Schiffsbewegungen und die Resistenz gegen diese Schiffsbewegungen sind mehr oder weniger an die Größe, die Art und Flächenverteilung des Lateralplans des Seefahrzeugs verknüpft. Separat betrachtet sagt der Lateralplan eines Seefahrzeugs nichts über die Masseverteilung im Unterwasserschiff und im gesamten Halbtaucher, seiner Last- und Ladungsverteilung etwa, aus. Wenn alleine die über die Fläche und die Flächenverteilung getragenen Bewegungsphänomene einer Resistenz diskutiert werden, können keine mit der vom Bootskörper verdrängten Wassermasse in Verbindung stehenden Effekte abgebildet werden, sondern lediglich translatorische Friktionsphänomene und mit der Fläche und der Flächenverteilung im Lateralplan verbundene Flächenwiderstandseffekte.
Der Konstruktionsschwerpunkt einer Jolle liegt meist über der Wasserlinie. Sie ist ein formstabiles Boot, das sein aufrichtendes Moment durch den Wasserdruck erhält, der auf den flachen Rumpf wirkt. Aufgrund des hohen Konstruktionsschwerpunktes richtet sich eine Jolle nur bei sehr geringen Krängungswinkeln wieder von selber auf, wenn der Winddruck im Segel nachlässt. Was spricht stattdessen für Agilität? Was spricht für das krängende Moment? Was spricht für eine vom Design des Schwimmkörpers abhängige Fähigkeit, aus der aufrechten Schwimmlage „herauszulaufen“?
Diese Fragen werden wir versuchen, zu beantworten.
Kiele, Stabilitat und Agilitat STABILITY and AGILITY
Mi. Dienst
Berlin im Fruhjahr2018
Zusammenfassung: Schiffsbewegungen und die Resistenz gegen diese Schiffsbewegungen sind mehr oder weniger an die GroRe, die Art und Flachenverteilung des Lateralplans des Seefahrzeugs verknupft. Separat betrachtet sagt der Lateralplan eines Seefahrzeugs nichts uber die Masseverteilung im Unterwasserschiff und im gesamten Halbtaucher, seiner Last- und Ladungsverteilung etwa, aus. Wenn alleine die uber die Flache und die Flachenverteilung getragenen Bewegungsphanomene einer Resistenz diskutiert werden, konnen keine mit der vom Bootskorper verdrangten Wassermasse in Verbindung stehenden Effekte abgebildet werden, sondern lediglich translatorische Friktionsphanomene und mit der Flache und der Flachenverteilung im Lateralplan verbundene Flachenwiderstandseffekte. Der Konstruktionsschwerpunkt einer Jolle liegt meist uber der Wasserlinie. Sie ist ein formstabiles Boot, das sein aufrichtendes Moment durch den Wasserdruck erhalt, der auf den flachen Rumpf wirkt. Aufgrund des hohen Konstruktionsschwerpunktes richtet sich eine Jolle nur bei sehr geringen Krangungswinkeln wieder von selber auf, wenn der Winddruck im Segel nachlasst. Was spricht stattdessen fur Agilitat? Was spricht fur das krangende Moment? Was spricht fur eine vom Design des Schwimmkorpers abhangige Fahigkeit, aus der aufrechten Schwimmlage „herauszulaufen"?
Diese Fragen werden wir versuchen, zu beantworten.
Abstract: Ship movements and resistance to these vessel movements are more or less linked to the size, type and area distribution of the Lateral Plan of the ship. Seen separately, the lateral plan of a maritime vehicle says nothing about the mass distribution in the underwater ship and in the entire semi-submersible, its load and charge distribution, for example. If only the motion phenomena of resistance carried over the surface and the surface distribution are discussed, no effects related to the mass of water displaced by the hull can be mapped, but only translational friction phenomena and surface resistivity effects associated with the area and area distribution in the lateral plan.
The design focus ofa dinghy is usually above the waterline. It is a rigid boat that gets its righting moment by the water pressure acting on the flat hull. Due to the high design focus, a dinghy restarts automatically only at very low heeling angles, when the wind pressure in the sail subsides. What speaks for agility instead? What speaks for the high moment? What speaksfor a dependent on the design ofthe floating body ability to "run out" ofthe upright swimming position?
We will try to answer this question.
SCHIFFSBEWEGUNGEN
Bei Seefahrzeugen in Fahrt bezeichnet die ROLL-Stabilitat die Resistenz gegen die Rotation um die X-Achse, also das Drehen (Rollen) um diese Achse sowie das Rotationsschlingern. Grundsatzlich betrachtet ist die Roll-Stabilitat die Eigenschaft eines Schiffes, die aufrechte Schwimmlage beizubehalten. Jedes Schiff besitzt eine von seiner Gestaltung abhangige Fahigkeit, sich wieder aufzurichten. Die ROLL-Stabilitat stellt sich also dar als Reaktion auf ein krangendes Moment.
