsprüfung und Problemlösung zugeteilt. Dazu gehört die Durchführung von Soll-Ist-Vergleichen, das Erkennen von Abweichungen und das Finden von Problemlösungen. Führungsfiguren, sogenannte „Leader“, hingegen motivieren und begeistern die MA bei diesem Schritt. Sie sorgen dafür, dass die MA auf ihrem Weg vorankommen und helfen ihnen dabei, Hürden zu überwinden (dritte Phase).
Bezogen auf die Ergebnisse des Vorhabens sorgt das Management für eine „bestimmte Berechenbarkeit und Ordnung“. (Kotter 1991, S. 21) Leadership schafft Bewegung und Wandel und kann beträchtliche Veränderungen ermöglichen (vierte Phase) (vgl. Kotter 1991, S. 21).
Kotter identifiziert jeweils drei Kernprozesse für Management und Leadership. Diese verdeutlichen zusammenfassend den grundlegenden Unterschied zwischen den beiden Begriffen:
„Management:
Planen und budgetieren
Organisieren und Stellen besetzen
Controlling und Probleme lösen
Ergebnis: erzeugt Ordnung und Konstanz
Leadership:
Richtung vorgeben
Mitarbeiter danach ausrichten
Motivieren und inspirieren
Ergebnis: erzeugt Wandel und Bewegung.“ (Kotter 1990, S. 4 f.)
Manager und Leader weisen unterschiedliche Fähigkeiten auf. Nur selten besitzt eine Person gleichzeitig sowohl Fähigkeiten, die einen guten Manager ausmachen, als auch diejenigen, die einen guten Leader kennzeichnen. Nach einer von Kotter angeführten Studie haben zwei Drittel von 200 befragten Managern in Unternehmen angegeben, dass die Vorgesetzten in ihrem Unternehmen starke Manager-Fähigkeiten aufweisen, jedoch nur geringe Leadership-Fähigkeiten. 95% der Befragten waren der Meinung, dass es zu wenige Führungsfiguren gibt, die sowohl Manager- als auch Leader-Qualitäten mitbringen (vgl. Kotter 1990, S.8 f.).
Kotter betonte bereits im Jahr 1990, dass Leadership in der Zukunft immer wichtiger werde und Leadership-Fähigkeiten für das Bestehen und Wachstum von Unternehmen eine wichtige Voraussetzung sein würden. Dies begründete er u.a. durch die rapiden technologischen Entwicklungen und Fortschritte, den demographischen Wandel und den wachsenden internationalen Wettbewerb. Kontinuierlicher Wandel erfordert immer mehr Leadership (vgl. Kotter 1990, S.12 f.).
Diese Aussagen treffen heute im 21. Jahrhundert noch mehr zu, da sich die Arbeitswelt gerade in einem revolutionären digitalen Wandel befindet, bei dem das Thema Leadership, sowie der Wandel dessen, eine sehr große Rolle spielen.
2.4 Traditionelle Führungsansätze
Führungstheorien beschreiben Strukturen, Rahmenbedingungen, Prozesse und Konsequenzen von Führung. Sie versuchen außerdem, die Bedingungen zu veranschaulichen, aus denen Führung entsteht, und herauszuarbeiten, wie die FK die MA beeinflussen kann, damit diese bestimmte Aufgaben erfüllen. Die Führungsforschung hat viele Theorien der Führung untersucht bzw. hervorgebracht, sodass 1980 bereits 30-40 verschiedene Führungstheorien existierten. Die Führungsansätze werden nicht voneinander abgelöst. Sie bestehen alle nebeneinander. Bis circa Mitte der 1970er Jahre dominierten drei Führungsansätze: personenzentrierte Ansätze, verhaltensorientierte Ansätze und situationstheoretische Ansätze. Im folgenden Kapitel sollen diese klassischen Führungsansätze in ihrer historischen Reihenfolge genauer dargestellt werden (Rieder 2014, 3f.).
2.4.1 Personenzentrierte Ansätze
Die personenzentrierten Führungsansätze gelten als historisch älteste Ansätze (vgl. Peters 2015, S. 20). Die zwei bekanntesten davon sind der eigenschaftsorientierte Ansatz und die „Great Man Theory“.
Die Eigenschaftstheorie beruht auf der Annahme, dass Führungserfolg von ausgewählten stabilen, individuellen Eigenschaften der Führungspersönlichkeit abhängt (vgl. Kauffeld 2011, S. 70). Zu den Eigenschaften einer Person gehören Persönlichkeit, Begabung, Bedürfnisse, Motive und Werte (Hentze 2005, S. 101). Eine erfolgreiche FK nimmt mit ihren bestimmten Eigenschaften Einfluss auf die Handlungen ihrer MA (vgl. Au 2016, S. 8). Ziel des Ansatzes ist es, die individuellen Persönlichkeitsmerkmale herauszuarbeiten, die in enger Verbindung mit Führungserfolg stehen (vgl. Kauffeld 2011, S. 70). Zwischen 1900 und 1950 hat man damit begonnen, sich ideale Führungseigenschaften zu überlegen. Zahlreiche Studien wurden durchgeführt und schließlich hat man bestimmte Eigenschaften herausgearbeitet, die als Merkmale einer erfolgreichen FK genannt werden können: Verantwortungsbewusstsein, Durchhaltevermögen, Kreativität, sowie Selbstvertrauen, Beeinflussungsfähigkeit und Stressresistenz. In der darauffolgenden Zeit, zwischen 1950 und 1970, konzentrierte man sich mehr auf Kombinationseigenschaften, die Führungserfolg garantieren sollten: Kommunikative sowie zwischenmenschliche Fähigkeiten, Stresstoleranz, Unsicherheitstoleranz und Interesse daran, beruflich aufzusteigen (vgl. Peters 2015, S. 21).
Die „Great Man Theory“ legt den Fokus auf die Persönlichkeit des Führenden (vgl. Rieder 2014, S. 5) und beruht nach Thomas Carlyle (1888) auf folgender Aussage: „Die Fähigkeit zu führen ist, egal ob angeboren oder erworben, eine relativ stabile, zeit- und situationsunabhängige Persönlichkeitsdisposition.“ (Kauffeld 2011, S. 73)
Bei traditionellen Ansätzen wie diesen steht die führende Person im Mittelpunkt. So kommt der Beziehung zwischen Führendem und Geführten kaum Bedeutung zu (vgl. Au 2016, S. 8). Beide Theorien nehmen an, dass die wichtigsten Eigenschaften und Aspekte, um erfolgreich zu führen, angeboren sind (vgl. Rieder 2014, S. 6). Es wurde aber auch Kritik an den personenzentrierten Ansätzen geübt. Bemängelt wurden u.a. die fehlende Berücksichtigung der Situation, Theoriedefizite und das Ignorieren der Interdependenz von Charaktereigenschaften im Führungsprozess (vgl. Hentze 2005, S. 179 zitiert nach Neuberger 2002, S. 237 ff.).
