Während die Fassaden der großen monotheistischen Religionen als friedfertige Glaubensgemeinschaften schon längst zu bröckeln begonnen haben, hält sich das Bild einer bestimmten religiösen Gemeinschaft, des Buddhismus, als der friedliebenden „Religion“ par excellence im zeitgenössischen gesellschaftlichen Diskurs äußerst hartnäckig. Das Repertoire der positiven Assoziationen mit der Lehre des Siddhartha Gautama (Selbstfindung, innerer Frieden, Meditation, Ruhe und gutes Karma dürften nur einige dieser sein) ist ein schier unerschöpfliches und scheint gleichzeitig hauptverantwortlich für die Massentauglichkeit des Buddhismus zu sein. Und auch mit Blick auf das Oberhaupt des tibetischen Buddhismus dem 14. Dalai Lama Tendzin Gyatsho – der fälschlicherweise häufig für den geistigen Führer aller Buddhisten gehalten wird – scheint sich diese Sicht der Dinge zu bestätigen, denn dieser erhielt im Jahr 1989 aufgrund seines Einsatzes für die gewaltlose Befreiung Tibets den Friedensnobelpreis.
Doch auch der „Ozean des Friedens“, wie der Buddhismus unter anderem von seinen Anhängern bezeichnet wird, hat seine Schattenseiten. Die jüngsten Vorkommnisse in Myanmar, die massive Verfolgung der muslimischen Rohingya durch die buddhistische Mehrheitsgesellschaft, sind keinesfalls die absolute Ausnahme, sondern reihen sich ein in eine Geschichte der Gewalt, die auch im Buddhismus präsent ist und die sich von dessen historischen Anfängen bis in die Moderne zieht.
Anliegen dieser Arbeit ist es daher, den Buddhismus im Sinne der Aufklärung zu entzaubern und von einem seiner Hauptattribute, der Gewaltlosigkeit, zu befreien. Da diese Arbeit jedoch nicht alle Strömungen und Schulen des äußerst heterogenen Gebildes Buddhismus abhandeln kann, wird sie sich auf die Auseinandersetzung mit einer bestimmten Schule bzw. Strömung des Buddhismus beschränken: den tibetischen Vajrayana-Buddhismus.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Exkurs: Zum verwendeten Gewalt- und Religionsbegriff
- Exkurs: Über die verwendete Literatur
- Der Lamaismus – Über den tibetischen Buddhismus
- Von Indien nach Tibet – Zur Geschichte des tibetanischen Buddhismus.
- Lamas und Kastensystem - Über die Besonderheit des Vajrayana- Buddhismus
- Die tibetische Gesellschaft unter der Herrschaft der Gelbmützen
- Zwischen Pazifismus und Gewalt – Buddhismus im Widerspruch...
- Zum Verhältnis von Buddhismus und Gewalt.
- Gewaltlegitimation im tibetischen Buddhismus – Über Die Auslegung der buddhistischen Lehre im Vajrayana....
- Gewaltlegitimation im tibetischen Buddhismus – Zur direkten Gewalt...
- Gewaltlegitimation im tibetischen Buddhismus - Zur strukturellen Gewalt
- Gewaltlegitimation im tibetischen Buddhismus – Zur rituellen Gewalt
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit zielt darauf ab, das weit verbreitete Bild des Buddhismus als friedliebender Religion zu hinterfragen und dessen Geschichte der Gewalt aufzudecken. Der Fokus liegt dabei auf dem tibetischen Vajrayana-Buddhismus, da dieser eine besondere Rolle in der Geschichte des Buddhismus und in der Wahrnehmung der westlichen Welt spielt. Die Arbeit untersucht, wie sich das Gewaltpotential im tibetischen Buddhismus äußert und welche theoretischen Grundlagen zur Legitimation dieser Gewalt herangezogen werden.
- Das Bild des Buddhismus als „Religion“ des Friedens
- Gewaltlegitimation im tibetischen Buddhismus
- Das Verhältnis von Buddhismus und Gewalt
- Der tibetische Vajrayana-Buddhismus als Beispiel für die Geschichte der Gewalt im Buddhismus
- Die Rolle des tibetischen Buddhismus in der westlichen Welt
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Arbeit befasst sich mit dem Bild des Buddhismus als friedliebender Religion und der Frage, ob sich dieses Bild mit der historischen Realität deckt. Sie fokussiert sich auf den tibetischen Vajrayana-Buddhismus und untersucht die Legitimation von Gewalt in dieser Strömung.
- Exkurs: Zum verwendeten Gewalt- und Religionsbegriff: Dieses Kapitel definiert die in der Arbeit verwendeten Begriffe von Gewalt und Religion, wobei ein weit gefasster Gewaltbegriff verwendet wird, der auch strukturelle und rituelle Gewalt umfasst.
- Der Lamaismus – Über den tibetischen Buddhismus: Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die Geschichte des tibetischen Buddhismus und die Besonderheiten des Vajrayana-Buddhismus.
- Die tibetische Gesellschaft unter der Herrschaft der Gelbmützen: Dieses Kapitel beschreibt die gesellschaftliche Situation in Tibet unter der Herrschaft der Gelbmützen.
- Zwischen Pazifismus und Gewalt – Buddhismus im Widerspruch...: Dieses Kapitel analysiert das Verhältnis von Buddhismus und Gewalt und untersucht die Legitimation von Gewalt im tibetischen Buddhismus. Es beleuchtet dabei verschiedene Formen von Gewalt: direkte Gewalt, strukturelle Gewalt und rituelle Gewalt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit Themen wie Gewalt und Religion, Buddhismus und Gewalt, tibetischer Buddhismus, Vajrayana, Gewaltlegitimation, strukturelle Gewalt, rituelle Gewalt, Pazifismus, Geschichte des Buddhismus, tibetische Gesellschaft und Dalai Lama. Sie untersucht den Widerspruch zwischen dem Bild des Buddhismus als friedliebender Religion und dessen Geschichte der Gewalt und beleuchtet insbesondere den tibetischen Buddhismus als Beispiel für diese Widersprüchlichkeit.
- Quote paper
- Christian Schwinge (Author), 2018, Gewaltlegitimation in der buddhistischen Lehre am Beispiel des tibetischen Buddhismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/425831