Das Rollen und das Krangen, das Entgegenwirken und das Wiederaufrichten in eine aufrechte Schwimmlage sind zwei konterinharente Eigenschaften des Schwimmsystems. Primare Einflussfaktoren sind einerseits die Form und GroGe des Schiffsrumpfes, insbesondere des Unterwasserschiffes, sowie die Masse und die Masseverteilung des Schiffskorpers.
Beginnen wir mit einem idealisierten System. Bei stationaren Betrachtungen erster Ordnung denken wir uns die gesamte Masse des Schwimmkorpers in einem Punkt, dem Gewichtsschwerpunkt vereint, es sollen keine verschieb- lichen Massen existieren. Der Schiffskorper als Schwimmsystem besitzt (wieder stationar betrachtet und erster Ordnung) einen Auftriebsschwerpunkt, der nicht mit dem Gewichtsschwerpunkt ubereinstimmt. In der vertikalen Z-Achse unterscheiden sich (in Ruhe) Auftriebsschwerpunkt und Gewichtsschwerpunkt um die metazentrische Hohe; bei aufrechter Schwimmlage liegen sie senkrecht ubereinander. Hier noch einmal die graduelle Einteilung der Schiffsbewegun- gen:
ROLL: das Rollen oder Rotationsschlingern, Rotation um die X-Achse;
PITCH: das Stampfen und Nicken entsprechend einer Rotation um die Y-Achse; YAW: das Gieren, die Rotation um die Z-Achse;
SURGE: die der Fortbewegung uberlagerte translat. Bewegung in X-Richtung; SWAY: die translatorischen Seitenverschiebung in Y-Richtung HAEVE: die Tauch- und Hebebewegung in Z-Richtung;
LURCH: das Schlingern und Taumeln um den Bugpunkt.
All diese Schiffsbewegungen und respektive die jeweilige Resistenz gegen diese Schiffsbewegungen sind mit mehr oder weniger Intensitat an die GroGe, die Art und Flachenverteilung des Unterwasserschiffs (den Lateralplan) des Seefahr- zeugs verknupft. Grundsatzlich ist vielleicht noch hervorzuheben, dass der Lateralplan eines Seefahrzeugs separat betrachtet nichts (aber auch gar nichts) uber die Masseverteilung im Unterwasserschiff und im gesamten Halbtaucher, seiner Last- und Ladungsverteilung etwa, aussagt. Wenn alleine die uber die
Flache und die Flachenverteilung getragenen Bewegungsphanomene einer Resistenz diskutiert werden, konnen keine mit der vom Bootskorper verdrangten Wassermasse in Verbindung stehenden Effekte abgebildet werden, sondern lediglich translatorische Friktionsphanomene und mit der Flache und der Flachenverteilung im Lateralplan verbundene Flachenwider- standseffekte. Diese graduelle Sicht ist naturlich nur die eine Seite der Medaille.
Krangen. Das Schiff soll nun eine Rollbe- wegung ausgefuhrt haben, und wir betrachten in idealisierter Weise einen „eingefrorenen" Zustand, in dem wieder Gleichgewicht herrscht. Zu allen Zeiten der Rollbewegung bleibt der Gewichts- chwerpunkt an der gleichen Stelle im Schwimmkorper. Das leuchtet unmittelbar ein, denn der Gewichtsschwerpunkt selbst ist eine Gleichgewichtsdefinition gegen- uber aller im System verteilten Massen.
