In der wissenschaftlichen sowie populärwissenschaftlichen Diskussion ist immer häufiger die Rede vom Übergang der Industriegesellschaft in eine Wissensgesellschaft. Es wird von einem neuen “Zeitalter” gesprochen, in dem das “Wissenskapitel” als wichtigster Produktionsfaktor einer Unternehmung gilt. 1 Sieht man sich daraufhin die traditionellen Produktionsfaktoren nach Gutenberg 2 an, so muß man feststellen, daß “Wissen” gar kein “produktiver Faktor” ist. Was also ist “Wissen”, und kann man es durch eine geeignete Konzeption eventuell doch als Produktionsfaktor bezeichnen? Was macht die plötzliche Bedeutsamkeit von “Wissen” aus und welche Konzepte gibt es, um das Wissen in Bezug zur Organisation zu stellen? Der Technologie dagegen wurde nicht erst im letzten Jahrzehnt große Bedeutung im Rahmen der Organisationstheorie beigemessen. Doch obwohl man sich schon lange mit dem Faktor “Technologie” auseinandergesetzt hat, gibt es noch keinen tragenden Konsens über seine genaue Rolle und Bedeutsamkeit - ja nicht einmal über die Definition von Technologie. In einem allgemeinen Verständnis ist es jedoch nicht schwer, sie in das System der Produktionsfaktoren als ein sog. Betriebsmittel 3 einordnen. Ob das ausreicht und auf welche Weise verschiedene Ansätze mit dem Konstrukt “Technologie” umgehen, soll hier zu Beginn herausgearbeitet werden. Auf das Zusammenspiel und eine mögliche Verknüpfung beider Faktoren möchte ich nach jeweiliger Darstellung verschiedener Wissens-und Technologie -Konzeptionen eingehen. Ich versuche dabei, bezogen auf die jeweiligen Konzepte, herauszustellen, welche Rolle das Wissen in der Technologie spielt und was für eine Bedeutung Technologien im Bereich des Wissens, insbesondere des Wissens einer Organisation, haben.
Um die Wechselbeziehungen zwischen den beiden Kräften deutlich zu machen, werde ich am Ende der be iden Hauptkapitel zu den Themen Technologie und Wissen eine Zusammenfassung der verbindenden Elemente geben, bevor ich die genannten Argumente in einer Übersicht zum Schluß der Arbeit noch einmal zusammenfassen werde. Um ein möglichst breites Bild vorhandener Technologie - und Wissens-Konzeptionen zu vergleichen, stammen die gewählten Begriffserklärungen aus verschiedensten theoretischen Ansätzen. Da die Fülle der Untersuchungen, welche ein eigenes Technologie- oder Wissensverständnis zu Grunde gelegt haben jedoch enorm ist, habe ich eine Auswahl treffen müssen. [...]
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Der Wandel des Technologie-Verständnisses
1 Technologie als Fertigungstechnologie
1. a Fertigungstechnologie – Wissen
2 Technologie als Varietät der Produktionsaufgabe
2. a Varietät der Produktionsaufgabe – Wissen
3 Technologie als kognitives Konzept
3. a Transformationsmethode – Wissen
4 Technologie als Problemlösungsmechanismus
4. a Problemlösungsmechanismus – Wissen
5 Wissensrollen in der Technologie
Tab. 1: “Wissensrollen in der Technologie”
III. Die Bedeutung des Wissens für Organisationen
1 Wissen und Information
1. a Wissen als Prozeß – Technologie
2 Organisatorisches Wissen
2. a Organisatorisches Wissen – Technologie
3 Der Wissensentstehungsprozeß und das Organisatorische Lernen
3. a Wissensentstehung – Technologie
4 Wissensmanagement
4. a Wissensinfrastruktur – Technologie
5 Technologien im Wissen
IV. Zusammengefaßte Erkenntnisse
Abb.1: “Zusammenhang zwischen Wissen und
Technologie”
Literaturverzeichnis
I. Einleitung
In der wissenschaftlichen sowie populärwissenschaftlichen Diskussion ist immer häufiger die Rede vom Übergang der Industriegesellschaft in eine Wissensgesellschaft. Es wird von einem neuen “Zeitalter” gesprochen, in dem das “Wissenskapitel” als wichtigster Produktionsfaktor einer Unternehmung gilt.[1] Sieht man sich daraufhin die traditionellen Produktionsfaktoren nach Gutenberg[2] an, so muß man feststellen, daß “Wissen” gar kein “produktiver Faktor” ist. Was also ist “Wissen”, und kann man es durch eine geeignete Konzeption eventuell doch als Produktionsfaktor bezeichnen? Was macht die plötzliche Bedeutsamkeit von “Wissen” aus und welche Konzepte gibt es, um das Wissen in Bezug zur Organisation zu stellen?
