Einleitung
Der Ansatz des PK ,,Wissenschaft der Demokratie am OSI an ausgewählten Fällen (werkbiographisch-institionelle Methode)" war es, die persönliche und die politische/politologische Biographie einzelner Persönlichkeiten des OSI sowie deren Werk, bzw. explizit ihre demokratietheoretische Position zu beleuchten. Ferner sollten in einem weitergehenden interpretatorischen Schritt Zusammenhänge hergestellt werden zwischen der Biographie, dem Werk und der politologischen, speziell der demokratietheoretischen Positionierung des/der Jeweiligen. Die Intention war ,,Werk und Person in ihrer Differenz und unlösbaren Verkettung einsichtig (zu) machen" (Narr, W.-D.: Notate anläßlich des Projektkurses...).
Hinsichtlich einer solchen Fragestellung lassen sich bei Fritz Vilmar durchaus Aspekte finden. Der Versuch, Zusammenhänge herzustellen zwischen Vilmars Sozialisation, seinem politischen/ politologischen Werdegang und seinen inhaltlichen Positionen stellte sich jedoch als nur sehr anfänglich und vage umsetzbar heraus - aus zwei Gründen:
Einerseits birgt eine biographische Interpretation von politikwissenschaftlichen Positionen die Gefahr, in der Argumentation zu stark zu psychologisieren - gleichsam Zusammenhänge und Erklärungsmuster herzustellen, die in zu großem Maße konstruiert, respektive zu wenig fundiert sind. Ferner kann die Analyse des Entstehens politikwissenschaftlicher Positionen anhand der Biographie leicht zu einer reduktionistischen Herangehensweise werden. Auch wenn es in erster Linie um die politologische Biographie bzw. die Werkbiographie geht, so birgt die Rückführung zumeist komplexer politologischer Ansätze auf einen individuellen Werdegang doch die Gefahr einer unzulässigen Verkürzung,d.h. einer Reduktion der Interpretation inhaltlich-politologischer Aspekte.
Die `werkbiographisch-institutionelle Methode′ aus den angeführten Gründen ein wenig scheuend, liegt der vorliegenden Arbeit eine etwas anders gelagerte Herangehensweise zugrunde. Mein subjektives Interesse an der Beschäftigung mit Fritz Vilmar war vor allem inhaltlicher Natur und speziell auf den Komplex Demokratietheorie bezogen. Der Ausgangspunkt für diese Arbeit ist also ein inhaltlicher, ist Interesse an der Demokratietheorie Vilmars.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitende Erläuterungen
- Intensivinterview I vom 1.7.1997
- Intensivinterview II vom 22.10.1997
- Essay:
- Die Demokratietheorie Fritz Vilmars - Gesellschaftsbegriff, Demokratiebegriff,
Demokratisierungskonzept:
- Reflektion und interpretierende Erörterung seines ganzheitlichen, prozesshaften, historisch-soziologischen Verständnisses von Gesellschaft und Demokratie sowie des daraus folgenden gesamtgesellschaftlichen, reformerischen Demokratisierungskonzepts unter besonderer Berücksichtigung der sozialethischen Dimension von Gesellschaft, Politik und Demokratie und ihrer Implikationen.
- Einleitung
- Vilmars ganzheitlicher, prozessualer, historisch-soziologischer Gesellschaftsbegriff
- Gesellschaft als prozesshaft-geschichtlich Gewordenes
- Entwicklung eines ganzheitlichen, prozessualen Gesellschaftsbegriffs unter besonderer Berücksichtigung der sozialethischen Dimension von Gesellschaft und ihrer Implikationen.
