Komprimiertes Wohnen. Das Wohnhochhaus

Aktuelle Diskussionen und Stand der Forschung


Studienarbeit, 2018

41 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


1.
2.
2.1
2.1.1
2.2
2.3
2.3.1
2.3.2
2.4
2.4.1
3.
3.1
3.2
3.3
4.
I.
II.
III.
3
5
5
7
10
14
14
18
20
21
26
26
27
30
32
34
35
38
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Aktuelle Diskussionen
Umgang mit Bestand
Beispiel Weiße Riesen - Abriss oder Sanierung?
Problem Brandschutz
Soziale Aspekte
Lösung für die Wohnungsnot? Pro und Contra des
Wohnhochhauses
Sozialbau gegenüber Luxussegment
Forderungen an das moderne Wohnhochhaus
Gebaute Beispiele
Forschungsstand
Was bringt uns der Seeigelstachel für die Zukunft?
Holzhochhäuser
Zukunftsutopien
Fazit
Literatur
Quellen
Abbildungsverzeichnis

2
Kapitel 01
Abb. 1, Visualisierung, Skyline Frankfurt mit dem Grand Tower im Vordergrund, Magnus Kaminiarz & Cie. Architektur

3
1. Einleitung
Die Skyline einer Stadt prägt nicht nur das Bild, dass die Be-
wohner täglich sehen, sondern auch das der Besucher, die das
Panorama schon aus der Ferne bestaunen können. Doch dieses
einzigartige Bild wäre ohne hohe Bauten wie vor allem Hoch-
häuser wenig spannend und schon gar nicht prägend.
Das Wohnhochhaus ist jedoch kein modernes Phänomen. Im
antiken Jemen entwickelten sich bereits Städte, deren Häuser
bis zu zehn Geschosse aufwiesen und damit alle anderen Bau-
ten überragten.
Das zeitgenössische Wohnhochhaus hat seine Wurzeln da-
gegen in der Moderne und fand nach dem zweiten Weltkrieg
Anwendung auf internationaler Ebene, vor allem aber ameri-
kanische Großstädte sind bekannt für ihre Bauten welche alle
Kirchtürme, die vorher das Maß der Bauten waren, überragten
und in den Schatten stellten.
1
Wohnhochhäuser zeichneten sich oft als Komplexe an den
Stadträndern aus. In der westlichen Welt wurden sie aber vor-
wiegend mit dem sozialen Abstieg und anonymer Lebensweise
in Verbindung gebracht.
2
Denn insbesondere die immer wieder-
kehrenden Wohnkomplexe, welche keinerlei Individualität aus-
strahlen, entwickelten sich oft zu Ghettos mit wenig sozialem
Austausch zur Nachbarschaft.
Dabei können Hochhäuser, wie bereits beschrieben, die Stadt
in der sie stehen stark beeinflussen. »Hochhäuser prägen ei-
nen Ort sozial durch die Konzentration von bestimmten Gesell-
schaftsschichten, sie können eine Botschaft vermitteln, Stan-
dards setzen und ein Stadtbild prägender Identifikation- und
Orientierungspunkt sein.«
3
Sie sollten also auch als Chance ge-
sehen werden.
Wahrscheinlich erlebte aus diesem Grund das Wohnhochhaus
in den letzten Jahren ein Revival.
Durch die Landflucht und die attraktiven städtischen Lebens-
formen sollen sie nun die Antwort auf die seit Jahren anhalten-
den und immer massiver werdenden Wohnungsnot vor allem in
Großstädten bilden.
4
1 Vgl. Junker, 2008, S. 108.
2 Ebd.
3 Ebd., S. 101.
4 Vgl. Czychell, 2015.