Der Technologie dagegen wurde nicht erst im letzten Jahrzehnt große Bedeutung im Rahmen der Organisationstheorie beigemessen. Doch obwohl man sich schon lange mit dem Faktor “Technologie” auseinandergesetzt hat, gibt es noch keinen tragenden Konsens über seine genaue Rolle und Bedeutsamkeit – ja nicht einmal über die Definition von Technologie. In einem allgemeinen Verständnis ist es jedoch nicht schwer, sie in das System der Produktionsfaktoren als ein sog. Betriebsmittel[3] einordnen. Ob das ausreicht und auf welche Weise verschiedene Ansätze mit dem Konstrukt “Technologie” umgehen, soll hier zu Beginn herausgearbeitet werden.
Auf das Zusammenspiel und eine mögliche Verknüpfung beider Faktoren möchte ich nach jeweiliger Darstellung verschiedener Wissens- und Technologie-Konzeptionen eingehen. Ich versuche dabei, bezogen auf die jeweiligen Konzepte, herauszustellen, welche Rolle das Wissen in der Technologie spielt und was für eine Bedeutung Technologien im Bereich des Wissens, insbesondere des Wissens einer Organisation, haben.
Um die Wechselbeziehungen zwischen den beiden Kräften deutlich zu machen, werde ich am Ende der beiden Hauptkapitel zu den Themen Technologie und Wissen eine Zusammenfassung der verbindenden Elemente geben, bevor ich die genannten Argumente in einer Übersicht zum Schluß der Arbeit noch einmal zusammenfassen werde.
Um ein möglichst breites Bild vorhandener Technologie- und Wissens-Konzeptionen zu vergleichen, stammen die gewählten Begriffserklärungen aus verschiedensten theoretischen Ansätzen. Da die Fülle der Untersuchungen, welche ein eigenes Technologie- oder Wissensverständnis zu Grunde gelegt haben jedoch enorm ist, habe ich eine Auswahl treffen müssen. Das Spektrum der Konzepte kann hier also nur ansatzweise wiedergegeben werden.
Bei der verwendeten Literatur ist zu berücksichtigen, daß die Beschäftigung mit dem Phänomen “Wissen” ein noch junger Forschungsbereich ist und die Literatur zu diesem Thema daher ausschließlich aktuelleren Datums ist. Die Ansätze, die sich mit Technologien in der Organisation beschäftigen, reichen dagegen historisch viel weiter zurück, was auch in der Auswahl der Literatur deutlich wird.
II. Der Wandel des Technologie-Verständnisses
Um sich dem Zusammenhang zwischen Technologie und Wissen zu nähern, müssen zunächst verschiedene Konzeptionen von Technologie, die einen untrschiedlichen Bedeutungsgehalt aufweisen, beleuchtet werden. Dazu werde ich die folgenden vier Basiskonzeptionen von Technologie erläutern und sie durch Definitionen unterschiedlicher Autoren belegen.:
1. Technologie als Fertigungstechnologie
2. Technologie als Varietät der Produktionsaufgabe
3. Technologie als Transformationsmethode
4. Technologie als Problemlösungsmechanismus
Bei den ersten drei Konzepten zur Technologie habe ich mich auf Begriffserklärungen bezogen, die sich innerhalb der kontingenztheoretischen Ansätze bewegen. Technologie wurde in diesen Modellen schon in den 60er Jahren zu ihrem Einfluß auf die Struktur der Organisation untersucht. Das jeweils zu Grunde gelegte Technologie-Verständnis werde ich hier kurz skizzieren. Der neuere Ansatz zur Technologie stammt aus der Forschung zum organisatorischen Wandel.