- Der Begriff der Sozialethik
- Ein ganzheitlicher Gesellschaftsbegriff und die Bedeutung von Sozialethik innerhalb desselben
- Implikationen und Konsequenzen der Anerkennung der sozialethischen Dimension von Gesellschaft als politisch-gesellschaftlicher Faktor
- Die Notwendigkeit eines alle gesellschaftlichen Ebenen umfassenden und vom Individuum ausgehenden Politikbegriffs und die Relevanz von sozialer Ethik hierfür
- Die Prozeßhaftigkeit von Gesellschaft und ihre kausale Verknüpfung mit Sozialethik als gesellschaftlicher Dimension
- Resümee des ganzheitlichen, prozesshaften, geschichtssoziologischen Verständnisses von Gesellschaft und der Bedeutung von Sozialethik
- Vilmars Demokratiebegriff - die aus einem ganzheitlichen, prozessualen, historisch-soziologischen Gesellschaftsbegriff folgende Herangehensweise an Demokratietheorie
- Der Begriff der Herrschaftsgesellschaft und sein historisch-soziologischer Kontext
- Erörterung der geschichtssoziologischen, politisch-ethischen wie normativen Betrachtungsweise von Demokratie
- Demokratie als historischer, gesamtgesellschaftlicher, politischer und ethischer Prozess der Emanzipation
- Die normative Position innerhalb eines prozesshaften, geschichtlichen und soziologischen Verständnisses von Demokratie
- Zusammenfassung der wichtigsten definitorischen Aspekte von Vilmars Demokratiebegriff
- Reflektion anderer demokratietheoretischer Positionen anhand des historisch-soziologischen, normativen Verständnisses von Demokratie
- Ontologische Positionen
- Transzendentalphilosophische Ansätze
- Abstrakt-normative Positionen
- Reflektion und Erörterung von Vilmars ganzheitlichem, prozesshaft-reformerischem Demokratisierungskonzepts unter besonderer Berücksichtigung der sozialethischen Dimension und ihrer Implikationen
- Die sozialethische Dimension von Demokratisierung
- Demokratisierung als sozialethischer Prozess unter besonderer Berücksichtigung von Solidarität als antiherrschaftlicher ethischer Basis von Demokratie
- Die Bedeutung der sozialethischen Dimension von Demokratie innerhalb eines ganzheitlichen Demokratisierungsansatzes und daraus resultierende konzeptionelle Konsequenzen
- Demokratisierung als struktureller Herrschaftsabbau
- Demokratisierung politisch-institutioneller Strukturen
- Demokratisierung der Ökonomie
- Exkurs: Demokratie und Sozialismus als synonyme Begriffe
- Demokratisierung als alle gesellschaftliche Lebensbereiche umfassender politischer und ethischer Prozess - politisch-theoretische Erörterung und Schlußfolgerungen
- Die Notwendigkeit eines ganzheitlichen, gesamtgesellschaftlichen Ansatzes der Demokratisierung
- Die Notwendigkeit eines prozesshaft-reformerischen Ansatzes der Demokratisierung
- Kritik revolutionärer Positionen
- Generelle Kritik - der reduktionistische und statische Gesellschafts- und Politikbegriff revolutionärer Positionen sowie die damit einhergehende Verkennung der sozialethischen Dimension von Politik und Gesellschaft
- Staatskommunistische Positionen - die vollkommene Verkennung der sozialethischen Dimension von Gesellschaft, ihrer Komplexität und Prozeßhaftigkeit sowie die daraus resultierende normative Perversion von Sozialismus und Demokratie
- Kritik subversiver Positionen - Verfehlungen der subversiven Theorie im Verständnis von Gesellschaft und in der politischen Strategie mit besonderer Bezugnahme auf die sozialethische Dimension von Gesellschaft und Politik bzw. ihrer Mißachtung in subversiven Ansätzen - die Perspektivlosigkeit von Subversion
- Abschließende Bemerkungen
- Politisches Fazit: Sozialethischer Wandel und struktureller Herrschaftsabbau - Demokratietheorie als konstruktive Philosophie und konzeptionelle Reformtheorie der Demokratisierung
- Anriß einer kritischen Auseinandersetzung mit Reformtheorie - die Notwendigkeit der großen Perspektive
- Schluß - die Triftigkeit von Fritz Vilmars Demokratie- und Reformtheorie
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die schriftliche Hausarbeit analysiert die Demokratietheorie von Fritz Vilmar und stellt sie als ein beispielhaftes geschichtssoziologisches und prozessuales Verständnis von Demokratie sowie als ein konstruktiv-reformerisches Demokratisierungskonzept dar. Die Arbeit beleuchtet die Komplexität und Triftigkeit dieser Position und untersucht kritisch die normativen Prämissen von Vilmars Demokratietheorie, insbesondere die Bedeutung der sozialenthischen Dimension von Gesellschaft, Politik und Demokratie.