2.4.2 Verhaltensorientierte Ansätze
Es stellte sich mit der Zeit heraus, dass sich Führungserfolg nicht, wie erhofft, allein anhand der Eigenschaften einer Person messen ließ (vgl. Blessin und Wick 2016, S. 87). Bei den personenzentrierten Ansätzen war man der Überzeugung, dass Produktivität und der Erfolg der Unternehmen zum größten Teil von der Führungsperson abhängen. Ab den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelten sich Führungstheorien, bei denen der Fokus auf dem Verhalten der Führungspersönlichkeit in bestimmten Situationen lag und nicht mehr allein auf der Person bzw. den Eigenschaften dieser. In den sogenannten verhaltensorientierten Ansätzen bestand die Annahme, dass Führungserfolg überwiegend vom Verhalten der FK abhängt (vgl. Rieder 2014, S. 7f.).
Im Gegensatz zu den personenzentrierten Ansätzen spielten hier auch die Geführten und die Beziehung zwischen den Geführten und Führenden eine Rolle. Man konzentrierte sich darauf, welche Tätigkeiten die FK während ihrer Arbeit ausüben und welche davon als effektives Führungsverhalten eingestuft werden können (vgl. Landes und Steiner 2013, S.251 f.).
Der verhaltensorientierte Ansatz wurde optimistisch betrachtet, da man hoffte, dass er mit Lern- und Veränderbarkeit von Führung einhergehe (vgl. Kauffeld 2011, S. 71).
In den sogenannten Ohio Studien, die bis heute bestätigt werden konnten, wurde untersucht, wie erfolgsrelevantes Führungsverhalten konkret aussieht. Es wurde zunächst in zwei Dimensionen beschrieben: Mitarbeiterorientierung (Consideration) und Aufgabenorientierung (Initiation structure) (vgl. Landes und Steiner 2013, S. 251 f.). Dabei meint mitarbeiterorientierte Führung, dass die FK die MA anerkennen und auf die persönlichen Bedürfnisse und Ziele dieser eingehen. Bei der aufgabenorientierten Führung stehen die Aufgabe selbst und die Erledigung der Tätigkeiten im Vordergrund, während die persönlichen Belange der MA hinten angestellt werden (vgl. Peters 2015, S.22 f.).
Neben den zwei bisher genannten Dimensionen erfolgreicher Führung entwickelte sich durch den globalen Wandel die Strategie- und Entwicklungsorientierung als dritte Dimension. Man stellte fest, dass strategie- und entwicklungsorientiertes Verhalten den Führungserfolg positiv beeinflussen. Dazu zählten Aspekte, wie Visionen und Strategien entwickeln, Engagement für Veränderungen stärken, Flexibilität und Innovationsbereitschaft fördern und effektives Lernen begleiten. Kritisiert wurde an den verhaltensorientierten Ansätzen jedoch, dass auch mit den drei Dimensionen erfolgreicher Führung die Frage offen blieb, wann welches Verhalten relevant ist. Um diese Frage zu beantworten, entwickelten sich die situationstheoretischen Führungsansätze, welche im folgenden Kapitel dargestellt werden (vgl. Landes und Steiner 2013, S. 252).
2.4.3 Situationstheoretische Ansätze
Bei den Situationstheorien lag der Fokus nicht auf den idealen Führungseigenschaften, sondern auf der jeweiligen Führungssituation. Jede Situation bringt verschiedene Anforderungen mit sich. Die Herausforderung für die FK bestand darin, die Anforderungen zu erkennen und für jede Situation das richtige Verhalten zu wählen, um damit Führungserfolg zu erzielen (vgl. Peters 2015, S. 23). Führung ist somit situationsabhängig und die Person hat Erfolg, die die beste Lösung für die Aufgabe bzw. den besten Umgang mit der Situation findet. Umgekehrt bedeutet dies aber auch, dass sich die FK an die jeweilige Situation anpassen und den dafür geeignetsten Führungsstil anwenden können (vgl. Pinnow 2012, S. 146). Folglich gibt die Situation den „richtigen“ Führungsstil vor. Daher existiert eine Vielzahl verschiedener Ansätze, die die Führungssituationen auf unterschiedlichste Art und Weise interpretieren (vgl. Peters 2015, S. 23). Es folgt eine Darstellung von zwei ausgewählten Ansätzen der Situationstheorie:
Der Kontingenzansatz von Fiedler (1967) ist einer der ersten und meist diskutierten situationstheoretischen Ansätze. Er beruht auf der Annahme, dass Führungserfolg größtenteils von der Motivation des Führenden sowie von organisationsinternen situativen Konstellationen abhängig ist (vgl. Rieder 2014, S. 155). Fiedler untersuchte die Wechselwirkung der Führungsstilvariablen „Mitarbeiter- und Aufgabenorientierung“ mit den Situationsvariablen „Aufgabenstruktur, Beziehung zwischen FK und MA und Positionsmacht“. Dabei beschreibt Fiedler die Führungsstilvariablen als stabile Orientierungen der FK. Die Ausprägung der Variablen richtet sich danach, wie die FK den am geringsten anerkannten MA beschreibt. Je positiver die Beschreibung ausfällt, desto höher ist die angenommene Mitarbeiterorientierung. Die Ausprägungen der Situationsvariablen zeigen an, wie „günstig“ eine Situation ist. Eine günstige Situation ist gekennzeichnet durch gut strukturierte Führungsaufgaben, eine enge Beziehung zwischen MA und FK und eine starke Positionsmacht der FK. Laut Fiedler erreicht man den größten Führungserfolg in mittelgünstigen Situationen durch mitarbeiterorientierte Führung. In ungünstigen und sehr günstigen Situationen hingegen führt aufgabenorientierte Führung zum Erfolg. Fiedlers Kontingenztheorie erfuhr aufgrund von methodischen Mängeln und teilweise fehlender theoretischer Fundierung starke Kritik. Einige Autoren bezeichneten die Theorie sogar als „gescheitert“ (vgl. Kauffeld 2011, S. 72).