Nach jeweiliger Begriffserklärung sollen inhaltliche Bezüge zum Thema Wissen hergestellt werden, wobei ich “Wissen” hier zunächst als “Kenntnis” (Duden: “das Wissen von etwas; das Bekanntsein mit bestimmten Fakten o.ä.”[4]) verstehe. Die herausgefundenen Beziehungen sollen danach in einer Tabelle zusammengestellt werden, wobei ich von den unterschiedlichen Rollen die Wissen in der Technologie haben kann, ausgehen möchte. Es sollen folgende Bezüge untersucht werden:
1) Wissen über den Umgang mit Technologie
2) Wissen zur Technologieentstehung
3) Wissensentstehung durch Technologie
4) Wissen als Technologie
5) Wissensübertragung durch Technologie
II. 1 Technologie als Fertigungstechnologie
Diese Konzeption deckt sich mit dem umgangssprachlichen, nicht-wissenschaftlichen Verständnis vom Begriff “Technologie”, das auch in der klassischen BWL Anwendung fand. Diesem Konzept zufolge entspricht Technologie der technischen Ausrüstung eines Betriebes zur Produktion von Gütern. Der Begriff “Technologie” ist also dem der Fertigungstechnologie gleichzusetzten.
Auch in der Definition nach Duden bleibt sein Verständnis auf dem Industriebetrieb beschränkt. Technologie ist hier die “Gesamtheit der Kenntnisse, Fähigkeiten und Möglichkeiten auf dem Gebiet der Produktionstechnik”.[5] Die “Kenntnisse”, also das Wissen um die Produktionstechnik, fliessen hier jedoch mit ein.
Auch J. Woodward setzte in ihren ursprünglichen Untersuchungen zur Abhängigkeit der Organisationsstruktur von der Technologie den traditionellen Technologiebegriff implizit voraus.[6] Ganz im Sinne der kontingenztheoretischen Ansätze sah sie Technologie als exogene, unabhängige Kraft. Sie unterteilt diese Fertigungstechnologien weiter nach dem unterschiedlichen Grad technologischer Komplexität, d.h. auch “Beherrschbarkeit” des Produktionsprozesses, in Einzel- und Kleinserien, Groß- und Massenfertigung sowie Prozeßfertigung. Woodward betrachtet Technologie also als reine Fertigungssysteme oder “production hardware”.[7] Ihr Ansatz ist ganz auf die maschinelle Ausrüstung hin konzipiert und geht immer von einer Gesamttechnologie in einem Industriebetrieb aus. Differenzierungen innerhalb einer Organisation bleiben unberücksichtigt, nicht-industrielle Firmen ebenfalls. Weiterhin fokussiert dieses Konzept auf die rein technische Produktionsausrüstung, ohne sich mit der Art des zu bearbeitenden Materials und Produktes, sowie mit dem spezifischen Wissen über die Produktherstellung auseinanderzusetzen. Der (ursprüngliche) Technologie-Begriff von Woodward ist also von seiner Konzeption her sehr eng und oberflächlich.[8]
II. 1. a Fertigungstechnologie – Wissen
Betrachtet man die rein technische Ausrüstung einer Organisation, so steckt Wissen zwar implizit in der maschinellen Technik, muß jedoch zur Konzeption “dazugedacht” werden. Die Herstellung dieser Fertigungstechnologie in einem vorhergehenden Schritt erfordert ebenso Wissen, wie Kenntnisse im Umgang mit der Technologie nötig sind, um sie im Produktionsprozeß einzusetzen. Geht man vom Begriff “knowledge technology” aus, so ist nur Letzteres, also die Anwendung der Technologie für die Organisation relevant.
In der Definition von Duden spielt Wissen eine direktere Rolle, denn “Kenntnisse” über die Produktionstechnik sind Wissen und “Fähigkeiten” über sie setzen Wissen voraus.