- Das prozessuale, historisch-soziologische Verständnis von Gesellschaft und Demokratie
- Die Rolle der sozialen Ethik als politische Dimension von Gesellschaft
- Die Kritik an ontologischen, transzendentalphilosophischen und abstrakt-normativen demokratietheoretischen Ansätzen
- Vilmars ganzheitlicher, prozesshaft-reformerischer Ansatz zur Demokratisierung
- Die Auseinandersetzung mit revolutionären Positionen, insbesondere mit staatskommunistischen und subversiven Ansätzen
Zusammenfassung der Kapitel
Die einleitenden Erläuterungen stellen den Ansatz der Hausarbeit vor und erläutern die Herangehensweise, die sich von der „werkbiographisch-institutionellen Methode" abhebt. Die Arbeit konzentriert sich auf Vilmars Demokratietheorie und deren inhaltliche Aspekte, insbesondere auf das prozesshafte, geschichtssoziologische Verständnis von Demokratie und das daraus folgende konstruktiv-reformerische Demokratisierungskonzept. Die Arbeit zielt auf eine kritische Würdigung seiner Demokratietheorie durch Reflektion, Erörterung und Interpretation.
Das erste Interview beleuchtet Vilmars reformerischen Ansatz für demokratische Politik und konfrontiert ihn mit reformskeptischen Einwänden. Vilmars Position wird als radikaldemokratisch- sozialistisch und gleichzeitig konstruktiv-prozesshaft-reformerisch beschrieben. Die Auseinandersetzung mit der Frage, ob ein reformsozialistisches Demokratisierungskonzept eine Perspektive hat, bildet den Kern des Interviews.
Das zweite Interview befasst sich mit den theoretisch-philosophischen Grundlagen von Vilmars Demokratietheorie. Hier wird sein prozesshafter, historisch-soziologischer Begriff von Demokratie und Gesellschaft erörtert. Die Bedeutung der Sozialethik als wesentlicher politisch- gesellschaftlicher Bereich innerhalb eines prozessualen, soziologischen Demokratiebegriffs steht im Zentrum der Diskussion. Es wird der Gegensatz zu demokratischen und sozialistischen Positionen deutlich, die Gesellschaft und Demokratie nahezu ausschließlich institutionell-strukturell-systemisch definieren und betrachten.
Der Essay am Ende der Arbeit entwickelt und interpretiert Vilmars Demokratietheorie, beginnend mit seinem geschichtssoziologischen Gesellschaftsbegriff. Es wird seine Betrachtungsweise von Gesellschaft als historisch Gewordenes und als prozesshaftes, offenes System skizziert, wobei die sozialethische Dimension von Gesellschaft eine wesentliche Rolle spielt. Anschließend wird Vilmars geschichtssoziologischer Begriff von Demokratie als historischer, gesellschaftlicher Prozess der Emanzipation erörtert. Schließlich wird Vilmars Demokratisierungskonzept als gesamtgesellschaftlicher politischer und ethischer Prozess diskutiert, insbesondere sein konstruktiv-reformerischer Ansatz des schrittweisen Herrschaftsabbaus, der Emanzipation und Solidarisierung. Die Rolle der sozialen Ethik als wichtiger politischer Kategorie im Zusammenhang mit einem prozessual-soziologischen Verständnis von Demokratie und einem konstruktiv-reformerischen Demokratisierungskonzept wird besonders hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Demokratietheorie, Fritz Vilmar, Gesellschaftsbegriff, Demokratiebegriff, Demokratisierungskonzept, soziale Ethik, Solidarität, Emanzipation, Herrschaftsabbau, Reformtheorie, Revolution, Staatskommunismus, Subversion, prozesshaftes Verständnis von Gesellschaft und Demokratie, ganzheitlicher Ansatz, historisch-soziologische Perspektive.
- Die Demokratietheorie Fritz Vilmars - Gesellschaftsbegriff, Demokratiebegriff,
Demokratisierungskonzept:
- Arbeit zitieren
- Stefan Grümbel (Autor:in), 1997, Fritz Vilmars Demokratietheorie als konstruktive Philosophie und Reformtheorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/4238
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