Hersey und Blanchard entwickelten in ihrem „Reifegradmodell der Führung“ eine weitere situative Komponente (vgl. Landes und Steiner 2013, S. 253). Sie führten ein Vier-Felder-Modell ein, das auf den beiden Führungsstilvariablen Aufgaben- und Mitarbeiterorientierung basierte. Das Modell enthielt den Reifegrad der MA als weitere situative Variable. Dieser wird an den Aspekten Motivation und Kompetenz gemessen. Je nach Ausprägung von Motivation und Kompetenz lassen sich vier verschiedene Mitarbeitertypen unterscheiden. Für jeden davon wird ein anderes Führungsverhalten empfohlen. Ein aufgabenorientierter Führungsstil ist geeignet für MA, die wenig motiviert und kompetent sind (niedriger Reifegrad), wohingegen sich für motivierte und kompetente MA ein mitarbeiterorientierter Führungsstil empfiehlt (hoher Reifegrad) (vgl. Kauffeld 2011, S. 76f.).
- Reifegrad 1 („geringe Motivation und wenig Kompetenz“) : „Telling“ („Anweisen und Dirigieren“)
- Reifegrad 2 („hohe Motivation und wenig Kompetenz“) : „Selling“ („Anleiten und Trainieren“)
- Reifegrad 3 („geringe Motivation und hohe Kompetenz“) : „Participating“ („Unterstützen und Beraten“)
- Reifegrad 4 („hohe Motivation und hohe Kompetenz“) : „Delegating („Delegieren“) (Rieder 2014, S. 156).
Das Verhalten der FK passt sich an den Reifegrad der MA an und verändert sich erst dann, wenn sich die MA weiterentwickeln und dadurch einen anderen Reifegrad annehmen. Kritisiert wird an dem Modell von Hersey und Blanchard zum einen die Operationalisierung der Variable „Reifegrad“ und zum anderen das Fehlen von empirischen Belegen. Negativ geäußert wurde außerdem, dass die Messverfahren zu unzuverlässig seien (vgl. Kauffeld 2011, S. 73). An den Situationstheorien allgemein wurde ebenfalls Kritik geübt: Dadurch, dass unzählige Situationsmerkmale existieren, würden diese von FK wahllos ausgesucht werden. Dazu kommt, dass die Merkmale oft nicht ausreichend genau bestimmt wurden (vgl. Rieder 2014, S. 157).
2.5 New Leadership Approach
Im Zuge des globalen Wandels werden FK im Laufe der Zeit mit immer anspruchsvolleren und sich verändernden Anforderungen konfrontiert. Um diese erfolgreich zu bewältigen, wurden seit den 1980er Jahren neue Führungsansätze entwickelt, die unter dem sogenannten „New Leadership Approach“ zusammengefasst werden. Der Fokus der neuen Führungsansätze liegt auf dem Verständnis von Führung im Kontext einer Unternehmensumwelt, die geprägt ist von Krisen und Veränderungen und in der FK in der Lage sein müssen, mit radikalen Veränderungen und Niederlagen umzugehen (vgl. University of Leicester. 2010). Im Gegensatz zu den traditionellen Führungsansätzen, die sich durch eine autoritäre Machtfigur mit alleinigem Entscheidungsrecht auszeichneten, geht es bei den neuen Führungsansätzen verstärkt darum, den Untergeordneten MA mehr Mitspracherecht bei der Lösung von Problemen im Unternehmen zu gewähren (vgl. Haire). Im Vergleich zu den klassischen Führungstheorien werden in den neuen Ansätzen auch emotionale Aspekte thematisiert (vgl. Robbins 2001, S. 385).
Zwei der bekanntesten Führungstheorien des „New Leadership Approach“ sind die transaktionale und die transformationale Führung. Der amerikanische Politikwissenschaftler Burns (1978) hat zum ersten Mal die beiden Begriffe grundlegend definiert. Aufgegriffen wurde das Konzept der transaktionalen und transformationalen Führung als erstes von Bernard Bass im Bereich der Politik. Bass übertrug das Konzept in den 1980er Jahren in die Wirtschaft und entwickelte die beiden Führungstheorien weiter (vgl. Peters 2015, S. 52). Beide Ansätze werden in den folgenden Kapiteln genauer dargestellt.
2.5.1 Transaktionale Führung
„Transactional leadership refers to the exchange relationship between leader and follower to meet their own selfinterests.“ (Bass 2010, S. 10)
Transaktionale Führung beruht auf einer Austauschbeziehung zwischen FK und MA. Das Verhalten der MA wird durch die transaktionale Führungsfigur mithilfe bedingter Belohnung, Zielvereinbarung und Rückmeldung gelenkt (vgl. Kauffeld 2011, S. 74). Das Grundprinzip funktioniert folgendermaßen: Wenn die FK dem MA gibt, was er sich wünscht, dann bekommt auch die FK im Gegenzug, was sie erwartet (vgl. Heuschele et al., S. 1). Durch den Austauschprozess lernt der MA, bei welchem Verhalten er Gegenleistung von der FK bekommt und wie er Tadel so gering wie möglich halten kann. Die Anerkennung erwünschten Verhaltens durch die FK, z.B. durch finanzielle Anreize, soll die Motivation, Leistung und Zufriedenheit der MA steigern. Voraussetzung dafür ist, dass der Zusammenhang von Leistung und Belohnung für die MA deutlich wird und das Verhältnis dabei stimmt (vgl. Kauffeld 2011, S. 74). Dies ist z.B. gegeben, wenn es für beide Parteien eine „Win-win-Situation“ ist oder wenn beide Seiten nicht unzufrieden mit der Situation sind. Der Vorteil dieses Führungsstils ist die klare Handlungsstruktur, die sich dadurch bildet. Deshalb ist der transaktionale Ansatz am besten für Routinetätigkeiten geeignet (vgl. Heuschele et al., S. 1). Die transaktionalen Führungsansätze beinhalten nach Bass neben dem Prinzip der bedingten Belohnung außerdem das aktive und passive Management by Expectation. Aktives Management by Expectation bedeutet, dass die FK Standards vorgibt, Leistungskontrollen durchführt und, wenn nötig, eingreift, um Korrekturen vorzunehmen. Beim passiven Ansatz greift die FK nur in Ausnahmefällen ein (vgl. Kauffeld 2011, S 74 f.). Bei der transaktionalen Führung wird aus extrinsischer Motivation heraus gehandelt. Sie resultiert dabei aus einem „nutzenorientierten Austausch von Leistung und Belohnung.“ (Peters 2015, S. 53)
2.5.2 Transformationale Führung
„Transformational leadership elevates the follower’s level of maturity and ideas as well as concerns for achievement, self actualization and the wellbeing of others, the organisation, and society.“ (Bass 2010, S. 11)
Transformationale Führung ist eine Erweiterung des transaktionalen Ansatzes um die Komponente der intrinsischen Motivation (vgl. Kauffeld 2011, S. 75). Mit der Zeit stellte sich heraus, dass nicht nur Rationalität und Effizienz als wichtige Faktoren für erfolgreiche Führung gelten, sondern auch die Emotionen der MA. Diese müssen angesprochen werden, um gute Führung zu erreichen. Transformationale Führung spricht nicht nur den Verstand der MA an, sondern auch deren Emotionen. Für die FK reicht es nicht mehr aus, lediglich Problemlösungseigenschaften zu besitzen. Durch den rasanten globalen Wertewandel gilt es als Aufgabe der FK, den MA Sinn zu vermitteln, Kreativität und Ideen zu fördern. Die MA sollen Begeisterung und Interesse entwickeln für die Aufgaben, die ihnen zugeschrieben werden und für die Ergebnisse, die sie für das Unternehmen erzielen (vgl. Heuschele et al., S. 1).