Wenn Woodward den unterschiedlichen Grad technologischer Komplexität der Fertigungstechnologien unterscheidet, so entspricht dies tendentiell auch unterschiedlich ausgeprägtem Produktionswissen der einzelnen Mitarbeiter. Ist die “Beherrschbarkeit” gering (z.B. bei der Einzelfertigung), so ist viel mehr Zusatzwissen notwendig, als bei sich immer wiederholenden Produktionssequenzen (der Prozeßfertigung).
Auch wenn sich dieses Technologie-Modell nicht direkt mit dem Wissen über die Leistungserstellung auseinandersetzt, so enthält die Fertigungstechnologie doch Wissenselemente.
II. 2 Technologie als Varietät der Produktionsaufgabe
Im Zuge weiterer Untersuchungen zum Einfluß der Technologie (dieses Mal auf das Kontrollsystem) überarbeiteten Woodward und Rackham den alten Technologie-Begriff. Sie schlossen jetzt neben dem Ausrüstungskomplex (“hardware”) auch die Kenntnisse zur Planung und Steuerung des Fertigungsprozesses und damit indirekt ebenfalls die Art des Materials und Produktes mit ein.
Dieses Konzept fokussiert auf die Vergleichbarkeit der Produktionssequenzen und auf Unabwägbarkeiten innerhalb des Prozesses, wodurch Technologie durch die Faktoren Kontinuität bzw. Ausnahmen im Fertigungsfluß gemessen werden kann. Dies bezieht sich weniger auf Störfälle, als vielmehr auf die Natur des Produktionsablaufs.
II. 2. a Varietät der Produktionsaufgabe – Wissen
Das überarbeitete Technologie-Konzept von Woodward schließt auch das Wissen über die genutzte Technologie in Form von Kenntnissen zur Planung und Steuerung des Produktionsprozesses mit ein. Das Wissen über Einsatzmöglichkeiten oder Funktionsweisen einer Maschine kann dadurch beispielsweise in die Technologie-Definition einbezogen werden.
Die unterschiedliche Ausprägung der Aufgabenvarietät im Fertigungsfluß, über die Technologie hier gemessen wird, spiegelt auch gleichzeitig das Wissen bzw. Nicht-Wissen über zukünftige Arbeitsabläufe wider. Ist die Vergleichbarkeit der Produktionssequenzen hoch, so ist durch die Routine auch das Wissen über noch nicht ausgeführte Transformationsprozesse groß; ist dagegen die Kontinuität gering, d.h. wird der Fertigungsfluß durch Ausnahmen geprägt, so ist die Unsicherheit groß und das Wissen über kommende Arbeitsabläufe kann nur klein sein.
[...]
[1] Vgl. z.B. Probst, G./Knaese, B.: “Führen Sie Ihre ´Knowbodies´ richtig?” in: IO Management, Nr.4, 1998, S.38
[2] Die Produktionsfaktoren setzen sich nach Gutenberg aus den drei Elementarfaktoren Betriebsmittel (Einrichtungen und Anlagen, die die technische Voraussetzung betrieblicher Leistungserstellung bilden), Werkstoffe (Ausgangs- und Grundstoffe (“Rohstoffe”) für die Herstellung von Erzeugnissen) und objektbezogenen Arbeitsleistungen
(Tätigkeiten, die unmittelbar mit der Leistungserstellung verbunden sind), sowie dem dispositiven Faktor (Arbeitsleistungen des Managements) zusammen.
Gutenberg, E.: “Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre”, Band 1: “Die Produktion”, 24. unveränderte Auflage, Berlin u.a. 1983, S.3-8
[3] Vgl. Fußnote 1
[4] Müller, W. (Hrsg.) “Das Bedeutungswörterbuch”, Duden Band 10, 2. Aufl., Dudenverlag, Mannheim 1985, S.372
[5] Müller (Hrg): “Das Bedeutungswörterbuch” ( 1985), S.633
[6] Woodward, J.: “Industrial Organization: Theory and Practice”, London 1965
[7] ebenda
[8] zur Kritik des Ansatzes vgl.: Schreyögg, G.: “Umwelt, Technologie und Organisationsstruktur”, Paul Haupt, Bern/Stuttgart 1978, S.187-195
- Arbeit zitieren
- Carola Milbrodt (Autor:in), 2000, Wissen und Technologie - Auf der Suche nach verknüpfenden Elementen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42643
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.