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Beim Auftriebsschwerpunkt ist das anders. Auftrieb leisten alle Volumenanteile des Schwimmsystems, die leichter sind als Wasser. Auftrieb leisten alle Volumenanteile des Schwimmsystems, die Wasser verdrangen und dabei leichter sind (als dieses). Nur in ganz wenigen (geometrischen) Fallen bleibt beim Krangen der Auftriebsschwerpunkt, also der Gleichgewichtspunkt, der alle Auftrieb leistenden Volumenelemente reprasentiert am gleichen Ort im Schwimmsystem. Wegen der Geometrie des Rumpfes wandert der Auftriebsschwerpunkt. Das ist nicht leicht zu verstehen. Viel einfacher wird die Anschauung, wenn wir uns den Auftrieb als die gesamte nach oben wirkende Gewichtskraft des „verdrangten Wassers" vorstellen. Als Volumenkorper besitzt die verdrangte Wassermasse eine eigentumliche Form. Diese Form andert sich, wenn das Schwimmsystem krangt. Wir sprachen oben daruber, dass der Gewichtsschwerpunkt seine (absolute) Lage im Schwimmkorper beibehalt; das ist die Betrachtungswese von Lagrange, das korperfeste System. Bei Krangung durch eine von auGen wirkende Kraft und in der Euler'schen Betrachtungsweise wandert der Gewichtsschwerpunkt in Richtung der Krangung. Falls die von auGen wirkende Kraft nicht gerade genau auf den Auftriebsmittelpunkt zielt, wird sie als krangendes Moment spurbar. Jeder, der schon einmal ein kleines Boot betreten hat und somit eine bewegliche Last war, eine von auGen wirkende Kraft quasi, kann das bestatigen. Der Auftriebsschwerpunkt wandert (beim Krangen) ebenfalls in Richtung der Krangung, also zur selben Seite aus wie der Gewichtsschwerpunkt. Das kann man sich dann leicht vorstellen, wenn man weift, dass der Auftriebsschwerpunkt ja das Zentrum des verdrangten Wassers reprasentiert. Gewichtkrafte und Auftriebskrafte sind von gleicher Art, mit dem Unterscheid, dass sie in entgegengesetzte Richtung wirken, also unterschiedlichen Richtungssinn haben. Der Trigger beider Krafte ist die Gravitation. Jetzt, beim Krangen, stehen Gewichtsschwerpunkt und Auftriebsschwerpunkt nicht mehr senkrecht ubereinander. Nehmen wir die Kraft, die das Krangen bewirkt fort, bilden Gewichtsschwerpunkt und Auftriebsschwerpunkt einen Hebelarm, der das Schwimmsystem in seine aufrechte Ruhelage zuruckdrehen will. Das aufrichtende Moment. In Fahrt ist das aufrichtende Moment ein Maft fur die Resistenz gegen die Rotation um die X-Achse, also Rollen und im periodischen Fall das Rotationsschlingern.
Das aufrichtende Moment wird meist als eine „freundliche" Kraftwirkung empfunden. Die Wirkung einer konservativen Kraft, die ein Minimum an innerer Energie anstrebt und weil das aufrichtende Moment die (ruhige Anfangs-) Schwimmlage des Systems herbeifuhrt; so sind wir Menschenkinder nun einmal. Wirsuchen nach Stabilitat.
Aber nicht Alle. Fur eine Seiltanzerin ist das Herbeifuhren des Minimums an innerer Energie nicht erstrebenswert; im Gegenteil. Sie versucht durch „Balance" einen labilen Zustand des Gleichgewichts aufrecht zu erhalten. Balance ist offenbar ein kompliziertes Gemenge aus Kraften, Momenten, kleinen Energiedosen und Information. Das labile Gleichgewicht zehrt quasi Energie und Information auf. Wir sprechen von einem dissipativen Gleichge- wichtszustand, eine Betriebsweise, in die wir Energie investieren mussen, um sie - die Betriebsweise - zu stabilisieren; die Rede ist von Ressourcen verbrauchenden Systemen.
Als Reaktion auf ein von auften eingebrachtes, krangendes Moment besitzt das (konservative) Schiff eine, von seiner Gestaltung abhangige Fahigkeit, sich wieder aufzurichten und dann eine aufrechte Schwimmlage beizubehalten. Diese konservative Eigenschaft sei die Roll-Stabilitat, eine Resistenz gegen die Rollbewegung des Seefahrzeugs.
Ihr Gegenteil sei Roll-Agilitat.
Was spricht fur Agilitat? Was spricht fur das krangende Moment? Was spricht fur eine vom Design des Schwimmkorpers abhangige Fahigkeit, aus der aufrechten Schwimmlage „herauszulaufen"? Was spricht dafur, eine labile Gleichgewichtslage durch Dissipation von Energie und Information zu befuttern?