„Leadership bedeutet nicht, Leute dazu zu bringen, Dinge zu tun, die sie nicht tun wollen, sondern Leute dazu zu befähigen, Dinge zu erreichen, die sie niemals glaubten erreichen zu können.“ (Heuschele et al., S. 1)
Der Antrieb und die Motivation der MA werden gestärkt, indem man ihnen Eigenverantwortung und gleichzeitig die Möglichkeit der Selbstverwirklichung zugesteht, z.B. in Form von Mitbestimmung. Die FK agiert als Vorbild und zeichnet sich durch hohe soziale und emotionale Kompetenzen aus (vgl. Daskalakis, S. 1).
Eine transformationale Führungsfigur versucht die Bedürfnisse der MA nicht nur zu erkennen, sondern auf einen „höheren Reifegrad“ anzuheben. Sie bringt die Motive, Werte und Ziele der MA auf ein höheres Level (vgl. Peters 2015, S. 55). Als „Handlungsmotor“ dienen nicht mehr finanzielle Anreize oder Lob, wie es bei der transaktionalen Führung war, sondern die Möglichkeit der Selbstverwirklichung und die Identifikation mit der von der FK vorgelebten Vision. Wenn es der FK gelingt, Vertrauen gegenüber den MA zu schaffen, ihnen mit Respekt und Wertschätzung gegenüber zu treten, sind die MA bereit, über das bisherige Maß hinaus, Leistung zu erbringen (vgl. Kauffeld 2011, S. 75).
Dabei lassen sich vier grundlegende Strategien des transformationalen Führens festmachen:
„Idealisierter Einfluss (Charisma): Die FK zeigt Überzeugung, betont Vertrauen, positioniert sich auch bei kritischen Themen und übernimmt die ethische Verantwortung.
Inspirierende Motivation: Die FK formuliert attraktive Zukunftsvisionen, betont die Bedeutung von bevorstehenden Aufgaben und zeigt sich optimistisch, engagiert und enthusiastisch.
Intellektuelle Stimulation: Die FK unterstützt ihre MA darin, eine kritische Haltung zum Status quo einzunehmen und belohnt neue, kreative Lösungsansätze und Inspirationen.
Individualisierte Beachtung: Die FK berücksichtigt die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten ihrer Untergebenen.“ (Kauffeld 2011, S. 75)
Gegenüber der transaktionalen Führung wirkt sich der transformationale Ansatz positiv auf die objektiven Leistungskriterien aus. Zufriedenheit, Vertrauen und Engagement der MA steigen. Die Arbeitsleistungen verbessern sich, was sich z.B. in höheren Verkaufszahlen und höherer Kundenzufriedenheit widerspiegelt. Transformationale Führung gilt laut Kauffeld (2001) als Erfolgsfaktor, v.a. in Zeiten, die von Unsicherheit und Veränderungen geprägt sind (vgl. Kauffeld 2011, S. 75 f.).
Die zwei oben genannten Führungsansätze stellen keine Gegensätze dar, sondern sind als sich ergänzende Komponenten anzusehen. FK können sowohl transaktionale als auch transformationale Ansätze in ihrer Führung aufweisen. Durch die Ergänzung des transaktionalen Stils mit transformationalen Komponenten erreicht man bei den MA eine höhere Motivation und dadurch eine Leistungssteigerung. Erst das Zusammenspiel beider Führungsstile führt zu Zusatzeffekten, welche sich in besseren Gesamtergebnissen äußern. MA erbringen die erwartete Leistung, motiviert durch die Belohnung, die ihnen in Aussicht gestellt wird. (Austauschprinzip der transaktionalen Führung). Tritt die FK den MA mit entsprechendem transformationalem Verhalten gegenüber, erhöhen diese dadurch ihr eigenes Anspruchsniveau und sind motiviert, mehr Leistung zu erbringen (vgl. Peters 2015, S. 57 f.). Abbildung 2 stellt die Inhalte, Konsequenzen und den Zusammenhang von transaktionaler und transformationaler Führung dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Inhalte und Grenzen der transaktionalen und transformationalen Führung
(Nerdinger et al. 2014, S.91)
3 Aktuelle Herausforderungen für Führung und Führungskräfte
Der Arbeits- und Führungsalltag in Unternehmen ist geprägt von kontinuierlichen Veränderungen. Komplexer werdende Aufgaben erfordern neue Teamstrukturen und ein neues Führungsverständnis. Führungsformen und Aufgaben der FK verändern sich. Ein anderes Rollenverständnis von Führung und moderne Führungsverfahren werden erforderlich für erfolgreiche Führung. Das Bild der Unternehmen wird durch Digitalisierung, agiles Arbeiten, neue Teamstrukturen und Projektarbeit bestimmt. Steigende internationale Verflechtung sorgt dafür, dass sich der Wettbewerb unter den Unternehmen verstärkt. Um mithalten zu können, ist es für Unternehmen wichtig, entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Die FK agiert hierbei als treibende Kraft im Change Management. Dabei spielen bereichsübergreifende Kommunikation und Zusammenarbeit sowie die Nutzung von Synergien in Teams eine große Rolle.
FK sind für das bedeutsamste Kapital im Unternehmen, den MA bzw. Menschen, verantwortlich. Hierarchien werden immer flacher und daraus ergibt sich eine breitere Führungsspanne. FK müssen ihre Aufgaben neu strukturieren und neue Führungsinstrumente einsetzen, um eine erfolgreiche Führung sicherzustellen. Kommunikation, Entwicklung und Motivation sind Aspekte, die für FK immer wichtiger werden, um die MA an das Unternehmen zu binden (vgl. Haufe Online Redaktion 2017c).