Kapitel
4
Kapitel 01/02
Zwischen 2010 und 2015 sind in Deutschland etwa 2500 Woh-
nungen in Hochhäusern gebaut wurden
5
, 2018 sollen aber be-
reits 9000 Hochhauswohnungen in den sieben größten deut-
schen Städten entstehen.
6
97 neue Türme sollen bis 2022 gebaut werden, alleine davon 24
in Frankfurt.
7
Das sind knapp ein Viertel der dort geplanten Neu-
bauten. Der aktuell gebaute Grand Tower (Abb. 1) soll mit sei-
nen 172 Metern und 48 Stockwerken das höchste Wohnhoch-
haus Deutschlands werden. »In Deutschland gelten Gebäude
als Hochhäuser, wenn der Fußboden des obersten Stockwerks
mindestens 22 Meter über der Geländeoberfläche liegt.«
8
Doch auch Prestige sollen die zukünftigen Bauten bringen, denn
spricht man heute von einem Hochhaus, so meint man nicht
mehr die etwas verstaubten Bauten aus den 70er Jahren, son-
dern moderne Gebäudekomplexe, mit welchen sich die städti-
sche Umgebung gerne identifizieren will. Die Wohntürme sind
mit jeglichem Angeboten für eine angenehme Freizeitgestaltung
ausgestattet.
9
Sprechen also die immer geringer werdenden Bauflächen oder
die Imagevorteile des jeweiligen Standorts für den aktuellen
Hochhausboom?
Oft gilt das Leben im Hochhaus trotz allem Komfort noch als
sehr anonym und unpersönlich.
»Hochhäuser sind nach wie vor die unbeliebteste Wohnform
[...]«, sagt etwa Armin Henschel, Direktor des Potsdamer Ins-
tituts für soziale Stadtentwicklung (IFSS), »[...] dabei war das
Wohnen im Hochhaus in Deutschland einmal schick, in den 60er
und 70er Jahren ­ doch die Wohntürme von damals sind heute
fast überall zu sozialen Brennpunkten verkommen.«
10
.
Hochhäuser bilden wie dargelegt oft die Grundlage für aktuelle
Diskussionen auf verschiedenen Ebenen, wie stadträumlichen
Einbettung, Wohnqualität und Wohnkultur, aber auch soziale
und ökonomische Nachhaltigkeit des komprimierten Wohnen.
Diese sollen in der folgenden Arbeit nun dargelegt und analy-
siert werden. Aber auch der Forschungsstand und die zukünfti-
ge Entwicklung der Bauten werden erörtert.
5 Vgl. Geipel, 2017.
6 Vgl. Ochs, 2017.
7 Vgl. Harnack/Holl, 2017.
8 Vgl. Bobka, 2017.
9 Vgl. Bobka, 2017.
10 Vgl. Wolf, 2009.

5
2. Aktuelle Diskussionen
2.1 Umgang mit Bestand
Beginnt man sich mit dem Thema Wohnhochhäuser auseinan-
der zu setzen, so stößt man unter anderem auf die Wohnblöcke
der 60er und 70er Jahre.
Waren diese noch vor einigen Jahren sehr moderne Bauten,
meist an den Randgebieten der Stadt, so denkt man heute oft
an Gebäudekomplexe, welche sich zu anonymen und verstaub-
ten sozialen Brennpunkten entwickelt haben.
11
In diesen kann
sich ein Großteil der Gesellschaft nicht vorstellen zu wohnen.
Vor allem betrifft das Senioren, Alleinerziehende oder Familien,
die besonders unter der Wohnungsnot leiden und sich Besse-
rung diesbezüglich wünschen, aber kein Hochhaus beziehen
wollen.
Vollkommen verständlich ist also, dass diese Riesen und der
Umgang mit ihnen besonders im Fokus der Diskussion stehen.
Vorherrschend wird über zwei Möglichkeiten debattiert: Abriss
versus aufwändige Instandsetzung.
12
Die Städte haben sich im Laufe der Zeit verändert und so auch
das Leitbild des Städtebaus. Während früher das Hauptaugen-
merk mehr auf Großbauten mit Büros, Einkaufszentren und Ver-
kehrsknotenpunkten lag, so empfindet man aus heutiger Sicht
eine kleinteilige, durchmischte und maßgeblich nachhaltige
Stadt als geeignetes Leitbild. Diesem scheinen meistens die äl-
teren Großstrukturen im Wege zu stehen, da sie vor allem die
Stadt in zentraler Lage prägen.
13
So gibt es heute unzählige Entwurfsideen für Neubauten, bevor
überhaupt Gespräche über Sanierungen geführt werden.
14
Wichtig ist nun zu verstehen, dass die Nachverdichtung bezie-
hungsweise ein Neubau für die Bewohner und die Nachbar-
schaft des jeweiligen Komplexes einen deutlichen Mehrwert
bieten müssen.
11 Vgl. Czycholl, 2015.
12 Vgl. Escher, 2015, S. 4.
13 Ebd.
14 Vgl. Gonçalves/Mülfarth, 2008.