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Um diese Frage zu beantworten, wenden wir uns erneut dem konservativen Design zu. Das Rollverhalten von Schiffen mit einem groRen aufrichtendem Moment nennt man steif, das von Schiffen mit einem geringen aufrichtenden Hebelarm nennt man rank. Bei Segelyachten ist diese Semantik unmittelbar sinnstiftend. Ein rankes Schiff wahnt sich sofort unserer Bewunderung sicher, ein (schlanker) Scherenkreuzer gilt als rank, ein Plattbodenschiff eher nicht. Versuchen wir die Benennung des ranken Schiffes zu generalisieren, baut sich ein etwas anderes Bild auf. Containerschiffe aber auch zunehmend Kreuzfahrer haben bauartbedingt einen sehr hohen Gewichtschwerpunkt. Damit diese Schiffe dennoch stabil fahren, besitzen sie eine hohe Ballastwasserkapazitat, vornehmlich in tieferliegenden Doppelbodentanks. Ein Kreuzfahrtschiff als rank zu bezeichnen ist aus einer asthetischen Sichtweise eher grenzwertig, formal aber richtig. Ganz anders das Kohlenlastschiff, das im beladenen Zustand einen sehr tief liegenden Schwerpunkt besitzt. Seine Resistenz gegen Rollen, sprich
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seine Roll-Stabilitat, ist unerwunscht hoch. Unerwunscht, weil das Schiff nun in der (entlang der) X-Achse „prazisiert" und mit hohen Beschleunigungen von kurzer Periodendauer aufwartet. Man denke auch hier wieder an eine Seiltanzerin oder Eisprinzessin, die durch anbeugen der Arme ihre Rotationsgeschwindigkeit erhoht, durch Ausstrecken aber die Drehzahl der Pirouette verkleinert. Dementsprechend wird ein Schiff mit unerwunscht hoher Rollstabilitat durch Aufnahme von Ballastwasser in Hochtanks „beruhigt". Das aber ist noch kein uberzeugendes Argument fur Agilitat die aus der Dissipation stammt!
Um an einem Schwimmsystem das Wechselspiel krangender und ruckstellender Momente naher zu erortern, betrachten wir Segelyachten. Bei Segel- booten kommt das krangende aus der Segelkraft oftmals mit erheblichen Hebelarmen daher. Der Druckmittelpunkt der Segeltragflache ist deutlich uber der Wasseroberflache, wahrend sich die Rotationsachse (idealisierter Weise die X-Achse) um die sich die Rollbewegung vollzieht etwa ebendort befindet. Betrachten wir nun Einflusse, die an einem idealisierten Rumpf einer Krangung entgegenwirken und solche, die sie befeuern, so ergibt sich eine alien Seglern wohlbekannte Argumentation. Der Ballastkiel einer Segelyacht wirkt als Gegengewicht G der Krangung dieser entgegen. Die Kraft A ist der hydrostatische Auftrieb der aus dem Volumen der verdrangten Wassermasse stammt. Auftrieb und Gewichtskraft bilden ein Kraftepaar und bewirken ein ruckstellendes Moment auf das krangende Schwimmsystem. Das Ganze funktioniert ahnlich dem Prinzip des Stehaufmannchens (in einer Flussigkeitslagerung) und ist sofort zu verstehen: es ist die Konfiguration der klassischen Kielyacht. Das formstabil krangende Boot, eine Jolle in unserem Beispiel (3. von oben), ist deshalb ein wenig komplexer, weil einerseits das meistens recht leichte Schwert wenig zu einer Gewichtsstabilitat beitragen kann, andererseits weitere Krafte im Spiel sind, denn das Jollenschwert ist ein Flugel der im Medium Wasser arbeitet und dessen Aufgabe darin besteht, spurbar Querkraft zu erzeugen. So gesehen ist naturlich auch der Yachtkiel ein Querkraft erzeugendes System. Fur die Gewichtsstabilitat gilt, dass mit zunehmender Krangung der Auftriebsmittelpunkt nach auften wandert und damit das aufrichtende Moment erhoht. Beim formstabil krangenden System ist die Lage des Auftriebspunktes, der Schwerpunkt der vom Schwimmkorper verdrangten Wassermasse, fur die Formstabilitat von entscheidender Bedeutung. Mit zunehmender Krangung wird das Wasser mehr und mehr auf einer Seite des Rumpfes verdrangt. Dadurch wandert der Auftriebspunkt nach auften und ein ruckstellendes Moment wirkt. Dies gilt umso mehr, je breiter das Boot ist. Bei zu grower Krangung nimmt das Moment wieder ab, weil der Auftriebspunk zur Mitte wandert, was intuitiv mit einer entsprechenden Korperbewegung beantwortet wird. Jollensegler sind die wahren Meister des dynamischen Gewichtstrimms und bei Regatten auf Kielyachten gern gesehene Gaste. Nicht wenige Steuerleute im America's Cup kommen aus den Jollenklas- sen.
Das letzte Bild der Serie zeigt einen Kiel, der mit dem vertikalen Auftrieb L (quasi einer Gewichtkraft mit negativen Vorzeichen) arbeitet. Solche Kiele kommen bei artifiziellen Schwimmsystemen in der Regel nicht vor. Sie sind eigentlich nicht Stand der rezenten Technik.
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- Dipl.-Ing. Michael Dienst (Author), 2018, Kiele, Stabilität und Agilität, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/423678
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