In den letzten Jahrzenten basierten die Führungstheorien auf einer zielgerichteten Steuerung von Organisationen. Die Vereinbarung von Zielen und deren Messbarkeit waren ausschlaggebende Faktoren für eine erfolgreiche Führung von Menschen und Organisationen. Das Konzept der zielgerichteten Führung verliert immer mehr an Bedeutung. Umstände, unter welchen Ziele vereinbart wurden, können sich täglich ändern. Dies hat zur Folge, dass die vereinbarten Ziele irrelevant werden. Die MA fordern mehr Freiraum in ihrem Handeln und wollen sich nicht an Ziele klammern, die nicht mehr der Realität entsprechen. Führung wird zunehmend als unsicher empfunden, wodurch das Vertrauen der MA in Führung zurückgeht.
Klassische Führungsansätze erweisen sich nach kritischen Auseinandersetzungen als unzeitgemäß, wodurch eine Lücke in Führungstheorie und –praxis entsteht. Daher stellt sich die Frage, wie man die Führungsaufgaben in Zukunft bewerkstelligen soll. Bisher war es so, dass die FK einen Weg vorgegeben haben und die MA gefolgt sind, weil sie Vertrauen in die FK hatten, dass diese sich besser auskennen als sie selbst. Faktoren, wie der demographische Wandel, die Globalisierung, die Individualisierung und v.a. die Digitalisierung, worauf in meiner Arbeit der Fokus liegt, verändern das bisherige Bild von Führung grundlegend (vgl. Gebhardt et al. 2015, S.4 f.).
Die Digitalisierung löst Marktfaktoren als wichtigste Treiber von Veränderungen in Unternehmen ab. Sie gilt derzeit als bedeutsamster Transformationstreiber in Unternehmen jeder Branche (vgl. Petry 2016, S. 21). Nach Cole (2017) besteht die Herausforderung für FK darin, zwischen „erhaltungswürdigem Traditionsbewusstsein und einem Festklammern an liebgewordenen, aber längst überholten Abläufen und Gewohnheiten“ unterscheiden zu lernen (Cole 2017, S. 15). FK müssen Neuem gegenüber offen sein, es akzeptieren und v.a. in die Unternehmensabläufe integrieren. Die Herausforderung ist hier der Zeitfaktor. FK müssen sich mit der Integration der Veränderungen beeilen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, da im digitalen Zeitalter die Uhren nach „Moore’s Law“ ticken. Gordon Moore, Gründer von Intel, stellte fest, dass sich die Leistungsfähigkeit digitaler Systeme alle 18 Monate verdoppelt. Dies hat ein exponentielles Wachstum der Digitalisierung zur Folge. Vielen FK geht dieser Wandel zu schnell und sie haben das Gefühl, nicht hinterherzukommen. Die Geschwindigkeit des Wandels lässt sich jedoch nicht beeinflussen und neue Entwicklungen lassen sich nicht aufhalten (vgl. Cole 2017, S.15 f.). Dem entgegen steht die organisatorische und individuelle Trägheit. Diese ist v.a. in mittelständischen und großen Unternehmen oft anzutreffen. Die Herausforderung besteht darin, diese Trägheit zu überwinden, digital ausgerichtete, unternehmerische Visionen zu entwickeln, Geschäftsmodelle zu überdenken, sowie mutig und optimistisch die Veränderungsprozesse anzupacken und proaktiv zu gestalten (vgl. Kreutzer et al. 2017, S. 1).
Die folgende Abbildung stellt abschließend zu diesem Kapitel den Vergleich von bisherigen und zukünftig geforderten Organisationsqualitäten dar. Verschiedenen Aspekten, die in Organisationen eine Rolle spielen, wie z.B. der Markt oder die Struktur, werden bisherige und zukünftige Merkmale zugeordnet. Der bisherige standortnahe Massenmarkt wird sich künftig zu globalen und volatilen Märkten wandeln und anstatt hierarchischer Ordnung wird sich die Struktur in Organisationen zu einem großen Netzwerk entwickeln (vgl. Gebhardt et al. 2015, S. 34).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Gegenüberstellung der Organisationsqualitäten im Kontext der Digitalisierung
(Gebhardt et al. 2015, S.34)
3.1 Megatrend Digitalisierung
Das Verständnis von Führung und FK in Unternehmen und Organisationen ist, wie oben bereits erläutert, einem kontinuierlichen Wandel ausgesetzt. Es muss immer wieder veränderten Rahmenbedingungen und neuen Entwicklungen angepasst werden, ähnlich wie Organisationsstrukturen und Geschäftsmodelle. Einer der stärksten Treiber dieser Veränderungen ist die Digitalisierung der Wirtschaft (vgl. Lorenz und Enke 2016, S. 8). Wie z.B. neue Technologien die Gesellschaft verändern, so beeinflusst die Digitalisierung auch die Wirtschaft (vgl. Crummenerl und Seebode Orsolya 2012, S. 2).
Zunächst ist dafür zu klären, was der Begriff der Digitalisierung eigentlich bedeutet. Nach Thomas Hess (2016) vom Institut für Wirtschaftsinformatik und neue Medien an der LMU in München kann Digitalisierung auf verschiedene Art und Weise interpretiert werden. Die technische Interpretation ist eine der am häufigsten verwendeten Definitionen. Danach bezeichnet Digitalisierung „einerseits die Überführung von Informationen von einer analogen in eine digitale Speicherform und andererseits […] die Übertragung von Aufgaben, die bisher vom Menschen übernommen wurden, auf den Computer.” (Hess 2016)
Neben der technischen Interpretation von Digitalisierung kann man bei der Erklärung des Begriffes auch zwischen Digitalisierung im Alltag und Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft unterscheiden. Ersteres meint die Digitalisierung eines Buches oder Dias. Die Digitalisierung der Wirtschaft und Gesellschaft hingegen beschreibt, in welcher Art und Weise sich die Menschen verändern, wenn die Welt um sie herum zunehmend digitalisiert wird und die digitale die analoge Technik nach und nach ersetzt. Beide Interpretationen weisen einen starken Zusammenhang auf. Wenn z.B. ein Buch digitalisiert wird, kann es leicht kopiert werden und somit fällt die alte Art und Weise, mit Büchern Geld zu verdienen, weg. Zugleich bedeutet die Digitalisierung eines Buches, dass man Wissen viel leichter und schneller an die Gesellschaft verteilen kann (vgl. Ebert).