Kapitel
6
Kapitel 02
Werden bei der Nachverdichtung der Gebäudekomplexe aus
den 60er und 70er Jahren beispielsweise Parkflächen überbaut,
so muss nicht nur ein gerechter Austausch stattfinden, sondern
die Hochhäuser sollten städtebaulich durch etwas aufwerten-
des ergänzt werden.
15
»Das gilt insbesondere für den öffentli-
chen Raum und seine Programmierung. Und es fordert eine ge-
meinsame Verantwortung der Wohnungsbaugesellschaften und
der Städte, aber auch der privaten Halter ein.«
16
Dennoch muss verstanden werden, dass gerade diese alten,
oft unliebsam gewordenen Bauten der früheren Jahre eine Ge-
schichte der Entstehung und Weiterentwicklung der Hochhäu-
ser zeigen.
Deshalb müsse vielleicht sogar darüber diskutiert werden, ob
diese eine Art Denkmal für die städtebauliche Geschichte dar-
stellen sollte.
17
So müsste man die Hochhausensembles der 60er und 70er
Jahre eventuell sogar in vereinzelten Fällen schützen, weiter
planen oder wie bereits beschrieben städtebaulich sinnvoll er-
gänzen und somit aufwerten.
Denn nicht alles Vergangene und Unmoderne sollte als negativ
oder irreparabel gesehen werden. Diese Zeitzeugen der bauli-
chen Geschichte können sich mit bereits genannten Methoden
sogar wieder glanzvoll in das Stadtbild einfügen.
Dem entgegen steht aber der immense Kostenaufwand, der für
die Weiterentwicklung der in die Jahre gekommenen Grundrisse
aufgebracht werden müsste. So müsste der Aufbau und Kontext
der Hochhäuser neu aufgearbeitet werden, dessen kleinteilige,
anonyme Struktur dazu geführt hat, dass das Wohnhochhaus
nun mit solchen Imageproblemen zu kämpfen hat.
Ein weiterer Gedanke beim Umgang mit dem Bestand ist die
Umnutzung mieterloser Büroräume, wie es gerade in München
und Düsseldorf gern praktiziert wird.
Da es bei einem Abriss baurechtlich und brandschutztechnisch
nicht möglich gewesen wäre, wieder ein Gebäude mit gleicher
Höhe zu bauen, sorgt der Bestandschutz nun dafür, dass die
leerstehenden Büroräume für neuen Wohnraum in der Stadt
sorgen.
18
15 Vgl. Kaipel, 2017, S.21.
16 Ebd.
17 Vgl. Escher, 2017, S.1.
18 Vgl. Schulze, 2015.