Digitalisierung meint außerdem nach Axel Schröder „die zunehmende Durchdringung von Wirtschaft und Gesellschaft mit digitalen Technologien […].“ „Dabei wird das Verhalten der Individuen durch die Vernetzung verändert.“ (Schröder)
Die Digitalisierung weist verschiedenste Ausprägungen auf. Künstliche Intelligenz, Big Data, Cloud Computing, Internet of Things und Industrie 4.0 sind hierbei fünf der bedeutendsten, die sich im Zusammenhang mit der Digitalisierung entwickeln (vgl. Shahd 2017). Diese gelten, neben gesellschaftlichen Entwicklungen, zugleich als Treiber der Digitalisierung und sollen nachfolgend kurz erläutert werden.
1. Künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz kann als Teilgebiet der Informatik beschrieben werden, „welches versucht, menschliche Vorgehensweisen der Problemlösung auf Computern nachzubilden, um auf diesem Wege neue oder effizientere Aufgabenlösungen zu erreichen“. (Lämmel und Cleve 2012, S. 13) Künstliche Intelligenz hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Hohe Rechnerkapazitäten, die Verfügbarkeit von enorm großen Datenmengen und bessere Algorithmen haben dazu beigetragen, dass Maschinen heutzutage ausgereifte Fähigkeiten besitzen und die Digitalisierung dadurch große Fortschritte macht (vgl. Klug 2017).
2. Big Data
Die „3V“ Definition beschreibt sehr gut, worum es grundlegend bei dem Begriff „Big Data“ geht. Big Data sind Datenmengen, die erstens in sehr großen Mengen vorkommen bzw. produziert werden (Volume), zweitens mit hoher Geschwindigkeit generiert, ausgearbeitet und weiterverarbeitet werden (Velocity) und drittens die verschiedensten Datentypen und -quellen aufweisen (Variety) (vgl. Márquez und Lev 2016, S.91 f.; vgl. Salzig 2016). Durch die Gewinnung von neuen Informationen, die in kürzester Zeit einer großen Zahl an Nutzern zur Verfügung stehen müssen, werden, mithilfe von enorm großen Datenmengen aus den unterschiedlichsten Quellen, wirtschaftliche Erfolge erzielt (vgl. Salzig 2016).
3. Cloud Computing
Unter Cloud Computing versteht man, dass abstrahierte IT-Infrastrukturen, wie z.B. Datenspeicher, Rechenkapazität, Programmierumgebungen und fertige Software über ein Netzwerk zur Verfügung gestellt werden, wobei sie dynamisch an den jeweiligen Bedarf angepasst werden. Die dynamische Anpassung wird vorwiegend durch Bündelung der Infrastrukturdienstleistungen realisiert. Kern des Cloud-Konzeptes ist die Bereitstellung von Dienstleistungen in einer Kombination aus virtualisierten Rechenzentren, dem Einsatz moderner Web-Technologien und einer flächendeckenden Netzwerkinfrastruktur in den Industriestaaten. Zur Bereitstellung im laufenden Betrieb werden keine Mensch-Maschine-Interaktionen mehr gebraucht. (vgl. Metzger et al. 2011, S. 11 f.). Cloud Computing gilt als Basis für eine erfolgreiche Digitalisierung (vgl. Schinko 2017).
4. „Internet of Things“
Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags definiert das „Internet der Dinge“ als eine „technische Vision, Objekte jeder Art in ein universales digitales Netz zu integrieren“ (Lindner 2016). Alltagsgegenstände können hierbei mit einer eindeutigen Identität im Internet repräsentiert und gesteuert werden. Der Begriff ergibt sich aus der Verknüpfung der Welt der Dinge mit der Welt der Daten. Das Internet der Dinge ist allgegenwärtig (vgl. Lindner 2016). „Das Internet of Things bietet Unternehmen nicht nur neue Geschäftsfelder und Umsatzquellen, es ermöglicht ihnen letztlich, im digitalen Zeitalter zu überleben.“ (Wardenbach 2016)
5. Industrie 4.0
Der Begriff „Industrie 4.0“ beschreibt die Verknüpfung der Produktion mit modernsten Informations-und Kommunikationstechniken. Die Digitalisierung treibt diese Entwicklung rasant an. Sogenannte „intelligente Fabriken“ (Smart Factories) sind Kern der Industrie 4.0, der vierten industriellen Revolution. Digital vernetzte, intelligente Systeme, die eine selbstorganisierte Produktion ermöglichen, sind technologische Grundlagen für die „Smart Factories“. Es findet eine direkte Kommunikation und Kooperation zwischen Menschen, Maschinen, Anlagen und Produkten statt. Produktions- und Logistikprozesse zwischen Unternehmen im gleichen Produktionsprozess werden miteinander verknüpft. Dadurch entstehen intelligente Wertschöpfungsketten und zugleich eine effizientere und flexiblere Produktion (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Referat Öffentlichkeitsarbeit - Plattform Industrie 4.0 2017). Virtuelle und reale Welt wachsen zunehmend zusammen. Um dem Konsumenten Produkte, Dienstleistungen und Prozesse auf neue, innovative Art und Weise individuell und nach persönlichem Bedarf zur Verfügung stellen zu können, werden diese digitalisiert. Bis 2025 können in Deutschland allein durch die Industrie 4.0 Produktivitätssteigerungen in Höhe von 78 Milliarden Euro ermöglicht werden. Unternehmen sind daher herausgefordert, sich mit modernen Märkten und Arbeitswelten zu beschäftigen und somit ihre Geschäftsmodelle zu digitalisieren. Dieser Schritt ist nicht leicht für Unternehmen, da sich die neuen, innovativen, digitalen Geschäftsmodelle nur schwierig auf traditionelle, eher unflexible Geschäftsmodelle anwenden lassen (vgl. Crummenerl und Seebode Orsolya 2012, S. 2).
Die Digitalisierung ist somit eine der größten Herausforderungen, vor der Unternehmen heutzutage stehen. Sie sorgt dafür, dass Arbeitsprozesse und –beziehungen angekurbelt und verstärkt werden. Sie ermöglicht über Zeitzonen hinweg eine erfolgreiche Kommunikation zwischen FK und MA. Durch elektronische Medien werden größte Entfernungen leichter überbrückt. Es werden digitale Netzwerke gebildet, wodurch alle MA eng miteinander verbunden sind. Arbeitsstrukturen werden komplexer, aber zugleich durchschaubarer. Durch die Digitalisierung lösen sich Grenzen zwischen Kulturen, Ländern und sozialen Gruppen nach und nach auf (vgl. Remdisch 2016, S. 2). Digitalisierung ist allgegenwärtig. In der digitalen Welt werden Themen wie 3D-Druck, Industrie 4.0, künstliche Intelligenz, Cloud Computing, Big Data, Social Networking und universelle Konnektivität zu den meistdiskutiertesten Themen. Jede dieser Technologien beeinflusst uns in der Art, wie wir leben, kommunizieren, arbeiten und interagieren. Und sie verändern nicht nur Wertschöpfungsketten, Organisationsstrukturen und Geschäftsmodelle, sondern gesamte Unternehmen. Diesem Wandel ist jede Branche und jedes Unternehmen ausgesetzt. Entscheidend ist, dass es den Unternehmen gelingt, die digitale Transformation umzusetzen und somit am Markt zu „überleben“, denn die Digitalisierung macht vor niemandem Halt (vgl. Heads! Executive Consultancy und Deloitte Digital GmbH 2015, S. 2).
3.2 Auswirkungen der Digitalisierung auf Arbeitswelt und Führung
Die Digitalisierung zeigt gravierende Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Räumliche und zeitliche Arbeitsgestaltung werden flexibler (vgl. Buhr, S. 11). Dabei werden Themen wie ortsunabhängiges Arbeiten, Homeoffice, Vertrauensarbeitszeit und Gleitzeit immer relevanter (vgl. Haufe Online Redaktion 2017a). Damit könnte die Präsenzkultur in Betrieben aufgebrochen werden (vgl. Hans Böckler Stiftung, S. 5). Bereits im Jahr 2011 gaben 76% der Unternehmen in Deutschland an, eine flexible Art der Arbeitsgestaltung umzusetzen und ihren MA die Möglichkeit zu gewähren, den Arbeitsort und die Arbeitszeit flexibel wählen zu können (vgl. b-wise GmbH 2011). Dadurch steigern Unternehmen auch ihre Attraktivität als Arbeitgeber (vgl. Börkircher et al. 2016, S. 13). Durch die Digitalisierung wird diese Art der Arbeitsgestaltung immer mehr umgesetzt und auch immer häufiger von den MA nachgefragt und gefordert (vgl. b-wise GmbH 2011). Der physische Arbeitsplatz verschiebt seine Bedeutung zu einem sozialen Treffpunkt für zwischenmenschliche Interaktionen und Netzwerke (vgl. Schwarzmüller et al. 2017, S. 3). Die Mehrheit der Unternehmen vertritt die Meinung, dass eine flexible Arbeitsgestaltung die Produktivität und Motivation der MA fördert, da diese so ihr Privat- und Berufsleben besser miteinander vereinen können (vgl. b-wise GmbH 2011). Dies würde besonders Frauen entgegenkommen, da diese meistens die Hauptlast der Kindererziehung tragen. Aber auch für Männer ist eine flexible Arbeitsgestaltung vorteilhaft, da sie sich oft mehr Zeit mit der Familie wünschen. Die Art der flexiblen Arbeitsgestaltung birgt allerdings auch Gefahren. Es kann dazu führen, dass es für MA kaum noch ein Leben außerhalb der Arbeit gibt und sie sozusagen „always on“ sind. MA könnten sich dadurch verpflichtet fühlen, nach Feierabend oder sogar am Wochenende zu arbeiten. Dies kann mehr Druck und Belastung für die MA zur Folge haben (vgl. Hans Böckler Stiftung, S. 5). Außerdem haben FK durch flexible Arbeitsgestaltung deutlich weniger Kontrolle darüber, was und wann ihre MA arbeiten. Dabei besteht die Gefahr, dass MA die Situation zu ihren Gunsten ausnutzen.
Die Digitalisierung beeinflusst auch Arbeitsabläufe. Diese werden mit der Zeit immer mehr digitalisiert, automatisiert und dezentralisiert. Zugleich werden die Hierarchien immer flacher. Dadurch werden alle Arbeitsabläufe transparenter. Man spricht bei bestimmten Szenarien nicht mehr von Mensch oder Maschine, sondern längst von Mensch und Maschine. Es zeigt sich die Tendenz, den Maschinen immer größere Bedeutung zuzumessen. Die Digitalisierung sorgt dafür, dass Wissens- und Produktionsarbeit immer mehr „Eins“ werden. Dadurch können Arbeitsabläufe effizienter und effektiver gestaltet werden. Die Effizienz und Effektivität der Arbeitsprozesse wird zudem durch neue entlastende Assistenzsysteme begünstigt. Das bedeutet aber zugleich, dass Administrations- und Produktionsprozesse zunehmend automatisiert werden.
Im Rahmen einer Expertinnen- und Expertenbefragung zur Digitalisierung an der Technischen Universität in München wurden die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Wettbewerbssituation der Unternehmen untersucht: Das Wettbewerbsumfeld verändert sich, es kommen immer schneller neue Wettbewerber hinzu (vgl. Schwarzmüller et al. 2017). Um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es für Unternehmen wichtig, über den Tellerrand hinaus zu blicken. Das bedeutet, dass sie sich nicht nur auf digitale Technologien konzentrieren, sondern untersuchen, was sich aufgrund der Digitalisierung im Wettbewerbsumfeld verändert. FK müssen sich in einer Unternehmensumwelt beweisen, die geprägt ist vom exponentiellen Wachstum der Produktivität, technologischen Entwicklungen und Innovationen (vgl. Petry 2016, S.30).
Die Auswirkungen der Digitalisierung auf Geschäftsmodelle zeigt sich darin, dass „der Nutzen, für den ein Kunde bezahlt, auf Wegen bereitgestellt wird, die durch die Digitalisierung (erst) möglich geworden sind.“ (Sassenrath 2017) Erkennbar wird dies, wenn Unternehmen keine Produkte mehr anbieten, sondern Services. Ein Beispiel aus dem B2C Bereich hierfür wäre, wenn jemand einen Staubsauger braucht, aber nicht das Gerät persönlich besitzen möchte, sondern nur an der Reinigungswirkung interessiert ist. Das Geschäftsmodell sähe dann so aus, dass der Kunde z.B. die Betriebsstunden in Rechnung gestellt bekommt oder sogar die Menge des aufgenommenen Staubs, was durch modernste Technik bereits möglich ist, ohne das Gerät an sich kaufen zu müssen. Noch nie da gewesene Geschäftsmodelle entstehen. So besitzt z.B. die große Telefongesellschaft Skype keine eigene Telefoninfrastruktur mehr oder die bekanntesten „Media Owner“, wie Facebook oder Twitter, erstellen selbst keine Inhalte (Schwarzmüller et al. 2017). Daten sind hierbei die wichtigsten Ressourcen für Unternehmen, da sie die Basis für neue Geschäftsmodelle darstellen. Weitere Beispiele für digitale Geschäftsmodelle sind Google oder Apples Appstore. Die sogenannten Plattformmodelle bringen verschiedene Marktteilnehmer zusammen. Sogenannte „Sharing Economy“ Geschäftsmodelle, wie z.B. Airbnb oder BlaBla Car sind digitale Geschäftsmodelle. Auch hier werden die Besitzer mit den Nutzern verbunden. Durch die Digitalisierung findet ein fließender Übergang von digitalen Produkten zu digitalen Geschäftsmodellen statt (vgl. Sassenrath 2017).
Neben der Arbeitsgestaltung, den Wettbewerbsstrukturen und den Geschäftsmodellen ändern sich auch Wertschöpfungsketten innerhalb von Organisationen radikal im Zuge der Digitalisierung. So findet Wertschöpfung immer mehr in Netzwerken statt, die über Organisationen und Abteilungen hinaus reichen. Externe MA werden in den Wertschöpfungsprozess mit eingebunden. So werden hochqualifizierte Fachkräfte, je nach Bedarf, beauftragt und sogenannte „Clickworker“ ersetzen Festangestellte, indem sie ihre Aufgaben übernehmen. Es geht darum, neue Organisationskonzepte auszuarbeiten und Innovation im Bereich Produkte und Prozesse zu entwickeln. Um dies zu erreichen, werden teilweise auch Kunden mit in den Wertschöpfungsprozess integriert (vgl. Schwarzmüller et al. 2017). Mit intelligenten Wertschöpfungsketten, die alle Lebenszyklusphasen eines Produktes einschließen, kann besser als bisher auf individuelle Kundenwünsche eingegangen werden. Die maßgeschneiderte Produktion nach individuellen Kundenwünschen fällt den Unternehmen durch die zunehmende Digitalisierung nun leichter. Diese Art der Fertigung könnte der neue Standard für Unternehmen werden. Trotz individueller Fertigung ist Potenzial zur Kostensenkung vorhanden. Die Wertschöpfungskette kann dahingehend optimiert werden, dass Informationen in Echtzeit verfügbar sind, sodass z.B. rechtzeitig auf geringen Rohstoffbestand reagiert werden kann. Energie und Ressourcen können eingespart werden, indem Produktionsprozesse dementsprechend unternehmensübergreifend gesteuert werden (vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Referat Öffentlichkeitsarbeit - Plattform Industrie 4.0 2017).
Durch die wachsende Automatisierung von Prozessen ändern sich auch die Arbeitsinhalte. Ausführende Tätigkeiten werden weniger, während überwachende Tätigkeiten zunehmen. Routinearbeiten werden immer öfter durch Maschinen ersetzt. Kognitiv anspruchsvolle Tätigkeiten und Dienstleistungen hingegen nehmen zu. Diese Arbeiten erfordern komplexe zwischenmenschliche Interaktionen und führen zu steigenden Anforderungen an die MA. Flexibilität, Agilität, die Bereitschaft sich stetig weiterzubilden und eine positive Einstellung gegenüber Neuem werden immer häufiger beim MA vorausgesetzt. (vgl. Schwarzmüller et al. 2017).
Aufgrund der steigenden Automatisierung der Arbeitsprozesse befürchtet ein Großteil der Gesellschaft den Wegfall vieler Arbeitsplätze. Nach Wissenschaftlern des ZEW und der Universität Utrecht, ist allerdings die Nachfrage nach Arbeitskräften, aufgrund der erhöhten Produktivität auch angestiegen, wodurch langfristig mehr Jobs entstehen, als wegfallen (vgl. Hans Böckler Stiftung, S. 4). Diese untersuchten die Auswirkungen des technologischen Wandels auf die Arbeitsnachfrage in 200 Regionen der EU, zwischen 1999 und 2010, und stellten fest, dass die Angst vor umfangreicher Arbeitslosigkeit durch die Digitalisierung oder genauer gesagt, durch den technologischen Wandel übertrieben sei, jedoch hänge die Höhe der Arbeitsnachfrage stark davon ab, wofür die Gewinne aus der gestiegenen Produktivität verwendet werden, meinen die Autoren (vgl. Hans Böckler Stiftung, S. 4). Welche Auswirkungen die Digitalisierung wirklich auf den Wegfall von Arbeitsstellen und die Entstehung neuer Arbeitsplätze hat, wird kontrovers diskutiert. Eine Untersuchung des Weltwirtschaftsforums in Davos ergibt, dass weltweit gesehen durch die Digitalisierung 7,1 Millionen Arbeitsplätze wegfallen, während nur 2,1 Millionen neue Arbeitsstellen entstehen. Eine Studie an der Universität in Oxford kam 2013 zu dem Ergebnis, dass in den USA 47% aller Arbeitsstellen gefährdet seien. Häufig werden auch sogenannte „Gewinner“ und „Verlierer“ der Digitalisierung identifiziert. So hat z.B. die Unternehmensberatung PwC festgestellt, dass in Branchen wie Transport, Logistik und Handel, der Bedarf an Arbeitskräften zurückgeht, während jedoch in den Branchen Medien, Technologie und Telekommunikation, die Nachfrage nach Arbeitskräften um ganze 11% steigen wird. Besonders für Hochschulabsolventen wird es laut der PwC-Studie bis 2030 mehr Arbeitsplätze geben. Bis dahin sollen zwei Millionen Akademiker mehr gebraucht werden, jedoch nicht ausschließlich, in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Britta Matthes, IAB-Forscherin, ist der Meinung, dass durch die Digitalisierung unzählige Arbeitsplätze nicht einfach so wegfallen würden. Durch wirtschaftliche Revolutionen wie die Digitalisierung würden sich Berufe vielmehr verändern, wie sich dies auch an historischen Beispielen wie der Industrialisierung aufzeigen lasse. (vgl. WeltN24 GmbH 2016).
[...]
[1] Neben Hintz‘ Beschreibung der Führungsaufgaben im Führungskreislauf existieren zahlreiche Erläuterungen zu Führungsaufgaben von anderen Autoren. Diese Arbeit konzentriert sich auf Hintz‘ Darstellung, da dieser die Führungsaufgaben in Form eines Führungskreislaufs sehr anschaulich erklärt.
[2] Bei der Differenzierung der Begriffe „Management“ und „Leadership“ beziehen sich die meisten Quellen bzw. Autoren auf die Unterscheidung von John P. Kotter aus dem Jahr 1990. Daher erfolgt auch in dieser Arbeit die Begriffsabgrenzung nach Kotter.
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- Lena Weinhut (Author), 2018, Digital Leadership. Anforderungen an die moderne Führungskraft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/432051
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