7
Ohne Frage ist die Effizienz eines solchen Umbaus immer kri-
tisch zu hinterfragen, dennoch sollte vor jeder Neuplanung
versucht werden, sich mit dem vorhandenen Bestand zu be-
schäftigen und etwas von diesem zu erhalten. Denn einige sehr
charakteristische Zeugen aus früheren Zeiten zu wahren und für
die Zukunft zu erhalten sollte ein Ansporn für Planer und aus-
führende Kräfte sein.
2.1.2 Beispiel Weiße Riesen - Abriss oder Sanierung?
Ein Beispiel für solch eine aktuelle Diskussion beinhalten sechs
Hochhäuser mit insgesamt 1440 Wohnungen und jeweils 20
Stockwerken, die Großwohnsiedlung Weiße Riesen in Duisburg.
Erbaut wurden sie 1969 bis 1973 von den Architekten Suter+Su-
ter aus Lörrach. (Abb. 2+3)
Durch mangelnde Erhaltungsmaßnahmen und Pflege des Um-
felds wurden die Riesen zu einem Ärgernis der Anwohner.
19
Die
verfallenden und teilweise leerstehenden Wohnkomplexe glei-
chen inzwischen eher einem Hort für Müll und Ratten anstatt
einer innovativen Wohnidee.
20
Sie sind nicht mehr innovativ und
nutzbar und werden, wie die deutlich sinkenden Mieterzahlen
zeigen, weniger oder teilweise gar nicht mehr bewohnt und vor
allem nicht mehr gepflegt.
Doch durch Teilprivatisierungen wurden koordinierte Instand-
haltungen oder Abrisse erschwert oder sogar verhindert, »erst
nach jahrelangem Ringen und Kämpfen kann ein Hochhaus
dann also überhaupt abgerissen werden«
21
.
So auch bei den Weißen Riesen: Bei der Jahrestagung 2015
der Fachgruppe Städtebauliche Denkmalpflege wurde die Zu-
kunftsfrage der Gebäudekomplexe diskutiert und sich auf eine
gründliche Untersuchung mit allen Beteiligten in Form von ver-
schiedenen Veranstaltungsreihen und Vor-Ort-Besichtigungen
geeinigt.
22
Man versuchte die ursprüngliche Konzeption der Bauten zu ver-
stehen und zu hinterfragen und bewertete die kritisierten Punk-
te an ihnen.
19 Vgl. Escher, 2015, S. 4.
20 Vgl. Lamm/Reichwein, 2016.
21 Escher, 2015, S. 6.
22 Vgl. Escher, 2015, S. 7.

Kapitel
8
Kapitel 02
Die negativen Stimmen beziehen sich aber meistens nicht auf
die architektonische Qualität oder den städtebaulichen Kontext
der Gebäudekomplexe, sondern auf Argumente der Anwohner
und Bewohner. Diese Aussagen beziehen sich meistens darauf,
dass die Bauten unbrauchbar und die Erhaltung zu teuer sei.
23
Dabei sollte man insbesondere die Qualität und die Zukunft-
schancen des Bestandes analysieren und im architektonischen
Entwurf weiterdenken. Die Wohnungen der Weißen Riesen sind
ursprünglich sehr modern und wohnlich geplant, aber zuneh-
mend negativ behaftet durch den Verlust an Qualität. Parallel
dazu wurde der Name Weißen Riesen stigmatisiert.
Man entschied sich letztendlich dazu zwei teilweise leerstehen-
den Riesen zu renovieren und die anderen Beiden abzureisen.
Bei einem der Türme wurde dies bereits vollzogen um genü-
gend Fläche für das Neubauprojekt Central Park Hochheide zu
haben.
Zwei der noch stehenden Riesen mit insgesamt 312 Wohnungen
sind bewohnt und wurden parallel saniert.
24
Hier wurde also versucht auf die jeweiligen Probleme einzuge-
hen, mit dem Bestand zu arbeiten und bei ineffizienter Sanie-
rung den Weg eines Abrisses zu vollziehen und somit auf die
Bedürfnisse der Bewohner einzugehen und ein belebtes Gebiet
zu schaffen und es zu revitalisieren.
23 Vgl. Escher, 2015, S. 7.
24 Vgl. Lamm/Reichwein, 2016.
Ende der Leseprobe aus 41 Seiten

Details

Titel
Komprimiertes Wohnen. Das Wohnhochhaus
Untertitel
Aktuelle Diskussionen und Stand der Forschung
Hochschule
Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung Konstanz
Note
1,0
Autoren
Jahr
2018
Seiten
41
Katalognummer
V429953
ISBN (eBook)
9783668743939
ISBN (Buch)
9783668743946
Dateigröße
4808 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
komprimiertes, wohnen, wohnhochhaus, aktuelle, diskussionen, stand, forschung
Arbeit zitieren
Carla Weiland (Autor:in)Stella Kappeler (Autor:in), 2018, Komprimiertes Wohnen. Das Wohnhochhaus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/429953

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Komprimiertes Wohnen. Das Wohnhochhaus



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden